Was ist neu

Eine feuchte, dreckige Kappe

Mitglied
Beitritt
25.10.2006
Beiträge
19

Eine feuchte, dreckige Kappe

**Inspiriert durch die Tsunami-Naturkatastrophe an Weihnachten 2004, spielt diese Geschichte aus der Perspektive eines traumatisierten Kindes in einem sehr betroffenen Gebiet.**

Die schwarzen Pupillen flitzen von links nach rechts durch seine schmalen, blutunterlaufenen Augen; sein scharfer Blick begutachtet seine Umwelt. Die sengende Mittagssonne steht hoch im Zenit und brennt ihm auf die nackte, dunkel pigmentierte Haut. Als er den Blick fallen lässt, erblickt er unter sich die braun-grünliche Masse aus salzigem Nass, die ihm vermutlich bis zur Brust reichen würde. Er wendet seinen Blick wieder. Soweit das Auge reicht erspäht er nur zusammengefallene, zerstörte Häuser, Hotels. Ruinen. Überflutete Höfe. Ein Kind schreit nach seiner Mutter. Einige Männer schleppen seltsame Baren und lange Kästen durch die verseuchte, braune Brühe. Er verfolgt ihren Weg mit den Augen. Wortlos, ausdruckslos und eilig gehen sie ihres Weges. Bald gehen sie bergauf und erreichten einen Bergung, auf der die weiter unten verschüttete Hauptstraße weiterführt. Dort stehen mehrere große Lastwagen, in denen sie ihr seltsames Gepäck verstauen. Und jene, die ihre mit Tüchern oder Tüten bedeckten Baren und Kisten abgeliefert haben, machen sich sofort ganz automatisch des selben Weges zurück zu den Resten der Häuser und Straßen. Wie Ameisen, denkt er sich. Ohne einen eigenen Willen. Einfach immer hin und zurück. Und immer auf dem selben Weg.
Das Kind schreit noch. Etwas leiser.
Die Männer haben fast alle entblößte Oberkörper und hin und wieder ertönt lediglich ein schmerzliches Stöhnen aus einer ihrer ausgedorrten Kehlen. Trotz der weiten Entfernung kann er an ihren glänzenden, gebräunten Stirnen erkennen, wie schweißnass sie sind.
Er will sich gerade abwenden, da hört er aus einem der halb verschütteten, überfluteten Gebäude einen reißenden Schrei von einem der Männer. Der Schrei zerschneidet die warme Luft und lässt es ihm, ohne, dass er es versteht, kalt den Rücken hinunterlaufen. Oder sind das nur seine eigenen Schweißperlen? Jedoch, die danach folgende Stille ist noch schmerzhafter als der Schrei des Mannes. Er hört ihn noch ein Mal, nach kurzen Sekunden des lautlosen Haderns, ein Wort, einen Namen rufen, ehe sein Geschrei einem leisen, verzweifelten Wimmern weicht und bald ganz erstirbt. Der eine Mann verlässt das verschüttete Gebäude mit einer schweren Bare. Die Männer durchsuchten die Häuser weiter.
Er erhebt sich auf der schmalen, hohen, aus uralten Backsteinen gefertigten Mauer, auf der er sich vor der braunen Masse gerettet hat und balanciert darauf eine Weile Schritt für Schritt. Er kommt dem weiten Meer immer näher. Er erkennt draußen auf dem Ozean, dass das Wasser dort wieder blau wird. Irgendwo nimmt die dreckige, verseuchte Masse ihr Ende. Das Meer hat sie geschaffen und ist dabei unbeschadet geblieben. Etwas beängstigt blickt er wieder hinunter in den grauen See unter ihm. Minuten verstreichen. Er sieht wieder zu den Ameisenmännern. Einer ihrer Wägen ist voll und fährt weg. Aber die meisten Ameisenmänner durchstöbern weiter die Häuser, tragen leere Baren mit sich und kehrten bald zurück zu den Wägen, doch dann liegt immer etwas auf den Baren. Tapfer waten sie durch das Wasser. Totenstille erfüllte die Szene. Das schreiende Baby ist längst, nach nur noch wenigen vergeblichen Versuchen verstummt. Nur von weit her trägt der schmähliche Wind selten Schreie der Verzweiflung, heulende Sirenen und dergleichen wie Gerüche eines vergessenen Traums durch die stille Luft.
Seine Blicke ruhen auf den Ameisenmännern. Sie sind so weit weg, dass sie in seinem Auge sogar so groß wie Ameisen zu sein schienen. Vielleicht sind es ja wirklich Ameisen, denkt er sich. Auch wenn nicht, viel stärker als ich sind die ja wohl nicht, und wenn die das können, kann ich das auch. Er überwindet seinen Ekel und lässt sich vorsichtig hinab in das verdreckte Wasser. Es geht ihm entgegen seiner Vermutung doch nur bis zum Bauchnabel. Verunsichert blickt er sich immer wieder um. Ja, er scheint wohl ganz alleine hier zu sein. In der Ferne erkennt er viele Gestalten von Frauen, Männern und Kindern, die sich aufgeregt bewegen, auf einander einreden und hin und wieder auch laut aufheulen.
Warum es ihm trotzdem immer noch so ruhig vorkommt, kann er sich nicht erklären. Auch um ihn herum nimmt er ab und zu Menschen wahr, doch es ist ihm, als spräche niemand von diesen zu ihm, und so, wie er sich für sie nur als Luft fühlt, so empfindet er sie ebenfalls, weit, weit weg. Er ist nicht einmal sicher, ob sie wirklich da sind. Nur die Männer, die so wie Ameisen hin und her eilen, die sind da, da ist er sich ganz einig. Schon wieder sieht er auf und verfolgt ihren Weg - bis plötzlich aus nächster Nähe erneut ein gellender Schrei von einem der Männer ertönt. „Hier! Dieses Kind lebt! Seht her! Es lebt! Es lebt!“ Die Männer sehen allesamt verdutzt aus, so scheint ihm, und alle rennen unter heftigem Gebrüll auf den einen Mann zu. Der hält ein kleines Bündel in der Hand, welches er aus dem großen, weiten, jedoch fast vollständig verschütteten Gebäude hervorgetragen hat, indem die meisten Männer die ganze Zeit herumgeeilt sind. Es macht ihn neugierig, was da vorne geschieht und kurz entschlossen macht er sich auf den Weg zu den Männern. Mutig watet er durch das ganze schmutzige Wasser, bis ihn bald einer der Männer aufliest. Der Ameisenmann ruft auch sofort seine Kameraden herbei und lächelt ihm lieb zu. Diese Männer sind wohl doch ganz normale Menschen, wird er sich bewusst. Erfreut auf jemanden anderen getroffen zu sein, nimmt er den Ameisenmann bei der Hand und folgt ihm zu den Wägen. Es bereitet ihm bald jedoch Schwierigkeiten durch das hohe Wasser zu waten und der Mann ist so nett, ihn den restlichen Weg bis zur Bergung zu tragen. Als sie dort ankommen, weist der Mann ihm einen Wagen zu, zu dem er gehen soll. Ohne Widerspruch befolgt er die Anweisungen, wobei er sich denkt, es ist doch sicher das beste, sich den Anweisungen von einem der Ameisenmänner unterzuordnen. Denn eigentlich gefällt ihm ein anderer Wagen besser, ein Wagen, der nicht grau oder weiß sowie die anderen waren, sondern einer der ganz dunkelblau war, so wie der Ozean weit draußen. Nun jedoch geht er zu einem Grauen, wo ihn ein Mann mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm empfängt. Es ist das Kind, das sie kurz zuvor gefunden hatten. Aufgebracht springt er an dem Mann hoch und deutet wild gestikulierend auf das Kleine in seinen Armen. So ein irrer Zufall, freut er sich insgeheim, die kenne ich doch! Schließlich gibt der übrigens sehr hochgewachsene Ameisenmann die Kleine frei, sodass er sie bei der Hand nehmen kann und sie fest umarmt. Wie der Ameisenmann die beiden Kinder so beieinander sieht, bemerkt er die erstaunliche Ähnlichkeit und ihm wird die entsetzliche Seltenheit des Moments bewusst – die beiden scheinen wohl Geschwister zu sein! „Unfassbar“, murmelt der Mann, und die beiden sich schweigend umarmenden Kleinen sehen die Tränen auf seinen Wangen nicht. Der Mann geht in die Knie, legt dem Bruder die große, raue Hand auf die Schultern und sagte leise, aber eindringlich: „Pass gut auf dein Schwesterchen auf, es grenzt an ein Wunder, dass ihr euch gefunden habt. Ich werde nach euren Eltern schauen.“ Die Kinder nicken nur, ohne aufgenommen zu haben, was der Mann ihnen gesagt hat. Danach setzt er die beiden auf eine Bank im Innern des grauen Wagens, gebietet ihnen nicht wegzulaufen und verlässt den Jungen und seine Schwester wieder. Dieser hält die Kleine fest an sich gedrückt und starrt nur stumm die junge weinende Frau, die ihm gegenüber sitzt, an. Sie heult und weint bitterlich, nuschelt vereinzelte Worte und Sätze zwischen ihr grässliches Gewimmer, ohne die beiden wahrzunehmen. Neben der Frau sitzt ein älterer, ergrauter Mann, dem eine Unendlichkeit von Furcht ins Gesicht geschrieben steht. Der alte Mann weint nicht, regt sich nicht, wie ein Stein sitzt er da und starrt in die Leere. Und neben diesem Mann sitzt ein jüngerer Mann mit heller, westlicher Hautfarbe und ebenso hellem Haar, der eine Frau selbigem Äußeren neben ihm sehr eng im Arm hält, an sich presst und ihr fremd klingende Worte zuraunt. Ihr steht das scheußlichste Entsetzen und ihm viele Tränen im Gesicht. Daneben und auch neben den kleinen Geschwistern hocken noch mehrere andere Männer, Frauen und Kinder, bei denen Ähnliches in den Augen zu lesen ist. Der Kleine streicht sich den Schweiß von der Stirn und schätzt sich glücklich endlich von der unmenschlichen Mittagssonne geschützt zu sein. Behutsam legt er dem kleinen Mädchen neben ihm die verklebten, feuchten Haarstränen aus dem Gesicht und säubert ihre dreckigen Wangen mit etwas Spucke. Die Zeit vergeht schleppend langsam. Er steht einmal auf und sieht hinaus aus dem nach hinten offenen Wagen auf das Meer. Von hier oben kann er richtig gut erkennen, wie blau es hinten war, am Horizont. Da steht plötzlich der Ameisenmann, der seine Schwester gefunden hat, wieder vor ihm, geleitet zwei Menschen, noch einen älteren Jungen und seinen vermutlichen Vater in den schon fast überfüllten Wagen. Wie er die beiden Geschwister erneut sieht, wirft er dem Jungen das wohl traurigste, aber dennoch ermutigendste Lächeln der Geschichte zu und sagt leise, auch an die Anderen erschütterten Passagiere gewandt: „Wir fahren jetzt zunächst ab und bringen alle hier zu den Krankenhäusern. Ich hoffe wir finden noch genug Plätze und wenn nicht, kommt ihr zu mir nach Hause, in die Hauptstadt.“ Er sieht zunächst in die großen Augen des kleinen Mädchens, dann in die ihres älteren Bruders. „Das wird schon wieder.“ Und die glitzernde Bläue des weiten Meeres, von der Sonne verschwenderisch angestrahlt, funkelt hinter seinem einen Ohr hervor. Der kleine Junge drückt das Mädchen neben ihm fest an sich, und flüstert nach mehreren Stunden, vielleicht Tagen des Schweigens zu ihr: „Bestimmt dauert die Fahrt nicht lange.“ Und im nächsten Augenblick verlässt der Mann den Wagen, der hinten keine Türen zu haben scheint, und da bemerkt der Kleine erstmals, dass der Mann sich eine Kappe zum Schutz vor der Sonne angezogen hatte, eine feuchte, dreckige Kappe, die darunter blau war, so ähnlich blau, wie das Meer hinter seinen Ohren.

 

Hallo!

Vielleicht sollte ich anmerken:
Ich freue mich im Allgemeinen über jegliche Kritik ;)

GlG, Anabel

 

Hallo Anabel!

Etwas Grundsätzliches vorweg: Gib mir Zeilenumbrüche! Meine armen Augen fallen sonst noch raus, wenn ich soviele Wörter dicht gedrängt auseinanderhalten muss. ;)

Zur Geschichte: Ich bin jetzt mal furchtbar ehrlich, die Geschichte ist sehr langweilig. In der ersten Hälfte wiederholst du praktisch den immer gleichen Sachverhalt ständig. Auch im Rest kommt absolut keine Nähe zur Geschichte auf. Ameisenmänner um Ameisenmänner reihen sich aneinander.
Die wenigen Dialoge reißen's dann auch nicht gerade raus.

„Wir fahren jetzt zunächst ab und bringen alle hier zu den Krankenhäusern. Ich hoffe wir finden noch genug Plätze und wenn nicht, kommt ihr zu mir nach Hause, in die Hauptstadt.“
Ist in dieser Situation meiner Meinung nach ein völlig unglaubwürdiger Ausspruch.

Sorry, nichts Positives gesagt zu haben. Ein andern Mal bestimmt. ;)

Beste Grüße

Nothlia

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom