Was ist neu

Ein Zentner Kartoffeln und zwanzig Mark - oder -Der erste Tag.Ein Zentner Kartoffeln

Mitglied
Beitritt
24.11.2007
Beiträge
26
Zuletzt bearbeitet:

Ein Zentner Kartoffeln und zwanzig Mark - oder -Der erste Tag.Ein Zentner Kartoffeln

Ein Zentner Kartoffeln und zwanzig Mark!

Ein Zentner Kartoffeln und zwanzig Mark!

Was ich zu erzählen habe findet neunzehnhundertfünfundfünfzig statt, ich bin seit kurzem zehn Jahre alt, bin bis jetzt in der Volksschule eines bayerisch, schwäbischen, mittelgroßen Dorfes und werde, sofern ich die Aufnahmeprüfung bestehe, ab Herbst das Gymnasium in der Kreisstadt besuchen.

Achtundvierzig stolze Bauernhöfe reihen sich links und rechts der staubigen Dorfstrasse eng aneinander, die fensterreichen, mit Geranien geschmückten Giebel zeigen ausnahmslos neugierig zur Straße, dahinter Stallungen, Scheunen, Remisen und große Gärten mit Streuobstbäumen.
Zwei Bäckereien, drei Lebensmittelläden, zwei Schmiede, ein Wagner, ein Schindel und Fassmacher, eine Molkerei, ein Friseur, ein kleines Baugeschäft, Elektriker und eine Fabrik, etwas außerhalb, die Steinbearbeitungsmaschinen herstellt. Sie alle sorgen dafür, dass es dem Dorf gut geht.

Ein imposantes Schloss aus dem sechzehnten Jahrhundert mit der barocken Dorfkirche nebenan bilden den Ortskern.

Traktoren sind noch unbekannt, reiche Bauern besitzen schwere Kaltblütler als Zugtiere, die ärmeren Bauern spannen ihre Kühe vor die eisenbereiften, ausnahmslos aus Holz vom Wagner gefertigten Erntewagen.

Der Pfarrer ist ein „Geistlicher Rat“, ist ungemein streng, gelegentlich wird er von epileptischen Anfällen heimgesucht. Die Frauen des Dorfes buhlen um seine Gunst.
Die Dorfschule leitet ein Herr Fieger, klein, dick und von der Vielzahl recht derber Bauernsöhne nervlich arg ramponiert.

Die Klassen eins bis vier sind die Domäne des Weiblichen, verkörpert durch das zweiundsechzigjährige Fräulein Krumholz, dürr, lang, mit extrem kalten Händen. Ihre anfängliche Zuneigung verliert sich bei ihrer Razzia der Schulranzen, sie findet bei mir vier Schachteln Zigaretten der Marke „Roxy“. Ludwig, mein Freund, bricht sein Sparschwein auf, setzt den gesamten Geldbetrag in Zigaretten um, und verteilt den Schatz auf diverse Schulranzen aus dem engen Freundeskreis. Das Problem das sich früh morgens ergibt, ist der Umstand, dass wir vor Schulbeginn bereits die verschiedenen Zigarettenmarken rauchender Weise testen, um dann, kurz nach Schulbeginn, unsere Übelkeit, abwechselnd und schnellen Schrittes mit vor dem Mund gehaltener Hand, zur Toilette tragen. Diese Übelkeitsepidemie wiederum ist der direkte Anlass für das Fräulein Krumholz den Erreger in unseren Schulranzen zu suchen.
Die Tatsache, auch im Schulranzen ihres Musterschülers solch „Teufelszeug“ vorzufinden ist, dessen bin ich mir gewiss, als eine der härtesten Enttäuschungen im pädagogischen Lebenswerk von Fräulein Krumholz einzuordnen.

Das war gestern! Heute bin ich dabei, meiner Familie zu zeigen, dass bereits ein Zehnjähriger seinen Mann steht. Ich habe ein Engagement als „Hiatabua“, für Dialekt Unkundige auch „Hirtenjunge“, bei meinem Freund, dem Bauer Donald Schmid, abgenickt. Den Rest meiner Schulferien werde ich seine elf Milchkühe und den „Meckes“, das Stierkälbchen Udo jeden Tag auf die entfernt liegende Weide treiben. Ich werde sie beaufsichtigen und gegen vier, fünf Uhr Nachmittags, wenn die Milchkühe prall gefüllte Euter haben, unruhig werden, dann werde ich sie behutsam und langsam zurückführen in den Stall.
Alle machen das, alle Bauernsöhne in meinem Alter. Es ist ein Glück für mich, dass mein Freund Donald Junggeselle ist, keine Kinder hat, nur eine alte Mutter, die den Hausstand in Ordnung hält.

Meine Dienste werden belohnt! Vereinbart sind zwanzig D-Mark und ein Zentner Kartoffeln der Marke „Siglinde“, am Ende meiner verantwortungsvollen Tätigkeit. Ich werde vor meiner Familie dastehen, als großer Ernährer, man wird ihn schätzen, den Zentner Kartoffeln. Die zwanzig D-Mark, eine unvorstellbare Summe Geldes, werde ich restriktiv handhaben. Es gibt da ein paar Wünsche!

Die Familie entlaste ich durch die Tatsache, dass ich beim Bauer Schmid vertraglich zugesichert, zwei Mahlzeiten pro Tag einnehmen werde. Ich werde essen, bevor ich austreibe und nach meiner Rückkehr. Nur schlafen werde ich noch zuhause. Man wird mich in Ruhe lassen denn, ein schwer arbeitender Zehnjähriger braucht Ruhe!

Wir sind so weit! Die elf Milchkühe abgekettet, verlassen den Stall, muhend und in teilweise grotesken Bocksprüngen zeigen sie draußen im Hof ihre Freude über die unerwartete Bewegungsfreiheit nach Monaten der Fixierung im Stall.
Donald wird mich am ersten Tag begleiten. Udo hat er am langen Strick fest in der Hand. Udo muss lernen bei der Herde zu bleiben, was nicht schwer sein wird, denn seine Mutter, die „Zenzi“ ist in der Herde.

Wir marschieren vom Oberdorf entlang der Dorfstrasse bis zur Schmiede, dann rechts in Richtung Mindelzell.
Stolz, mit dem Rucksack auf dem Rücken und einer selbstgemachten „Goasel“, Peitsche, in der Hand. Im Rucksack ein dick belegtes Leberwurstbrot von der alten Bäuerin, eine Flasche Apfelsaft, eine Regenjacke, Streichhölzer, eine alte Zeitung zum Feuer machen.

„Schaut nur alle her, ich bin es, der Kleine vom Stocker! Ich kann das auch! Kein Mamasöhnchen, kein Weichei! Ich stelle mich der Aufgabe, der Herausforderung, der Sonne, dem Regen und dem Wind. Der Verantwortung, jawohl !“

Dass sind meine Gedanken beim Parademarsch die lange Dorfstrasse hinunter. Das Dorf liegt hinter uns, wir sind auf der kiesigen, staubigen Strasse nach Mindelzell. Links und rechts der Strasse, saftige Wiesen, Kleeäcker, feinstes Futter für meine Herde.
Es wird ernst, Donalt wirft sein Fahrrad auf die Strasse, rennt in den Kleeacker, traktiert Zenzi und Co mit einem Stock zwischen die Hörner und treibt sie zurück auf die Strasse. Ich übernehme die rechte Seite, stelle fest dass der große Rucksack, vor allem die darin befindliche Flasche mit Apfelsaft, die mir beim Rennen ständig in den Rücken schlägt, meine Grundschnelligkeit entscheidend beeinträchtigt. Meine „Goasel“ gibt trotz heftigster Bemühungen keinen Knalllaut von sich, ich schreie dafür wie ein Berserker, es hilft auch.
Die Herde ist auf der Strasse zurück, Donald schwitzt!
„Hör mir zu, niemals die Kühe im Klee fressen lassen, hörst du, niemals! Der Klee enthält zuviel Stickstoff, es treibt den Magen der Kühe auf, sie gehen daran zu Grunde! Denk dran!
Bis heute verbinde ich meine Vorstellung bei dem Wort- Klee- mit einem zum Bersten geblähten Luftballon.

Oben, beim Morgante, vorbei an der zerfallenen Ziegelei mit dem einsam stehenden, gemauerten Schornstein, rechts abbiegen auf einen Waldweg, noch dreihundert Meter, wir sind da. Das Weideland wird „Kultur“ genannt, warum hat mir keiner erklärt, auch habe ich nie danach gefragt. Wir stehen am Rand einer Fichtenschonung mit hohem, alten Baumbestand dahinter. Nach Osten erstreckt sich das Hochplateau das ausschließlich aus Grasland besteht auf zwei bis drei Kilometer, nach Süden etwa eineinhalb Kilometer. Die Bauern nutzen das Land gemeinsam, es gibt keine Zäune, keine Grundstücksgrenzen.
Die Herde ist damit beschäftigt das frische Gras abzuweiden, es ist Ruhe eingekehrt, die Tiere scheinen den Tag, die milde Vormittagssonne, ihre Bewegungsfreiheit und das Futter zu genießen.

Mein Rucksack steht im verdorrten Seegras am Rand der Schonung auf dem Boden. Donald hat sich verabschiedet und ist mit dem Fahrrad zurück in das Dorf, nicht ohne mir nochmals Anweisungen für meinen Job an das Herz zu legen. „Kein Klee, achte darauf und wenn du heute Nachmittag „eintreibst“, dann mache das langsam, treibe die Kühe nicht, sie werden viel Milch produzieren und schwere Euter haben. Müssten sie rennen, würden sie ihre Milch verlieren!“

Bescheid wissend und jetzt, das erste mal alleine verantwortlich für meine Tiere, beschleicht mich doch die Angst, ich könnte zu euphorisch an diese Verantwortung herangegangen sein.
„Eins, zwei. Drei......., elf, auch Udo weidet friedlich bei der Zenzi!“ Ich zähle durch und wende mich beruhigt dem Rucksackinhalt zu.
„Das Leberwurstbrot, doppellagig, dick mir Wurst bestrichen, der Duft beherrscht den Rucksack. Ich sollte es essen, jetzt gleich, wer weiß, die Hitze, am Ende verdirbt es noch!“
Auf einem kleinen Rain am Rand der Fichtenschonung sitzend, genieße ich mein Brot, langsam kauend. Rechts neben mir fällt mein Blick auf etwas blinkendes unter einem Fichtensprössling. Ich stehe auf, gehe den Schritt und sehe eine Stahldrahtschlinge, sorgsam eingebettet in das Gras und den Nadeln des Bäumchens. Zunächst bin ich ratlos um dann mit größtem Schreck zu begreifen, was ich entdeckt habe. Es ist die Schlinge eines Wilderers, ausgelegt für Hasen, Rehe, alles Getier, das diesen Wechsel benutzt. Nun erst sehe ich, dass es ein Wildwechsel ist, oft begangen, zu erkennen an dem niedergetretenen, plattpoliertem Bodenbewuchs.

Der Schreck über diese Entdeckung sitzt tief. Als erstes, die Schlinge muss weg!
Suchend, mit den Händen tastend finde ich den kleinen Stamm, an der die Schlinge verankert ist. Es ist feinster Stahldraht in guter Qualität und es ist nicht einfach die Befestigung aufzurödeln. Zange habe ich natürlich keine.
Irgendwie gelingt es mir und ziehe die Schlinge aus dem Gestrüpp, suche den Wechsel ab, finde aber keine weitere, dieser heimtückischen Fallen.

Draußen auf der Wiese, ich zähle erneut meinen Viehbestand. Zehn, elf – halt! Udo fehlt!
Wo ist Udo? Zenzi, seine Mutter grast friedlich, Udo kann nicht weit sein. Die Fläche vor mir ist weit und gut zu überblicken. Wäre er da draußen, ich müsste ihn sehen.
„Er wird doch nicht..!“
Ich drehe mich um und inspiziere die Fichtenschonung. Tatsächlich, keine dreißig Meter entfernt steht Udo ruhig inmitten der Fichtenschonung.
Er sieht mich kommen, versucht vor mir zu fliehen. Doch irgendwie kann er nicht von der Stelle, wie angekettet zerrt er an dem armdicken Fichtenstamm. Ich bin noch wenige Schritte von ihm entfernt und kann jetzt erkennen, was der Grund ist.
Udo hat sich in das Wäldchen zurückgezogen, wohl wegen der lästigen Fliegen oder wegen der doch noch starken Mittagssonne. Natürlich hat er seinen kräftigen, am unteren Ende mit langen Haaren besetzten Schwanz auch im Wäldchen gegen die plagenden Fliegen eingesetzt. Dabei haben sich die langen Haare so um ein Stämmchen mit der rauen Rinde gewickelt, dass er ohne Hilfe nicht mehr los kommt.

„Kein großes Problem!“ denke ich, „das werden wir gleich haben!“
Gehe auf Udo zu, der aber gerät in Panik, verstärkt seine Anstrengungen zur Selbstbefreiung und mit einem ultimativen Ruck ist Udo frei. Die gebündelten Schwanzhaare verbleiben am Stämmchen, Udo ist wieder draußen bei der Herde.

„Nochmals gut gegangen, wer denkt denn an so etwas?“ Und gehe ebenfalls raus. Das Wäldchen ist mir nach dem Schlingenfund unheimlich geworden, wenn es nicht gar eine echte Angst ist, Angst vor dem unbekannten Schlingenleger. Er kann ja wieder kommen, jeden Augenblick. Er kann den Erfolg seiner Schandtat überprüfen wollen. Was ist wenn er merkt, dass seine Schlinge entfernt worden ist, wenn er mich sieht? Er muss nicht viel Hirn im Kopf haben, um zu erkennen, dass nur einer in Frage kommt, dass ich Bescheid weiß über seine Machenschaften.

Wenn ich es genau überlege, dann ist aus meinem idyllischen Plätzchen am Rand einer Fichtenschonung im Handumdrehen ein für mich gefährlicher Ort geworden.
Angst kriecht in mir hoch, fahrig greife ich nach meinem Rucksack. Weg vom Wald, wo er sich nicht unbemerkt an mich anschleichen kann. Raus auf die Wiese, hundert Meter Distanz, dann sehe ich ihn, sollte er kommen und wegrennen, das ginge auch!

Kaum bin ich im Freien durchfährt es mich wie ein Blitz. Udo steht friedlich auf der Wiese, sein Schweif wedelt nach den Fliegen und an seinem unteren Ende tropft Blut, viel Blut, was ich sehen kann. Er hat sich beim ruckartigen Lösen vom Fichtenstamm verletzt, ein Blutgefäß aufgerissen.
Würde er wenigstens den Schweif ruhig halten, nein er wedelt unablässig weiter, so dass sein kompletter hinterer Rücken blutüberzogen ist. Ein Bild wie ich es von Stierkampfplakaten aus Spanien kenne.

Das Entsetzen geht mit mir durch. Mein Hirn spuckt nur noch grelle Blitze, bin kurz davor mich meinem hemmungslosen, augenverschleiernden Heulen hinzugeben.
„Reiß dich zusammen, du musst handeln, Udo braucht Hilfe, Eintreiben! Was, mitten am Tag, mein Bauer erwartet mich gegen vier Uhr dreißig, jetzt ist es gerade mal Mittag vorbei, ich muss durch das ganze Dorf, sie werden mich mit Entsetzen angaffen, das habe ich doch gleich gewusst...., werden sie sagen, zusammenstehen und tuscheln oder mich offen verspotten. Ich bin erledigt, ich bin gescheitert, ich bin unfähig den Schweif eines Kalbes von der rauen Schale eines Fichtenbäumchens zu lösen, ohne dabei das ganze Tier umzubringen!“
Wäre da ein Loch irgendwo, das groß genug wäre um darin auf Nimmerwiedersehen zu verschwinden, ich würde reinspringen.
Udo steht da, seelenruhig und wedelt mit seinem blutgefüllten Weihwasserpinsel, wie der Geistliche Rat am Umzug zu Fronleichnam, in mir ist das Grauen!

Udo wird verbluten, soviel steht fest. Er wird keinen Tropfen Blut in seinem Körper haben, wenn ich bis vier Uhr dreißig hier oben bleibe.
Ich schwinge meine Goasel, jetzt knallt sie urplötzlich. Die Kühe erheben sich, vorne auf die Knie, hinten ganz nach oben, vorne ganz nach oben. Sie dösten satt und wiederkauend in der Nachmittagssonne.

Zittrig und der Verzweiflung nahe nehmen ich den umgekehrten Weg vom Morgen. Langsam, die Äcker mit Klee, die habe ich mir auch gemerkt, da muss ich seitlich davor stehen um alle Fressversuche schon im Ansatz zu ersticken.
Die Herde ist satt und träge, kein Vergleich zum Morgen, wo alles hungrig und freiheitsverrückt durcheinander sprang. Aber was erzähle ich meinem Bauern? Hoffentlich ist der überhaupt zuhause und nicht irgendwo auf dem Feld mit anderen Arbeiten beschäftigt.

Der einzige Mensch der mir begegnet, ist der „Karre“ auf seinem Motorrad. Er ist etwa zwanzig Jahre älter wie ich, im Dorf fürchtet man ihn ob seiner zwielichtigen Lebensweise.
Ich sehe, mich umschauend, wie er in eine Staubwolke gehüllt am Ziegeleischornstein rechts zum Wäldchen abbiegt und ich erschrecke ein weiteres mal.

Die ersten Häuser sind erreicht. Udo zeigt keinerlei Ermattung nur das Blut auf seinem Rücken hat fast alle Farben angenommen, von frischem hellrot bis dunkelrot, bis hin zu bereits verkrustetem braunschwarz, auch hat es sich flächenmäßig erweitert.
Wie vermutet, die ersten stehen an den Gartenzäunen, halten sich das Kinn mit vor Entsetzen aufgesperrten Mündern, meist Frauen.

„Ja Bua, was isch denn dau passiert?“ Als ob man das nicht überdeutlich sehen würde!
Es ist so weit, ich kann es nicht mehr aufhalten, meine Augen füllen sich mit wohltuender, kühlender Flüssigkeit. Meine Umgebung zerfließt zu schleierförmiger Schemenhaftigkeit, ich schluchze und heule laut vor mich hin, meinen Körper schütteln Weinkontraktionen als hätte ich einen epileptischen Anfall.
Der Weg bis zum Bauern ist fürchterlich, nur mein unaufhörlicher Tränenfluss besitzt die Gnade mir die gespenstische Härte des Realen etwas zu vernebeln. Wir schaffen es und erreichen den Hof, ohne weitere Verluste.

Ich sehe Donald wartend, einen kurzen Augenblick überlege ich mir, ob ich nicht auf der Hacke umdrehen sollte um nach Hause zu laufen, das wäre das Ende meiner Karriere als zehnjähriger Ernährer, zumindest Miternährer, meiner Familie. Es ist zu spät, Donald geht auf mich zu mit einem verzweifelten Schluchzer meinersts, die ganzen Qualen des Tages hinausheulend umklammere ich ihn und spüre wie er mit seiner schweren groben Hand über meinen Kopf streicht „Es ist schon gut, es ist schon gut, das ist anderen auch schon passiert!“

Udo hat überlebt, der Karre war der Schlingenleger, und nach sechs Wochen brachte ich zwanzig D-Mark und einen Zentner Kartoffeln nach Hause.


© GRIFFEL 14.11. 2008

 

Hallo Griffel,
eine schöne Geschichte, ist sie autobiographisch?
Sprachlich gefällt mir die Story gut, auch Deine Beschreibungen sind sehr plastisch, man kann sich richtig die bayerische Landschaft vorstellen, die Kuhherde, etc. Auch die Panik des Jungen zu versagen und das Geld für die Familie nicht zu kriegen, beschreibst Du gut. Die bayerischen Mundart-Ausdrücke "würzen" das Ganze irgendwie, machen die Sache authentisch.

LG
Giraffe

 

Ein Zentner Kartoffeln und zwanzig Mark!

Hallo Giraffe,
Ich danke Dir für das Lesen der Story und freue mich, dass sie Dir gefallen hat.
Natürlich ist sie autobiographisch und ein Teil dessen, worüber ich heute sehr froh bin, meiner Kindheit und Jugend eben in diesem Dorf!
LG GRIFFEL

 

Salve Griffel,

natülich kann man sich jetzt drüber streiten, ob ein autobiografischer Bericht eine KG im eigentlichen Sinn ist - gefallen hat er mir trotzdem. Wobei Du einen Vertrautheitsbonus hast, vieles erkenne ich aus den Erzählungen meiner Mutter wieder. Wobei ihre Eltern, duchaus arme Landwirte, schon neben Kühen ein Pferdegespann besaßen. Aber das war auch im reichen Strohgäu.

Den Einstieg fand ich ziemlich langatmig, eigentlich geht es ja um das Erlebnis mit den Kühen. Die Beschreibung des Dorfes könnte weniger Fakten und mehr Gefühle vertragen, gerade so, wie sie dasteht, verleiht sie dem ganzen einen Berichtcharakter.

Ich könnte mir gut weitere Kindheitserlebnisse unter der Rubrik "Mundart" vorstellen, dann natürlich in derselben - mit einem "Allmachtsbachel mit seim oagneam grui ogschdrichana Schuirador" :D.

Gruß, Pardus Suevicus

 

Ein Zentner Kartoffeln und zwanzig Mark!

Servus Pardus,
danke Dir für das Lesen und Deiner Kritik der Geschichte. Die Einführung erschien mir selbst ebenfalls zu kopflastig, ließ sie aber dann unangetastet, weil ich den pot. Leser einfach ein Stück mitnehmen wollte in diese Zeit.
Bei Zugrundelegung von K I S S = keep it simple, stupid, ist die Gefahr groß, dass die Geschichte zum Bericht mutiert. Du hast Recht! Werde zukünftig darauf achten.
Aber wenn ich weiterhin auf Grund der Erzählungen Deiner Mutter mit einem Bonus rechnen darf, was soll da noch schief gehen?
Danke und "pfiati god"
GRIFFEL

 

Hallo Griffel,
mich stört dein Bonus nicht, ist er doch niemals eine Garantie für einen guten Stil. Und den finde ich bei dir; deshalb ist deine Geschichte ein schönes Stück Lokalkolorit und eine liebevolle Reminiszens an Kindheit und Heimat. Schön finde ich auch, dass sie zwar augenzwinkernd, aber nicht kitschig daherkommt, die Schilderungen der Charaktere ist dir gut gelungen. Sehr gerne gelesen!
LG,
Jutta

 

Ein Zentner Kartoffeln und zwanzig Mark

Hallo Jutta,
beinahe hätte ich vergessen mich für Deinen aufmunternden Kommentar (man ist ja nicht verwöhnt) zu bedanken.
Ich hole dies hiermit nach, bedanke mich, ganz besonders dafür, dass Du es gerne gelesen hast!
LG
GRIFFEL

 

Weil ich deine anonym- geschichte runtergemacht habe, hier noch mal herzlichen Glückwunsch zu dieser Geschichte. Natürlich hat sie mir u.a. auch gefallen weil ich selbst ein ehemaliger hirtenjunge in oberschwaben war, hatte aber eine weniger verantwortungsvolle tätigkeit: ich musste nur aufpassen, das die viecher nicht in den wald ausbrechen, sie hatten keine angst mehr vorm elektrozaun.

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom