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Ein Traum

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04.01.2007
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Ein Traum

Auch als der Zug längst um die lang gezogene Kurve war, blieb Bernd noch auf dem Bahnsteig stehen. Gelegentlich zog er an seiner Zigarette, bemerkte dies aber selbst nicht. Langsam ging die Beleuchtung auf dem Bahnsteig aus, nur eine Notbeleuchtung brannte noch. Er kam zu sich, drehte sich um und schritt zögernd zum Ausgang.
Seine Gedanken rasten. Wie konnte sich diese Geschichte nur zutragen? Wie konnte das passieren?
Und dabei hatte doch alles so schön angefangen, fast wie im Film.

„Du kommst doch heute Abend mit zur Eröffnung meiner Ausstellung.“
Sein Freund Dieter hatte dies nicht gefragt, sondern einfach in den Raum gestellt. In einem Ton, welcher keinen Widerspruch duldete.
„Eigentlich habe ich keine Zeit, ich muß…“
„Eigentlich ist kein Wort, welches für eine Entscheidung steht und außerdem bist du mein bester Freund und der darf nicht fehlen. Oder willst du mir die Eröffnung meines Höhepunktes vermiesen. In letzter Zeit stellst du dich immer mehr abseits. Geh unter die Leute, Junge. – Also abgemacht, 20.00 Uhr in meinem Studio und fertig. Bringe gute Laune, echtes Interesse und Freunde mit.“
Am Abend zog er seinen Smoking an, in welchem er sich nie so richtig wohlfühlte. Aber er schien ihm dem Abend angemessen.
Pünktlich wie immer fuhr er kurz vor Acht auf dem Parkplatz vor. Der Kies unter seinem Sportwagen, dem einzigen Luxus, welchen er sich leistete, knirschte laut und aufdringlich. Langsam stieg er aus und sah hoch zu den hell erleuchteten Fenstern. Die Umrisse von vielen Personen waren zu sehen. Stimmen und Lachen waren zu hören. Frauen kreischten laut und aufdringlich. Kurz kam der Gedanke auf, wieder in seinen Wagen zu steigen.
Aber er besiegte seine Ängste. Langsam und unsicher betrat er das Gebäude. Bereits in der Empfangshalle standen viele Leute herum, fasst alle hielte ein Glas in der Hand. Bekannte Gesichter sah er jedoch nicht. Und so ging er einfach weiter in das Studio. Auch hier alles voller Gäste. Seinen Freund Dieter sah er von weitem, intensiv in ein Gespräch vertieft. Seine Unsicherheit wuchs. Er nahm sich, von allen unbemerkt, ein Glas Sekt vom Tisch und stellte sich in eine Ecke. Unauffällig beobachtete er das Geschehen um ihn.
Irgendwann fragte er sich, was er im Grunde hier wollte. Das Stimmengewirr, die laute Musik und die rauchgeschwängerte Luft irritierten ihn. Erhaschte Gesprächsfetzen weckten kaum sein Interesse. Sein Blick wanderte durch den Raum, er beobachtete einzelne Personen, studierte ihre Gestik.
Und da stand sie. Direkt neben einem Kamin, ebenfalls allein in der Menge. Ihr rotes Kleid passte sehr gut zu ihrem langen, schwarzen Haaren, in welchen sie eine silberne Spange trug. Ihre hohen Sandalen waren farblich mit dem Kleid abgestimmt. Sie stach durch Aussehen und Verhalten von der Masse ab. Jedenfalls für ihn.
Wie im Traum ging er einfach auf sie zu, dabei sah er sie unverwandt an. Als er die Hälfte des Raumes durchschritten hatte, bemerkte sie ihn ebenfalls. Ihre Augen trafen sich und blieben zusammen hängen, bis er vor ihr stand.
„Hallo, wie geht es dir?“ Ein dümmerer Anfang konnte ihm wirklich nicht einfallen. Am liebsten wäre er in den Boden versunken.
Sie schien das nicht zu bemerken: „Sehr gut, aber mir ist es hier viel zu laut. Wollen wir nach draußen an die frische Luft gehen?“
Er hörte sich „Ja“ sagen und sie gingen Richtung Ausgang. Sie hakte sich einfach bei ihm unter und er brachte sie steif und unbeholfen die Treppe hinunter in den Vorgarten. Dort standen Tische und Bänke, und sie ließen sich auf einer nieder. Ihre Getränke stellten sie auf dem Tisch ab. Abseits von der Menge begann sie von sich zu erzählen. Sie war Restaurateurin und hatte hier in Berlin mehrere Monate mit einem größeren Auftrag zu tun. Durch einen Mitarbeiter war sie auch in diese Ausstellung geraten.
Dann begann er zu sprechen. Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus, gar nicht seiner Art entsprechend.
Irgendwann stahlen sie sich davon und fuhren in eine Bar. Spät in der Nacht brachte er sie zu ihrem Hotel.

Von diesem Abend an sahen sie sich jeden Tag. Aus der Bekanntschaft wurde Freundschaft, dann Liebe. Sie verbrachten jede nur mögliche Minute miteinander. Bernd lernte Seiten des Lebens und der Liebe kennen, die ihm bisher verborgen geblieben waren. Es war ein einziger Traum.
Nach zwei Wochen zog sie in seine kleine, aber sehr schöne Dachwohnung. Diese kam ihm jetzt wie das Paradies vor. Die Welt drehte sich um Bernd und schon nach wenigen Tagen sprach er von Hochzeit und gemeinsamer Zukunft. Bei solchen Gesprächen wurde sie immer still oder wechselte das Thema.
Sie verbrachten ihre gesamte Freizeit zusammen, saßen stundenlang am Abend auf der Terrasse. Gelegentlich fuhr sie am Wochenende in ihre Heimat. Diese einsamen Stunden wurden ihm immer zur Qual und er konnte ihre Rückkehr kaum erwarten. Stunden vorher stand er auf dem Bahnhof.
Das Ende ihrer Tätigkeit in Dresden nahte und sie wurde immer stiller, wich ihm ständig aus. Eines Abends stellte sie eine Flasche Wein auf den Tisch, bat ihn Platz zu nehmen und begann zu erzählen. Er hörte Worte wie Ehemann, verheiratet und Familie. Er hörte diese Worte wie aus weiter Ferne, nahm sie nicht richtig war. Wollte sie nicht wahrhaben. Sein Herz schlug wie wild, die Kehle war ihm zugeschnürt. Irgendwann konnte er nicht mehr zuhören.
Und so hatte er sie zwei Tage später zum Zug gebracht. Der Abschied verlief ohne große Worte, fast wie Fremde trennten sie sich. Einfach, als ob nichts geschehen wäre.
Danach lief er stundenlang durch die Straßen, rauchte eine Zigarette nach der anderen und landete schließlich in der Bar, in welcher alles begann. Dort wurde er der letzte Gast, trank viel zu viel und dachte tiefsinnig über sein Leben nach. Wie sollte dieses nur weiter gehen? Er wusste es nicht.

Wochen waren vergangen. Bernd saß an einem herrlichen Samstagabend auf seiner Terrasse und starrte in die Gegend. Die mondhelle Nacht erleuchtete die Umgebung. Er schenkte sich einen weiteren Kaffee ein, als es klingelte. Lustlos ging er zur Tür und öffnete diese. Und da stand sie. Mit ihrem Lächeln auf den Lippen und zwei Koffer in den Händen.
„Da bin ich.“ Sie ließ die Koffer fallen und sie fielen sich in die Arme. Die Welt drehte sich wieder für ihn und diesmal richtig herum. Er bemerkte den Mond, die vielen Sterne.

 

Hallo Voma,

jetzt hatte ich so viele Textanmerkungen und mein blöder Rechner killt alle. So was Blödes. :(

Leider hat mir deine Geschichte nicht sonderlich gut gefallen. Das liegt vor allem daran, dass sich deine Geschichte wie im Schnelldurchlauf liest. Zumindest fast - aber du sprichst vom Kennenlernen, danach ist es die große Liebe, darauf folgt die vorrübergehende Trennung und danach sind sie wieder zusammen. Aber du lässt den Leser in keinster Weise an der Beziehung der Beiden teilhaben.
Warum schilderst du nicht ein paar Szenen ihres gemeinsamen Zusammenlebens?

Auf den Anfang hingegen (die Ausstellung, seine Unsicherheit) verwendest du sehr viel Zeit. Du beschreibst minutiös was passiert - wohin er geht, was er fühlt, was er denkt etc. - das ist meines Erachtens für die Geschichte nicht unbedingt wichtig.

Da stimmt für mich auch das Gleichgewicht nicht mehr, wenn du auf die Aufstelung so viel Zeilen verwendest und die Liebesgeschichte an und für sich in ein paar Sätzen abhandelst. Denn die Hauptsache ist doch die Liebesgeschichte, oder nicht?

Störend empfand ich auch, dass deine Protagonisten keine Namen tragen? Warum? Das trägt auch nicht unbedingt dazu bei, dass man sich ihnen näher fühlt und außerdem ist es sicherlich einfacher sie einfach beim Namen zu nennen, als immer nur "er" oder "sie" zu schreiben.

So und jetzt mache ich mir die Textarbeit noch einmal, da sich ein paar Anmerkungen bzgl. deines Stils am besten mit Textbeispielen belegen lassen:

Gelegentlich zog er an seiner Zigarette, bemerkte dies aber selbst nicht.

Warum erwähnst du das, wenn es der Protagonist nicht einmal bemerkt?

Er kam zu sich, drehte sich um und schritt zögernd zum Ausgang.

Warum zögernd? Was meinst du damit? Langsam? Dass er zwischendurch immer wieder stehen bleibt?

„Du kommst doch heute Abend mit zur Eröffnung meiner Ausstellung.“
Sein Freund Dieter hatte dies nicht gefragt, sondern einfach in den Raum gestellt. In einem Ton, welcher keinen Widerspruch duldete.
„Eigentlich habe ich keine Zeit, ich muß…“
„Eigentlich ist kein Wort, welches für eine Entscheidung steht und außerdem bist du mein bester Freund und der darf nicht fehlen. Oder willst du mir die Eröffnung meines Höhepunktes vermiesen. In letzter Zeit stellst du dich immer mehr abseits. Geh unter die Leute, Junge. – Also abgemacht, 20.00 Uhr in meinem Studio und fertig. Bringe gute Laune, echtes Interesse und Freunde mit.“

Ehrlich gesagt halte ich diesen Part für unwichtig. Es ist doch im Prinzip egal, warum er zu dieser Ausstellung fährt. Ich würde mit der Erzählung dieser Geschichte erst beginnen, wenn er sich bereits auf der Ausstellung befindet.

Die Umrisse von vielen Personen waren zu sehen. Stimmen und Lachen waren zu hören.

Das klingt monoton.

Frauen kreischten laut und aufdringlich.

Ein paar Sätze vorher ist es noch der Kies, der unter dem Sportwagen laut und aufdringlich knirscht.

Aber er besiegte seine Ängste.

Welche Ängste? Du erwähnst nur, dass er erwägt, wieder in den Wagen zu steigen. Aber dass kann ja viele Gründe haben. Du solltest diesen Satz entweder streichen oder aber auf seine Ängste eingehen.

Langsam und unsicher betrat er das Gebäude.

Das machst du öfters - du stellst irgendetwas in den Raum - hier z. B. dass er das Gebäude "unsicher" betrat. Warum zeigst du dem Leser nicht, wie das aussieht? Beispielsweise: Er wischte seine feuchten Hände an seiner Hose ab und starrte hinauf zu dem Fenster. Der Kragen seines Smokings wurde plötzlich unerträglich eng und er öffnete einen Knopf etc. (Ist jetzt nicht besonders gut. Ist ja auch nur damit du weißt, worauf ich hinaus will.)

Bereits in der Empfangshalle standen viele Leute herum, fasst alle hielte ein Glas in der Hand.

fast

Unauffällig beobachtete er das Geschehen um ihn.

Hm... wie beobachtet man jemanden "unauffällig"? Hier solltest du vielleicht auch näher darauf eingehen, was du meinst.

Die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus, gar nicht seiner Art entsprechend.

Wenn du schon erwähnst, dass die Worte aus ihm heraussprudeln, solltest du vielleicht auch darauf eingehen, was sie reden. Das wäre in dieser Geschichte auch hilfreich, damit sich der Leser ein Bild von deinem Protagonisten machen kann.

Von diesem Abend an sahen sie sich jeden Tag. Aus der Bekanntschaft wurde Freundschaft, dann Liebe. Sie verbrachten jede nur mögliche Minute miteinander. Bernd lernte Seiten des Lebens und der Liebe kennen, die ihm bisher verborgen geblieben waren. Es war ein einziger Traum.

Das hier ist wirklich vieeel zu schnell. So etwas braucht ein bisschen mehr Raum und du solltest z. B. auch darauf eingehen, was an ihr so toll ist bzw. warum er so von ihr fasziniert ist. So wie das momentan da steht, lässt es mich eher mit einem Achselzucken zurück.

Das Ende ihrer Tätigkeit in Dresden nahte und sie wurde immer stiller, wich ihm ständig aus.

Hier solltest du auch eine spezielle Situation schildern. Und was wich sie aus? Seinen Fragen, seinen Berührungen, Gespächen - ihm selbst?

Dort wurde er der letzte Gast, trank viel zu viel und dachte tiefsinnig über sein Leben nach. Wie sollte dieses nur weiter gehen? Er wusste es nicht.

Von welchem Zeitraum sprichst du hier? Ist das nur ein einziger Abend oder geht er über Wochen in dieses Lokal?

Die mondhelle Nacht erleuchtete die Umgebung.

Die mondhelle Nacht wird wohl gar nichts erleuchten. Aber der Mond kann die Umgebung durchaus beleuchten.

Er bemerkte den Mond, die vielen Sterne.

Hm - dieser letzte Satz wirkt etwas verloren? Was willst du damit sagen? Dass er jetzt wieder einen Blick für die Schönheit der Welt hat? Klingt jedenfalls ein bisschen komisch, als hättest du ihn noch ans Ende gepappt.

Lieben Gruß, Bella

 

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