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Eine Geschichte von dunkelblauen Tulpen

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12.10.2005
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Eine Geschichte von dunkelblauen Tulpen

Der Wagen fuhr durch weite holländische Felder, stoppte manchmal und beschleunigte wieder; es waren Tulpenfelder und die dünnen Straßen wirkten wie mit dem Lineal gezogen. Das Land war flach und der Wind von der weit entfernten Nordsee durchdrang die flache Landschaft und hinterließ einen fahlen Salzgeschmack auf den Lippen, als wenn die Sanddünen gleich hinter der nächsten Ecke empor ragen würden. Nicht einmal das Krächzen einiger Möwen, die sich in das Landesinnere verirrt hatten, fehlte in diesem Moment. Wie weiße Raben flogen sie durch den Himmel und hinterließen dunkelgraue Schatten auf der ungepflasterten Straße. Das Auto schwamm förmlich durch die Tulpen und wirbelte trockenen Staub auf. Blumenmeere, die sich zu beiden Seiten des Autos erstreckten und die Stiele, die im Takt der Wellen nach vorne und hinten schaukelten.
Ein klackendes Geräusch, Schritte im Staub, die Autotür fiel zu und Robin blieb für ein paar Minuten still stehen, sah auf die Tulpen, die unmittelbar vor ihm wuchsen; dunkelblaue, mit langen Stielen und perfekt geformten Blüten. Eine unglaubliche Ansicht. Er dachte an Laures Gesicht und daran, wie er ihr damals eine der Blumen geschenkt hatte. Laure, sagte er leise und fröhlich, lehnte sich gegen die Seitenscheibe seines Fords und ließ den Blick wieder schweifen; auf seine Schuhe, und in den Himmel. Die richtige Zeit, eine Zigarette zu rauchen, kam es ihm in den Sinn und er zündete sich eine West an, atmete tief ein und blies den Rauch in den Wind. Er wehte nach rechts, in die Felder hinein. Das klare Sonnenlicht beschien seine glänzenden Lederschuhe und spiegelte sich im Gehäuse der Armbanduhr. Du verträumst deine Zeit, dachte Robin und schielte mit einem Auge auf die Uhr; vor gut einer halben Stunde war er von daheim aufgebrochen, hatte die Grenze nach Holland überquert und die Tulpenfelder Maastrichts gefunden. Er war diese Reise schon viele Male angetreten, kam ein Teil seiner Familie doch aus dem holländischen Grenzland.
Robin sah sich um und vergewisserte sich, dass es die richtige Stelle war. Er konnte sich gut an die Schneise erinnern, die damals schon, vor Jahren an dieser Stelle gewesen war, ging auf sie zu und blieb stehen. Auf dem Erdboden wuselten beschäftigte Ameisen, ein paar Meter entfernt pickte ein Vogel die Erde weich und plötzlich flog ein Möwenschatten über seinen Kopf; das Schreien des Tieres verhallte erst nach Minuten, in denen er sonst nur die Blumen schaukeln hörte. Es konnte nur an diesem Ort gewesen sein, und alles schien wie damals, als er Laure kennen gelernt hatte.

Als Robin fünfzehn gewesen war, hatte er zum ersten Mal das Angebot bekommen, im holländischen Nachbarland bei der Ernte der Tulpen zu helfen. Solche Vermittlungen wurden regelmäßig von der Region gestartet, um die Integration auf beiden Seiten der Grenze zu fördern. Es sollten leichte, nicht sonderlich anspruchsvolle Arbeiten sein und Robins Angst, nicht einmal diese bewältigen zu können, schwanden bereits schnell. Im Gegenteil machte es ihm Spaß, die elektronischen Geräte zu säubern, die Traktoren mit Wasser abzuspritzen und in den Fugen nach Gestrüpp zu suchen, welches die Getriebe beschädigen konnte. Jeden Abend stank er nach dem Duft der zarten Blumen. Er sollte noch zwei weitere Ernten helfen und dafür gut bezahlt werden.
Durch die Tulpenernte war Laure schließlich in sein Leben getreten, hier an diesem Stück Erde, wo der Boden von einer Schneise durchzogen wurde und an denen aus unerfindlichen Gründen die Tulpen nicht so zahlreich gediehen, wie an anderen Stellen. Sie sahen ebenso schön aus wie sonst, nur brachen die Keimlinge stets nur einzeln aus der Erde. Es war ein besonderer Ort, dass wusste Robin seit dem Augenblick, in dem er Laure gesehen hatte. Wieder zog Robin an einer Zigarette. Als er bemerkte, dass sie aus nicht mehr als aus einem Stummel bestand, warf er sie vor sich auf den Boden, trampelte mit einem Fuß darauf, bis der Zigarettenrest mit Staub und Erde bedeckt war. Ihm kamen die Bilder dieses frühen Sommertages in den Sinn. Zunächst nur Laures Kleid, dann ihr Gang und schließlich ihr Gesicht.

Mit ihren Eltern hatte sie am Wegesrand gestanden und Robin hatte die drei Gestalten schnell als Blumendiebe ausgemacht. Nicht solche von der Sorte, die ankamen und gleich Dutzende der schönen Tulpen raus rissen und dann schnell wieder verschwanden, sondern die sympathischere Gattung, welche kurz anhielt, sich zwei, vielleicht drei Blumen nahmen, still dankten und meistens mit einem schlechten Gewissen wieder fuhren. In seiner Zeit bei dem Tulpenbauern hatte er viele von ihnen beobachtet und häufig geholfen, sie zu vertreiben.
"Hey ihr da", hatte er den Leuten zugerufen und ihre ertappten Mienen bemerkt. Sogleich war jeglicher Ärger verschwunden und als er Laure zwischen ihren Eltern ausmachte, konnte er nicht anders, als näher hinzugehen.
"Es tut uns Leid", hatte Laures Vater gesagt. "Aber die Blumen waren so schön und wir wollten auch nur eine für unsere Tochter nehmen."
"Kein Ding", meinte Robin darauf, kam näher. Das Mädchen lächelte ihn an, ihre Sommersprossen glühten förmlich in der Nachmittagssonne. "Der Bauer sieht es zwar nicht sonderlich gerne, wenn die Leute hier seine Tulpen heraus reißen, aber eine wird schon in Ordnung sein."
Er hatte sie nicht aus den Augen gelassen und folgte ihrem Blick auf das dunkelblaue Tulpenfeld. Es waren wirklich schöne Exemplare, in genau der richtigen Größe und bereit, behutsam gepflückt zu werden. Robin ging auf eine zu, bückte sich und schnitt mit seinem Messer den Stiel durch. Er war auf Laure zugegangen, die schon ahnte, was passierte. Dennoch lächelte sie bezaubernd, als er ihr die Tulpe in die Hand gab. Das darauf folgende Danke, welches ihr erstes Wort an ihn war, ging ihm auch an diesem Tag, an dem der Moment schon drei Jahre vergangen war, nicht aus dem Kopf.

Wieder ein Blick auf die Uhr. Es wurde Zeit weiter zu fahren und diesen Ort der Erinnerung hinter sich zu lassen. Robin setzte sich in das Auto, drückte mit dem Fuß gegen das Gaspedal und fuhr langsam an. Er genoss die Landschaft und die Sonne, streckte die Hand aus dem herunter gekurbelten Fenster und berührte die Tulpen, knickte sie ein wenig nach unten, aber ohne sie zu kaputt zu machen. Es kitzelte an seinen Fingerspitzen und kleine Insekten verfingen sich in den Ärmeln. Diese Straße geht so ewig, dachte er. Auf dem Beifahrersitz suchte er wieder seine Zigaretten, zündete sich eine an und warf sie so weit er konnte in das Feld, als sie abgebrannt war.
Plötzlich vor ihm eine Kreuzung. Neue Felder mit verschieden farbigen Tulpen, doch alle so hoch gewachsen, als das man sie nur noch abschneiden musste, um sie an die richtigen Menschen zu verschenken. An Menschen wie Laure, sagte sich Robin und hielt das Auto wieder an, betrachtete die rosaroten Tulpen. Wieder Staub im Seitenspiegel, als er beschleunigte.

Robin genoss es, sich wieder an diesem Ort zu befinden und die frische Luft einzuatmen. Zwischen den Wolken brach die Sonne durch und die Schatten aller Gegenstände in der Nähe verlängerten sich für einen Moment, als wollten sie etwas schreien. Pass auf, sonst verfährst du dich noch. In diesem Labyrinth der kitschigen Farben.
An einer Kreuzung, eingerahmt von gelben und roten Blumen, drehte er den Wagen. Genug der Nostalgie, es wird Zeit wieder in die Gegenwart zurück zu kehren. Robin fuhr den gleichen Weg wie auf der Hinfahrt; am Himmel waren die Möwen verschwunden, der salzige Wind jedoch wehte weiterhin über die Felder. Er wusste, an welcher Stelle er eine Tulpe für Laure pflücken würde. Es kam eigentlich nur ein Ort in Frage; nur dieser magische, an dem die Blumen anders wuchsen als sonst wo.
Die Schneise in dem dunkelblauen Tulpenfeld ging etwa zwanzig Meter in das grün-blaue Meer hinein, machte gerade genug Platz, als dass er hineintreten konnte. Er ließ seinen Blick schweifen, inspizierte die Blumen, fasste sie an, um sie darauf wieder loszulassen. Keine gefiel ihm richtig, schien Laures Wert angemessen wieder zu spiegeln. Denn genau das sollte sie sein; grazil, wunderschön, außergewöhnlich. Die Königin unter all den identisch blühenden, der Sonne entgegen wachsenden Tulpen.
Schließlich schloss Robin seine Augen, schmeckte das Salz auf seinen Lippen, hörte das Rauschen der abertausend Gewächse, bückte sich und fühlte vor sich ein paar Exemplare. Er zwang sich weiterhin, die Augen geschlossen zu halten, griff nach dem dünnen, geschliffenen Messer und trennte eine der Blumen kurz vor der Wurzel ab. Als er seine Augen wieder öffnete, sah er eine tief dunkelblaue Tulpe vor sich, ohne jeglichen Makel an den Blättern oder am Stiel. Wäre Laure eine Blume, sähe sie wie diese aus.

Mittlerweile waren Laure und Robin achtzehn. Die letzten drei Jahre waren schnell vergangen und an den beiden vorbei gezogen, die einzigartigen Momente für Robin aber stets allgegenwärtig. Das Wiedersehen nach ein paar Tagen, als sie ihn auf den Feldern besuchen kam; seine Freude, mit ihr spazieren zu gehen; die immer wiederkehrenden Treffen; ein Kuss; schließlich die erste gemeinsame Nacht an einem der Kanäle, welche das nötige Wasser für die Landwirtschaft leiteten. Laure versprach ihm so viel und er glaubte ihr jedes Wort, wog es mit Tulpen auf. Sie sollte seine erste und eigene Liebe sein. Das sagte er ihr und sich selbst und sie strahlte jedes Mal aufs neue, wenn er ihr selbst geschnittene Blumen vorbei brachte.
Mit der Hilfe eines Floristen entwarf er Kränze und Sträuße, und es war ihm Belohnung genug, das Strahlen ihrer Augen zu sehen, welches ihn immer bezauberte, wie in dem Moment an der Schneise. Ihr Blumenkavalier. Robin lachte und erinnerte sich, wie er versucht hatte, eine spezielle Tulpenart nur für Laure zu züchten. Sie sollte ihren Namen tragen und nur einmal erblühen. Viele Nächte hatte er daran gesetzt und es immer wieder versucht. Am Ende war nicht mehr als Unkraut oder verschrumpelten Blumen aus den Töpfen gewachsen und er hatte es verbrannt. Ich bin so verliebt in dieses Mädchen, dachte er. Robin würde es jederzeit wieder versuchen, auch wenn ihn beim zehnten Mal noch der Löwenzahn auslacht.

Er fuhr den Weg zurück über die Grenze, genoss die malerischen Dörfer und wollte direkt zu Laure fahren, um ihr die Blume, die er behutsam auf dem Beifahrersitz postiert hatte, zu bringen.
Er sah neben sich, auf die zarte Blume. Wie kräftig die Farben doch nur waren, als ob sie nicht vergehen könnten. Eine Kreuzung; Robin bog den Ford nach links in die Straße, fuhr ein paar Meter und parkte. Es war bereits matt dunkel geworden, nur am Horizont sah man die Überreste der Sonne noch verglimmen. Anfangs hatte er die Tulpe noch in Papier einwickeln wollen, dann aber erschien es ihm besser, ihr die Blume ohne Verzierungen zu überreichen. So etwas hatte das Gewächs nicht nötig.
Langsam schritt er auf das Haus Laures Eltern zu, klingelte und wartete. Es regte sich nichts. Ihre Eltern waren vermutlich unterwegs, aber Laure musste doch da sein, schon alleine um die Blume entgegen nehmen zu können. Wieder klingelte er, drückte feste auf den Schalter. Keine Reaktion. Plötzlich Schritte hinter ihm. Robin drehte sich um und sah Laure, die ihn unschlüssig anglotzte. In einer Hand hielt sie eine Tasche, in der anderen die Hausschlüssel. Sie klimperten.
"Robin", sagte sie leise, als müsste sie das gerade Registrierte noch begreifen. "Was machst du denn hier?"
"Ich habe dir eine Blume mitgebracht. Hier, diese Tulpe."
Er streckte seinen Arm aus, hielt Laure die Blume entgegen und lächelte, wartete auf die freudige Reaktion des Mädchens. Diese blieb aber aus.
"Was soll das?", wollte sie wissen.
"Ich war heute auf den Feldern, um sie dir zu pflücken. Zur Schneise bin ich gefahren. Weißt du, wo wir uns kennen gelernt haben."
"Du kannst mir nicht mehr eine Blume schenken. Das geht nicht", antwortete sie und ließ ihre Handtasche sinken.
"Natürlich kann ich das."
"Dann gib sie mir und gehe bitte."
"Hier", sagte Robin, ging zitternd auf sie zu und quetschte Laure die Blume in die Hand. Er spürte den Widerstand in ihrem Körper gegen die Geste. Laure sah nach vorne und atmete erleichtert aus, als Robin an ihr vorbeigegangen war.
"Robin", sagte sie und drehte sich zu ihm um. Der Angesprochene stand unschlüssig an der Straße und sah sie an, als wäre er ein Kater, der neugierig seine Besitzerin beobachtet.
"Du musst das langsam mal kapieren", fuhr sie fort. "Dass es zwischen uns seit über einem Jahr aus ist. Ich kann deine Geschenke nicht mehr annehmen, weil ich davon ein furchtbar schlechtes Gewissen kriege und ich will damit nicht leben. Verstehst du, was ich meine?"
"Aber die Tulpen kommen jedes Jahr wieder. Wieso soll das bei uns anders sein?"
"Ich bin nicht wie eine deiner Tulpen. Ich kann gar nicht glauben, dass du wirklich so denkst. Und die Liebe ist es auch nicht. Sieh nur, wie Blumen zerbrechen, wenn man nicht vorsichtig ist."
Laure packte die Tulpe mit beiden Händen und knickte sie in der Mitte, dass sie in zwei Teile brach. Traurig verfolgte Robin, wie der Blüte auf den Boden flatterte. Warum sprach Laure bloß so und nicht, wie er es sich vorgestellt hatte?
"Du musst das langsam mal verstehen. Bitte, komm nicht mehr wieder und bring mir auch keine dieser Blumen mehr."
"Ich werde es versuchen", sagte Robin, glaubte in diesem Moment aber nicht seinen Worten oder den Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen.
"Es ist wirklich vorbei", sagte Laure und verschwand im Haus.
Robin bekam gar nicht mit, wie die Tür ins Schloss fiel, drehte sich aber schließlich um.
Ein letzter Blick zurück. Er suchte den Boden ab und fand sie schließlich. Die Blätter der Tulpe lösten sich langsam von der Blüte, flogen herum, von ihm fort. Laure war es ihm wert, an der Hoffnung festzuhalten und wie die Tulpen jedes Jahr aufs neue die Chance erhielten, der Sonne entgegen zu wachsen, würde er es weiterhin versuchen. Nächstes Jahr würden die Blumen wieder in allen Farben blühen, auf den riesigen holländischen Feldern und er würde dort sein, und die Schönste pflücken.

Aachen, 27.2.2007

 

Hi Segler,

zum Textkram:

Möwen krächzen eigentlich nicht, finde ich. Sie schreien

Als würde das Auto durch die Tulpen schwimmen, so bahnte es sich seinen Weg und wirbelte trockenen Staub auf. Aber es waren nur Blumenmeere, die sich zu beiden Seiten des Autos erstreckten
WW, zu beiden Seiten des Wagens

Er sah abwechselnd auf seine Schuhe[, ]und in den Himmel.

<i> =>

<i>Die richtige Zeit, um eine Zigarette zu rauchen</i>, kam es ihn in den Sinn und er zündete sich eine <I>West </I>an, atmete tief ein und blies den Rauch in den Wind. Es wehte nach rechts, in die Felder hinein. Das klare Sonnenlicht beschien seine glänzenden Lederschuhe und spiegelte sich im Gehäuse der Armbanduhr. Du verträumst deine Zeit, dachte Robin
Gedanken einheiotlich, entweder kursiv oder nicht

Er konnte sich gut an die Schneise erinnern, die damals schon, vor Jahren, an dieser Stelle gewesen war, ging auf sie zu und blieb wieder stehen.

seines Onkels Marks bekommen angenommen
bekommen klingt hier blöd

Es war ein besonderer Ort, das wußte wusste Robin seit dem Augenblick, in dem er Laure gesehen hatte.

gleich Dutzende der schönen Tulpen herausrissen

sie waren wie Wasser das reine Leben, die Liebe und würden nicht vergehen.
Das ist jetzt die ent-kitschte Version? :eek:

Traurig verfolgte Robin, wie der die Blüte auf den Boden flatterte.

So, ab hier habe ich keine Komma-Fehler mehr korrigiert. Ein mussten ist auch noch falsch.


Eine Geschichte, teils rührselig, teils anrührend - mit traurigem Ende (dieser dumme Kerl *g*).Ein interessantes Setting und 'ne nette Idee.

Viel Glück! *Daumen drück*

Gruß, Elisha

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Elisha,

danke für die rausgesuchten Fehler. Werd ich bis heut abend reinarbeiten. Da mussten einige drin sein.^^
Und ich werd das noch ein wenig mehr entkitschen. Ist ja überhaupt mal ein geiles Wort.


Lg,
E.

 

Ein wenig an den Haaren herbeigezogen, diese Frage des Protagonisten an den Onkel, ob er eine Tulpe pflücken dürfe, schließlich hatte er vor 3 Jahren genau das ohne Erlaubnis getan, sogar für das gleiche Mädchen. Aber sei’s drum, die Geschichte würde nicht besser, wenn es diese Szene nicht gäbe, sondern nur kürzer, und damit würde dieses ewige Fahren mit dem Auto noch mehr im Vordergrund stehen, als das schon jetzt der Fall ist. Ich weiß nicht, warum es wichtig sein soll, daß der Leser weiß, daß der Prot auf den Gaspedal trat, dann anhielt, ausstieg, Tür schloß, sich an das Auto lehnte, weiter fuhr, nach links in eine Straße einbog, wieder anhielt, etc.

Doch nicht nur das Auto scheint eine wichtige Rolle in dieser Geschichte zu spielen – jedenfalls nach dem Raum, die entsprechende Stellen einnehmen -, auch sonst wird jede Bewegung und jede Kleinigkeit vermerkt, nichts bleibt unerwähnt, ja sogar aus einem Vorgang, wie dem Rauchen einer Zigarette, wird beinahe eine Story gemacht: Erst beschließt Prot eine Zigarette zu rauchen, dann raucht er sie, dann bemerkt er, dass sie aus nicht mehr als aus einem Stummel bestand. Er warf ihn vor sich auf den Boden, trampelte mit einem Fuß darauf, bis der Müll so weit mit Staub und Erde bedeckt war, dass er nicht mehr zu erkennen war.

Apropos Staub: Überall wird er aufgewirbelt, selbst dort, wo es ihn eigentlich gar nicht geben dürfte: Tropfen des letzten Regens perlten an manchen ab, flossen den Stiel herab und sammelten sich in Wasserlachen auf dem Boden. Das Sonnenlicht spiegelte sich auch in ihnen. Wieder Staub im Seitenspiegel, als er beschleunigte. – es hatte anscheinend gerade geregnet, es gibt Wasserlachen, und es gibt trotzdem Staub, warum auch immer.

So zieht sich die Geschichte elendlange hin, denn der Prot muß mit seinem Onkel auch noch über Nichts sprechen und dabei mal in Richtung der Tulpenfelder gehen und mal, richtig!, wieder in Richtung des Autos – wohin den sonst! :D

Einzig die Szene mit Laure, die ist gut, obwohl es da ebenfalls belanglose Formulierungen gibt wie Laure sah nach vorne oder das Unvermeidliche und schritt auf sein Auto zu.

Mag sein, Sternensegler, daß du bei dieser Geschichte bereits versucht hast, sie vom Kitsch zu befreien (wenn ich Elisha glauben darf), aber noch mehr bedarf sie jetzt des Ausmistens von allen Überflüssigem, d.h. die nicht dem eigentlichen Ziel* dienenden Sätze und Absätze müssen gnadenlos gestrichen werden.

Dion

* Du muß dich entscheiden: Entweder erzählst du eine Geschichte von der Schönheit und Vergänglichkeit der Tulpen oder von einer gescheiterten Liebe, der vorliegende Versuch, beides zu vereinen, ist nicht gelungen, aber vielleicht noch zu retten.

 

Hallo Sternensegler,

hach, der schnelle Dion hat mir schon einige Zeilen abgenommen, die mit dem Regen-Straßenstaub und auch die Frage nach dem Tulpe-mitnehmen-dürfen.

Zudem - (Vorsicht, heute bin ich nicht besonders nett ;) ) :

Der Wagen fuhr durch weite holländische Felder, stoppte manchmal und beschleunigte wieder; es waren Tulpenfelder und die dünnen Straßen, die sie wie Würmer durchzogen, wirkten wie mit dem Lineal gemalt.
So ein in sich unlogischer Eingangssatz. Würmer sind nicht kerzengerade und wenn etwas mit dem Lineal geradlinig gezeichnet wird, dann gezogen und nicht gemalt. Das Bild ist somit für mich falsch.


Das Land war flach und der Wind von der weit entfernten Nordsee drang in die Steppe und hinterließ einen fahlen Salzgeschmack auf den Lippen, als wenn die Sanddühnen gleich hinter der nächsten Ecke empor ragen würden.
Steppe in Holland? Oha! Das Bild paßt ebenso wenig. / Sanddüne


Nicht einmal das Krächzen einiger Möwen, die sich infolge des warmen Klimas in das Landesinnere verirrt hatten, fehlte in diesem Moment. Wie weiße Raben flogen sie durch den Himmel und hinterließen graue Schatten auf der ungepflasterten Straße.
Wieso vergleichst du Möwen mit weißen Raben? Das ist doch wie: der schwarze Schimmel ... ich kann nicht erkennen, was das als Bild bringen soll.
Aber es waren nur Blumenmeere, die sich zu beiden Seiten des Autos erstreckten und die Halme waren es, die wie Wellen im Takt des Meeres nach vorne und hinten wippten.
Blumen haben Stiele oder Stängel, aber keine Halme
und er zündete sich eine West an,
Ich sehe keine besondere Veranlassung, dass du Werbung machen müsstest ...

atmete tief ein und blies den Rauch in den Wind. Es wehte nach rechts, in die Felder hinein.
Es?

Er war diese Reise schon viele Male angetreten, kam ein Teil seiner Familie doch aus dem holländischen Grenzland und war seit langen Tulpenbauer.
langem

Robin sah sich um und vergewisserte sich, dass es die richtige Stelle war. Er konnte sich gut an die Schneise erinnern, die damals schon, vor Jahren an dieser Stelle gewesen war, ging auf sie zu und blieb wieder stehen.
Komma nach schon weg
Als Robin fünfzehn gewesen war, hatte er zum ersten Mal das Angebot seines Onkel Marks bekommen, ihm bei der Ernte der Tulpen zu helfen.
Gefälliger wäre: ihm bei der Tulpenernte...

Im Gegenteil machte es ihm Spaß, die elektronischen Geräte zu säubern, die Traktoren mit Wasser abzuspritzen und in den Fugen nach Gestrüpp zu suchen, welches die Getriebe beschädigen konnten.
Im Gegenteil, es machte ihm Spaß ...
elektronische Geräte beim Tulpenernten? Was sollen das für Geräte sein?

Wieder zog Robin an seiner Zigarette und bemerke, dass sie aus nicht mehr als aus einem Stummel bestand.
Das ist etwas umständlich formuliert.

Er warf ihn vor sich auf den Boden, trampelte mit einem Fuß darauf, bis der Müll so weit mit Staub und Erde bedeckt war, dass er nicht mehr zu erkennen war.
Rumpelstilzchen :D ?
Ich habe noch nie eine Kippe zertrampelt, sondern zerreibe sie quasi unter dem Absatz. Und - der klitzekleine Stummel ist Müll?

Nicht solche von der Sorte, die ankamen und gleich Dutzende der schönen Tulpen raus rissen und dann schnell wieder verschwanden, sondern die sympathischere Gattung, welche kurz anhielt, sich zwei, vielleicht drei Blumen nahmen, still dankten und meistens mit einem schlechten Gewissen wieder fuhren.
Als Obstbauerstochter habe ich auch oft die Gattung erlebt, die "nur" eine Handvoll Obst mitgenommen hat. Symphatisch waren sie aber dadurch nicht :dozey:

Diese Blumen fingen kein Feuer; sie waren wie Wasser das reine Leben, die Liebe und würden nicht vergehen.
:confused: Der Inhalt dieses Satzes erschließt sich mir nicht ganz.
"Ja, die Zeit vergeht immer so schnell. Und sie lässt sich nie aufhalten."
Weise Worte eines Neunzehnjährigen.


Das er Laure nun schon seit drei Jahren kannte und sie doch noch begehrte, als hätte er ihr erst gestern die Tulpe gepflückt und geschenkt, erstaunte ihn ein wenig.
Aber er muss doch dauernd daran denken, dass sie ihn eigentlich nicht mehr will und das schon eine längere Zeit - das bedeutet, die zusammen verbrachte und nicht zusammen verbrachte Zeit müsste sehr tief in seinem Bewusstsein sein.

"Ich erinnere mich. Du warst sechszehn und hattest noch richtig blonde Haare.
sechzehn


"Wer es glaubt", antwortete Mark. "Hast du vielleicht Lust diesen Sommer mal wieder ein wenig auszuhelfen?
Lust, diesen


Robin fuhr den gleichen Weg wie auf der Hinfahrt; am Himmel waren die Möwen verschwunden, der salzige Wind jedoch wehte weiterhin über die Felder. Er wusste, an welcher Stelle er eine Tulpe für Laure pflücken würde. Es kam eigentlich nur ein Ort in Frage; nur dieser magische, an dem die Blumen anders wuchsen als sonst wo.
Die Schneise in dem dunkelblauen Tulpenfeld ging etwa zwanzig Meter in das grün-blaue Meer hinein, machte gerade genug Platz, als dass er hinein treten konnte. Er ließ seinen Blick schweifen, inspizierte die Blumen, fasste sie an, um sie darauf wieder loszulassen. Keine gefiel ihm richtig, schien Laures Wert angemessen wieder zu spiegeln. Denn genau das sollte sie sein; grazil, wunderschön, außergewöhnlich. Die Königin all der identisch blühenden, der Sonne entgegen wachsenden Tulpen.
Schließlich, als ihm nach Minuten noch immer keine so gefiel, als dass er sie gepflückt hätte, schloss Robin seine Augen, schmeckte das Salz auf den Lippen, hörte das Rauschen der abertausend Gewächse, bückte sich und fühlte vor sich ein paar Exemplare. Er zwang sich weiterhin, die Augen geschlossen zu halten, griff in seiner Hosentasche nach dem dünnen, geschliffenen Messer und trennte eine der Blumen kurz vor der Wurzel ab. Als er seine Augen wieder öffnete, sah er eine tief-dunkle blaue Tulpe vor sich, ohne jeglichen Makel an den Blättern oder Stiel. Wäre Laure eine Blume, dachte er, dann sähe sie wie diese aus.
Meine Meinung: Diesen Abschnitt kürzen.

um ihr die Blume, die er behutsam auf dem Beifahrersitz postiert hatte, zu bringen.
Wenn er schon so oft mit Tulpen zu tun hatte, müsste er wissen, dass diese sehr schnell welken. Eine Stunde Autofahrt ohne ein feuchtes Tuch um die Schnittstelle gewickelt kann fatale Folgen haben ;)

Das Mädchen glotzte ihn durch ihre Brille an, hielt in einer Hand eine Tasche, in der anderen die Hausschlüssel. Sie klimperten.
Damit läßt du ein eher unvorteilhaftes erstes Bild von Laure im Kopf des Lesers erwachsen.
"Hier", sagte Robin, stieg die Treppen vor der Haustür herab und drückte Laure die Blume in die Hand.
Die zarte Blume in die Hand gedrückt = gequetscht?

"Robin", sagte sie und drehte sich zu ihm um. Der Angesprochene stand unschlüssig an der Straße und sah sie an, als wäre er ein Kater, der neugierig seine Besitzerin beobachtet.
Was willst du mit dem Katerbild bewirken? Ich kann mir da nun nichts Passendes vorstellen.

Lieber Eike, ich mag einige Geschichten von dir sehr und habe deshalb leider auch eine gewisse Erwartungshaltung, wenn ich an eine Geschichte von dir gehe. Dion hat das schon sehr gut zusammengefaßt, was ich auch denke.

Du versuchst mit der Fahrt nach Holland eine melancholische Stimmung aufzubauen, die dir meiner Ansicht nach nicht gelingt, da du zuviel Worte um Unwichtiges machst und Laure, um die es geht, völlig vernachlässigst. Man weiß überhaupt nichts über die Beziehung - anstatt so lange über den Onkel zu schreiben, hättest du besser ein paar Situationen erzählt, die die beiden erlebt haben. Das geht auch, ohne dass du verraten musst, dass sie eigentlich nicht mehr zusammen sind.

Du bist noch völlig an der Oberfläche. Zum Eintauchen tief Luft holen :).

Lieber Gruß
bernadette

 

Angenehm zu lesender Text, gute Pointe,
Dion gebe ich in folgenden Punkten recht: Das Paradoxon nasses Feld und aufwirbender Staubboden erschließt sich mir nicht, wobei der Staub auch noch eine solch tragende Rolle spielt. Ferner ist der Spaziergang und überhaupt der Sinn des Besuches beim Onkel verwirrend.
Aber wie gesagt junger Poet, die Pointe und der Stil gefaalen mir sehr.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hey Leute,
danke für die ausführlichen Rückmeldungen. Ich mach mich heut abend gleich mal ans Überarbeiten und werd den Onkel Mark komplett rausstreichen.
Detailiert antworten tue ich morgen. Versprochen!

E.

PS: Achja, manche der Fehler sind schrecklich peinlich. *shy*

 

Aloha,

@dion:
Also hab selten nach einem Kommentar so oft gedacht: äh ja, auch hier schuldig im Sinne der Anklage.
Darum hab ich den Onkel auch einfach weg gemacht und schon so die meisten deiner Kritikpunkte aufgehoben. Was wollte ich mit dem Typen und der Scene, in der die beiden reden, eigentlich erreichen? Also: Erstens sollte es da diesen Gegensatz geben, dass Robin behauptet, er würde total toll in der Gegenwart leben und jede Sekunde mit seiner Tante da auskosten, im echt sieht es aber doch ganz genau andersrum aus. Naja, dass dieser crazy Kontrast jetzt nicht mehr drin ist, ist glaub ich egal. Ansonsten stimmt, die reden über rein gar nichts und es ist furchtbares Geschwafel (gewesen).
Ja, ich dachte das bringt Stimmung, wenn der da viel auf Autos zugeht und sonen Kram. Keine Ahnung, hab es ein wenig von dem Befall der scenischen Beschreibungen entfernt. Aber wenn es so auffällt, kann es ja nicht sonderlich hilfreich sein.

Und wie kam das mit dem Staub und den Wasserperlenden Blumen zustande? Ja, das war so. Monsieur Sternensegler schreibt so Geschichten nämlich nie chronologisch auf, sondern überlegt sich nen Handlungsstrang und schreib dann mal am Ende weiter und wenn er darauf keine Lust hat, in der Mitte oder am Anfang weiter. Und weil er ja so überarbeitungsfaul ist, kommt solche Fauxpas (sorry, falls das falsch geschrieben ist) zustande. Und ich fühlte mich ertappt.^^
Danke dir jedenfalls für diese Kritik, hat mir sehr weiter geholen.

@Bernadette:
Habe glaube/ hoffe ich, alle deine Fehlerpunkte übernommen. Vieles mußte ich wegen der Kürzungen gar nicht reinarbeiten. Ein Glück, sag ich da nur.

Der Inhalt dieses Satzes erschließt sich mir nicht ganz.
Da gabs keinen.^^ Ein Satz, entstanden aus dem Gefühl irgendwas poetisches reinbringen zu wollen.

Und zur Liebesgeschichte: habe da nun nen kleinen Absatz drüber verfasst, den ich da irgendwie reingeschoben habe. Und stimmt, ich hatte Angst, die tritratrulala Pointe am Ende zu früh zu verraten. Ich mag es nicht sonderlich, wenn der Erzähler den Leser verarscht und versuchte deshalb Laure nur durch Gedanken des Prots oder durch das Gespräch mit Onkel Marki reinzubringen. Ist mir misslungen, geb ich zu.

hättest du besser ein paar Situationen erzählt, die die beiden erlebt haben.
Vielleicht fallen mir ja noch welche ein.

@Mr. Menzel:
fank yu for the kompliments. Ich rocke, ja.

E.

 

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