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Ein schlauer Junge
Am Anfang hielten wir das für eine echt gute Idee, ein Bande, nichts besonderes. Nur halt zur persönlichen Bereicherung. Da hatte ich mich einfangen lassen, weil mein Ego größer ist als ein Heißluftballon. Sie haben gesagt, „Du bist der schlauste, wenn Du die Sache abcheckst, erwischen die uns nie“. Klar hab ich „ja“ gesagt, was auch sonst. Solche Komplimente gehen doch runter wie Öl und es lief auch wie geschmiert, zumindest eine Zeit lang.
Es lief immer gut geplant. Man braucht dafür nur ein bisschen Ahnung von den Dingen.
1. Man klaut nie die wirklich teuren Sachen.
2. Immer schön schauen, dass keine Marker drauf sind.
3. Du brauchst immer einen, der ablenkt, dass erklär ich dann noch.
4. Klaue nie zweimal am gleichen Ort.
5. Es muss was sein, was viele brauchen (zusammen mit 1 ergibt das ein gutes Geschäft).
Es gibt noch ein paar Regeln, aber ich will hier ja keine Anleitung schreiben.
Nummer 3 ist eigentlich das wichtigste. Er oder Sie muss harmlos aussehen und sich blöd stellen können. Mit etwas Glück hat man einen in der Clicque, bei dem das als Naturtalent vorhanden ist. Vor den Überwachungskameras sitzen auch nur Menschen, und wenn Du was klaust, muss der gerade irgendwas ziemlich auffälliges machen, was runterwerfen, aus Versehen hinfallen und solche Sachen. Die gleiche Ablenkungsmasche an den Kassen, nie vergessen und nie übertreiben. Der, der klaut, muss tadellos gekleidet sein, aber grad so, dass es nicht übertrieben ist. Und man muss natürlich was kaufen, auch klar. Dass ist aber kein Problem, da latscht einfach ein paar Tage später einer rein und gibt’s zurück.
Verdammt, man plant und tut und macht und sahnt ab, alles was nicht niet und nagelfest ist. Und dann, dann wird man ertappt, von jemandem, der genauso skrupellos ist. Dieser jemand war Jürgen, aus der Klasse über uns. Ich sag Euch, wenn man eine Diebesbande dirigiert sollte man kein Gras rauchen um sich zu beruhigen. Jürgen war mein Bringer, er hat das Zeug angebaut, an einem kleinen Fluss in der Nähe. Ich hab gar nicht gewusst, dass das Zeug bei uns überhaupt wächst. Auf jeden Fall brauchte ich ganz schön Kohle für den Scheiss, und als die Sache am Rollen war, hatte ich die immer reichlich. Das kam ihm wohl spanisch vor und er fing an mir hinterher zu schnüffeln.
Mittlerweile weiss ich, daß er uns tatsächlich bis in die Geschäfte gefolgt ist. So eine Sau, echt. Er hat alles genau notiert, wann, was und wer alles dabei war. Das wäre aber noch nicht das große Problem gewesen. Hätte er nur was abhaben wollen, ok, hätten wir ihn mit reingenommen. Aber er musste es ja seinen verblödeten Freunden stecken und die waren gierig. Sie haben uns in die Mangel genommen, und … um es kurz zu machen, wir hatten plötzlich immer größere Bestellungen.
Die Sache lief sich ein, die Touren wurden immer größer. Die Organisation wurde immer schwerer. Schließlich haben wir Mark mit reingenommen. Er war zwar ein Vollidiot, aber hatte schon einen Führerschein. Wir mussten unseren Arbeitsbereich ausdehnen, uns gingen die Geschäfte aus, die wir beklauen konnten, das geht ja auch nicht bei jedem Laden. Abgesehen davon ist es Scheisse, mit geklauten Sachen in der S-Bahn rumzuhängen. Wenn man schon mal mit Shit erwischt worden ist, ist man bei den Bullen schnell bekannt und muss immer mit ner Überprüfung rechnen. Ja, sogar in einer ach so anonymen Großstadt hat man es nicht leicht als angehender Kleinkrimineller.
Der letzte Coup hat uns auffliegen lassen. Mark hat nen Unfall gebaut. Nachdem wir aus dem Laden raus waren hatten wir plötzlich die Bullen hinter uns. Die sind da nur lang gefahren, hab ich mittlerweile erfahren. Aber Mark sind die Nerven durchgegangen und er hat Gas gegeben. Wir sind dann am Autobahnzubringer in eine Absperrung gebrettert, die muss in den letzten Tagen da aufgestellt worden sein. Aber ich bin froh, dass es nur das war, der Vollidiot hätte auch jemanden umbringen können.
Ja, das ist schon ein paar Tage her und heute war Verhandlung vor dem Jugendgericht, ein Schnellverfahren. Am Montag um acht muss ich antreten. Das nächste mal kauf ich mein Hash von jemandem, der mich nicht kennt.