Ein Verlust
Ich saß auf dem Boden und sprach mit dem Schock.
„So ist es also.“, meinte der Schock. Ich starrte ihn nur an. Unfähig mich zu bewegen.
„Du kannst nichts mehr tun. Es ist vorbei. Es ging schnell, nicht wahr?“ Vollkommen reglos saß ich da. „Es ist vorbei.“, wiederholte ich leise. Meine Arme hingen schlaff herunter. Ich war schwach. So schwach. Der Schock streichelte mir sanft einmal über das Gesicht. Dann war er fort. Als leiser Lufthauch wehte er davon. Ich legte mich auf den kalten, harten Boden. Die Stille umfing mich.
Auf einmal saß die Trauer neben mir. „Es tut mir so unendlich leid.“, flüsterte sie mit ihrer dünnen, leisen Stimme. Sie nahm meine Hand. Ihre Kälte stach in meine Haut. „Ich werde ihn vermissen. So sehr.“, meinte sie. „Wir hatten so schöne Momente zusammen.“ Ich verkrampfte mich. Mein ganzer Körper zitterte. Die Tränen rollten mir über die Wangen. Tropfen auf den Boden. Glitzern. Die Trauer legte sich neben mich auf den Boden. Mit ihren hellen Augen sah sie mich an. „Ich werde ihn sehr vermissen.“, sagte sie noch einmal. Dann beugte sie sich vor und gab mir einen kalten Kuss und erhob sich. Mit langsamen, wiegenden Schritten ging sie aus dem Zimmer.
Plötzlich wogte ein grauer Schatten neben mir hin und her. „Was sollen wir nur ohne ihn tun?“, fragte die Verzweiflung. Verstört sah sie mich an. „ Was hat das alles noch für einen Sinn? Ohne ihn. Ganz allein.“ Ihre raue Stimme strich über mich hinweg und dort wo sie mich berührte hinterließ sie Gänsehaut. „ Warum er? Warum so plötzlich? Warum so unvorhergesehen?“ Die Verzweiflung packte mich mit ihren grauen Fingern und schüttelte mich hin und her. „ Warum?“, schrie sie mir ins Gesicht. Ihr glühender Blick brannte sich in meine Augen. Ich schloss die Augen. Ließ mich zurücksinken. Schwärze umfing mich und ich konzentrierte mich nur auf meinen Atem. Ein- Aus- Ein- Aus. Als ich die Augen wieder öffnete, war der Platz, an dem die Verzweiflung gesessen hatte, leer.
Ruhig blieb ich liegen. Fuhr mit den Händen über das raue, dunkle Holz auf dem ich lag.
Da traf die Hoffnungslosigkeit ein. „Es wird nichts mehr so sein wie vorher, oder?“, fragte sie mich. Ich schüttelte den Kopf „ Die Ärzte sagten, es gäbe noch Hoffnung für ihn. Doch nun ist es vorbei. Aus.“ Verwirrt sah mich die Hoffnungslosigkeit an. „Es ist alles aus.“, flüsterte sie noch einmal. Ich nickte. Die Hoffnungslosigkeit schüttelte wieder verwirrt den Kopf.
Dann war sie verschwunden. Das Zimmer war leer. Nur ich war noch da. Nur noch meine flachen Atemzüge waren zu hören.
Da setzte sich die Wut neben mich auf den Boden. „Er hat uns einfach allein gelassen. Ist einfach fort gegangen. Wie konnte er das tun?“, fragte sie mit ihrer scharfen Stimme. „ Er hätte sich anstrengen müssen. Hätte versuchen sollen bei uns zu bleiben. Doch er hat nichts getan. Und nun ist er fort!“ Den letzten Satz schrie die Wut. Mit ihrer lodernden Faust schlug sie auf den Boden. Ein Beben durchfuhr meinen Körper. Ich setzte mich auf. Nickte. Gab der Wut Recht. „Er hat uns einfach verlassen, dieser Mistkerl.“, meinte die Wut. Ich ballte meine Hand zur Faust. Die Wut loderte hell auf. Dann ging sie. Wie alle anderen auch. Zurück blieb ich. „Nun sind nur noch wir beide da.“, ertönte eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um. Da stand es. Das letzte aller Gefühle. Der Schmerz. Langsam kam er auf mich zu und setzte sich neben mich. Schweigend sah er mich an. Die Stille hing zwischen uns. Dann fiel sie zu Boden und zerbrach als er sagte: „ Nun ist alles vorbei. Er ist weg. Die anderen sind weg. Wir sind ganz allein. Ganz auf uns gestellt.“ Mit seinen dunklen Augen sah er mich an.
„Allein.“, flüsterte ich. Der Klang dieses Wortes ängstigte mich. Er war so fremd. So seltsam. So schrecklich. Ich blickte dem Schmerz fest in seine schwarzen Augen.
Wir erhoben uns beide. Er breitete die Arme aus.
Und ich versank in seiner Umarmung