Mitglied
- Beitritt
- 01.04.2005
- Beiträge
- 358
- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 10
Eine Antwort auf eine wichtige Frage
Heinz Gmür war Geschichtenschreiber. Er war leidenschaftlicher Schreiber von Geschichten. Mit Leidenschaft ging er stets ans Werk. Eines Morgens in der Zeitung las er: "Grosses Hobby-Geschichtenschreiber Seminar unter dem Thema: Was ist Humor? Melden Sie sich jetzt an?" Das Fragezeichen am Ende des Satzes war ein fieser, aber cleverer Werbetrick der Agentur welche das Inserat für das Seminar gestaltete. Es sollte dem Leser unbewusst eine Frage stellen, welche ihn schlussendlich zu einer Antwort an sich selbst auffordern und zwingen würde. Der Trick funktionierte. Noch am selben Tag meldete Heinz sich an, in der Hoffnung, bald noch bessere Geschichten zu schreiben.
Und schon zwei Tage später erhielt er eine Einladung in kärtchenform - darauf stand: Lieber Heinz, Deine Leidenschaft ist unsere Passion. Auf der Rückseite dann folgendes: Unser grosses Hobby-Geschichtenschreiber Seminar findet an der Motzenstrasse 7b statt und beginnt um vier Uhr morgens... Haha, eine kleine Vorkost : ). Nein, dass Treffen beginnt um neun Uhr. Bitte folgende Dinge nicht vergessen: Füller, Bleistift, Papier, Steinchen, Regenpelerine, ein Riegel für zwischendurch, und Ballone. Die weiblichen Teilnehmerinnen unseres humoralen Treffens bitten wir zusätzlich je einen Kuchen, ein Sackmesser sowie ein sauberes Paar Unterwäsche mitzubringen. Euer Hobby-Geschichtenschreiber Seminar-Team.
Heinz war ausser sich vor Freude und rannte in die Küche. Er musste einfach wie wild alle Kästchen und Schubladen immer wieder aufreissen und zuschletzen. Dann hüpfte er durch das noch geschlossene Terrassenfenster, welches in tausend Scherben zersprang. Heinz rollte sich geschickt am Boden ab und wischte den Glasstaub von seinen Kleidern. Er musste die tolle Nachricht sofort seinem Nachbarn Igor Hunziker bekunden. Er nahm den Bus und war schon wenig später bei Igor an dessen Tür er sogleich wild klingelte und polterte. "Igor, Igor lass mich rein!", schrie er wie am Spiess, aber mit einem Lachen im Gesicht.
"Junge, Junge, was’n mit dir los?", fragte Igor mit erstauntem und jovialen Gesichtlein zugleich. "Weisst du was, ich bin total überschwänglich und überdreht! Hast du mal ein Valium?" "Klar.", entgegnete Igor und bewegte sich ins Wohnungsinnere. Was er nicht wusste, Heinz wollte ihm zugleich seinen ausgezeichneten und raffinierten Humor demonstrieren.
Denn als Igor zurück war, war Heinz weg. Am Boden lag nur ein Zettel mit der Aufschrift: "Danke fürs Valium. Hihi."
Zwei Tage später. Es war soweit. Heinz war schon ganz aufgeregt. Er hatte aber alles dabei. Füller, Bleistift, Papier, Steinchen, Regenpelerine, ein Riegel für zwischendurch, und Ballone. Heinz nahm im Seminarraum Platz. Etwa 37 andere Männer und Frauen sassen dort und warteten auf den Seminarmann. Die Stimmung war locker, einige unterhielten sich über diverse Dinge. Heinz schaute sich um und dachte mit einem Lächeln im Gesicht "Haha. Super.".
Dann endlich öffnete sich der rote Vorhang und eine mittelgrosse Bühne kam zum Vorschein. Als Dekorationshintergrund diente ein grosser Hampelmann aus Pappe, davor war ein Rednerpult. Sodann erklang lustige Musik aus den Boxen und der Guru, Dr. Milchius Lusti, betrat die Bühne. Das drollige Getöse verstummte und Herr Lusti griff zum Mikrofon – er begann: "Eure Leidenschaft ist meine Passion." Ein Einstieg, der seine Wirkung nicht verfehlte - der Saal und die 37 anderen Männer und Frauen tobten. Und der Heinz drehte beinahe durch. Er dachte unweigerlich und immer wieder wiederholend: "Haha. Supi - Haha. Supi - Haha. Supi".
Neben Heinz nahm eine chicke dicke Lady platz. Heinz war wieder total aufgedreht, er musste Sie gleich anquatschen: "Hey, ich bin der Heinz aus Mainz! Hast nen Kuchen dabei?"
"Scht!", machte die Frau und hielt dabei ihren Zeigefinger vor die Lippen. "Ich möchte gerne den Vortrag hören." Dann wandte sie sich nach vorne und beachtete Heinz nicht mehr. Dieser wurde etwas wütend über die unhöfliche und ignorante Art der fetten Sau und schaute ebenfalls nach vorne. Er verschränkte beleidigt die Arme und war ruhig.
"Liebe Geschichtenschreiber und Geschichtenschreiberinnen. Heute werden wir puren Humor erleben!", meinte der Typ vom Rednerpult. Wiederum johlte die Menge; der Saal am lautesten. "Kommen wir zur interessanten Fragestellung, die Sie in unserer Anzeige bemerkt haben: Was ist Humor? W-A-S I-S-T H-U-M-O-R?? Diese Frage werde ich Ihnen heute beantworten und zwar ganz konkret. Zuerst will ich einige Meinungen und Witze des Saals hören.", forderte Herr Lusti auf.
Heinz, spontan wie er war, sprang auf und rief: "Was hat es zu bedeuten wenn auf einem Computerbildschirm Tipp-Ex klebt?" Alle starrten ihn an. Es war still. "Na, dass ein ziemlich dummer Mensch am Computer war!", schrie Heinz da und lachte laut los. Er war der Einzige.
Sodann sprang die Dicke neben ihm auf: "Was ist der Unterschied zwischen dem Ellenbogen und dem Knie? Keiner. Beides sind Schmierlinge!" Der Saal und die Menge kochten. Die Lady nahm wieder platze und blickte kurz nach links, wo Heinz sass. Ihr überhebliches Lachen bei dieser Kopfbewegung machte Heinz rasend. Sofort erhob er sich erneut, um den Witz der fetten Sau zu toppen: "Was ist fett, säuig und hässlich zugleich?" Die Menge erstillte. Es war still. Heinz zeigte auf die Frau neben ihm und schrie: "Sie! Sie sind das! Sie Schweinesau!" Da griff der Seminarleiter ein. "Mein Herr, Beleidigungen haben definitiv nichts mit Humor zu tun! Ich denke Sie haben nicht die nötige Lockerheit und erst recht nicht den Respekt, den man benötigt um Humor-Autor zu werden. Verlassen Sie bitte den Raum." Heinz schrie noch eine Weile, dann kamen von den beiden Seiten zwei kräftig gebaute Männer und packten ihn. Unter schreiendem Getose wurde Heinz aus dem Saal geschleift.
"Nun gut", fuhr der Seminarleiter weiter, "ich werde das Geheimnis eines richtigen Spassmachers usw. lüften! Nur noch wenige Minuten. Aber bevor ich diese tue, bitte ich die Frauen Ihre Kuchen zum Verzehr bereitzustellen sowie die reine Dessouswäsche anzuziehen. Anschliessend werde ich Euch die Kunst meines Humors demonstrieren!"
Dann verschwand der Mann hinter dem kleinen Rednerpult. Er schien sich niederzukauern und abzuwarten. Nachdem die Frauen kichernd Folge geleistet hatten und nun alle Teilnehmer gespannt ihre Blicke dem Rednerpult zuwandten, sprang der Mann plötzlich hervor. In seiner Hand hielt er einen schwarzen Filzstift. Dann warf er die Steinchen in die Luft und machte einen Purzelbaum durch den Steinregen. Dann: "Ich bitte die Frauen zu mir auf die Bühne zukommen!", schrie er kauernd und theatralisch am Boden. Der Kopf war nach unten geneigt, den Filzstift hielt er aber demonstrativ in die Höhe, als ob er sagen wollte "seht her, der Filzstift ist meine Witzwaffe". Die Frauen beeilten sich kichernd.
Plötzlich standen zwei Gasflaschen auf der Bühne, die von einem Sektenmitglied auf die Bühne geschoben wurden. „Füllt die Ballone!“, schrie der Guru und zwar sehr laut, weil er in seiner Körperlage nicht in der Lage war ein Mikrofon in den Händen zu lagern. Die Damen befolgten die Anweisungen des Führers ruckzuck. „Frisst die Kuchen so eklig wie ihr könnt!“, war der zweite Befehl. Die Frauen gehorchten. Nun standen diese in einem Halbkreis um Milchius herum. Plötzlich sprang er auf, mindestens ein Meter hoch. Dann zog er den Deckel des Filzstifts ab und begann auf die BH’s aller Frau auf jedem Körbchen ein Smiley zu zeichnen sowie auf die zuvor aufgeblasen Ballons, welche die Frauen in den Händen hielten. Die männlichen Zuschauer sowie die Bühne waren wie gebannt von dieser Ehrfurcht einflössenden humoristischen Performance. Nach getaner Arbeit kniete der Guru wieder auf der Bühne und entzündete ein Streichholz.
Eine Riesenexplosion war die Folge davon und sprengte die ganze Hütte an der Motzenstrasse 7b in die Air. Einige Sekunden danach stöhnten noch ein paar Überlebende und der Saal, jedoch konnte niemand die Detonation überleben. Nur einer entkam dem Tode. Heinz aus Mainz entkam dank seinem guten Humorgeschmack dem Inferno. Er wurde kurz darauf von einer lustigen Tageszeitung als Geschichtenschreiber in der Rubrik „Lachen ist gesund“ eingestellt. Er erlebte ein witziges Leben. Sogar sein Tod war lustig: Er erzählte seinen Kindern und Enkeln am Totenbett noch einen Schenkelklopfer, bevor er scherzhaft in den Tod glitt. Der Witz war folgender: Was ist der Unterschied zwischen Deutschen und Schweizern? Die Schweizer kennen das Scharfe ß nicht. Die Nachkommen lachten noch vergnügt, also Heinz bereits Witztod war.
Ende