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Eine Münzwurf Geschichte
Eigentlich war es ein ganz gewöhnlicher Tag. Es war ein so stinknormaler Wintertag mit allem, was dazugehört: leichtem Schneefall, Autounfällen und bitterer, eisiger Kälte. An und für sich nichts Besonderes. Niemand hatte Geburtstag, noch schwebte irgendwo die heitere Atmosphäre eines feierlichen Anlasses durch die Luft.
Dennoch kam es, dass an diesem Tag ein junger Mann den Entschluss fasste, mit seiner Freundin ein Eis im Supermarkt zu holen, wie kurios es auch klingen mag. Er wollte es sich mit ihr genüßlich bei einem unterhaltsamen Spaziergang im Park schmecken lassen.
Sie war zwar ein klein wenig verwirrt über sein seltsames Vorhaben, tat sich jedoch nicht abgeneigt und willigte schließlich gern ein. Man muss dabei aber hinzufügen, dass sie es sonst zur Winterzeit gewöhnt war, um viertel nach drei eine heiße Schokolade in ihrer warmen Küche zu trinken, statt an einem kühlen Eis im frostigen Park zu schlecken.
Im Supermarkt angekommen verbrachte das Pärchen noch etwas Zeit an einem kleinen unordentlichen Wühltisch, der ihnen auf dem Weg zu ihrem kühlen Ziel ins Auge gefallen war. Hier kramten sie nach Herzenslust zwischen den übriggebliebenen Oma-Doppel-D-BH's und -Schlüpfern herum, die so groß waren, dass der weiße Riese fünf Tage gebraucht hätte, um einen davon wieder gänzlich sauber zu machen. Als den beiden eine Weile später die Lust verging, sich Horrorgeschichten von Frauen zu erzählen, die solche enormen Übergrößen tragen, gingen sie auch noch die restlichen paar Schritte weiter zur Kleineiskühltruhe.
Viele Sorten Eis gab es dort – viel zu viele, dachte der junge Mann. Während er zwischen den verschiedenen Varianten Fruchteis und Schokoladeneis gedanklich hin und her pendelte und sich den Geschmack abwechselnd vorstellte, hatte sich seine Freundin schon längst entschieden. Sie wählte ein lecker anmutendes, mit Mandelsplittern bestücktes, schokoladenumhülltes Eis und hielt es längst in der Hand, als er immer noch äußerst unentschlossen war.
Endlich bei nur noch zwei Stück angelangt, die er nun beide in seinen Händen hielt, schlug ihm seine Freundin vor, doch eine Münze zu werfen, wenn er sich nicht entscheiden könne. Er nahm den Vorschlag an und ließ sie bestimmen, welche Münzseite auf welches Eis zutreffen sollte. Mit Köpfchen bestimmte sie das fruchtige orangefarbene in seiner linken Hand, zählte jedoch insgeheim auf das Waffeleis mit Schokolade in der anderen.
Mit einem hellen Klingen machte sich die Münze summend auf ihren Weg in Richtung Decke, um doch kurz davor wieder kehrt zu machen und mit einem leisen Geräusch in ihrer Hand zu landen. Der Zufall entschied sich dafür, die Zahl auf dem Geldstück der Decke entgegen blicken zu lassen. Obgleich dieses Ergebnis der eben genannten unbeherrschbaren Kraft oblag, fand es der junge Mann überhaupt nicht zufriedenstellend, denn für sich ganz allein, hatte er doch schon entschieden, dass das Fruchteis im Park den Weg in seinen Magen finden wird.
Also nahm er sein Fruchteis in die eine Hand, in die andere die seiner Freundin und beide hatten noch eine wunderschöne Zeit auf ihrem Weg durch den eisigen Park. Schließlich kamen sie noch vor Einbruch der Dunkelheit zu Hause an und dies sollte nicht das Ende dieses wunderschönen Tages sein.
Auch alle anderen gingen an diesem frostigen Wintertag nach Hause. Alle – bis auf das kleine, graue und im Laufe der Zeit matt gewordene Geldstück. Denn statt zu seinen vielen Freunden in die Kasse der unfreundlichen Kassiererin zu wandern, musste es wie immer zurück in die tiefe Tasche des jungen Mannes, weil er ein einfacher und bescheidener, aber dennoch sehr dreister Dieb war.