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Ein ziemlich mieser Deal
Ich saß in meiner Lieblingsbar und vertrieb mir ein wenig die Zeit. Jeff, der Barmann erzählte mir von so ´nem großen Coup. Alles wasserdicht. ´Ne sichere Sache und so. Aber ich hörte nicht wirklich zu, denn ich beobachtete diesen Typen neben mir. Der Kerl hatte einen unglaublich riesigen Bart, sodass man darin ´ne ganze Flasche Whisky aus ´nem Supermarkt rausschmuggeln könnte. Ich mein´ ziemlich beeindruckend. Nach ´ner Weile kamen wir ins Gespräch, denn er schien Jeff ebenfalls zu kennen. Wir beide zischelten immer abwechselnd: „Hey Jeff, gib mir noch ein´ von dem..., na du weißt schon.“ Jeff hatte den florierensten illegalen Schnapshandel in der ganzen Stadt. Das edle Zeug brannte er zu Hauf unten in seinem Keller. Sogar die Jungs von der Wache kamen abends vorbei, um sich ein paar von den Dingern zu genehmigen.
Der Typ mit dem Bart fing auf jeden Fall an zu erzählen. Er hatte ´n gutes Bündel Storys parat. Das heißt, er war schon gut rum gekommen in der Welt. Als sich dann bei dem nächsten Drink ein paar Tropfen auf seinem Bart verirrten, traute ich meinen Augen nicht.
„Großer Gott! Was zum Teufel ist das“, brüllte ich drauf los und meine Kinnlade blieb unten. „Ach das, das ist mein Gesichtsgärtner. Er hält meinen Bart in Schuss. Er harkt, jätet das Unkraut und verteidigt ihn vor Ungeziefer. Dafür lasse ich ihn in meinem Bart eine geräumige Höhle bauen und wenn sich Essensreste verfangen holt er sie sich. Wir leben sozusagen in Symbiose.“
Ich sah wie sich der Zwerg, der ebenso hässlich war wie seine komplette Behausung, von Bartbüschel zu Bartbüschel hangelte und sich die Tropfen von den Drinks einverleibte. „Ich würd aufpassen, dass er dir nicht seine Bude voll kotzt.“ „Ach was, wir beide haben schon eine Menge durchgemacht. Dieser kleine Draufgänger hat mir schon mehr als einmal meinen Allerwertesten gerettet.“ Der Typ lachte, während er sich einen Weiteren von Jeffs Selbstgebrannten rein schüttete. Der Zwerg musste sich dabei gut festhalten und während dessen schrie er in fiepsiger Stimme: „Dieser Berserker stolpert von einer Bredouille in die Nächste. Ein Wunder, dass er noch am Leben ist." Mir schien, die beiden hatten sich im Laufe der Zeit gut arrangiert.
Na ja, die Drinks fraßen Stunden und die Stunden fraßen uns und irgendwann schrie mich der Zwerg erneut an, denn der Typ mit dem Bart schien irgendwie stumm geworden zu sein. „Hey, bei all meinem Klunker, den ich im Laufe der Jahre zusammen geklaubt habe, wetten du traust dich nicht diesen Berserker auf den Mund zu küssen?“ „Ach die Tour kenn´ ich. Ihr beiden seid irgend so ein verwunschenes Zweigespann und irgendjemand hat euch in derartiges verwandelt. Dabei seid ihr in Wahrheit Prinz und Prinzessin. Frag´ mich nur, wer von euch wer ist. So was ist mit mir nicht zu machen. Mit mir nicht, verstehst du?“ „Red´ kein dummes Zeug, daran glaubt doch kein Mensch mehr. Es ist ´ne einfache Wette. Wenn du es machst, trinkst du den Rest des Abends auf unsere Kosten.“ Daraufhin packte ich den Berserker und gab ihm einen Kuss direkt auf seine spröden ledernen Männerlippen und eh ich mich versah, verwandelte ich mich in ein Chamäleon. Verdammt, das durchtriebene Pack hatte mich an der Nase herumgeführt. Ich musste das schallende Gelächter vernehmen, das sich jetzt in meinen Ohren wie Planierraupen anhörte. „Har har, du elender Dummkopf! Du glaubst gar nicht, wie viele darauf schon reingefallen sind!“ Ich glaubte es sofort.
„Lass den Bastard nicht entkommen, sondern fang ihn mir“, krächzte es wieder mit piepsender Stimme aus dem Bart. „Wo bist du, du verdammtes Vieh. Zeig´ dich!“ Anscheinend hatte der Große seine Stimme wiedergefunden. Zum Glück bekam ich die Sache mit der Tarnung schnell auf die Reihe, sodass man nur vage erahnen konnte, wo ich mich befand. Kurz darauf schnellte eine alles zermalmende Faust unmittelbar neben mir auf den Tresen nieder. Alles schepperte, die Gläser, meine Knochen und der komplette verruchte Laden samt Insassen. Ich musste mich an einen sicheren Ort bringen, denn jetzt prasselte ein Hagel von Faustschlägen links und rechts neben mir ein. Ein stechender Schmerz peitschte meine Nervenbahnen entlang. Er hatte mich am Schwanz erwischt. Es fühlte sich wie ein Vorschlaghammer an. Allerdings war so kein Blumentopf zu gewinnen, oder besser gesagt, ihn wieder zurückzugewinnen. Ich ging erst mal auf Abstand, um Ruhe in den Laden zu bringen. Sollten sie denken, ich hätte mich aus dem Staub gemacht. Stattdessen pirschte ich mich aber behutsam, so nah es ging, an den Berserker heran, um in Position zu gehen. Meine Zunge war zum Abschuss bereit. Raketenartig schnellte der klebrige Klumpen auf den Zwerg zu und traf ihn, als er wieder einen von den edlen Tropfen aus dem Bart fischen wollte. Ich holte ein und verstaute meine Zunge samt den Zwerg in meinen Mund. Kein jämmerlicher Schrei, kein Winseln. Dafür ging alles viel zu schnell.
„Rück´ den Kleinen raus, oder du lernst mich kennen“, polterte der Bärtige. „Ich glaub´, ich kenn´ euch beiden jetzt zur Genüge. Besonders dein Kumpel hängt mir zum Hals raus. Also, was ist? Verwandle´ mich zurück, oder du siehst deinen Kumpel nie wieder," nuschelte ich. „Ja schon gut, aber spuck ihn verdammt noch mal aus.“ Ich tat was er sagte und zum Vorschein kam ein schleimiger, sichtlich irritierter Zwerg, der sofort wieder in seinen rettenden Bart zurück kletterte. Der Große brummelte etwas vor sich hin, worauf ich meine Menschengestalt wieder zurück erlangte. „Hey Jungs, eins kann ich euch sagen, die Sache mit der Tarnung hat mir ganz gut gefallen, aber jetzt schiebt mal ´n paar Drinks rüber, ihr seid mir was schuldig.“