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Ein virtuelles Schachspiel

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10.10.2006
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Ein virtuelles Schachspiel

Der Sommer hatte ein jähes Ende gefunden und hinterließ dem Herbst ausgetrocknete Flüsse und Felder. Sie sah aus dem Fenster in einen dunklen mit Wolken verhangenen Himmel, der dem Tag sein letztes Abschiedslicht nicht gönnte.
.
Aus den Computerlautsprechern klang leise klassische Musik zu ihr herüber. Sie wandte sich vom Fenster ab, schaute auf den Monitor. Eine lapidare Mitteilung. Schach!
.
Es wollte ihr kein genialer Gegenzug einfallen. Tagelang hatte sie ihren Geist bemüht, hatte ihre Intelligenz eingesetzt, ihren Emotionen freien Lauf gelassen. Sie hatte sich auf ein Spiel eingelassen, von dem sie wusste, dass der Gegner um soviel stärker war als sie. Gefüttert mit dem Wissen tausender Spielzüge.

Sie hatte einen Traum. Einen Traum vom König der seine Dame liebt und mit ihr einen Kreuzzug plant, um den heiligen Gral zu finden. Lächerlich angesichts des Schlachtfelds, das sich ihr jetzt darbot. Armselig das Häuflein der Getreuen um König und Dame, wie groß die Heerschar des Gegners Vasallen.

Es gab kein Entrinnen mehr. Keine Hoffnung, durch Auferweckung der verlorenen Krieger noch einen Sieg zu erringen. Die Dame allein stellte sich mutig dem Henker, um den König ein letztes Mal Schutz zu bieten.
In Sekundenbruchteilen triumphierte die Anzeige.

„Schach matt! Schach matt! Schach matt!“ ,sagte sie sich immer wieder verzweifelt und starrte dabei auf den Monitor. „Welchen Zug hätte ich anders setzen sollen, du kluges Monster?“

Sie wollte kein neues Spiel. Keine Revanche!
Ihr Mitspieler ohne Geist, ohne Verstand, ohne Gefühl. Sie wusste es und konnte nicht verstehen, warum sein Sieg sie so sehr kränkte.

Während des Spiels hätte sie sich beraten lassen können, eben genau von diesem virtuellen Gehirn. Optionen wählen. Spielzug rückgängig machen. „Sehr schön!“, dachte sie und zog es für einen Moment in Erwägung. Einfach rückgängig machen, noch einmal die Gedanken neu ordnen können. Eine List, dem Spiel einen anderen Ausgang zu geben.

Sie wählte keine Option, kein neues Spiel. Würde es doch bedeuten, den König auszuwechseln. Das virtuelle Spiel ließ nicht zu, den König aus dem Spiel zu nehmen. Sie konnte ihre Hand nicht liebend um ihn legen, ihn ansehen, ihm sagen, wie leid ihr alles täte. Ihm versprechen, ihn in einem neuen Spiel wieder einzusetzen und alles anders zu machen.

Sie starrte ernüchtert auf das virtuelle Spielbrett. Sie hatte ihren König verloren.

 

Hi Lykelitten,

auch wenn ich selbst nur noch selten auf diesen seiten bin, begrüße ich Dich doch mal recht herzlich bei kurzgeschichten.de Hoffe, du findest etwas Spaß hier und lernst dabei noch etwas hinzu.

Zu deiner Geschichte: Es gibt sicher einiges, was man kritisieren kann - ich fange aber mal mit dem positiven an:

Du hast einen Schreibstil, der den Leser mitfühlen lässt. Ein dumpfes Schachspiel gegen einen Computer - aber irgendwie schaffst du es trotzdem, den Leser Trauer spüren zu lassen. Das kommt in und zwischen den Zeilen sehr gut rüber - und ist ein wesentlicher Aspekt, um einmal richtig gute Geschichten schreiben zu können.

Was mit nicht so gefiel: Bei aller Atmosphäre war mir dann doch zuwenig Inhalt in deiner Geschichte. Man kann vieles hinein interpretieren - aber eine Aussage zu irgendetwas findet man vom Autor nicht vorgegeben. Sieht eher nach einer stilistischen Fingerübung aus. Steht ein wirklicher Lover dahinter? Ist jemand gestorben, um den du in Wirklichkeit trauerst? Solche oder andere Themen könnten dahinter stehen und in die Geschichte Einzug halten. Das würde sie runder, zu einer wirklichen Kurzgeschichte machen.

Der Anfangsabsatz ist sehr typisch - "erstmal etwas übers Wetter" - wie man es ja sehr oft liest, leider zu oft. Dein Abschiedslicht hat ein D zuviel, dein "gönnte" solltest du mit einem Punkt beenden. Diese Kleinigkeiten in der Rechtschreibung fallen in Stories immer etwas negativ auf. Vielleicht checkst du da noch einmal den gesamten Text.

Fazit: Talent zu schreiben, findet man in der Geschichte eine Menge. Etwas mehr Inhalte wären aber prima;)

grüße, streicher

 

Hallo Streicher,

vielen Dank für die doch recht positive Kritik.
Ich werde daran arbeiten. Diese Geschichte ist mein erster öffentlicher Auftritt und du hast Recht, dass ich unbedingt besser auf die Rechtschreibung achten sollte ;-)

Liebe Grüße
Lykelitten

 

Hi.
Ich finde deine Geschichte gerade deshalb gut, weil man soviel rein interpretieren kann!
Jeder kann selbst darüber sinnieren, was dahinterstecken könnte. Mir gefältt sie, nur der Anfang passt überhaupt nicht. Lg

 

Hallo Lykelitten,

dichte, kleine Miniatur. Die Grundidee, des idealisierten Schachspiel, des verliebt Seins in den eigenen König hat etwas. Was die Ausführung betrifft:

S.R. hat recht mit dem Anfang. Der 1. Satz passt nicht. Als zweites lässt du die Partie über mehrere Tage gehen. Ist vom romantischen Aspekt her logisch, bedeutet aber auch dass das Programm verdammt gut spielen muss, weil es unendlich viel Zeit hat. Diesen Aspekt schlachtest du aber gar nicht aus.

Und was auch zu kurz kommt, ist der faszinierende Gedanke, Züge zurück zu nehmen. Diesen Aspekt empfinde ich irgendwo als den tiefsinnigen Kern der ganzen Geschichte, dass es eben am Computer möglich sein sollte, den zentralen Fehler zu isolieren, zurückzunehmen und wieder an dieser Stelle anzufangen, um wieder neue Fehler zu machen ... Du reißt diesen Punkt nur kurz an und lässt deine Protagonistin dieses Vorgehen einfach verwerfen, was schade ist denn an dieser Stelle täte sich einiges an Potetial auf.

Ansonsten eine positive Überraschung.


LG,

N

Anbei noch etwas Textkram:

Was sollen die Punkte nach dem 1. und 2. Absatz?


wie groß die Heerschar des Gegners Vasallen.

Meinst du: Wie groß die Heerschar der Vasallen des Gegners?

Klingt zwar nicht so schön, ist aber grammatikallisch korrekt.

n Sekundenbruchteilen triumphierte die Anzeige.

Warum die Anzeige? Fände es besser den Gegner/Computer beim Namen zu nennen.

„Schach matt! Schach matt! Schach matt!“ ,sagte sie sich immer wieder verzweifelt

Das Leerzeichen ist an der falschen Stelle.

Gefüttert mit dem Wissen tausender Spielzüge.

Hmm. Wer Schachprogramme kennt, dem dreht sich der Magen um.

 

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