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Ein Tag wie jeder andere

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09.01.2002
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Ein Tag wie jeder andere

Montag morgen, 9:30 Uhr, irgendwo in Deutschland. Ich fühle mich müde, leer und ausgepowert.
Eigentlich ein Tag wie jeder andere. Der Himmel ist dunkel, noch dunkler als meine Seele. Die Routine zermürbt mich. Die Fahrt mit dem Bus zum Bahnhof, der überfüllte Zug, die schlechtgelaunten Gesichter meiner Arbeitskollegen, der erste Kaffee des Tages, das Umstellen meiner Stempel: immer das gleiche Spiel.

Ich wollte Journalist werden, Schriftsteller oder zumindest in der freien Wirtschaft arbeiten. Aber nein. Das ist alles viel zu unsicher, hat sie gesagt. Werde Beamter. Da hast du Sicherheit, für mich, für dich, für unseren Sohn. Ich wurde also Zollbeamter. Für sie und für unseren Sohn.
Vierundzwanzig Jahre stempeln, Blätter sortieren, kopieren, telefonieren, ohne den Sinn zu entdecken. Manchmal wünsche ich mir, ich wäre dumm. Dann würde ich mich meinem Schicksal beugen und das Beste daraus machen. Ich würde nicht über das Leben, den Tod oder geplatzte Träume nachdenken, sondern über die „Bild“-Schlagzeile.
Vielleicht wäre ich dann glücklich!
Aber so ist es nun mal nicht.

Und der Alkohol macht alles nur schlimmer.
Erst half er mir, zu verdrängen, machte mich gleichgültig.
Der Sarkasmus meiner Frau und ihre ewigen Vorwürfe prallten an meinem Schutzschild aus Interesselosigkeit ab.
Dann machte er mich, wie einst meinen Vater, aggressiv. Wenn mir etwas nicht paßt, werde ich laut und schreie mir die Seele aus dem Leib. Aber niemals, wirklich niemals, habe ich unseren Sohn, oder gar sie, geschlagen.
Ich habe viel zu viel Angst vor den Konsequenzen.
Genau soviel Angst wie in den letzten zwanzig Jahren - davor, sie zu verlassen.
Feigheit als Lebensmotto.
Bequemlichkeit als unüberwindliche Hürde.
Ich ging den leichten Weg.
Leider.

[Beitrag editiert von: grasi am 22.01.2002 um 10:01]

 

Lässt da jemand sein Leben Revue passieren? :susp:

Also, grasi, mal ehrlich, kann es sein, dass du eine ehrfürchtige Einstellung gegenüber Adjektive und Verben hast? Denkst du, ihnen mehr Nachdruck verleihen zu können, indem du sie des öfteren groß schreibst? :eek:

Dann würde ich meinem Schicksal beugen
Eigentlich ein Tag wie jeder anderer
Ich denke, es empfiehlt sich, diese Sätze nochmal genauer zu begutachten.

Ansonsten: mehr ein Tagebucheintrag als eine Geschichte...


Hendek

[Beitrag editiert von: Hendek am 21.01.2002 um 19:21]

 

Lieber Grasi!

Macht mich nachdenklich, Deine Geschichte.
Immer den bequemeren Weg gehen macht nicht unbedingt glücklich, das kann ich bestätigen.

Der Protagonist ist zwar ein Klischee-Beamter - bequemer aber trockener Beruf, Alkoholiker - trotzdem gefällt mir Deine Aufarbeitung.
Ich sehe darin keine Tagebucheinträge, sondern einen, der sein Leben Revue passieren läßt, sich Gedanken macht und zu dem Schluß kommt, er hat eigentlich alles falsch gemacht, aus Bequemlichkeit - weil es so viel einfacher war.

Also gehen wir mal zuerst den unbequemen Weg des Korrigierens - diesmal aber alle - auch die Beistrich(Komma-)fehler, Liste kommt am Abend per E-Mail. (So ist es einfacher, wegen dem Fettschreiben.)

Alles liebe
Susi

 

Hallo liebe Leute !!

Also, Hendek, ich kann dich beruhigen : ich bin weder Beamter, noch verheiratet, noch habe ich Kinder oder trinke übermäßig viel Alkohol. Ich versetze mich nur in meine Protagonisten. Ich versuche, wie sie zu denken.

Liebe Susi, ich kann es doch nur wiederholen: Danke.

Gruss / Grasi

 

Hi!
Also, an sich gefällt mir deine Geschichte gut. Ich denke, eine Atmosphäre hätte deiner Geschichte mehr Nachdruck verliehen, aber gut...
Ich habe keine Erfahrungen mit Alkoholikern, aber trotzdem denke ich nicht, dass all die Gedankengänge so zueinander passen. Auf der einen Seite ist der Mann nicht dumm, er weiß, dass er etwas auf dem Kasten hat, dann widerrum stellt er sich als aggressiven Säufer dar und dann widerrum als feigen, irgendwie unterdrückten Mann, der den Anschein macht, keinem Lebewesen etwas antun zu können.
Wie auch immer, falls jetzt noch etwas übrig ist, was ich nicht erwähnt habe, gefällt es mir.
lyrik

 

@Häferl:

Ich sehe darin keine Tagebucheinträge, sondern einen, der sein Leben Revue passieren läßt,
Entweder, du ersetzt dieses "sondern" durch ein "aber", oder reicherst deine Konjunktion mit dem Wörtchen "nur" an.
Sonst sieht es aus, als ob du mir völlig widersprechen würdest, wobei du eigentlich nur einen meiner Kommentare ablehnst und den anderen bestätigst. :teach:

Das eigentlich nur so nebenbei. :D


@grasi:

Och, ich war eigentlich keineswegs beunruhigt... :engel:

[Beitrag editiert von: Hendek am 21.01.2002 um 19:44]

 

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