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Ein Tag zu dritt

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05.11.2005
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Ein Tag zu dritt

Der Himmel war wolkenlos an diesem Tag. Ein Teppich aus blauen Teilchen, der sich über die Herbstwiese wölbte, auf der sich bunte Wildblumen aneinander reihten. Den Feldweg, an dessen Rand der alte blaue VW-Bus stand, säumten Eichen und Kastanien, deren Blätter sich rot und gelb färbten. Der Vater sagte: „Ich weiß nicht, die Farben sind so toll dieses Jahr. Entweder, ich habe in den letzten Jahren nicht darauf geachtet oder es ist dieses Mal wirklich ganz besonders. Ein bisschen wie im Paradies“ und dann seufzte er und sein Blick glitt hinüber in andere Welten, in denen alles so zauberhaft war wie die Farbe der Blätter im Herbst. Der Wind strich warm über die Haut der Kinder, Luft vom Mittelmeer, die die Atmosphäre gemütlich machte und alles spannend werden ließ. Es war eine kostbare Zeit für den Vater, deshalb bemühte er sich alles Böse abzuwenden und den gemeinsamen Ausflug so schön zu gestalten wie es ihm möglich war. Damit die Kinder sich später zurück erinnern könnten, an diesen Tag, an dem die Luft nach Urlaub roch und das Gras an den Füßen kitzelte. An dem alles gut schien, auch wenn es so nicht immer war.
Er schaute seinen Kindern beim Spielen zu.
„Hey, stehe ich vielleicht da rechts, kleine Fee? Nein, hier, hier bin ich. Hier muss der Ball hin“ sagte der Sohn und lief zu seiner kleinen Schwester die den Federballschläger fest in ihren kleinen Händen hielt. Behutsam nahm er ihn ab und hob sie hoch. Er drehte sich im Kreis und die Kleine gluckste und kicherte vor Verlegenheit und vor Vergnügen.
Der Vater stand da und war so froh, dass seine Kinder sich freuten und er sich mit ihnen freuen konnte, dass seine grauen, oft so müden Augen zu leuchten begannen.
Er rannte zu ihnen und drückte sie an sich. Und sie alberten herum und die Kleine ritt auf seinen Schultern und um sie herum war nur der bunte Wald und die wilden Blumen und nur sie schauten zu wie sie zu dritt zusammen und nicht wie so oft, zwar nicht allein und trotzdem einsam waren, eingekapselt in sich und die eigenen Probleme und Schwierigkeiten des Alltags. Ein kleiner Augenblick des Glücks. Ein bisschen Freiheit.
Die Dämmerung begleitete die drei bei der Suche nach Feuerholz.
„Ich hab' ein bisschen Angst“ sagte die Kleine und der Vater und der Sohn nahmen sie in ihre Mitte. An den Händen ihrer Helden fühlte sie sich sicher. Der Wald war nah und der Junge bei den Pfadfindern gewesen, so loderte bald ein kleines Feuer auf der Feuerstelle, die am Rand der Wiese angelegt war. Um sie herum standen zwei dicke Baumstämme, auf dem einen saß der Vater, mit der Tochter auf seinem Schoß. Sie zählten die Ringe des Baumstammes und die Kleine lächelte ein bisschen verklärt und sagte: „Der Baum ist ja älter als du“, und piekste ihren kleinen Finger in den Bauch des Vaters.
„Dafür hast du mehr Sommersprossen in deinem Gesicht als ich und der Baum zusammen alt sind“ sagte er und kitzelte sie. Sie lachte und ihr Lachen steckte ihn an und schließlich lachte auch der Bruder, obwohl er sich ein bisschen unwohl fühlte. Er hätte auch gern so auf dem Schoß des Vaters gesessen.
Es gab Würstchen zum Abendessen, die sie auf Stöcken über dem Feuer brieten.
Sie aßen und um sie herum zirpten die Grillen. Es gab Brötchen dazu und Nudelsalat, den der Vater mitgebracht hatte.
Es wurde dunkel, sie lagen nebeneinander auf der großen Wiese und schauten in den Himmel.
„Schaut, dass da ist der große Waagen“, sagte der Vater.
Versonnen schauten seine Kinder zu den Sternen. Auch wenn die Kleine nicht begriff, was es war, dass der Vater ihr zeigen wollte, half es, dass er ihr die Welt, mit ruhiger Stimme und einem Arm um ihrer Schulter, erklärte. Regeln, an die sie sich halten konnte. Ein Weg auf dem sie den Fußstapfen Anderer folgen konnte. Eine Struktur in ihrem Leben, das hätte sie gerne öfter gehabt.
Der Junge seufzte satt und zufrieden: „So sollte es immer sein“
Doch bald war es zu kalt um auf der Wiese zu liegen. Der Vater wusste, es war Zeit zu gehen. Und doch konnte er sich und sie nicht losreißen aus dieser Idylle, aus diesem bisschen Paradies. Die Kleine fror und zwang ihn so zu sagen: „Kommt, ich bringe euch Heim.“ Sie gingen langsam zurück. Als sie vor dem Bus standen, sprang die Kleine hoch, schlang ihre kurzen Arme um den Hals vom Vater und flüsterte: „Papa, heute habe ich gelernt, wie man in der Wildnis überleben kann“ und er nahm sie an den Händen und schleuderte sie durch die Luft. Sie lachte laut, ein bisschen erschreckt von dieser Reaktion. Der Junge lehnte sich an den Bus, die Hände tief in den Hosentaschen seiner Jeans vergraben.
Die Rückfahrt war leise. Alle drei hingen den Abenteuern dieses Tages nach. Als es nicht mehr weit war, sagte der Vater: „Ach Kinder, ich vermisse euch schon jetzt“, und er streichelte seinem Sohn über den Kopf.
Die Mutter stand schon in der Tür, die Kleine sprang aus dem Auto, lief zu ihr hin und drückte sich an sie. Die Mutter winkte dem Vater kurz, nahm die Kleine an der Hand und ging mit ihr ins Haus : „... und wir haben Feuer gemacht und es gab Würstchen“ erzählte die Kleine. Der Sohn umarmte den Vater, er hatte keine Lust gleich wieder mit der Mutter allein zu sein, die nicht recht verstand, was und wie er fühlte. Er schlenderte zum Haus, drehte sich in der Tür noch einmal um und winkte. Sein Lächeln war nicht echt.
Der Vater ließ sich in die Polster fallen und legte seinen Kopf zurück. Er seufzte tief. Zum Schluss war es immer am Schwersten. Er schaute noch einmal zum Haus, die Kleine stand hinter der Tür, hauchte ihren heißen Atem an das Glas und schrieb mit unsicheren Buchstaben 'PAPA'. Er lächelte traurig und hoffte, dass sie das nicht bemerkte. Schnell hob er seinen Arm zum Gruß, ließ den Motor an und fuhr die Straße entlang davon.

Und wieder eine Woche, ohne Papa.

 

Hallo Mücke,

du wirst deinem Thema leider überhaupt nicht gerecht. Väter, die ihre Kinder nur alle (normalerweise) zwei Wochen am Wochenende sehen, sind viel mehr Problemen und Zweifeln ausgesetzt, wie du sie nur im entfernstesten angesprochen hast. Da hilft auch keine Herbstmelancholie.

Da gibt es die Frage nach dem Unterhalt, nach den Besuchszeiten, nach dem neuen Freund ... deine butterweiche Schmalzgeschichte bringt auf beiden Seiten kein Licht ins Dunkel.

Wenn ich dein Profil ansehe, würde ich dir vorschlagen, doch lieber über deine aktuellen Themen in der Rubrik Jugend zu schreiben. Da hast du Zugang dazu, fühlst dich besser ein. Das nur als kleiner Tipp.

Liebe Grüße
bernadette

 

Hallo,

Ein Teppich aus blauen Teilchen,
Das verstehe ich nicht. Was meinst du mitblauen Teilchen?

Ein glücklicher Tag für den Papa, der seine Zeit mit Kindern verbringt. Man merkt, dass seine Kinder für ihn alles ist. Aber die Wahrheit, dass er getrennt von seinen Kindern lebt und sie nur einmal in der Woche sieht, ahnt man schon an der übetrieben glücklicher Beschriebung seiner Tätigkeit mit Kindern. Es scheint auch so, dass nur sein Sohn sich wirklich nach ihm sehnt und seine Tochter sich eher zur Mutter hingezogen fühlt. Es ist immer noch traurig, dass es viele solchen Situationen gibt. Du hast die emotionale Zusammenhänge sehr schön sprachlich und bildlich dargestellt. Ich habe mit dem Vater gefühlt. Deshalb finde ich deine Geschichte super geschrieben.

Die Lebenssonde

 

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