Was ist neu

Eine Tube Handcreme

Mitglied
Beitritt
18.05.2005
Beiträge
3

Eine Tube Handcreme

Eine Handcreme. Keine besonders große, eine Handcreme eben. In einer schönen Tube, ist wirklich sehr ansehnlich. Man sieht ihr sofort an, die ist für die Schönheit da. Die macht das bestimmt gut, die könnte man nehmen. Tun aber nur wenige. Irgendwas stimmt dann doch nicht, könnte die Farbzusammenstellung auf der Verpackung könnte es sein. Orange mögen nicht sehr viele, „Apotheker“ steht auch noch drauf, so etwas wollen die wenigsten Leute sehen, wenn sie an „Happy Derm“ und Lipgloss vorbeigehen. Passt dann doch irgendwie nicht und man nimmt die Tube mit der Kamille oben drauf, die so frisch grün strahlt. Schade irgendwie. Wenn die wüssten…
Macht sich aber gut, die Handcreme. Da, auf dem Regal, wo sie schon ziemlich lange steht. Ist von ganz hinten nach vorne gerutscht, endlich kann sie auch mal was sehen. Hat aber doch ziemlich lange gedauert. Sie weiß um ihr Äußeres Bescheid, die Handcreme. Sie weiß auch, dass es nun auch noch ein Weilchen dauern wird, bis sie endlich wer mitnehmen wird. Solange genießt sie mal den Ausblick. Aha, so viele Nachbarn. Alle sehr hübsch, sehr hübsch anzuschauen, so von außen. Ob dies bringen? Da sind kleine, dicke, dünne, feine, teure, eher billige, welche mit Händen drauf, andre mit Blüten und wieder andere mit Gesichtern. Lieber nicht runterschauen, scheint ja doch ziemlich hoch zu sein. Eigentlich auf einer gut erreichbaren Höhe, unsre Handcreme. Interessierte sehen sie bestimmt, auch wenn sie sie dann doch nicht nehmen. So ein Podest wäre dann auch nichts für die Handcreme, will sich ja nicht präsentieren, wie ein Stück Fleisch. Die ganzen Aktionen, Sonderangebote, wie sie glitzern, funkeln und hübsch verpackt sind. Vielleicht noch ein Schleifchen dran? So und so viel Prozent gratis, so und so viel kann man sparen, schnell zugreifen, limited edition, Aktion zum Muttertag, schnell noch an die Mutter denken. Dann wieder ein ganzes Jahr nicht. So ein Plakat wird uns dann schon wieder dran erinnern. 8. Mai, Muttertag.
Wer kommt denn da? Da kommt doch wer, die Creme hört es doch ganz genau. Hört sich irgendwie nach Hühnerpflasterkäufer an. Klingt irgendwie so, also hätte der Kommende Schmerzen, hinkt vielleicht. Müsste sich vielleicht größere Schuhe kaufen, aber wer will eine Frau mit Schuhgröße 40? Die Creme aber unterstellt niemandem was. Eine Handcreme hat andere Dinge im Kopf.
Pause, Nacht, Nichts, grelles Licht, Nichts, Pause.
Da grabscht wer. Ganz unsanft, hätte die Handcreme wirklich nötig. Packt sie richtig, so als wäre sie irgendetwas. Das machen so viele Leute, sie tapsen und packen etwas an. Der Grabscher liest sich kurz die Hinterseite durch, als ob der Lieblose etwas von Tocopherol oder Calendula Officinalis verstehe. Bringt es denn was, dass der Fassende es sich durchliest, kurz ein kluges und interessiertes Gesicht macht, um die Handcreme dann doch nur wieder wegzustellen? Grabscht dann nach der Kamillencreme, die ist allen ein Begriff.
So unsensibel, stellt die Handcreme ganz schief ins Regal. Eine Ecke schaut raus, schaut wirklich weit heraus. Richtig auffällig, tanzt aus der Reihe, wirklich aufdringlich, passt so gar nicht ins System. Stellt man sich an das Ende des Regals und schaut seitlich darauf, sieht man ganz deutlich die Ecke herausstehen. Das ist ihr jetzt aber unangenehm, muss sich die lächelnde Kassiererin kurz vor Feierabend noch mit der Handcreme rumschlagen und wieder ordentlich hinstellen. Wirklich, sehr unangenehm das Ganze.
Endlich, kein grelles Licht mehr, hat ja wirklich sehr geblendet. Da kommt wieder dieses Schlürfen. Muss die Kassiererin sein. Wer denn sonst, ist ja bald Nacht. Sieht die Tube natürlich sofort, ist ja nicht richtig angeordnet. Die Kassiererin nimmt sie sanft in die Hand. Wiegt sie hin und her, kommt einem Schaukeln nahe. Die Tube schläft dabei fast ein, wird dann aber doch noch umgedreht. Aufmerksam wird die Rückseite studiert, die Kassiererin lächelt ganz kurz, „Da wird sich Mutter freuen.“

 

Hallo KarlaS.,


das Leben einer Handcremetube? Warum nicht. Ich fand es witzig.


Ist es Absicht, dass sich immer paarweise Wortwiederholungen finden?

könnte die Farbzusammenstellung auf der Verpackung könnte es sein.
(hier wohl eher nicht)

Dann wieder ein ganzes Jahr nicht. So ein Plakat wird uns dann schon wieder dran erinnern

Da kommt doch wer, die Creme hört es doch ganz genau

Hört sich irgendwie nach Hühnerpflasterkäufer an. Klingt irgendwie so

hinkt vielleicht. Müsste sich vielleicht größere Schuhe kaufen

Das Weglassen des Subjekts als Stilmittel finde ich gut, aber ich würde es vielleicht nicht so oft machen.


Viele Grüße
Tom

 

Gruß nach Wien

Hi KlaraS.

Soweit so gut! Zuerst mal ein herzliches Seawas :) !

Die Idee mit dem Leben einer Handcremetube find ich auch nicht schlecht. Mal was anderes.

Positiv: Du ziehst deinen Stil klar durch. Die Verkürzungen und Verknappungen sind angenehm rhythmisch.

Negativ: Du nimmst dir am Anfang schon die ganz Power mit den Nebensätzen und vor allem, wie kann Handcreme groß sein ;). Eher die Tube oder?

"Eine Handcreme. Keine besonders große, eine Handcreme eben. In einer schönen Tube, ist wirklich sehr ansehnlich."

Das solltest du irgendwie anders gestalten. Der erste Satz sollte die ganze Geschichte tragen können.

Die Wortwiederholungen hat Tom schon angesprochen.

Ansonsten nicht schlecht für's erste.

bg, LE

p.s.: Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren daß man das Ganze auch politisch lesen kann.

 

Also erstmal, Danke. Danke für meine allererste Kritik/mein erstes Lob hier auf dieser Seite. War wirklich spannend, ich habe mich sehr darauf gefreut.

@tom: ja, ist es. gut beobachtet.

@LE: lesen kann mans wie man will.

Liebe Grüße und so

K. Sturm

 

Hallo Karla S.!

Ja, irgendwie denke ich auch, daß Deine Geschichte wohl mehr politisch zu lesen ist, aber so richtig will sie nicht zünden. Die orange Handcreme (BZÖ), die die grüne Handcreme als Konkurrenz/Gegenspieler sieht.
Mit einer Handcreme schmiert man sich ein - und mit dem Farbwechsel der FPÖ-Regierungsmannschaft von blau auf orange haben sie alle angeschmiert. Und die Inhaltsstoffe, die eh keiner versteht...
Die Kassierin könnte natürlich der Finanzminister sein, der in die eigene Tasche wirtschaftet...
Aber da Du meinst, "lesen kann mans wie man will", weiß ich nicht, ob es was bringt, weiterzusuchen. Wenn ich mit einem Text etwas sagen will, dann ist es mir nicht egal, wie es beim Leser ankommt. Also drängt sich mir die Vermutung auf, daß Du vielleicht doch gar nichts aussagen wolltest, und einfach nur eine nette Geschichte über eine Tube Handcreme schreiben wolltest. :hmm:

Im Fall der nur netten Geschichte über eine Tube Handcreme ist sie natürlich gelungen, im Fall der politischen Geschichte würde ich noch ein wenig Klarheit reinbringen. ;)

Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Karla,

ich finde es auch recht angenehm zu lesen. Hatte mir vor ein paar Jahren beim Einkaufen selbst manchmal vorgestellt, wie die jeweiligen Konkurrenten vor Eifersucht aufkochen, wenn ich ein Produkt aus dem Regal nahm. Die Originalität der Geschichte ist zwar nicht gerade zum Kinnlade-Abfieren, erfrischt mich jedoch.
Achten solltest du allerdings auf die Erzählperspektive. Hier erzählst du aus der Ich-Sicht der Tube, dort heißt es dann wieder "unsere Handcreme". Da solltest du dich für eins entscheiden.

FLoH.

 

Hallo Karla!

Echt witzig deine Idee mit der Handcreme! Mir hat die story auch gut gefallen. Prima :)
Allerdings muss ich FLoH recht geben, die Erzählperspektive sollte einheitlich sein. Ich würde an deiner Stelle beim "ich" bleiben.

Gruß,
Theo

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom