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Eine gute Tat

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15.02.2007
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Eine gute Tat

Langsam schlurfte er den Gehweg entlang, den Kopf gesenkt, die Hände in den Hosentaschen vergraben. Den ganzen Tag hatte er mit Kleinkram vergeudet. Hatte sich um Sonderwünsche der Kunden kümmern müssen, bei denen der Aufwand so gross gewesen war, dass die Firma unter dem Strich nichts daran verdienen konnte. Und dann noch diese Ansprüche!
Frau Baumberger hatte behauptet, sie habe eine dunkelgraue ergonomisch geformte Tastatur bestellt, wie auf dem Bild, dabei gab es besagte Tastatur nur in schwarz. Auf dem Foto hatte sie eben etwas heller gewirkt.
Herr Fink hatte sich beklagt, weil sein deutsch-englisches Handbuch zusätzlich kein Holländisch enthielt, schliesslich hatte er das Programm später einmal seinem Neffen vermachen wollen und dessen Muttersprache war Holländisch.
So war es den ganzen Tag gelaufen. Zuletzt hatte sich sein Chef noch beklagt, weil ihm die Abstände der Tabellen immer noch zu groß gewesen waren.

Nun starrte Thomas also vor sich auf den Boden und versuchte sich zu freuen, dass dieser Arbeitstag vorbei war. Aber es wollte ihm keineswegs gelingen. Er wusste, dass ihn Zuhause eine stille, chaotische Wohnung empfangen würde. Bisher hatte er sich noch nicht aufraffen können, die Spuren der Party vom Samstag zu beiseitigen, obwohl inzwischen schon Donnerstag war.

Thomas seufzte, blickte müde auf, und da sah er sie: Alt und zittrig stand sie da, auf ihren Gehstock gestützt und blickte über die befahrene Straße. Nur der Kopf war zur Straße hin gewandt. Bestimmt würde kein Autofahrer bemerken, dass sie auf die andere Seite wollte. "Endlich ein richtiges Problem!", dachte Thomas. Den Vorurteilen über die schreckliche Jugend von Heute zum Trotz, ging er zielstrebig auf die Frau zu.
„Guten Tag, meine Dame, darf ich Ihnen behilflich sein?“
Zwei milchige Augen hinter dicken Brillengläsern schauten Thomas verwirrt an.
„Ich habe gesehen, dass Sie über die Straße wollen. Der nächste Zebrastreifen kommt erst nach fünfhundert Metern, deshalb möchte ich Ihnen gerne helfen.“
Die alte Dame verzog das Gesicht und antwortete tadelnd:
„Also junger Mann, natürlich meinen Sie es gut, aber ich brauche Ihre Hilfe nicht!“
Misstraute Sie ihm?
„Bitte entschuldigen Sie“, antwortete Thomas, „vielleicht hätte ich mich vorstellen sollen. Man kann in der heutigen Zeit nicht vorsichtig genug sein. Mein Name ist Thomas Pfister und ich habe nicht vor, Sie zu berauben. Ich möchte Ihnen lediglich über diese gefährliche Straße helfen.“
Mit dem vertrauenswürdigsten Lächeln, das er aufbringen konnte, sah er sie an.
„Das ist ja nett von Ihnen, Herr Pfister“, ihr Blick wurde weicher, „ich habe keine Angst vor Ihnen. Mein Name ist übrigens Erna Meier. Aber helfen müssen Sie mir trotzdem nicht!"
„Ich kann mir schon denken, dass es nicht leicht ist, Hilfe anzunehmen“, antwortete Thomas schnell.
Was war das nur für ein Tag! Natürlich musste es schwer sein zu merken, wie der Körper langsam nicht mehr so konnte, wie man wollte, aber weshalb war er ausgerechnet heute auf eine alte Frau gestoßen, die Angst hatte ihre Würde zu verlieren, wenn sie Hilfe annahm? Diese alte Gestalt vor ihm, mit dem Buckel, den weissen Fäden auf dem Kopf und dem Gehstock in der Hand tat ihm Leid. Thomas musste es ihr leichter machen.
„Liebe Frau Meier“, setzte er würdevoll an, „tun Sie mir doch den Gefallen und lassen Sie sich über die Straße führen. Bei diesem Feierabendverkehr ist das Überqueren wirklich keine ungefährliche Sache und es würde mich sehr freuen, Ihnen helfen zu dürfen.“
„Naja“, erwiderte die Frau zögernd.
„Sie würden mir sogar helfen, heute eine gute Tat zu tun!“
Aufmunternd lächelte er sie an und bemerkte, wie der Blick seines Gegenübers freundlich wurde.
„Gut, junger Mann, darf ich mich auf Sie stützen?“
Thomas wurde warm ums Herz. Erleichtert fasste er die Frau am Arm und bedeutete den Autofahrern mit Handzeichen, sie sollten anhalten. Langsam geleitete er seine gebrechliche Partnerin auf die andere Straßenseite. Dort angekommen traf ihn ein dankbarer Blick.
„Schön gemacht, junger Mann!“ Frau Meier lächelte, und die Falten um ihre Augenwinkel wurden noch tiefer.
„Gerne geschehen!“, erwiderte Thomas. Sein Herz sprudelte vor Freude in der Gewissheit, etwas Gutes und Nützliches vollbracht zu haben. Er nahm die weiche Hand der Frau zwischen die seinen.
„Auf Wiedersehen, Frau Meier, und einen schönen Tag noch!“

Erna sah dem jungen Mann nach, wie er sich beschwingten Schrittes entfernte. Sie lächelte noch, als er bereits um die Ecke gebogen war. Dann drehte sie sich um, hob ihren Gehstock in die Luft, wartete bis die Autos anhielten und überquerte langsam die Straße. Nun konnte sie ihren Weg fortsetzen.

 

Friedvolle Grüße

Diese Geschichte kenne ich als Witz in Sprach-, Comic- und Sketchausführung, daher hält sich die Überraschung bei der Pointe extremstens in Grenzen. Das ist für eine Pointengeschichte so ziemlich das Todesurteil.

Was bleibt ist eine recht oberflächliche Erzählung, gut geschrieben und flüssig zu lesen, aber ohne Tiefe, Spannung und Humor.

Du solltest den Figuren mehr Charakter verleihen. Mach ihn zu einem recht niedergeschlagenen Mann, der sich ernorm darauf freut, jemandem helfen zu können. So wird es auch logischer, das sie sich schließlich helfen lässt. Und als er beschwingt davon wandert, ist sie diejenige, welche die gute Tat getan hat. So kannst Du die Pointe abwandeln und ein klein wenig Überraschung retten.

Kane

 

Hallo Kane

Danke für die schnelle, konstruktive Kritik.
Ich habe also folgendes gelernt. Erstens sollte ich nicht mehr versuchen, so kurze Geschichten zu schreiben. Das kann ich einfach nicht! Und zweitens sollte ich keine Schnellschüsse in schlaflosen Nächten machen. :-)

Dass schlussendlich die alte Frau die gute Tat begangen hat, wollte ich mit der Geschichte natürlich andeuten, aber anscheinend habe ich dem Leser wieder mal viel zu viel Freiheit gelassen.

Nun habe ich also voll Elan die Geschichte komplett überarbeitet.

Gruss

Juddl

 

Salü Juddl,

ich kenn mich mit Comics und Sketchen nicht so aus und hab auch den ‚Witz’ nicht gekannt, von daher konnte ich noch schmunzeln über Deine kleine Geschichte. Du hast sie bereits überarbeitet, die erste Fassung hab ich nicht gelesen. Von daher hoffe ich, dass Du noch Lust hast, die wenigen Korrekturen anzubringen:

Auf dem Foto hatte sie eben etwas heller gewirk. > gewirkt.
Zu guter letzt hatte sich sein Chef > Zuletzt (Zu guter letzt: sagt man das noch so - weiss nicht :)

Abstände der Tabellen immernoch zu gross > immer noch zu groß

und blickte über die befahrene Straße. Nur der Kopf war zur Straße hin gewandt und Thomas sah sofort, dass kein Autofahrer ihr Vorhaben, die andere Seite zu erreichen, bemerken würde.
Bisschen umständlicher Satz. Vielleicht:
und blickte über die befahrene Straße. Thomas dachte: „Wenn sie nur so da steht, wird kein Autofahrer anhalten, damit sie die andere Seite erreicht.“

Aber zu Ihrem Angebot: Ich möchte das garnicht!“

garnicht > gar nicht
Ganzer Satz: Dies ist die Stelle, wo die Pointe mit dem Zaunpfahl winkt. Die würde ich ganz streichen.

eine alte Frau gestossen > gestoßen

„Naja“, erwiederte > erwiderte

Erna sah dem jungen Mann nach, wie er sich beschwingten Schrittes entfernte. Selbst nachdem er um die Ecke gebogen war lächelte sie noch immer. Dann drehte sich Erna um,
Auch ein bisschen umständlich und zweimal ‚Erna’. Vielleicht:
Erna sah dem jungen Mann nach, wie er sich beschwingten Schrittes entfernte. Sie lächelte noch, als er bereits um die Ecke gebogen war. Dann drehte sie sich um,

Es hat noch ein paar ‚ss’ wo ein deutsches ‚ß’ sein sollte :D oder Du bleibst konsequent bei unserem schweizerischen ‚ss’ …

Gerne mal wieder was von Dir gelesen und

lieben Gruss,
Gisanne

 

Hoi Gisanne

Danke für deinen Kommentar. Auch ich bin nicht so belesen, dass ich diese Situation aus Sketchen, Comics oder als Witz kenne. Allerdings ist die Geschichte so naheliegend, dass es merkwürdig gewesen wäre, wenn ich als erster Mensch diese Situation zu Papier gebracht hätte...

Die Korrekturen habe ich freudig und sofort vorgenommen!

Und das mit dem ss ist so eine Sache... Ich wäre ja gerne Konsequent, allerdings bin ich da auf die Rechtschreibkorrektur im Word angewiesen, und die lässt sich irgendwie nicht mehr auf die Deutsche Rechtschreibung einstellen. Da muss mal mein Mann dahinter. Von daher kann ich mich nur auf mein Gefühl verlassen, denn ich habe diese Regeln ja noch nie gehört. Aber bis zur nächsten Geschichte ist diese Problem auch gelöst. Danke, dass du meine Rechtschreibkorrektur warst. :lol:

liebe Grüsse und einen guten Start in die neue Woche

Juddl

 

Du kannst ruhig beim 'ss' bleiben. Hier wissen fast alle, dass wir Schweizer kein Eszett, (also das Ding mit dem Aufstrich :) ) auf der Tabulatur haben und das Eszett nicht in der Schule lernen.

Grüssli!

 

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