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Eine verbotene Liebe
Ein schrilles Signal ertönte. Die Männer in den glänzenden Rüstungen spannten ihre Muskeln an und marschierten los. Alle waren sie in geordneten Reihen eingeteilt, anders die verschiedenen Gestalten der anderen Seite. Sie rannten wild drauf los. Einige erhoben sich in die Lüfte. Fledermausartige Flügel ragten aus ihren Rücken. Aus den hinteren Rängen der gerüsteten Truppe erhoben sich ebenfalls Gestalten in den Himmel. Vereinzelt schwebten kleine weiße Federn von den Flügeln der Männer zu Boden.
Die Fronten prallten gegeneinander. Die Tiermenschen wirbelten mit krummen Schwertern um sich und metzelten alles nieder, was ihnen im Weg war. Beide Seiten waren gleich stark. Man hörte die Schmerzensschreie der Männer und das animalische Brüllen der Kreaturen.
Mit erschrecken starrten plötzlich alle Männer in den Himmel. Ein schwarzes Etwas schwebte auf das Schlachtfeld zu. Beim näher kommen bemerkten die Männer, das es ein schwarzer Drache war. Auf ihm ritt Arzelus, der Anführer und Herr der Dämonen. Gleichfalls sahen die Dämonen einen hellblau schimmernden Drachen und die Führerin der Engel, Ilyla. Beide Drachen bewegten sich aufeinander zu. Der Kampf am Boden und in der Luft erstarrte. Jeder wollte wissen was jetzt geschah.
Der Abstand wurde immer geringer zwischen den Drachen. Beide Kontrahenten blickten sich in die Augen. Keiner würde das Handtuch werfen. Die Drachen knurrten sich gegenseitig an. Der Anfang wurde vom schwarzen Drachen gemacht. Er schlug seine Zähne in den Hals des blauen. Der Drachen schwankte in der Luft und die Reiterin verlor den Halt. Sofort war Arzelus neben ihr in der Luft. Beide hatten ihre Flügel entfaltet. Blanke Mordlust spiegelte sich in den Augen Arzelus’ wieder. Er griff an. Mit seinem Schwert erzeugte er eine Energiewelle, die auf Ilyla gerichtet war. Sie werte sie mit ihrem Schwert ab und griff ihrerseits an. Zwei Energiewellen prallten aufeinander. Die Druckwelle warf beide Kämpfer um Meter zurück. Verbissen flogen sie immer wieder aufeinander zu.
Der Kampf zog sich in die Länge. Ilyla war erschöpft und sie beschloss die letzte Möglichkeit, die ihr blieb, zu wählen. Eine stumme Warnung schickte sie zu ihren Kriegern. Ihr Drache versuchte Arzelus abzulenken, damit sie Zeit hatte sich zu konzentrieren. Sie sammelte die Energie der hiesigen Welt zu einer Kugel. Arzelus bemerkte ihr Vorhaben, doch konnte er es nicht verhindern. Mit der letzten Kraft schleuderte Ilyla die Kugel in seine Richtung.
Die Welt zerfiel und mit ihr die mächtigsten Wesen, die es je gab.
Doch sollen sie wiedergeboren werden in einer Welt, die weder Engel noch Dämon bevorzugen. In der Menschenwelt.
Jahrtausende waren vergangen und der Kampf war längst eine vergessene Legende. Doch einer erinnerte sich.
„Herr! Wir haben sie gefunden!“ Ein Diener kam aufgeregt ins Zimmer gestürmt. Lorenzes erhob sein Blick von der alten Schriftrolle und blickte den Diener vorwurfsvoll an. „Hat man dir nicht beigebracht anzuklopfen!“ Betreten sah der Diener zu Boden und murmelte eine Entschuldigung. Lorenzes schüttelte genervt den Kopf. „Ihr habt wen gefunden?“ Der Diener blickte auf. „Die Wiedergeburt! Die Wiedergeburt von Ilyla! Ihr hattet die ganze Zeit Recht mein Herr, die Legende stimmt tatsächlich!“ Die Stimme des Dieners überschlug sich vor Aufregung. Lorenzes verzog die Augenbrauen. „Hattest du etwa daran gezweifelt?“ Der Diener schüttelte schnell den Kopf. „Niemals mein Herr.“ Zufrieden wandte Lorenzes sich seiner Schriftrolle zu. Irritiert starrte der Diener Lorenzes an. „Herr? Wollt ihr nicht zu ihr?“ Ohne aufzusehen antwortete Lorenzes. „Nein, das will ich nicht. Wahrscheinlich kann sie sich nicht mal erinnern. Das hat alles noch Zeit. Geh und sag den Männern, dass sie Ilyla weiterhin beobachten sollen!“ Der Diener verbeugte sich und ging aus dem Zimmer.
Lorenzes schaute von seiner Rolle auf.
So, haben sie sich also endlich gefunden. Um deine Erinnerung werde ich mich kümmern, besonders um dein Versprechen, mein Stern.Zufrieden nahm er sich von einer Schüssel mit Obst eine Weintraube und schob sie sich in den Mund.
Ein älterer Herr trat aus seinem Haus raus und blickte den neuen Morgen entgegen. Sein Sohn war schon längst auf den Beinen und hatte sich um die Tiere des Mannes gekümmert. Friedlich grasten die Pferde auf der Wiese, während der Mann an den Zaun trat. Er beobachtete sie lange. Da fiel ihm eine Gestalt am anderen Ende der Wiese auf. Sie stand an der Straße und sah den Pferden beim grasen zu.
Neugierig ging der Mann den Weg zur Straße entlang. Beim näher kommen bemerkte er, das die Gestalt eine junge Frau war. Sie sah leicht mitgenommen aus. Ihre Kleider waren schmutzig und ihre Haare fettig. Armes Ding, dachte der Alte. Ihm fiel ein, dass er wieder ein Zimmer frei hatte, da sein letzter Stahljunge in die Stadt gezogen war. Vielleicht möchte das Mädchen bei ihm arbeiten? Entschlossen ging er auf die Frau zu. „Guten Morgen.“ Erschrocken drehte die Frau sich zu ihm um. „Oh, verzeihen sie, ich wollte sie nicht erschrecken!“, entschuldigte er sich. Verunsichert blickte die Frau ihn an. „Schon gut.“
„Sie kommen nicht aus dieser Gegend, oder?“ Die Frau war misstrauisch. „Nein, ich stamme aus einen kleinen Dorf im Süden.“ Der Mann blickte zu den Pferden rüber. „Gefallen Ihnen die Tiere?“ Deutlich spürte er das Misstrauen der Frau. „Ja, aber was wollen sie von mir?“ Er lächelte sie an. „Ich wollte sie nur fragen, ob sie Lust haben, sich um die Tiere zu kümmern! Mein Sohn hilft mir auch schon, aber er alleine kann sich nicht um alle Tiere kümmern.“ Das Misstrauen wich Unglauben. „Wie kommen sie dazu eine fremde Frau einen Job anzubieten? Ich meine, es ist sehr nett von ihnen, aber sie kennen mich doch gar nicht. Woher wollen sie wissen, dass sie mir vertrauen können?“ Ein intelligentes Mädchen.
„Stimmt. Sie haben Recht. Aber ich habe eine gute Menschenkenntnis und weiß eigentlich schon vorher, mit was für einen Menschen ich es zu tun habe. Sie scheinen mit eine nette Frau zu sein, intelligent, hilfsbereit und auch ein wenig abenteuerlustig. Liege ich da so falsch?“ Jetzt lächelte die Frau. „Wenn ich mir erlauben darf, sind sie ein merkwürdiger Mensch, so leicht jemanden zu vertrauen, aber wenn man mir schon einen Job anbietet, sollte ich nicht nein sagen!“ Zufrieden lächelte der Mann. „Na das ist doch ein Wort. Übrigens heiße ich John Smith! Die meisten Leute in der Gegend nennen mich aber nur Onkel John. So können sie mich auch nennen, wenn sie wollen.“ Wieder lächelte die Frau. „Ich heiße Namy McKenzy.“ Onkel John ging zurück zum Haus und Namy folgte ihm.
Beide betraten den Stall. Dort entdeckte Namy einen sonnengebräunten jungen Mann. Er war gerade dabei Pferdemist auf eine Schubkarre zu laden. „Guten Morgen, Jack.“ Der Mann blickte auf. „Morgen, Vater.“ Da bemerkte er Namy. „Wer ist das?“ „Das ist Namy. Sie wird dir ein bisschen zur Hand gehen. Ich hoffe, dass stört dich nicht.“ Jack stürzte sich gelassen auf die Heugabel und musterte Namy. Sie wurde leicht rot und blickte verlegen zu Boden. „Wirklich ein ungünstiger Zeitpunkt mich einer Dame vorzustellen.“ Er grinste breit, wischte seine Hand an seinen Hemd ab und streckte sie Namy entgegen. Sie ergriff sie zögernd. Jacks lockige Haare klebten an seinem schweißnassen Gesicht. Ebenso lag das Hemd wie eine zweite Haut an seinem Körper. Die nackten Arme glänzten, wenn die Sonne durch die Fenster drauf schien. Namy wurde ganz warm und wieder blickte sie zu Boden. Jacks Vater unterbrach das Schweigen. „Möchtest du jetzt dein Zimmer sehen. Es ist nur ein kleines Zimmer, aber ich hoffe doch, dass es reichen wird.“ Damit ging er aus dem Stall und aufs Haus zu. Namy folgte ihm zügig, blickte aber noch mal zurück in den Stall. Onkel John führte Namy durchs ganze Haus in den ersten Stock. Am Ende eines Flures befand sich die Zimmertür. Neugierig betrat Namy ihr Zimmer. Es war wirklich nicht sehr groß, aber gut eingerichtet. Links von der Tür standen ein Holzbett und ein Kleiderschrank. Auf der rechten Seite befanden sich ein Tisch und ein Fernseher mit Receiver. Wenn man durch eine weitere Tür ging, kam man in ein kleines Bad mit einer Dusche.
Neugierig sah sich Namy alles an. Durch das Fenster an der Stirnseite konnte sie direkt auf die Felder sehen.
„Du kannst dich erst mal einrichten und wenn du Lust hast, kannst du Jack fragen, ob er dir den Hof zeigt. Ich bin aber sicher, dass er das gerne machen wird. Wir sehen uns leider erst zum Abendbrot wieder. Ich muss noch in die Stadt Besorgungen machen.“ Onkel John ging aus dem Zimmer und überließ Namy ihren Gedanken.
Nachdem Namy sich alles angesehen hatte, ging sie zurück zum Stall. Jack war mit den Mistschaufeln schon fertig. Jetzt striegelte er gerade ein Pferd. „Hallo!“ Jack blickte zu ihr auf. „Hi, und gefällt dir dein Zimmer?“ Namy ging näher heran. „Ja, es ist sehr gemütlich.“ Jack ließ nur ein Hmm hören und striegelte weiter das Pferd. Namy sah sich ein wenig um. Ihr war die Situation unangenehm. „Sag mal, was muss ich den so machen?“ Jack blickte weiterhin nur zum Pferd. „Was glaubst du, macht man auf einen Reiterhof? Du wirst natürlich Pferde pflegen. Sie striegeln, satteln und ihre Ställe ausmisten. Wenn du länger bleibst, kannst du auch Reitschüler ausbilden, vorausgesetzt du kannst reiten!“ Namy schwieg. Vorhin war er netter gewesen, dachte sie. Jack wechselte die Bürste und rieb in kreisenden Bewegungen über den Pferderücken. Interessiert sah Namy zu. Sie nahm ihren Mut zusammen und fragte ihn, warum er das machte. Kurz schielte Jack zu Namy. „Damit der Staub aus dem Fell gebürstet wird. Willst auch mal?“ Freudig bejahte Namy. „So, die Bürste nimmst du in die Hand, du musst sie durch die Schlaufe stecken. Ja, gut so. Und jetzt reiben. Du kannst ruhig mehr aufdrücken, das tut dem Pferd nicht weh.“ Jack erklärte Namy, wann man welche Bürste nehmen musste, wozu der Schaber verwendet wurde und wie man die Hufen der Pferde sauber machte. Er sagte ihr auch, dass das Gerücht, wenn man hinter einen Pferd steht, es einen treten würde, nicht stimmt. Nur wenn man sich von hinten an das Pferd anschleicht, tritt es zu, sonst nicht.
Namy machte die Arbeit Spaß. Selbst das Ausmisten war nicht schlimm. Zusammen mit Jack fütterte sie abends die Pferde. Bei einem blieb Jack vor der Box stehen und meinte, dass dies ein wildes Pferd war. Namy schaute durch die Gitterstäbe und sah einen schwarzen Hengst. Er sah zu den beiden und schnaubte laut. „Du solltest niemals in seine Box gehen, wenn niemand, der aufpassen kann, da ist. Ich trau ihm zu, jeden zu Tode zu trampeln!“ Während Jack den Tieren noch Wasser gab, ging Namy schon ins Haus. Drinnen inspizierte sie die Küche und machte sich daran das Abendbrot vorzubereiten.
Nachdem Onkel John wieder im Haus war, wurde gegessen. Namy erzählte von den Dingen, die sie heute gelernt hatte und Onkel John lächelte zufrieden.
Am Abend dachte sich Namy, dass sie großes Glück gehabt hat, hier gelandet zu sein.
Zwei Wochen sind vergangen, als Namy auf den Pfahl vom Zaun saß und einige Pferde mit einem Bleistift zeichnete. Onkel John kam zu ihr. „Na, Namy wie gefällt es dir hier?“ Namy hob ihren Kopf von der Zeichnung. „Onkel John! Du hast mich erschreckt.“ Er lächelte entschuldigend. „Was soll ich sagen? Ich fühl mich pudelwohl.“ Onkel John lächelte und blickte zu den Pferden. Namy wandte sich ihrer Zeichnung zu.
„Du kannst gut zeichnen. Das Bild sieht wirklich sehr gut aus“, bemerkte er nach einer Weile. „Danke. Zeichnen ist ein Hobby von mir.“ Onkel John betrachtete die Zeichnung und meinte nebenbei: „Die Tiere scheinen dich auch zu mögen. Was hältst du davon die Pflege allein für ein Pferd zu übernehmen?“ Namy blickte auf. „Ich soll mich alleine um ein Pferd kümmern?“, fragte sie ungläubig. „Natürlich die Tiere haben dich so schnell ins Herz geschlossen, dass ist schon erstaunlich. Außerdem haben wir gerade ein Pferd, das gut zu dir passen wird. Es heißt `Wild Beauty`.“ „Aber Jack hat erzählt, dass das Pferd gefährlich sein soll.“ „Jack hat nur teilweise Recht. Das Pferd wurde von seinen vorherigen Besitzer schlecht behandelt, daher mag er keine Männer, doch Frauen dürften keine Probleme haben und wenn du nicht zurechtkommst, kannst du immer noch ein anderes Pferd bekommen. Versuchst du es?“ „Ok, ich werde es versuchen!“, beschloss Namy. „Na das ist doch ein Wort! Du kannst gleich mit ihm Bekanntschaft machen. Mal sehen wie er reagiert.“ Mit einem mulmigen Gefühl ging Namy zum Stahl und suchte die Box von Wild Beauty.
Ein desinteressiertes Schnauben kam Namy entgegen. Sie ging dichter an die Box ran. Wild Beauty sah sie kurz an und senkte seinen Kopf um ein paar Strohhalme zu knappern. „Hey, du kennst mich sicher schon. Ich bin Namy und ich soll mich um dich kümmern. Du magst mich wohl nicht, oder? Hhmm. . . .Ah! Ich habe noch was für dich.“ Namy holte eine Karotte aus ihrer Tasche und hielt sie den Hengst hin. Er schnupperte an ihr und biss ein Stück ab. Mit der anderen Hand streichelte Namy Wild Beauty über die Stirn. Er nahm das letzte Stück Karotte noch und verschwand wieder im hinteren Teil der Box.
Am Abend fütterte Namy und Jack die Pferde und gingen selbst essen. Namy beschloss noch vor dem Schlafengehen morgen reiten zu lernen.
Am nächsten Morgen tat sie das auch. Unter Jacks Anweisungen lernte sie schnell und zum Mittag ritt sie schon ganz gut. Als sie die Ställe ausmistete, kam ihr der Gedanke Wild Beauty das erste Mal zu striegeln, wenn sie fertig ist. Als es dann soweit war, stand sie unsicher vor der Box. Beauty sah sie erwartend an und schnaubte laut. Namy nahm ihren Mut zusammen und öffnete die Tür von der Box. Sie ging rein und sprach beruhigen auf das Pferd ein. Sie konnte den Halfter mühelos um Beautys Kopf legen. Namy führte das Pferd aus der Box und band es fest. Namy fing damit an den Schweif zu flechten und anschließend die Hufe sauber machte. Während sie das tat, sprach sie mit dem Pferd. Beauty war die Zeit über sehr ruhig und ließ alles mit sich machen. Als Namy fertig war, sattelte sie ihn und führte Beauty zu der Koppel. Dort stieg sie auf und ritt eine Runde im Trapp. Er machte alles was Namy von ihm wollte und sie rede ruhig mit ihm und lobte ihn für alles.
Onkel John und Jack kamen gerade aus dem Stall, als sie sahen, dass Namy mit Wild Beauty auf der Koppel ritt. „Ist das Mädchen verrückt?“, fragte Jack erschrocken. „Nein, ich glaube sie hat nur mit Beauty Freundschaft geschlossen. Ich habe gewusst, dass er sie leiden kann. Jetzt brauchen wir uns keine Sorgen mehr machen. Beauty ist in guten Händen“, meint Onkel John. „Wie du meinst. Sieh mal, ein neuer Gast. Hat einer bestellt?“, wundert sich Jack. „Oh ja das muss Mr. Brown sein!“
Der Mann winkte Onkel John und Jack zu und sah dann zu Namy. Er ging auf den Zaun der Koppel zu und schaute ihr zu. Jack und sein Vater kamen auch zum Zaun.
„Das Mädchen kann gut reiten!“, bemerkt der Mann. „Das Mädchen heißt Namy. Sie ist hier angestellt“, erklärte Onkel John. „Sie ist süß!“, murmelte Mr. Brown und schielte zu Namy rüber.
Namy bemerkte den Gast erst später, stieg ab und kam zu den anderen. „Namy darf ich dir Mr. Brown vorstellen“; sagte Onkel John. „Du kannst mich auch Alex nennen“, bot der Gast an. „Ich bin Namy“, sagte sie und reichte ihre Hand. „Das weiß ich schon“, erwiderte er und lächelt. Alex nahm Namys Hand und gab ihr einen sanften Handkuss. Namy wurde rot und lächelte verlegen. Jack beobachtete den Mann misstrauisch. „Nun wo wir uns jetzt kennen, kann Jack ihnen ihr Zimmer zeigen. Der Unterricht beginnt erst morgen, wenn’s recht ist“, meinte Onkel John. „Tschüss, Namy, ich hoffe wir sehen uns noch!“ sagte Alex. Jack führte den Gast zu seinem Zimmer.
Wie jeden Abend seit Namys Ankunft machte sie das Abendbrot. Da es zum Mittag nur eine Kleinigkeit gegeben hatte, hat sie beschlossen das Mittagessen auf den Abend zu verlegen. Sie war gerade dabei die Kartoffeln zu schälen, als die Männer hereinkamen. Onkel John war in ein Gespräch mit Alex verwickelt. Jack zeigte wenig Beteiligung. Ohne sich die schmutzigen Schuhe abzutreten, wollten die Männer durch die Küche spazieren. Rasch war Namy bei ihnen. „So nicht meine Herren, Schuhe ausziehen, aber dalli, sonst wischt ihr mal!“ Verdutzt blicken sie auf ihre Schuhe. „Oh entschuldige Namy. Wo war ich mit meinen Gedanken?“ Onkel John war der erste, der sich die Stiefel auszog. Jack und Alex taten es Onkel John gleich. „Und jetzt könnt ihr die Schuh gleich sauber machen. Dort ist die Waschküche!“ Alex blickte sie mit liebevoll an. „Du scheinst hier wohl die Herrin im Haus zu sein. Kann ich dir vielleicht in irgendeiner Weise helfen?“ Namy ignorierte seine Anmache und deutete noch mal die Richtung zur Waschküche an. Nachdem die Männer ihre Schuhe gesäubert hatten, begaben sie sich in die Wohnstube. Namy widmete sich ihren Kartoffeln.
Eine Stunde später stand das Abendbrot auf den Tisch. Von Namys Kochkünsten beeindruckt setzte Alex sich sogleich neben sie. Jack tolerierte es nur widerwillig, denn normalerweise war das sein Platz. „Nun, Mr. Brown, wie gefällt ihnen ihr Zimmer? Ich hoffe, es ist groß genug.“ „Ja, es ist sehr gemütlich und die Aussicht es herrlich.“ Onkel John lächelte zufrieden. „Und Jack, mit welchen Pferd werde ich morgen reiten?“ Der stichelnde Unterton war nicht zu überhören. Jack sah finster drein, antwortete aber gefühllos: „Ich schätzte mal, dass Snow in diesen Fall richtig wäre.“ Namy sah überrascht von ihren Teller auf. „Snow? Auf ihr reiten doch nur Kleinkinder!“ Alex grinste breit. „Kannst mal sehen, wie jung ich noch aussehe, dass man mich für ein Kind hält!“ Der Seitenblick zu Jack war viel sagend. Onkel John blickte von einen zum anderen. „Jungs ihr seid doch erwachsen. Benehmt euch doch mal entsprechend.“ Namy verstand es auch nicht. Warum benahmen die beiden sich wie kleine Schuljungen?
Jack nahm noch einen Nachschlag. „Du kannst sehr gut kochen, Namy.“ Irritiert blickte Namy ihn an. „Äh, danke.“ Was soll das? Seit wann macht er mir Komplimente über mein Essen? Alex verkrampfte sich. Stur sah er auf seinen Teller. „Nun, wenn ihr fertig seid, können wir wieder zurück ins Wohnzimmer. Namy wärst du so freundlich und räumst die Küche auf?“ Sie nickte.
Namys Lieblingslied spielte gerade im Radio. Sie summte mit und spülte das Geschirr. „Kann ich helfen?“ Erschrocken fiel ein Teller ins Abwaschwasser, das spritzte in allen Richtungen. Namy drehte sich um. „Ach du. Musst du mich so erschrecken?“ Alex blickte sie flehend an. Sie schüttelte den Kopf. „Hier. Du kannst das Geschirr abtrocknen.“ Zusammen räumten sie die Küche auf. „Sag mal, wie lange bist du schon hier?“
„Paar Wochen.“ „Und gefällst dir hier?“
Namy sah ihn misstrauisch an. „Was soll die Fragerei?“ Alex blickte unschuldig drein. „Ich wollte nur ein Gespräch mit dir anfangen.“ Namy nahm einen weiteren Stapel schmutziges Geschirr vom Tisch und legte ihn ins Wasser. „Dann frag mich, was du wirklich fragen willst!“ Erstaunt hielt Alex inne. „Du weißt, was ich wissen will, oder?“ Namy sah ihn vorwurfvoll an. „Das merkt doch ein Blinder mit `nen Krückstock. Du und Jack benehmt euch wie zwei Hähne im Hahnenstall. Dass Jack mich gern hat, war mir schon lange klar, bloß ist er nicht mein Typ. Das war es doch, oder?“ Alex musterte sie anerkennend. „Und bin ich dein Typ?“ Namy sah genervt aus. „Sowas fragt man ein Mädchen nicht direkt.“ Sie hielt inne und blickte gespielt desinteressiert in den Raum. „Vielleicht ja.“ Alex grinste zufrieden.
Der nächste Morgen verlief anfangs wie immer, doch dann begann der Unterricht. Namy musste ein Pferd sattelt und auf die Koppel führen. Alex hörte sich von John Tipps zum Reiten an, dann sah er Namy und lächelte ihr zu. Sie lächelte zurück. „Guten Morgen! Hast du gut geschlafen?“
„Vielleicht.“
„Reitest du mit?“
„Erst sehen ich mir an, wie du dich machst!“ Namy lächelte schadenfroh. „Dann werde ich mich mal anstrengen um eine gute Figur zu machen!“, witzelte er.
„Du musst dich immer anstrengen, auch wenn Namy nicht zusieht!“, meldete sich Jack zu Wort. „Aber wenn du dabei bist, streng ich mich besonders an!“, flüsterte er Namy zu. Sie stieß ihren Ellenbogen in seiner Seite und grinste.
Am Anfang der Reitstunde war Alex noch unsicher. Namy lächelte ihn mehrmals aufmunternd zu. Zur Mittagszeit ging Namy ins Haus und kochte. Die Männer kamen schweigend zu Tisch, als Namy sie rein rief. Jack aß missmutig seine Kartoffeln. Namy bemerkte es. „Schmeckt dir das Essen nicht?“ Jack blickte überrascht auf. „Doch, doch. Ich habe nur kein großen Appetit.“ „Dafür habe ich einen riesigen Heißhunger“, meinte Alex und nahm demonstrativ noch mehr Kartoffeln auf seinen Teller. Namy schüttelte vorwurfvoll den Kopf. „Musst du immer stänkern?“ Alex grinste.
Den Abwasch erledigte Namy alleine, während die Männer zurück auf die Koppel gingen und den Unterricht fortsetzten.
Namy kam gerade zur Tür heraus, als ein Vogel an Alex’ Pferd vorbei flog. Das Pferd erschrak und stieg auf die Hinterläufe. Alex rutschte vom Sattel. Namy kam angerannt und sah, wie Alex langsam aufstand und sich die schmerzenden Stellen rieb. Der Anblick brachte sie zum Lachen. Erst war Alex sauer und wollte etwas Giftiges sagen, dann musste er auch lachen. Jack freute sich auch schadenfroh, während Onkel John versuchte das Pferd zu beruhigen. Damit war der Unterricht beendet. Namy nahm John das Pferd ab und führt es in den Stall. Sie rieb das Fell mit Stroh trocken und stellte einen Eimer Wasser hin. „Kann ich helfen?“ Alex hatte sich von seinen Sturz erholt. „Du scheinst ja sehr hilfsbereit zu sein. Aber wenn du willst, kannst mit mir die Pferde füttern.“
Beide streuten Hafer in die Futtertröge der Pferde. Namy zeigte Alex, wie man ein Pferd striegelte. Er war allerdings nicht auf das Striegel konzentriert. Sanft strich er eine Locke von Namys Schulter. Ihre Bewegung und Rede stockte. „Was soll das?“ Leise hatte sie die Frage gestellt. Alex legte seinen Arm um ihre Taille und küsste ihre Schulter. Jetzt wurde es Namy zu viel. Sie stieß ihn unsanft von sich. „Hör mal, du bist hier Gast und ich arbeite hier. Du magst ja ganz niedlich sein, aber jetzt gehst du zu weit. Es ist besser, wenn du rein gehst und ich das alleine mache.“ Namy wandte sich ab und sammelte die Pflegeutensilien auf. Alex ließ aber nicht locker. „Darf ich dich zum Abendessen einladen? Wir könnten in ein kleines Restaurant gehen. Bitte!“
„Na gut, aber du benimmst dich, verstanden!“
Alex lächelte. „Versprochen, ich werde ganz brav sein. Dann bis heut Abend.“ Alex ging aus dem Stall.
Bis zum Abend waren es noch einige Stunden. Alex versuchte seine Vorfreude zu ignorieren. Noch nie hat ein Mädchen solche Gefühle in ihm geweckt. Er beschloss ihr ein Geschenk zu machen. Deshalb fuhr er gleich in die Stadt.
Namy war wegen den Abend besorgt. Sie hatte schon oft von Mädchen gehört, denen schlimmes passiert ist. Ob Alex sich wirklich benehmen wird? Zu dem stellte sie sich die Frage, was sollte sie anziehen. Zwar hatte sie sich schon einige Sachen kaufen können, doch waren die alle unpassend für solch einen Anlass. Sie hatte noch nie viel für Kleider übrig, doch jetzt wünschte sie sich eines zu haben.
Es klopfte an der Tür. Alex trat freudestrahlend ein. In seiner Hand eine große Tüte. Namy hob verwundert eine Augenbraue. „Was wird das?“ Alex grinste breit. „Eine Überraschung. Hier ich hoffe es gefällt dir.“ Damit verschwand er aus ihrem Zimmer. Neugierig blickte Namy in die Tüte. Eine große Pappschachtel verbarg das Geschenk. Namy war unsicher, ob sie es wirklich sehen wollte. Nach kurzen Bedenken öffnete sie die Schachtel. Ein Kleid schimmerte ihr entgegen. Es war schwarz mit Strasssteinchen. Schnell zog sie es über. Es passte. Im Spiegel betrachtete sie sich eingehend. Der V-Ausschnitt ließ tief blicken, wenn sie sich bückte. Zu bedenken gaben ihr die hauchdünnen Spagettiträger. Die reißen doch sicherlich. Am Rücken war es leicht kühl. Dort hatte das Kleid einen großen Ausschnitt. Das heißt der BH fällt flach. Jetzt bekam sie Beklemmungen. Was ist, wenn er wirklich mehr will?
Da fiel ihr Blick wieder auf die Tüte. Da war noch etwas drin, ein kleinerer Karton. Passende Schuhe beherbergte er. Mit diesen Sachen sah Namy wie eine vornehme Dame aus. Wo will der mit mir hin? Tatsache ist das ich ihn erst einen Tag kenne. Besorgt besah sie sich im Spiegel. Es stand ihr so gut. Er hat wirklich Geschmack.
Eine halbe Stunde später klopfte es erneut an der Tür. Alex trat ein und starrte auf eine elegante Dame. Unbewusst klappte ihn der Unterkiefer runter. Namy lächelte verlegen. „Und wie findest?“ Alex schluckte. „Du siehst wunderschön aus.“ Namys Lächeln wurde noch breiter. Sie dreht sich einmal im Kreis und das Kleid wehte leicht nach oben. Alex hielt ihr den Arm hin. „Und können wir?“ „Klar!“
Sie fuhren mit Alex’ Auto in die Stadt. Alex hatte schon Plätze in einen Restaurant für Namy und sich reservieren lassen. Ausgelassen erzählten beide. Namy kam wieder auf Alex Sturz zu sprechen. Tränen stiegen ihr in die Augen, weil sie sich sehr amüsierte. Alex fand es wenig lustig.
Nach dem Essen führte Alex Namy auf die Tanzfläche. Ein Pianist spielt in einer Ecke des Restaurants. Gemeinsam wiegten sie sich im Takt der Musik. Namy lachte den Abend lang.
Obwohl sie schon müde war, ließ sie sich noch von Alex überreden ins Kino zu gehen. Dort schlief sie schon am Anfang des Filmes ein. Ihr Kopf ruht auf seiner Schulter. Zum Ende des Filmes weckte er sie sanft.
Namy war sehr erleichtert wieder im Auto zu sitzen und nach Hause zu fahren. Dort angekommen klammerte sie sich an Alex’ Arm um nicht umzukippen.
„Du scheinst müde zu sein!“, neckte Alex Namy. „Nein das sieht nur so aus!“, gab sich zurück gefolgt von einem langen Gähnen. „Ich bring dich noch zu dein Zimmer, damit ich sicher sein kann, dass du auch noch ins Bett kommst!“, scherzte Alex. „Das brauchst du nicht. Das schaffe ich schon!“, meinte sie und stolperte über eine Stufe. „Ich glaube, ich bring dich lieber doch noch hin!“, erwiderte Alex. Namy lächelte müde. Vor ihrer Zimmertür angekommen wünschte Alex Namy eine gute Nacht und küsste sie auf den Mund. Namy wurde rot, wünschte das gleiche und verschwand im Zimmer. Alex lächelte und ging in sein Zimmer.
Jack blickt aus einem kleinen Spalt aus seinem Zimmer. Leise schloss er die Tür.
Es klopfte an einer Tür. Lorenzes blickte zur Tür zurück. „Herein!“ Der Diener kam langsam ins Zimmer. „Scheint ja, dass du etwas gelernt hast!“ Der Diener neigte seinen Kopf. „Nun was möchtest du mir sagen?“ Der Diener blickte ängstlich auf. „Herr, die Männer, die Ilyla beobachten sollten, sagen, sie hätte sich in Arzelus verliebt!“ Lorenzes Gesicht verzerrte sich vor Wut. Der Diener spürte es, denn sehen konnte er es nicht. Lorenzes stand mit den Rücken zu ihm. Vorsichtig ging er einen Stritt zurück. Ruhig und gefühllos hörte er wieder Lorenzes Stimme. „Sind sie sich sicher?“ Der Diener schluckte und murmelte leise: „Ja, Herr!“ Lorenzes dreht sich langsam um. „Sag Raphael, dass ich mich mit ihm Treffen möchte, in der Menschenwelt! Beeil dich!“ Der Diener zuckte kurz zusammen und eilte zur Tür raus.
Auf den Friedhof kriecht eine weise Nebeldecke über den Boden. Ein Käuzen ruft in der Ferne, als plötzlich ein Leuchten kurz übern Boden auftaucht. Im nächsten Augenblick steht dort Lorenzes in einem hellblauen Gewand. Aus einer dunklen Ecke kommt eine düstere Gestalt. „Ich dachte, schon du erscheinst nicht zu deinen Treffen!“, sagte sie zu Lorenzes. „Ich hatte noch was zu tun. Also können wir jetzt zu den wichtigen Themen kommen.“ antwortete Lorenzes ungehalten. „Was wolltest du denn so wichtiges von mir, dass du dich traust, dich alleine mit mir zu treffen“, spottete die Gestalt. „Erst mal ich bin nie alleine. Meine Helfer sind immer bei mir und außerdem bin ich nicht hier um mit dir zu streiten, sondern um von Arzelus und Ilyla zu reden.“ sagte Lorenzens in einen kühlen Ton. „Was gibt es da zu reden? Ihr habt eure gefunden und wir unsern. Wo ist da das Problem?“ fragte die Gestalt desinteressiert. „Das Problem ist, dass sie sich ineinander verliebt haben!“ erklärte Lorenzes. „Das ist nicht gut. Was schlägst du vor?“ fragte Raphael mit einen leicht höhnischen Ton. „Vielleicht ist es das beste, wenn jeder für sich versucht die beiden zu trennen, aber keiner darf den anderen töten!“ mahnte Lorenzes. „Einverstanden, erst mal Waffenstillstand.“ Die Gestalt verschwand und Lorenzes verschwand auch.
Eine Woche ist schon vergangen, als Alex angekommen ist. Diese verbrachte er hauptsächlich mit Reiten und mit Namy. Beide sind sich sehr nah gekommen.
„Namy was hältst du von einem Ausritt in den Wald dort drüben?“ flüsterte Alex Namy ins Ohr. „Nur wir zwei?“ fragte sie leise und strich ihm eine Strähne aus dem Gesicht. „Natürlich, nur du und ich!“, erwiderte er. Beide lagen gemütlich auf der Wiese, wo die Pferde grasten. „Na gut dann lass uns alles vorbereiten, Ok.“ Alex küsste sie kurz und stand dann auf. Namy folgte ihm zum Stahl. Dort sattelten sie zwei Pferde. Namy nahm Wild Beauty. Dann ging es los. Gemütlich ritten beide nebeneinander her. „Sieh mal, Alex, dort ist ein See! Lass uns dorthin reiten!“ „Wenn du willst, Schatz“, lächelte Alex ihr zu. Beide ritten auf den See zu und stiegen ab. „Lass uns ein bisschen entspannen!“, schlug Namy vor. „Wenn du willst?“, flüsterte Alex Namy ins Ohr. „Du Casanova!“, gab Namy zurück und legte sich ins Gras. „Ich liebe dich!“, sagte er nur und setzte sich neben Namy. Er beugte sich über sie und streichelte ihr übers Gesicht. Sie erwiderte die Geste damit, dass sie ihre Hand um seinen Hals legte und seinen Kopf zu sich runter zog um ihn einen leidenschaftlichen Kuss zu geben. „Du bist eine kleine Wilde!“, sagte Alex atemlos. „Mir war mal so, weist du?“, meinte Namy nur und lächelte. Alex legte sich neben Namy ins Gras. Eine Weile schwiegen beide.
„Hast du auch manchmal das Gefühl nicht von dieser Welt zu sein?“ Alex drehte sich zu Namy um und blickte sie erstaunt an. „Hm..., manchmal schon, meistens nach einen Alptraum!“, antwortete Alex. „Alpträume?! Was für Träume?“ Namy setzte sich interessiert auf. „Na ja, Träume von Engel, die sich bekriegen. In den Träumen bin ich einer der Engel, aber der hat schwarze Flügel“, antwortete Alex in Gedanken.
„Merkwürdig! Ich glaube, ich habe dieselben Träume nur mit dem Unterschied, dass ich der Engel mit dem weißen Flügel bin!“, wunderte sich Namy, „glaubst du an Wiedergeburten?“
„Um ehrlich zu sein, nein!“, antwortete Alex. Namy schwieg.
„Warum bist du von zu Hause abgehauen?“, fragte Alex. „Ich habe es nicht mehr aus gehalten. Meine Eltern behandelten mich wie ein rohes Ei. Das nervt ziemlich!“, antwortete Namy. „Komisch bei mir war es genau anders. Meine Eltern hatten Angst vor mir. Ich musste mich ständig prügeln und war oft genervt!“, meinte Alex.
„Muss ich Angst haben?“, neckte Namy ihn.
„Nein, dazu habe ich dich viel zu lieb!“, sagte Alex und drückte Namy einen Kuss auf die Lippen.
Beide verbrachten den Nachmittag am See. Als es zu Abendessen Zeit wurde, bestiegen sie ihre Pferde und ritten zurück zum Anwesen. Den nächsten Tag musste Alex in die nächste Stadt etwas besorgen. Namy blieb auf den Hof und versorgte die Pferde. Onkel John hatte ihr schon beim Frühstück erzählt, dass ein neuer Gast kommt wird, deswegen musste sie alles vorbereiten. Als sie im Stahl fertig war, bemerkte sie eine Gestalt vor der Tür. Sie ging nachsehen. „Hallo! Ich bin hier angemeldet! White mein Name!“, sagte er. „Oh! Sie sind der Gast. Herzlich Willkommen! Ich bin Namy!“, erwiderte sie und streckte ihre Hand den Mann entgegen. Er tat so, als sehe er es nicht und schaute sich um. „Soll ich sie zu Onkel John bringen? Er ist im Haus.“, fragte Namy. Der Mann zog eine Augenbraue hoch.
„Ja“, antwortete er knapp. Namy brachte ihn zum Haus. Was für ein arroganter Pinkel!
Onkel John bedankte sich bei Namy dafür, dass sie den Mann zu ihm begleitet hat. Namy ging zurück zu den Pferden. „Was für ein Arschloch das ist, ist einfach nicht zu glauben. Solche penetrante Selbstsicherheit ist selten!“, murmelte Namy vor sich hin. „Wer ist ein Arschloch?“, fragte Alex, der gerade zurückgekommen ist. „Alex!!!“, rief Namy erfreut und lief auf Alex zu. Bei ihm sprang sie hoch und schlag ihren Beine um ihn. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn stürmisch. „Nicht so stürmisch!“, rief Alex, „wer ist nun ein Arschloch?“ „Der neue Gast, der eben angekommen ist!“, erklärte Namy. „Ach so! Und ich dachte schon, du meinst mich!“, witzelte Alex. „Das hast du garantiert nicht gedacht, aber ich sag es noch mal, damit zu Frieden bist. Ich liebe dich viel zu sehr um dich zu beschimpfen“, flüsterte Namy Alex ins Ohr. Alex umarmte Namy und küsste sie lange und leidenschaftlich.
„Und so was in der Öffentlichkeit!“, hörten die beiden hinter sich. Es war der Gast. „Ist der das Arschloch?“, fragte Alex leise Namy. „Ja das ist der!“, antwortete sie leise. „Du hast Recht! Das ist ein Arschloch!“, meinte Alex und warf den Mann einen finsteren Blick zu. Der Mann musterte Alex, warf ihm einen verachtenden Blick zu und folgte Onkel John zum Stahl. „Was soll das den, bitte?“, fragte sich Alex. „Der Typ scheint dich noch weniger zu mögen als sonst jemanden!“, vermutete Namy. „Ob der überhaupt jemanden leiden kann?“, fragte Alex Namy. „Wohl nicht sonst würde er nicht so eine Fresse ziehen!“, scherzte Namy. Alex musste lachen.
„Komm lass uns ein bisschen ausreiten!“, schlug er von. Namy stimmte zu. Sie ritten wieder zum See. Dort verbrachten sie den Nachmittag. Als die beiden wieder zurück mussten, fing es an zu regnen. Patschnass kamen sie an, versorgten die Pferde und gingen rein. „Ihr beide seht ja aus!“, neckte sie Onkel John, „ihr solltet erst mal heiß duschen, sonst erkältet ihr euch!“ „Das machen wir Onkelchen!“, antwortete Alex grinsend.
„Na dann, wir sehen uns zum Abendessen!“, sagte Namy zu Alex und ging auf ihr Zimmer. Dort zog sie sich aus und ging unter die Dusche. Namy wickelte gerade ihr Badetuch um ihren Körper, als sie Schritte in ihrem Zimmer hörte. Sie dachte, es wäre Alex und ging ins Zimmer. Sie erstarrte. Der neue Gast stand mitten im Zimmer und musterte sie ausgiebig. Namy schrie laut auf und verfluchte ihn.
Im nächsten Augenblick kam Alex hereingestürmt, gefolgt von Onkel John. Namy riss die Decke vom Bett und legte sie um sich. „Was ist los, Namy?“, fragte Alex erschrocken. “Der war einfach in meinen Zimmer!“, schrie Namy aufgeregt und zeigte auf Mr. White. „Du!!“, brüllte Alex den Typ und packte ihn an der Kleidung. „Mäßige dich Alex!“, mahnte Onkel John. Alex ließ widerwillig die Kleider los, sah aber den Typen immer noch finster an.
„Was wollten sie hier?“, wandte sich Onkel John an Mr. White. „Ich wollte mich nur für mein Verhalten entschuldigen, dass ihr entgegenbrachte. Leider war ich nicht ganz bei mir und vergaß anzuklopfen. Ich wollte wirklich nicht so reinplatzen. Bitte entschuldigen sie vielmals!“, erklärte Mr. White und sah Namy mit einen seltsamen Blick an.
„Also ist alles nur ein Missverständnis“, schloss Onkel John daraus. „Nun ist ja alles wieder in Ordnung. Sie sollten aber doch jetzt gehen. Namy will sich sicher noch was anziehen“
Der Gast und Onkel John verließen das Zimmer. Alex blickte besorgt zu Namy. „Ist wirklich alles in Ordnung?“
„Ja es geht schon. Aber der ist nicht reingeplatzt! Der war schon hier drin, bevor ich aus der Dusche kam! Ich mag den jetzt noch weniger als vorher!“, meckerte Namy. Alex nahm sie in den Arm und streichelte ihr über den Rücken.
„Ich werde den Typ im Auge behalten, wenn der noch einmal es wagen sollte in deine Nähe zu kommen, kann er sich auf was gefasst machen!“, schwor Alex. Er hob Namys Kopf sachte hoch und küsste sie. „Jetzt zieh dir lieber was an, sonst erkältest du dich wirklich noch!“, bemerkte Alex, „wir sehen uns beim Abendbrot!“
„Alex? Ich will nicht mit den Typ an einen Tisch sitzen!“
„Soll ich dir was bringen?“, fragte Alex. „Das wäre nett von dir!“, bedankte sich Namy. Alex ging und Namy zog sich ihren Pyjama an. Nach zehn Minuten klopfte es an der Tür und zu hören war: „Namy? Ich bin’s Alex!“ „Kannst reinkommen!“, antwortete sie. Alex kam voll gepackt mit Essen rein und stellt es auf einen kleinen Tisch neben dem Bett. „So viel! Willst du mich mästen?“, fragte Namy überrascht.
„Na ja, alles was du nicht isst, esse ich. Zu zweit ist es doch auch viel gemütlicher!“, erwiderte Alex. Beide verbrachten den Abend gemütlich zusammen, bis Namy in den Armen von Alex einschlief. Alex deckt Namy zu und ging in seinen Zimmer.
Nächsten Morgen war Alex in der Stadt. Namy blieb in ihren Zimmer. Sie wollte es vermeiden Mr. White zu begebnen. Doch dann öffnete sich die Tür. Herein kam Mr. White.
“Was wollen sie hier?“, fragte Namy erschrocken. „Die Wahrheit über dich erzählen!“
„Wahrheit? Welche Wahrheit?“, wunderte sich Namy. „Verschwinden sie!“, schrie sie und warf mit einem Kissen nach ihm.
„Bleib ruhig! Ich erzähl dir alles von Anfang an. Ich heiße Lorenzes und bin der letzte Prinz der Engels Familie. Du bist die Wiedergeburt von Ilyla, die stärkste Kriegerin der Engel!“
„Was?! Geht es ihnen gut?“, fragte Namy wütend und verwirrt.
„Mir ging es nie besser!“, lächelte Lorenzes.
„Wieso haben sie denn keine Flügel? Hä! Sie sind ein Irrer aus einer Anstalt!“
„Beleidige mich nur! Wenn du deine Erinnerungen erst wieder hast, wirst du auch an dein Versprechen denken, dass du mir in deinen vorherigen Leben gegeben hast“, sagte Lorenzes höhnisch.
“Welches Versprechen?“, fragte Namy unsicher.
„Dein Versprechen mich zu heiraten!“
Namy fuhr erschrocken zurück. Mit angsterfülltem Blick sah sie Lorenzes an. „Nun ich glaube, ich erzähl dir erst mal alles!“, er machte eine Pause, zog sich einen Stuhl heran, setzte sich hin und fuhr fort, „es gibt das Himmelsreich und das Schattenreich. Im Himmelreich leben die Engel und im Schattenreich die Dämonen. Es herrschte immer ein Gleichgewicht zwischen den beiden Seiten, aber wenn die Dämonen ihre Wiedergeburt von Arzelus finden, eher du deine Fähigkeiten beherrschst, werden die Dämonen angreifen und das Himmelreich zerstören. Das willst du doch sicher nicht oder?“ Lorenzes schwieg und ließ das Gesagte wirken.
Namy schüttelte den Kopf. „Na also, wir verstehen uns. Um dir dein Wissen und Erinnerungen zurückgeben zu können, musst du mit mir ins Himmelreich kommen!“, verlangte Lorenzes. „Was ist mit Alex?“, fragte Namy ängstlich. „Du wirst ihn verlassen müssen! Ich glaube, das wird dir nicht schwer fallen, wenn du den Brief gelesen hast.“ Lorenzes hielt Namy einen Zettel vors Gesicht. Sie nahm ihn und las.
„Liebe Namy, die Zeit mit dir war schön, doch du bist sehr naiv, wenn du wirklich geglaubt hast, dass ich dich lieben könnte. Ich bin zurück zu meiner Freundin gefahren. Na ja nimm es nicht so tragisch! Tschüss, Alex“
Namy liefen die Tränen über die Wangen. Sie hatte einen großen Kloß im Hals und fing unkontrolliert zu schluchzen an.
„Siehst du, hier wirst du nicht glücklich, komm mit zum Himmelreich und du wirst sehen. Dort ist alles besser!“, tröstete Lorenzes Namy. Sie ging zu Onkel John und sagte ihm, dass sie weggehen wollte. Er war nicht gerade erfreut, aber er ließ sie ziehen.
Namy packte ihre Sachen.
„Ich bin fertig!“ „Gut! Halte dich an mir fest!“, antwortete er.
Ein helles Licht kam und in nächsten Augenblick waren sie in einen riesigen Palast. Er war weiß und schien zu leuchten. Um ihn war ein großer Park mit Bäumen und Bänken zum setzen. Nach dem Garten kam nichts. Da ging es runter immer tiefer. Man konnte den Boden nicht sehen. Der Palast war auf eine Halbkugel gebaut worden. Lorenzes führte Namy in ein Zimmer.
„Dies ist dein Zimmer. Du kannst hier machen was du willst! Wenn du etwas brauchst, dann sag es! Ich bin in der großen Halle, falls du mich suchen solltest.“ Er ging und überlies Namy ihren Gedanken.
Alex kam zum Anwesen und wollte Namy besuchen, als er in ihr Zimmer eintrat, war dort eine ihm unbekannte Frau. Sie hatte lange schwarze Haare und trug schwarze Kleider.
„Hallo! Wie geht’s?“, sagte sie in einen verführerischen Ton. „Wer sind sie? Wo ist Namy?“, fragte Alex erstaunt. „Namy hat dich verlassen, Alex!“, sagte sie tonlos, wie in Trance. „Verlassen? Nein sie lügen!“, rief Alex wütend. „Nein ich lüge nicht! Sieh her! Denn hat sie hier gelassen!“, sagte die Frau und reichte Alex einen Zettel. Alex nahm ihn.
„Lieber Alex! Ich habe mich in einen anderen verliebt. Ich hoffe du verstehst das! Ich habe dich echt gemocht, aber der andere gibt mir mehr Sicherheit! Leb wohl Namy“
Alex sah den Brief fassungslos an, senkte langsam den Arm und starrte die Frau an. „Ich weiß, wie du dich fühlen musst, aber sei unbesorgt! Es gibt auch gute Neuigkeiten!“, sagte die Frau und kam auf ihn zu, legte die Arme um seinen Hals und flüsterte: „Du kannst bald so viele Frauen haben, wie du willst! Du musst nur mit zu mir kommen und den anderen unserer Art.“
„Art? Welche Art? Wovon redest du eigentlich?“, fragte Alex wütend. „Ich rede von dir und deiner Bestimmung! Du bist die Wiedergeburt von Arzelus, unsern Anführer der Dämonen!“
„Dämonen? Anführer? Wiedergeburt? Was soll das?“, fragte Alex unsicher. „Komm ich zeig dir dein Reich!“, sagte sie und schon im nächsten Augenblick waren sie in eine Welt aus Dunkelheit.
Alex sah ein Schloss, das ganz schwarz war. Die Gegend sah verdorrt und wüst aus. Alles lag in einer unheimlichen Dunkelheit. Trockene Dornensträucher lagen am Rande eines Weges, der zum Schloss rauf führte.
Den Weg gingen Alex und die Frau entlang. „Wie heißt du?“, wollte Alex wissen. „Mein Name ist Zerphia!“
Im Schloss war es auch dunkel nur ein paar Kerzen mit schwarz schimmernden Flammen standen im Raum. Am Ende war ein in Stein gehauener Thron.
„So, da sind wir! Du musst viel lernen, mein Kleiner! Ich zeig dir erst mal dein Zimmer, dort sind auch schon Kleider für dich!“
Das Zimmer hatte ein großes Bett und einen Wandschrank zum reingehen, außerdem einen altmodischen Ganzkörperspiegel zum Drehen. Genauso sah auch Namys Zimmer aus nur mit dem Unterschied ihres war ganz in weiß gehalten und Alex’ in schwarz.
„Ist er hier?“, fragte eine dunkle Gestalt Zerphia. „Ja, er ist ihr, auf sein Zimmer. Er ist sehr wütend!“, bemerkte Zerphia. „Gut! Der Unterricht kann anfangen!“, sagte die Gestalt und ging zu dem Zimmer von Alex.
Alex fragte sich gerade, warum ihn Namy verlassen haben könnte, als es an der Tür klopft. Alex schwieg. Die dunkle Gestalt trat ein. „Wer sind sie?“, fragte Alex. „Ich bin Raphael!“, antwortete er streng. „Was wollen sie?“, fragte Alex genervt. „Das aus dir machen, wofür du geboren wurdest! Du bist doch sicherlich wütend auf deine Freundin, oder?“, fragte Raphael interessiert. „Nein, auf sie bin ich nicht sauer! Wenn sie meint, sie hat einen besseren, soll sie doch! Ist mir doch egal! Was mich stört, ist, das dieser Typ auch weg ist. Ich hätte ihn am liebsten schon damals die Fresse poliert. Ich wette Namy ist wegen den abgehauen!“, meint Alex hitzig. „Du magst diesen Mr. White nicht? Verstehe ich das richtig!“, hackte der Mann nach. „Ja! Habe ich doch gerade gesagt, oder bist du taub?!“, sagte Alex wütend. „Das ist gut! Das war nämlich ein Engel! Du tust gut daran, sie zu hassen! Und ich erzähl dir warum“, sagte Raphael erfreut.
„Die Engel sind schuld an diese Finsternis. Sie haben uns das Licht weggenommen, weil sie zu geizig sind um es zu teilen!“, so begann Raphael die Geschichte zu erzählen, aber ließ er absichtlich die wichtigen Teile aus, um zu vermeiden, dass Alex noch gutmütig wird. Er wollte Alex lehren die Engel zu hassen und ihn zu dem stärksten Krieger machen.
Namy musste die gleich Prozedur über sich ergehen lassen. Man erzählte ihn die Dämonen sind schlecht, sie verkörpern nur das Böse und solche Sachen. Doch hörte sie nur wenig zu. Sie vermisste Alex, denn sie hatte nie aufgehört ihn zu lieben. Mit der Zeit erkundete sie den Palast und entdecke eine Bibliothek mit alten Schriftrollen über die Geschichte der Engel. Dort erkannte sie auch, dass die Dämonen und Engel zusammen gehören. Sie gehörten ursprünglich zur selben Familie. Doch das ist nur ein kleiner Ausschnitt von den Geschichten. Namy lernte auch eine Frau kennen. Sie wird einfach nur Seherin genannt. Sie erzählte Namy auch Geschichten aus den alten Tagen der Engel. Die Seherin war sehr nett und sie schien die Dämonen nicht so sehr zu hassen wie alle anderen.
Namy musste auch fliegen lernen. Das ist nicht so leicht, wie es aussieht. Um nämlich von einem Palast zum anderen zu kommen, musste man fliegen. Dadurch aber, dass sie ihre Erinnerungen schon fast vollständig hat, ging es doch schon ganz gut.
Die Erinnerungen waren nicht mehr als ein verblassender Traum. Namy erfuhr auch von der Seherin, das es ein Tor gibt zu der Schattenwelt. Das ist die einzige Möglichkeit die Welten zu wechseln. Leider wurde das Tor streng bewacht.
Namys Ansehen steigerte sich von Tag zu Tag. Sie stamm vielleicht nicht von Adeligen Geblüt, aber sie besaß die größten Kräfte von den Engel und sie war schlauer als je zu vor.
„Ilyla? Werden ihr auf den bevorstehenden Ball kommen?“, fragte Lorenzes. „Ich weiß nicht! Vielleicht!“, meinte Namy.
Im Himmelreich wurde Namy immer von allen Ilyla genannt. Sie hat sich daran gewöhnt.
„Aber ihr habt euch doch auf den Ball gefreut! Wieso wollt ihr nicht gehen?“, fragte Lorenzes besorgt. „Ich gehe ja! Würdet ihr mich jetzt bitte alleine lassen!“, antwortete Ilyla genervt. Lorenzes verbeugte sich und ging. Ilyla saß auf dem Bett und dachte an den Ball. Es sollte ein Maskenball werden und das ganze Himmelreich ist eingeladen. Lorenzes hat ihn organisiert. Warum weiß keiner, außer Ilyla. Sie weiß es. Lorenzes will dort ihre Verlobung bekannt geben. Ilyla will Lorenzes nicht heiraten und das hat sie schon oft genug gesagt, aber er hört nicht hin. Zehn Jahre hat sie es geschafft, Lorenzes aus den Weg zu gehen und jetzt?
„Arzelus! Es ist Zeit! In einer Woche ist der Maskenball, dort kannst du unseren Plan durchsetzen. Du wirst Ilyla entführen und ins Schattenreich bringen. Dann können wir verlangen was wir wollen! Und die Engel müssen tun was wir sagen, wenn sie Ilyla wieder haben wollen. Hast du dir schon überlegt, was du mit den Wachen machen willst?“
„Ich werde sie töten, ganz einfach! Alle Engel werden auf dem Ball sein, da merken die erst später, was los ist und bis dahin bin ich schon über alle Berge!“, sagt Alex bzw. Arzelus mit einem Lächeln auf den Lippen und einen eiskalten Blick. „Gut! Du hast es schnell begriffen!“
Raphael hatte keine Ahnung. Arzelus war nicht so herzlos, wie er tat. Was mit den Engeln geschieht und was Raphael mit Ilyla vorhat, war ihm egal. Er konnte Namy nicht vergessen. Selbst nach zehn Jahren liebte er sie immer noch, doch das hielt er vor Raphael geheim. Arzelus hatte seinen eigenen Plan. Er wollte diese Ilyla zu Raphael bringen und dafür seine Freiheit fordern. Er will in die Menschenwelt und Namy suchen, sie zu rede stellen und neu anfangen, wenn sie nicht schon verheiratet ist.
Der Abend war da. Der Ball würde bald beginnen. Ilyla saß auf ihrem Bett und starrte die Kleider an, welches Lorenzes ihr gegeben hat und das sie selbst gerne anziehen würde. Sie weiß nicht, was sie machen sollte. Da kam die Seherin rein.
„Was ist los? Willst du dich nicht anziehen?“
„Ich weiß nicht, welches ich nehmen soll! Das von Lorenzes oder mein ausgesuchtes!“, jammerte Ilyla.
„Ich rate dir, das anzuziehen, welches du am liebsten hast!“, sagte die Seherin. „Hm... also meins!“, sagte Ilyla unsicher, „und was ist mit Lorenzes?“
„Was soll mit ihm sein? Will er das andere anziehen?“, scherzte die Seherin. Ilyla musste lachen. Das erleichterte sie ein wenig. „Gut dann zieh ich das von mir an!“, beschloss sie.
Das Kleid war lang, bis zum Knöchel. Es hatte Trompetenärmel und saß bis zur Hüfte eng an, dann weitete es sich. Es hatte einen fliederfarbenen Umhang, der auch bis zur Erde reichte. Das Kleid selbst war weiß. Um die Hüfte trug Ilyla einen Gürtel aus goldenen Fäden geknüpft. Oben waren die Schultern frei. Um den Hals trug Ilyla eine silberne Kette mit zierlichen Edelsteinen. Ihre Haare ließ sie offen über ihre Schultern fallen. Es war sehr lang geworden.
Bei dem Engel war die braune Haarfarbe selten, deswegen unterschied Ilyla sich von anderen Engeln sehr. Auch waren alle Engel sehr blass, sie hingegen besaß einen bräunlichen Tang. Viele Engel besaßen auch die blaue Augenfarbe, sie hatte leuchtengrüne Augen. Eins hatte sie aber mit den Engeln gemeinsam. Sie hatte auch lockiges oder gewelltes Haar.
Als Ilyla fertig war, ging sie zu der großen Halle, wo alle Gäste sein werden. Dort angekommen, setzte sie ihre Maske auf und mischte sich unter die Leute. Viele trugen helle Kleider. Alle hatten mit Federn geschmückte Masken auf.
Eine Gestalt fiel Ilyla besonders auf. Sie trug nur schwarz, ein schwarzes Gewandt mit einem schwarzen Umhang, selbst die Maske war mit schwarzen Federn geschmückt. Die Gestalt ging durch die Menge und beobachtete jeden einzelnen. Manchmal fragte sie die Leute auch etwas. Einmal sah sie zu Ilyla. Ihr wurde komisch zu mute. Der Blick war kühl. Ilyla fühlte sich zu der Gestalt hingezogen. Es war merkwürdig und unheimlich. Ilyla beobachtete die Gestalt eine Zeit lang.
Dann kam Lorenzes zu Ilyla und fragte: „Wieso hast du nicht das andere Kleid an?“
„Ich finde das hier hübscher!“, meinte Ilyla.
„Nun ist egal! Willst mit mir tanzen?“, fragte er. Ilyla willigte ein. So tanzte sie eine Weile und versuchte trotzdem die merkwürdige Gestalt im Auge zu behalten. Doch bald gelang ihr das nicht mehr und sie ließ es sein. Lorenzes beendete den Tanz und führte Ilyla zum Büffet. Ilyla hatte schon eine ganze Weile Hunger und nun konnte sie endlich essen. Lorenzes entschuldigte sich und ging zu anderen Damen um mit ihnen zu tanzen. Nun stand Ilyla alleine da und langweilte sich, als plötzlich eine Gestalt auf sie zukam.
Ilyla war erst irritiert. „Guten Abend! My Lady! Habt ihr Lust zu tanzen?“, fragte die Gestalt freundlich. „Ja, gerne!“, antwortete Ilyla.
Er führte sie auf die Tanzfläche und begann sich im Takt zur Musik zu bewegen. Seine eine Hand ruhte auf Ilylas Hüfte. Die andere hielt Ilylas Hand. „Wohl seid ihr hier der Schwan unter lauter Krähen!“, bemerkte der Mann. „Sie belieben zu scherzen, mein Herr!“, erwiderte Ilyla geschmeichelt. „Nein, gewiss nicht! So etwas Schönes sah ich zum ersten Mal!“, schmeichelte er weiter. Ilyla blickte errötet zu Boden.
„Ihr seid zu nett! Doch wer seid ihr? Ich würde gerne erfahren, wer mir solch nette Komplimente macht.“
„Mein Name ist nicht wichtig. Es zählt doch die Person nicht der Name, oder seht ihr das anders?“, werte er ab. „Ihr wollt mir euren Namen nicht sagen! Habt ihr was verbrochen, dass man euch sucht? Ich würde euch nicht verraten, wenn ihr mir euren Namen nennen würdet!“, versuchte Ilyla es weiter.
„Nun ihr seid hartnäckig, das gebe ich zu, doch kann ich meinen Namen nicht Preis geben! So lasst uns doch das Thema wechseln und verratet mir euren Namen!“, weichte er aus.
„Ich werde ihn nennen, wenn ihr mir euren nennt!“, blieb sie hartnäckig. „Ihr seid schlau! Doch muss ich wohl auf euren Namen verzichten, denn meinen werde ich nicht preisgeben!“, lächelte er. Ilyla wunderte sich schon, warum jemand nicht seinen Namen sagen wollte. Sie tanzten schweigend weiter.
„Mir ist schwindelig! Ich werde wohl erst mal an die frische Luft gehen!“
„Darf ich ihnen Gesellschaft leisten?“, fragte der Namenlose.
„Wenn sie wollen, dürfen sie!“, lächelte Ilyla.
Während Ilyla mit dem Mann raus ging, kam ein Bote zu Lorenzes und erzählte ihn, dass die Wachen erschlagen aufgefunden wurden. Lorenzes ahnte schlimmes, blickte sich in der Halle um und suchte Ilyla. Er sah gerade noch, dass sie mit einem schwarz gekleideten Mann den Raum verließ.
„Geht es euch schon besser?“, fragte der Mann Ilyla. Sie sah ihn an und nickte. Ilyla bemerkte das erste Mal, dass der Mann lange schwarze Haare hatte, die zu einem Zopf zusammen gebunden waren. „Verzeiht mir, dass ich frage, aber sie scheinen traurig zu sein?“, bemerkte der Mann. „Ja. Ich vermisse die Nacht!“, sagte Ilyla tonlos. „Wie soll ich das verstehen? Es ist Nacht!“, wunderte sich der Mann. „Schon, aber ich vermisse die Dunkelheit! Diese Helligkeit tut meinen Augen nicht gut. Ich wollte es wäre, wie in der Menschenwelt, dass es Tag mit Licht und Nacht mit Dunkel gibt!“, erklärte Ilyla.
„Ihr kennt die Menschenwelt?“, fragte der Mann erstaunt. „Ich bin dort aufgewachsen! Die Geschichte kennt doch jeder!“, meinte Ilyla. „Ach so? Und ihr vermisst die Dunkelheit dort? Habt ihr keine Angst im Dunkeln?“, fragte er verwundert.
„Nein! Oder doch? Ich weiß nicht. Es ist so lange her, dass ich die Nacht mit ihren Sternen sah! Ich würde gerne bei Vollmond spazieren gehen!“, seufzte Ilyla, „doch das geht wohl nicht mehr!“ „Ist das eure einzige Sorge?“, fragte der Mann weiter, „Ihr scheint doch noch was auf den Herzen zu haben!“
„Ja, aber das kann ich euch nicht sagen!“, bemerkte sie. „Warum nicht?“, wollte der Mann wissen. „Weil ihr es sofort weiter erzählen würdet! Jeder hält doch zu Lorenzes!“, sagte Ilyla genervt.
„Ich schwöre, dass ich ihm kein Wort sagen werde. Ehrlich ich schwöre bei ... bei einen Kuss von euch!“, sagte er listig. Ilyla blickte ihn erstaunt an und musste dann lächeln. „Bei einen Kuss von mir? Ich habe euch nie geküsst!“, sagte sie. „Bis jetzt noch nicht, aber wer weiß. Was nicht ist, kann ja noch kommen!“, erwiderte der Mann. „Also erzählt ihr mir euer Geheimnis?“
„Na gut! Lorenzes hat sich in den Kopf gesetzt, mich zu heiraten, aber ich will nicht! Ja, ich kann ihn noch nicht mal leiden!“, sagte Ilyla traurig. „Habt ihr ihm das nicht gesagt?“, wunderte sich der Mann. „Doch öfter, aber er hört nicht zu! Manchmal wünschte ich, ich wäre in der Menschenwelt geblieben, zwar hätte ich mich auch dort mit Sorgen rumschlagen müssen, aber es würde leichter sein!“, meinte sie. „Was für Sorgen hattet ihr denn?“, wollte der Mann wissen. „Kummer, weil mein damaliger Freund mich verlassen hat!“, eine Träne lief Ilyla über die Wange.
„Verzeiht mir! Ich wollte euch nicht kränken!“, entschuldigte sich der Mann. „Nein ist schon gut! Bitte sorgt euch nicht! Es war nichts!“, werte Ilyla ab. Sie wischte sich mit einer Hand die Tränen weg und hielt mit der anderen die Maske fest. „Vielleicht wären das Leben als Dämon besser?“, murmelte Ilyla. „Glaub ihr das wirklich? Das Dämonen besser leben, meine ich!“, wunderte sich der Mann. „Nein! Wahrschlich haben die ganz andere Sorgen. In ewiger Dunkelheit zu leben, stell ich mir nicht einfach von. Aber wenigstens sind sie ehrlicht zu einander! Sie leben mit ihren Gefühlen und nicht mit dem Verstand. Deswegen sind sie vielleicht aggressiver, aber das würde mich nicht stören!“, erklärte Ilyla. „Wieso glaubt ihr, sind Dämonen ehrlich?“, fragte der Mann. „Aus Erinnerungen weiß ich das! Ich glaube, das sie nicht dazu abgerichtet werden um einen unbekannten Gegner zu besiegen!“, sagte Ilyla spöttisch.
„Das klingt, als würde man euch abrichten?“, fragte der Mann überrascht. „Jahrelang erzählt man mir ich soll irgendwann gegen Arzelus antreten und ihn besiegen, doch fragt mich einer ob ich das will? Nein! Sie interessieren sich nicht für meine Gefühle! Ich will nicht kämpfen! Ich weiß noch nicht mal, wer er überhaupt ist!“, klagte Ilyla.
„Ich schließe aus ihrer Aussagen, dass ihr Ilyla seid, oder?“, beobachtete der Mann.
„Oh, jetzt habe ich mich verraten!“, bemerkte Ilyla; „Ihren Namen werde ich nicht erfahren, oder?“
„Nein, aber jetzt muss ich meinen Schwur einhalten! Ich weiß, dass das unverschämt ist, aber sie wollen doch nicht, dass ich das Lorenzes erzähle, oder?“, erinnerte der Mann an den versprochenen Kuss.
„Oh, das hatte ich vergessen!“, Ilyla musste lächeln. Der Mann legte einen Arm um Ilylas Hüfte und mit der anderen streichelte er ihr übers Gesicht, senkte seinen Kopf und legte seinen Mund auf Ilylas. Ilyla wurde warm und am ganzen Körper kribbelte es. Der Mann hob langsam seinen Kopf und flüsterte Ilyla ins Ohr: „Ich bin Arzelus!“ Ilyla machte große Augen und hielt für einen Augenblick die Luft an.
Hinter sich hörte sie Stimmen nach ihr rufen. Sie sah den Mann noch einmal in die Augen, diese waren nicht mehr kalt sondern mitfühlend warm. Sie drehte sich um und sah nach den Stimmen, als sie wieder sich nach den Mann umdrehen wollte, war er nicht mehr da. Er segelte auf schwarzen Flügel in Richtung des Tores.
„Ilyla! Geht es dir gut? Hat er dir was getan?“, fragte Lorenzes besorgt.
„Nein, mir geht’s gut!“, antwortete Ilyla benommen. „Was ist mit dir? Du siehst nicht gut aus!“, bemerkt Lorenzes, als er Ilylas gerötetes Gesicht sah. „Mir geht’s gut!“, betonte sie. „Geh in dein Zimmer!“, befahl er.
„Ihr seid wieder da? Wo ist Ilyla?“, fragte Raphael. „Ich hatte keine Gelegenheit, sie zu kidnappen!“, erklärte Arzelus. „Du hast mit ihr gesprochen! Ich habe dich beobachtet!“, drohte Raphael, „und du willst mir erzählen, dass du keine Gelegenheit hattest! Hat sie mit ihrer unschuldigen Art deine Sinne vernebelt?“ Raphael sah Arzelus wütend an. Arzelus drehte sich um und ging in sein Zimmer, dort legte er sich auf Bett und dacht an den Kuss. Er war unglaublich. Als seine Lippen die von Ilyla berührten, musste er an Namy denken. Ein warmes Gefühl hat sich in seinen Körper ausgebreitet. Ilyla erinnerte ihn stark an Namy. Er will Ilyla heimlich wieder sehen. Er würde noch mal ins Himmelreich fliegen und Ilyla treffen.
Ilyla saß auf ihren Bett und dachte an den Mann, der behauptete Arzelus zu sein. Lorenzes hatte ihr gerade einen Besuch abgestattet und versucht einzureden, dass er ihr was Böses wollte. Sie hatte nicht hingehört.
Sie musste an den Kuss denken und strich unbewusst mit einer Hand über die Lippen. Der Kuss war sehr sanft. Das letzte Mal, als sie so geküsst wurde, ist lange her. Damals war es Alex gewesen. Die Erinnerung an ihn schmerzte, doch war sie auch glücklich. Dieser Arzelus schien nicht so böse zu sein, wie alle behaupteten. Er hörte einen wenigstens zu.
„Du siehst nachdenklich aus!“, sagte eine Stimme hinter Ilyla. Es war die Seherin. Ilyla drehte sich um. „Man erzählt Arzelus wäre hier gewesen!“, bemerkte sie. Ilyla nickte, schwieg aber.
Die Seherin ist einer der ältesten Engel. Sie sieht aus wie eine alte Frau, obwohl Engel nicht altern. Sie erzählt nie, warum sie so alt aussieht. Wie ihr richtiger Name ist, weiß auch niemand. Man nennt sie nur die Seherin, weil sie Visionen hat. Manchmal erzählt sie welche, manche verheimlicht sie.
„Ilyla? Was ist passiert? Stimmt es, das Arzelus dich gegen deinen Willen geküsst hat, wie Lorenzes es schildert?“, fragte die Seherin besorgt.
„Hat Lorenzes das wirklich gesagt? Nein ich habe es ihm erlaubt mich zu küssen! Sonst könnte er seinen Schwur nicht halten!“, sagte Ilyla abwesend.
„Schwur? Welchen Schwur hat Arzelus den abgelegt?“, fragte die Seherin interessiert.
„Er schwor nicht zu erzählen, was ich zu ihm gesagt habe! Er schwor es bei einen Kuss von mir!“, erklärte Ilyla. „Ach so ist das! Du scheinst sehr beeindruckt von dem Kuss zu sein! Immerhin ist das dein erster Kuss nach zehn Jahren!“, meinte die Seherin lächelnd.
„Du scheinst nicht geschockt zu sein, wie die anderen es sind!“, merkte Ilyla. „Nein! Wieso auch? Ich bin doch nicht geschockt, wenn sich zwei Geschöpfe ineinander verlieben!“, witzelte die Seherin. „Verlieben! Ich habe mich nicht verliebt!“, beharrte Ilyla.
„Gut! Wie du meinst! Du solltest die Vorhänge zu ziehen und die Tür abschließen, wenn ich gegangen bin! Lass aber das Fenster auf!“, meinte die Seherin mit einen Lächeln und Augenzwinkern. Ilyla macht, was die Seherin sagte, auch, wenn sie nicht wusste, wozu es dienen sollte.
Der Abend ging und die Nacht kam, auch wenn es noch taghell war. Ilyla lag in ihren Bett und versuchte einzuschlafen, als sie etwas vor ihren Fenster hörte. Eine Gestalt kam durch ihr Fenster in ihr Zimmer. Weil es dunkel war, konnte Ilyla nicht erkennen wer es war.
„Ilyla? Bist du hier?“, fragte eine ihr bekannte Stimme. „Ja, in meinen Bett!“, flüsterte sie. Die Gestalt kam näher und setzte sich auf die Bettkante. Jetzt konnte Ilyla die Gestalt erkennen. Es war Arzelus.
„Was willst du hier? Sie könnten dich gesehen haben!“, flüsterte Ilyla besorgt. „Mach dir keine Sorgen! Sie haben mich nicht gesehen! Aber ich musste unbedingt dich wieder sehen! Mir ging der Abend nicht aus den Kopf!“, gestand Arzelus. „Geht mir genauso!“, flüsterte sie. „Du bist nicht so wie die anderen Engel und schreist gleich los, wenn du ein Dämon siehst!“, bemerkte Arzelus.
„Nein, wieso sollte ich? Ich habe keine Angst vor dir!“, erklärte Ilyla. Arzelus beugte sich zu Ilyla rüber und küsste sie. Ilyla war überrascht, aber ließ es zu. Es schien wie die Ewigkeit, bis Arzelus sich wieder zurückzog. „Warum bist du gekommen?“, fragt Ilyla außer Atem. „Ich musste dich sehen! Ich konnte dich nicht vergessen!“, gestand Arzelus. „Du bist nicht so, wie andere erzählen, dass Dämonen nur böse sind!“, sagte Ilyla, „Ich habe vorher nie gewusst, dass Dämonen sich verlieben können!“
„Es ist nicht das erste mal, dass ich etwas für ein Mädchen empfinde!“, erzählte Arzelus. „Das ist komisch! Ich war vorher auch schon mal verliebt, aber das weißt du ja schon!“, meinte Ilyla.
„Wie hieß der Typ, der dir schmerzen bereitet hat?“, wollte Arzelus wissen. „Er hieß Alex!“, murmelte Ilyla. Arzelus machte große Augen. „Was ist?“, wunderte sich Ilyla. „Wie war dein Name in der Menschenwelt?“, fragte Arzelus hitzig.
„Ich hieß Namy McKenzy!“, antwortete Ilyla verwirrt. „Ich habe dich nicht verlassen Namy! Ich hatte einen Brief, den du mir geschrieben hast!“, rief Arzelus verwirrt. „Was redest du da? Was für ein Brief?“, fragte Ilyla verwundert. „Bist du Alex? Mein Alex?“, erkannte sie. Arzelus nickte. Ilyla liefen die Tränen über die Wangen. Arzelus nahm sie in die Arme und drückte sie fest an sich.
Arzelus erzählte ihr alles, wie es sich aus seiner Sicht abgespielt hat. Danach berichtete Ilyla ihre Version. Beide merkten, dass sie von ihren Familien betrogen worden waren.
„Ilyla ich hätte so etwas nie schreiben können. Ich liebe dich zu sehr!“, schwor Arzelus. „Aber was ist mit den anderen. Sie hassen sich. Wie soll unsere Liebe da bestehen?“, fiel Ilyla ein.
„Das ist mir egal! Ich will nur mit dir zusammen sein!“, sagte Arzelus. „Pssst, ich hör jemanden kommen!“, flüsterte Ilyla. Von draußen war Lorenzes zu hören. „Ilyla? Bist du da? Ich wollte mich für vorhin entschuldigen!“, rief er. „Ist schon gut! Ich kann das verstehen! Du hast dir nur sorgen gemacht, aber jetzt bin ich müde!“, antwortete Ilyla. „Gut! Ich wünsche dir eine gute Nacht!“ sagte Lorenzes und ging.
Arzelus sah Ilyla an und grinste. „Du bist eine kleine Lügnerin!“, flüsterte Arzelus. „Das meine ich ja! Um andere nicht zu kränken oder seine Ruhe zu haben, muss man lügen!“, erklärte Ilyla leiste. „Es ist besser, wenn ich jetzt wieder gehe, sonst bekommst du noch ärger!“, meinte Arzelus. „Ja ist wohl besser. Wann werde ich dich wieder sehen?“, fragte Ilyla hoffnungsvoll. „Bald!“, antwortete Arzelus nur und küsste Ilyla ein letztes Mal.
Er flog zurück in seine Welt.
Ilyla saß auf ihr Bett und lächelte glücklich.
Arzelus ging auch zu Bett und schlief sofort ein.
Raphael beobachtete Arzelus. Er ahnte, dass Arzelus sein Geheimnis erfahren haben muss, und schmiedete einen Plan.
Er schlich in einen Raum, von dessen Existenz nur er wusste. Der Raum diente ihn als ein Versteck und geheimes Labor, wo er alles zusammengetragen hatte, was die Prophezeiung sagte und wie es dazu gekommen ist. Natürliche wusste Raphael schon lange, dass es zwischen Dämonen und Engel eine Blutsbindung gab. Vor langer Zeit gab es schon mal eine Liebesbeziehung zwischen Engel und Dämon. Damals wurde die Liebe des Engel töten. Und Raphael will dass die Geschichte anders abläuft. Dieses Mal muss der Engel sterben, damit die Welt den Dämonen gehört.
In der nächsten Zeit sah man Raphael selten unter den Dämonen. Arzelus wunderte das, aber ihm war es egal. Er dachte nur an Ilyla. Er musste sie so schnell wie möglich wieder sehen.
Ilyla hingegen wartete nicht darauf, dass sich eine günzige Gelegenheit bot, sondern schmiedete ein Plan, wie sie zu Arzelus gelangen kann, ohne entdeckt zu werden. Am besten ging das in der Nacht, auch wenn es taghell ist, sind die meisten Engel im Bett und schlafen. Ilyla musste nur an die Wachen vorbei. Das will sie mit einem magischen Umhang hinbekommen. An diesen hatte sie die letzten Tage verbracht um ihn herzustellen. Für sie war so was eine Kleinigkeit, weil sie die nötigen Kenntnisse und Magie besaß. Der Umhang macht den Träger unsichtbar. Nur wer mehr Magie oder das innere Auge besitzt, kann die Gestalt sehen. Die Wächter waren mittelmäßige Engel, die nur Dämonen zu besiegen hatten. Sie hatten nicht genug Magie noch das innere Auge um Ilyla zu sehen.
An einen Abend, wo alle Engel zu einer Feier eingeladen waren, wollte Ilyla ihren Plan durchführen. Sie nahm sich ein Licht mit, versteckte das unter ihren Mantel, den sie sich überzog und flog lautlos zum Tor. Die Wachen, etwas müde, merkten nichts, als sie an ihnen vorbei flog und durchs Tor ins Schattenreich entschwand.
Als Ilyla ins Schattenreich eintauchte, war ihr als fiele sie in ein schwarzes Loch. Am Tor waren keine Wachen zu sehen. Die Welt war sehr verschieden im Gegensatz zum Himmelreich. Man sah weite Ebenen mit verkrüppelten Bäumen und Dornsträucher. Einige Nachtgewächse sprossen aus der Erde, doch hatten sie keine Farbe. Die ganze Welt war in einen trüben Grau gehalten, das keine andere Farbe zuließ. Ein ausgetretener Weg führte durch die Ebene. Weit hinten sah man ein Schloss, welches finster und schwarz in der grauen Gegend stand.
Ilyla holte ihr Licht aus einer Tasche ihres Umhangs. Dieses Licht bestand nur aus einer leuchtenden Kugel, die einige Zentimeter über die Hand des Halters schwebte. Es war pures Licht. Der Träger dieser Kugel konnte das Licht durch seine Gedanken heller oder dunkler machen, doch konnte es nicht erlöschen. Ilyla hielt das Licht unter ihren Mantel verborgen. Man hätte es schnell gesehen in dieser Dunkelheit.
Sie schritt den Weg entlang, denn sie brauchte nicht mehr fliegen. Sie wusste nicht, ob man sie sehen würde oder nicht, deswegen blieb sie geduckt am Wegrand. Ilyla lauschte auf jedes Geräusch, doch war es sehr still. Es gab nichts zu hören, keine Vögel oder Insekten, nicht mal Wind raschelte in den toten Bäumen. Ilyla musste schnell und leise schleichen, aber das ist keine Kunst für Engel. Alle sind leise, man könnte glauben, sie würden über den Boden schweben, so leise sind ihre Schritte. Nach wenigen Minuten kam das Schloss näher. Ilyla sprang mit leichten Schritten immer näher. Manchmal lief sie auch lautlos. Für einen Menschen wäre sie zu schnell gewesen, als das er sie sehen könnte, selbst ohne Mantel.
Ilyla fielen alte Geschichten über Feen und Elfen ein. Sie wusste, wie sie entstanden sind. Es waren Engel, die sich in ihrer wahren Gestalt gezeigt hatten. Bloß ohne Flügel. Überhaupt ist es nur ein Glaube der Menschen Engel müssten Vogelflügel haben. Jeder Engel kann jede Form von Flügel für sich entscheiden. So auch die Flügel einer Fee, diese hatten immer Insektenflügel wie Liebellen. In manchen Geschichten hatten diese Wesen spitze Ohren. Die hat auch jeder Engel. Ja man könnte sagen Engel, Feen und Elfen sind ein und dieselben Wesen. Ilyla musste grinsen. Sie selbst hätte früher nie gedacht einmal in ihr Leben spitze Ohren zu haben, aber jetzt hatte sie sich daran gewöhnt. Überhaupt sind die Sinne der Engel und Dämonen wesentlich schärfer, als die der Menschen, sogar schärfer als manche Tiere.
Das Schloss rückte immer näher. Plötzlich hörte Ilyla ein Geräusch. Stimmen kamen ihr entgegen. Sie blieb stehen lief zu einen alten Baum und stellte sich hinter ihn. Sie wusste nicht, ob ihr Mantel sie hier auch von Blicken bewahren würde. Die Stimmen kamen noch näher, jetzt konnte Ilyla zwei Gestalten sehen. Eine mit einen langen Umhang und einen Stehkragen. Die andere mit Hörnern auf dem Kopf. Die in den Umhang redete gerade. Sie schien den Gehörnten etwas zu erklären. Man verstand soviel, dass die eine Gestalt eine Persönlichkeit hier war. Der Gehörnte nannte ihn häufiger Raphael. Dieser versuchte den Gehörnten einen Plan oder was Ähnliches zu erklären. Der Gehörnte schien nicht gerade die Intelligenzbestie zu sein und tat sich schwer mit dem, was ihm erzählt wurde. In dem Gespräch geht es um eine Entführung. Jemand soll entführ und dann hierher gebracht werden. Wer das sein sollte, wurde nicht gesagt. Sie gingen an Ilyla vorbei ohne sie zu bemerken.
Als sie weg waren, kam Ilyla aus ihren Versteck und machte sich auf zum Schloss. Dort angekommen stieg sie eine große Treppe rauf. Dort sah sie sich nach allen Seiten um. Niemand war zu sehen. Sie öffnete das Tor einen Spalt breit und schlüpfte rein. Drinnen sah sie eine große Halle. Am Ende stand ein steinender Thron. An den Seiten waren Ständer mit Schalen, wo schwarze Flammen loderten.
Links ging eine schmale Treppe aus dem Raum raus. Dort ging sie hin. Die Treppe führt hinauf zu einem langen dunklen Flur. Hier war es so dunkel, dass Ilyla es wagen musste, ihr Licht raus zu nehmen. Nur kurz nahm sie es unter dem Umhang hervor. Der Flur war sehr lang, länger als man erkennen konnte. An den Seiten hingen staubige Bilder mit dicken Spinnenweben, wie in einen Geisterschloss.
Sie steckte das Licht weg und ging den Flur entlang. Mit einer Hand immer an der Wand, welche sehr kalt und feucht war. Am Ende des Flures war eine Tür. Ilyla lauschte an der Tür. Nichts war zu hören. Sie tastete nach einen Griff und fand ihn. Sie drückte ihn runter und öffnete die Tür einen schmalen Spalt breit und luckte in den Raum. Drinnen sah sie einen Kamin, wo schwarze Flammen züngelten. Über dem Kamin hing ein Gemälde. Es zeigte einen jungen Mann bzw. einen Dämon in menschlicher Gestalt. Er sah aus wie Alex, nur trug er andere Kleider. Mehr konnte Ilyla nicht sehen. Sie hörte das Rascheln von Stoff gefolgt von leisen Schritten. Darauf sah sie eine Gestalt im Zimmer vorbeigehen. Sie konnte nicht erkennen wer es war. Es war einfach zu dunkel. Die Gestalt blieb vor dem Gemälde stehen und sah es an. Ihr Rücken war Ilyla zugewandt. Sie hörte, dass die Gestalt mit sich selbst sprach.
„Liebste warum musste ich nur als dein Feind geboren sein? Ich wollte, ich könnte zu dir jederzeit! Ich sah dich das erste Mal auf ein Pferd galoppieren. Dein Haar wehte im Wind und ich dacht ich sehe ein Engel! Doch wurdest du mir gestohlen, aber ich fand dich wieder. In schneeweißen Stoff gehüllt mit fliesenden Haar und ein traurigen Blick! Da wusste ich, dass ich damals einen Engel sah und jetzt die Verkörperung der Schönheit selbst!!! Ich kam zu dir um dich aus der Welt zu entführen mit kalten Herzen und ging mit einer Flamme der Leidenschaft. Ich muss fürchten, dass man dich mir ein zweites Mal wegnimmt. Mit jedem Augenblick wird meine Liebe zu dir größer, doch kann und darf ich dich nicht sehen! Was soll ich machen?“ Ilyla erkannte, dass das Arzelus war und öffnete die Tür weiter. Erschrocken drehte sich Arzelus um, sah aber niemanden. „Wer ist da?“, fragte er. Ilyla nahm den Umhang ab. Arzelus sah sie verblüfft an. „Ilyla? Bist du das wirklich? Oder ist das eine List Raphaels?“
„Ich bin es wirklich. Ich musste dich unbedingt wieder sehen!“ Ilyla ging aus Arzelus zu und umarmte ihn. „Ilyla, weist du denn nicht wie gefährlich und dumm das war!“, tadelte Arzelus ihr, nahm sie aber auch in die Arme. Ilyla sah zu ihm auf und er zu ihr runter. Ilyla floss eine Träne über die Wange. Arzelus strich sie mit den Daumen sanft weg, hob Ilylas Gesicht und küsste sie sanft. Sie legte ihre Arme um seinen Hals und ließ sich in seinen Armen sinken. Nach einer Ewigkeit, so schien es, hob Arzelus seinen Kopf.
Beide standen Arm in Arm und blickten sich in die Augen. „Du solltest zurückgehen! Je länger du hier bleibst, desto gefährlicher wird es für dich!“, meinte Arzelus. „Ich will nicht weg! Ich möchte für immer bei dir sein!“, erwiderte Ilyla und drückte Arzelus näher an sich. „Ilyla!!! Ich will doch auch bei dir sein, aber hier muss ich um dein Leben fürchten!“, erklärte Arzelus sanft.
„Und wenn du zu mir kommst, muss ich um dein Leben fürchten!“, entgegnete Ilyla und sah ihn mit einem Schmollmund an. Arzelus strich ihr mit den Daumen über den Mund, beugte sich zu ihr runter und presste seine Lippen auf die ihre. Ilyla erwiderte den Kuss. Arzelus strich mit seinen Händen über Ilylas Körper. Eine innere Wärme strömte durch Ilyla. Sie fühlte sich in Arzelus‘ Armen geborgen und sicher. Dieses Gefühl hatte sie schon lange nicht mehr. Wie sehr habe ich das vermisst, dachte Ilyla bei sich. Arzelus ging es genauso. Er wünschte dieser Moment des Glücks würde ewig wären, doch wusste er, dass Ilyla schnell wieder in ihre Welt zurück musste. Hier an seiner Seite ist es zu gefährlich für sie. Er fragte sich, ob es überhaupt möglich ist einen Ort zu finden, wo Engel und Dämon zusammen leben können, ohne befürchten zu müssten, getrennt zu werden oder von ihren Familien verstoßen. Für ihm war klar, dass er alles hinter sich lassen würde um Ilyla nah sein zu dürfen, ja er würde sogar seine Macht, seinen Thron und wenn es sein müsste sein Leben geben um Ilyla glücklich zu sehen. Arzelus lockerte seine Umarmung. Ilyla löste auch die ihre und sah Arzelus traurig an. Sie weiß, welche Gedanken ich habe, erkannte Arzelus.
„Du musst zurück“, sagte Arzelus bedrückt. „Ich weiß, aber ich habe das Gefühl, wenn ich jetzt gehe sehe ich dich nie wieder!“, fürchte Ilyla. „Du wirst mich wieder sehen, immer wenn du willst, komm ich zu dir!“, schwor er. Ilyla löste sich ganz von Arzelus‘ Umarmung, nahm ihren Umhang und blickte ihn in die Augen. Traurig sah er sie an. Sie hatte einen Kloß im Hals und feuchte Augen. „Bis Bald!“, murmelte sie zum Abschied, legte ihren Mantel um und ging unsichtbar durch die Tür. „Leb Wohl!“, murmelte Arzelus vor sich hin.
Ilyla ging langsam den Weg zurück, den sie gekommen war, achtete nicht sonderlich auf Geräusche oder andere Dinge. Ihr gingen immer wieder Arzelus letzten Worte durch den Kopf. Vielleicht glaubt er, sie hätte sie nicht gehört, doch war dem nicht so! ‚Leb Wohl‘, hat er gesagt. Was hatte er vor, wollte er sie denn nicht mehr sehen? Liebte er sie nicht mehr? Warum hat er das bloß gesagt? Ilyla verstand es nicht. Sie hat sich das Wiedersehen mit Arzelus anders vorgestellt. Eine Träne ran ihr über die Wange. Nach einer Weile kam das Tor zum Himmelsreich in Sicht. Ilyla ging hindurch und wäre beinahe in die bodenlose Tiefe des Reiches gestürzt. Erst als sie schon ein paar Meter gefallen war, breitete sie ihre Flügel aus und flog in Richtung Schloss. Lorenzes erwartete sie bereits.
„Wo warst du?“, fragte er scharf. „Das geht dich nichts an!“, antwortete sie genauso scharf. „Und ob es mich was angeht, wo meine zukünftige Frau war!“, sagte er laut in einen befehlenden Ton.
„Ich bin nicht deine zukünftige Frau! Ich werde dich niemals heiraten, eher sterbe ich lieber!“, schrie Ilyla ihn an. Lorenzes sah sie entgeistert an. „Was sagtest du da? Das meist du nicht ernst!?!“, fragte er fassungslos. „Ich mein es ernst, so war ich hier stehe!“, verkündete Ilyla. Lorenzes setzte sich auf einen Stuhl, der in der Nähe stand. „Wieso tust du mir das an? Was habe ich getan, dass du mich so sehr hasst?“, fragte er leise. „Du hörst mir nie zu! Seit zehn Jahren versuche ich dir zu erklären, dass ich dich nicht liebe und dich nicht heiraten will! Doch du ignorierst mich! Du betrachtest mich, als wäre ich ein Schmuckstein, den es gilt in deine Sammlung aufzunehmen. So lasse ich mich nicht behandeln. Such dir ein anderes Mädchen, dass in der Lage ist dich zu lieben!“
Ilyla ging auf ihr Zimmer und lies Lorenzes seinen Gedanken vielleicht auch Schuldgefühlen, aber das konnte sie nicht glauben.
Als Ilyla ging, hatte Lorenzes einen traurigen Gesichtsausdruck, doch kaum war sie weg, verzog sich sein Mund zu einen Grinsen. Du weist gar nicht, wie sehr ich dir zuhöre, meine Liebste. Du warst in der Schattenwelt. Ich konnte es riechen. Du armes kleines Ding, bist du doch glatt in die Falle von den Dämon Arzelus geraten. Ich hatte es geahnt. Doch jetzt hast du mir den Beweiß dazu geliefert. Lorenzes‘ Grinsen wurde breiter. Siegessicherheit stand darin. Er sah schon sich und Ilyla am Traualtar stehen. Aber vorher musste er noch was erledigen. ...
Arzelus stand in seinem Zimmer und blicke auf das Gemälde über dem Kamin, als Raphael rein kam. „Was macht ihr hier so alleine? Geht euch doch amüsieren. Zerphia hat bestimmt Zeit und Lust euch ihre Dienste anzubieten!“, schlug Raphael vor. „Ich möchte aber alleine sein!“, erwiderte Arzelus schlicht.
„Wie ihr wollt, doch sollte es euch interessieren, dass die Engel wieder einmal uns ärgern wollen!“, versucht Raphael Arzelus zu interessieren. „So was haben sie denn nun schon wieder angestellt?“, fragte Arzelus uninteressiert. „Sie meinen, dass ihr das Mädchen Ilyla mit einen Zauber belegt habt um sie euch gefügig zu machen!“, erklärte Raphael.
„Wer kommt auf so was? Solche Behauptungen sollten sie begründen können, bevor sie sie aussprechen!“
„Ihr habt recht, doch behaupten sie, dass sie es beweißen könnten und es war Lorenzes, der Verlobte des Mädchens, der diese Äußerung kund tat!“, sagte Raphael mit schleimiger Stimme.
„Ihr Verlobter? Wann ist den die Hochzeit, wir wollen doch schließlich auch dabei sein um zu gratulieren!“, sagte Arzelus kühl.
„Oh! Die Hochzeit ist noch nicht geplant! Sie, die Verlobte, hatte vor Lorenzes‘ Dienern und ihn selbst in aller Öffentlichkeit gesagt, dass sie lieber sterben würde, als ihn zu heiraten!“, erzählte Raphael. „Das Mädchen weiß woran es ankommt, ich würde Lorenzes auch nicht heiraten wollen“
„Ihr beliebt zu scherzen! Lorenzes zu heirate sollte für Engelmädchen der Traum sein, deswegen glauben die Engel, ihr habt sie verzaubert!“, entgegnete Raphael. „So ein Schwachsinn! Nur weil ein Mädchen einen anderen Geschmack hat, glauben die Engel wir Dämonen sind schuld!“, sagte Arzelus streng mit erhobener Stimme.
„Was schlagt ihr vor, mein Herr? Sollen wir den Engeln eine Lektion erteilen?“, fragte Raphael neugierig. „Nein, wenn wir jetzt angreifen und einen Krieg heraufbeschwören, glauben sie erst recht, dass wir daran schuld sind!“
„Aber Herr! Wir können so eine Verleumdung nicht auf uns sitzen lassen!“, versuchte Raphael Arzelus zu überreden, „außerdem, mein Herr, wollen die Dämonen endlich mal wieder sich so richtig austoben!“
„Mach was du willst! Aber lass mich aus dem Spiel! Wenn die Engel sauer werden, nimmst du alles auf deine Kappe!“, werte Arzelus ab.
„Wie ihr meint!“, sagte Raphael und sah Arzelus aus den Augenwinkeln finster an. Arzelus blickte wieder zum Bild.
Ilyla saß in ihr Zimmer und dachte an Arzelus, wieso hatte er das gesagt? Diese Frage ging ihr nicht mehr aus dem Kopf. Den Streit mit Lorenzes hatte sie schon wieder vergessen. Plötzlich hörte sie Schreie außerhalb des Schlosses.
Sie sah aus dem Fenster und sah Dämonen, die das Schloss angriffen. Die Wachen wurden alle auf das brutalste hingemetzelt. Das Blut floss in kleinen Rinnsälen über die Stufen der Schlosstreppe. Die Tür des Schlosses ging auf und Lorenzes schritt in leuchtender Rüstung raus und schlug auf die Dämonen ein. Keiner konnte ihm standhalten. Die Restlichen wichen zurück.
Einer stielte zufällig zu Ilylas Fenster hoch. Er sah sie am Fenster, welches keine Scheiben hatte, sondern nur eine große Öffnung vom Zimmer zum Balkon.
Der Dämon zeigte mit dem Finger auf sie und rief den anderen etwas zu. Die anderen sahen auch hoch, ebenso Lorenzes. Da begriff Ilyla, dass die Dämonen ihretwegen gekommen waren. Sie sprang kurz entschlossen über die Brüstung ihres Balkons, breitete ihre Flügel aus und flog davon. Die Dämonen folgten ihr, sowie Lorenzes. Ilyla war aber die schnellste Fliegerin unter den Engeln, selbst Lorenzes, der vor ihr der schnellste war, wirkte wie eine Schnecke im Vergleich zu ihr. Doch die Dämonen waren auch schnell. Einer näherte sich Ilyla und hätte sie fast erwischt, wenn sie nicht eine scharfe Kurve gemacht hätte.
Für einen kurzen Augenblick konnte Ilyla ihren Vorsprung ausbauen, doch dann holten die Dämonen schnell wieder auf. Sie merkte, dass sie so nicht entkommen konnte. Sie wandte sich um, bereit für einen Kampf mit den Dämonen.
In den Jahren hatte man ihr alles über den Kampf beigebracht, sodass sie bald die beste und stärkste geworden ist.
Die Dämonen hielten ein paar Meter vor ihr. Einige hielten seitlich von ihr und einige hinter ihr. Bald war sie umzingelt von ihnen. „Dummes Engelsweib! Hättest weiter fliegen sollen! Jetzt sitzt du in der Falle!“, sagte einer der Dämonen grinsend. Er hatte Hörner auf den Kopf und spitze Eckzähne. Ilyla erkannte ihn. Es war derselbe, den sie belauscht hatte.
„Glaubst du wirklich?!“, entgegnete sie selbstsicher. Der Dämon stutzte, gewann aber schnell seine Fassung wieder. „Was willst du den gegen uns ausrichten, Hä?“, meinte er spöttisch.
„Euch töten! Was sonst!“, sagte sie kalt. Der Gehörnte sah sie hasserfüllt an und brüllte: „Fast sie!“
Die Dämonen stützten auf Ilyla los. Ilyla strich sich durch die Haare und zog ein Haar raus, dieses wurde starr zu einer Nadel und wuchs zu einen langen Schwert mit einem leuchtenden Schimmer.
Als die Dämonen es sahen zögerten sie. Aber der Anführer schrie, sie sollen Ilyla gefangen nehmen. Abermals stützten sich die Dämonen auf Ilyla, doch sie schwang das Schwert und ein leuchtender Blitz in Form einer Mondsichel entfuhr den Schwert und traf mehrere Dämonen. Diese Dämonen verbrannten durch ein Feuer, das vom Blitz her entstanden ist. Weitere Dämonen kamen auf Ilyla zu. Wieder schwang sie das Schwert und abermals wurden mehrere Dämonen getroffen. Doch so sehr sie auch auf sie einschlug, die Dämonen waren zu viele. Bald konnte Ilyla nicht mehr und die Dämonen schafften es ihr das Schwert zu entreißen. Andere Dämonen packten sie an den Armen, während der Anführer mit einen kleinen Fläschchen auf sie zukam. Er öffnete das Fläschchen und heraus strömte ein violetter Nebel. Ilyla wurde schwarz vor Augen.
Als Ilyla erwachte, war ihr sehr schwindlig. Nach einer Weile gewöhnten sich ihre Augen an die Dunkelheit, die im Raum herrschte.
Der Raum sah aus wie ein Laboratorium mit Reagensgläser und Flüssigkeiten, die in der Dunkelheit glühten. Sie selbst hing in Seilen an einen Pfahl, wie ihr schien, doch bald merkte sie ihren Irrtum.
Sie war an einen Kreuz gebunden, dass von der Decke hin. Ihr Blick fiel auf den Boden. Dort sah sie eine runde Steinplatte mit Schriftzeichen. In der Dunkelheit konnte sie nicht erkennen, um was für Zeichen es sich handelten.
Als Ilyla wieder Gefühl in ihren Armen und Beinen hatte, spürte sie stechende Schmerzen, als würden überall an ihren Körper Nadel sein. Wenn sie sich bewegte, nahm der Schmerz zu. Selbst an ihren Hals spürte sie die Nadeln. Ihr lief eine Flüssigkeit in den Mund, als sie versuchte den Hals zu drehen. Die Flüssigkeit schmeckte metallisch. Es war Blut!
Ein Tropfen lief ihr am Handgelenk entlang und tropfte auf die Steinplatte. An der Stelle, wo der Tropfen hinfiel, begann die Platte zu leuchten. Ilyla spürte eine böse Macht, die von der Platte ausging.
„Wie ich sehe, bist du aufgewacht!“, sagte eine Stimme neben Ilyla. Es war Raphael.
„Wieso hast du mich entführt?“, fragte Ilyla giftig. „Na na nicht so stürmisch!“, sagte Raphael und grinste.
„Wieso hast du mich nicht gleich getötet?“, fragte Ilyla weiter.
„Wieso sollte ich? Das wäre doch Verschwendung! Weist du wie viel Energie eine reine Seele liefert?“, fragte Raphael zurück.
„Wozu braucht du Energie? Was hast du mit mir vor?“, fragte Ilyla wütend. „Ich werde dir deine Seele entziehen und die Energie, die sich daraus ergibt, werde ich für die Wiederbelebung von der Dämonin Iris verwenden. Du weißt doch noch wer Iris ist, oder?“, erklärte Raphael.
„Ja weiß ich! Sie war ein Monster. Sie hat alles getötet, was sie störte, sogar ihre eigenen Leute. Was hast du davon? Sie wird dich auch töten, wenn sie erst wieder lebt. Hast du daran gedacht?“
„Glaubst du wirklich, sie würde ihren Schöpfer töten?“ Raphael war sichtlich von sich überzeugt.
„Sie würde mich niemals töten! Sie wird mir ihr Leben verdanken!“
„Das glaubst nur du! Allein schon, weil du ihr ein neues Leben gegeben hast, wird sie dich töten! Sie hasst alle, denen sie was schuldig ist! Sie wird dich als erstes töten!“, versuchte Ilyla zu erklären.
„Wie du meinst! Selbst, wenn du recht hast und sie mich tötet, so lebt sie doch wenigsten und sie wird die Dämonen an die Spitze führen! Und das Ende für die Engel einläuten!“
Raphael lachte, als hätte man ihm einen guten Witz erzählt.
„Arzelus ist ein Versager, weich und mitleidig, wie ein Mensch. Er hat den Thron nicht verdient. Nun werde ich ihn das nehmen, was ihm am wichtigsten war!“, spottete Raphael.
Er nahm einen Dolch vom Tisch.
„So, wir haben genug geredet! Es wird Zeit! Ich hoffe, du magst Schmerzen!“, sagte Raphael grinsend und begann magische Zeichen und Ziffern in Ilylas Haut zu ritzen.
Ilyla verzog vor Schmerzen das Gesicht, gab aber keinen Laut von sich.
Ilylas Blut lief in kleinen Rinnsalen über ihre Haut und tropfte am Ende auf die Platte. Diese begann zu glühen.
Schwarzer Nebel stieg von der Platte auf und stieg Ilyla in die Nase. Der Geruch war unangenehm und Ilyla wurde schwindlig und verlor die Kontrolle über ihren Körper. Eine Ohnmacht breitete sich über Ilylas Gedanken aus.
Sie versuchte sich zu wehren, anfangs gelang ihr das auch, aber es wurde immer schwerer.
Arzelus sah die Dämonen wiederkommen. Sie trugen eine Gestalt bei sich. Arzelus wunderte sich, seit wann machen Dämonen Gefangene? Er ging aus seinen Zimmer und suchte Raphael. Nach einer Weile fand er ihn. „Wenn haben deine Gesellen mitgebracht?“, fragte Arzelus Raphael.
„Ach, ein kleiner unbedeutender Engel. Sie wollten sich nur einen Spaß erlauben. Seid unbesorgt. Wir werden ihn wieder zurück bringen!“, beschwichtigte Raphael Arzelus. Er blieb skeptisch.
Arzelus täuschte vor in sein Zimmer zu gehen, blieb aber im Schatten der Treppe stehen und beobachtete Raphael. Der ging zügig zu den Dämonen, redete durchdringlich auf sie ein und zeigte mit dem Finger auf eine Wand. Die Dämonen nickten und gingen zu der Wand und durch sie durch.
Arzelus staunte, er hatte nichts von dem Geheimgang gewusst. Er schlich den Dämonen nach, doch als er durch die Wand gehen wollte, ging es nicht. Arzelus fuhr mit der Hand die Wand entlang, doch diese war massiv.
Lorenzes sah Ilyla, gefolgt von den Dämonen, davon fliegen. Er versuchte ihr zu folgen, doch als er da war, sah er nur noch die Dämonen, wie sie Ilyla durch das Tor zur Schattenwelt trugen. Lorenzes war wütend und wollte die Dämonen sofort angreifen um seine „Verlobte“ wieder zurück zu holen.
Er schlug Alarm und nach kurzer Zeit waren hunderte von Krieger auf sein Schloss. Lorenzes erklärte ihnen, was geschehen war. Anschließend flogen sie zum Tor und in die Schattenwelt. Dort erwartete sie ein riesiges Heer von Dämonen. Beide Seiten formierten sich und warteten auf das Zeichen des Angriffs.
Ein Dämon schrie: "Zum Angriff! Macht dieses Engelspack nieder!“ und alle stürmten aufeinander los. Der Kampfeslärm drang zu Arzelus’ Ohr und er ging nachsehen, woher er kam. Er sah Engel mit weißen Schwertern auf Dämonen einschlagen, genauso Dämonen auf Engel. Das Blut spritzte auf den Boden und bildete Lachen.
Unzählige Leichen lagen auf dem Schlachtfeld.
Arzelus begriff schnell, dass das ganze nicht nur wegen eines unwichtigen Engels ging. Selbst Lorenzes war auf den Schlachtfeld und versuchte stetig sich einen Weg zum Schloss zu bahnen.
Ging es hier um Ilyla, schoss es Arzelus durch den Kopf. Er rannte wieder zur Wand und suchte nach einen Hebel oder dergleichen, fand aber keinen.
Er zog sein Schwert und ließ es einmal auf die Wand niedersausen. Die Wand gab nach und zeigte eine Treppe.
Arzelus ging sie hinunter und befand sich in einen Raum. Raphael stand neben ein hängendes Kreuzes, wo eine Gestalt fest gebunden war.
Blut tropfte von der Gestalt auf eine Steinplatte, von welcher ein schwarzer Nebel aufstieg und sich um die Gestalt legte. Arzelus stürzte aus seinem Versteck und auf Raphael zu. Dieser wicht, als er Arzelus bemerkte, zurück.
„Wie bist du hier rein gekommen?“, fragte Raphael erschrocken.
„Warum? Sollte ich denn dein Versteck nicht finden?“, fragte Arzelus wütend.
„Nein! Du solltest nicht!“
„Was macht du hier?“, verlangte Arzelus zu erfahren. „Das geht dich nichts an!“
Arzelus sah zu der Gestalt und merkte, das der Nebel durch den Mund in den Körper eindrang. Ein schwacher Laut drang an Arzelus’ Ohr. Er sah sich die Gestalt genauer an, ging auf sie zu und erkannte sie.
„Ilyla!“, rief er erschrocken.
Er versuchte die Seile zu lösen, doch waren die Dornen daran spitz und er stach sich in die Finger. Er zog sein Schwert und schlug auf die Dornen ein, war aber vorsichtig, dass er Ilyla nicht verletzte. Doch so sehr er auch sich abmühte, er konnte sie nicht zerteilen. Raphael lacht laut auf.
„Du Narr, glaubst du wirklich mit deinem mickrigen Schwert könntest du die Schwarzdornen schneiden! Niemand kann das! Deine Versuche sind Zwecklos!“
„Du Bastard! Befreie sie oder ich schlag dir den Kopf ab!“
„Tut mir leid mein Freund. Ich kann sie nicht befreien, selbst ich kann die Schlingen nicht zerstören!“
Raphael zog an eine Schnurr und an der Decke öffnete sich ein Loch, durch dass das Kreuz hochgezogen wurde. Arzelus sah wie seine Ilyla mit dem Kreuz immer höher fuhr.
Er rannte die Treppe rauf und war wieder im Saal. Dort war ein Loch im Boden, durch das gerade das Kreuz hoch kam. Die Ketten, an denen das Kreuz hing, klirrten. Das Kreuz wurde senkrecht aufgestellt. Ilyla hing schlaff in den Dornenschlingen. Arzelus sah die vielen Wunden, aus denen das Blut rann. Ilyla hob ein wenig ihren Kopf und öffnete die Augen.
Sie glaubte zu Träumen, Arzelus stand vor ihn und sah sie traurig und verzweifelt an. Sie weiß nicht, wie lange sie schon in den Schlingen gefangen war, aber als der Nebel ihre Sinne trübte, hatte sie nur noch Alpträume gehabt.
Plötzlich ging das Tor zum Saal auf und Lorenzes kam herein. „Du mieser Mistkerl! Was hast du mit Ilyla gemacht?“, schrie Lorenzes und stürzte sich mit gezogenen Schwert auf ihn. Arzelus werte den Schlag ab. „Ich war das nicht! Ich könnte ihr niemals wehtun!“
„Lügner! Du hast sie verzaubert und dafür sollst du sterben!“, sagte Lorenzes wütend.
„Ich habe sie nicht verzaubert!“
Beide standen sich gegenüber und umkreisten sich, wie Adler. Lorenzes setzte zum zweiten Schlag an, auch diesen konnte Arzelus abwehren. Immer wieder schlug Lorenzes auf Arzelus ein, der sehr viel Mühe hatte die Schläge abzuwehren.
„Glaubst du nicht, dass es wichtiger wäre, Ilyla aus den Schlingen zu befreien als sich die Köpfe einzuschlagen!“, versuchte Arzelus Lorenzes zum Nachdenken zu bringen.
„Warum sollte ich? Wahrscheinlich willst du, dass ich das mache um mich in eine Falle zu locken, aber so blöd bin ich nicht!“, entgegnete Lorenzes und schlug wieder auf Arzelus ein.
„Wieso bist du nur so von dir überzeugt! Hier geht es nicht um dich, sondern um Ilyla! Wann begreift du das?“
„Was ist an Ilyla so besonders, als das sie ein schönes Weib ist?“, fragte Lorenzes spöttisch.
„Sie besitzt die reinste Seele von allen Kreaturen dieser und aller anderen Welten!“, antwortete Raphael, der gerade dazu gekommen ist.
Lorenzes sah sich um und entdeckte Raphael.
„Reine Seele? Wieso sollte sie eine reine Seele haben? Sie ist verliebt in einen Dämonen!“, als er das sagte, sah er Arzelus angewidert an.
„Genau das macht ihre Seele so rein! Sie sieht nicht den Unterschied Dämon, Engel, sondern beurteilt nach ihrer eigener Auffassung! Deswegen hat sie eine reine Seele!“, erklärte Raphael.
„Und was hattest du mit ihr vor?“, fragte Arzelus erneut, „los antworte!“
„Dummerchen! Hast du nicht aufgepasst, als ich dir die Energieverteilung der Welten erklärt hatte!“, Raphael grinste.
„Die Energieverteilung?“ Arzelus überlegte. „Die Welten bestehen aus magischer Energie, die durch die Kraft der Natur erzeugt wird. Wenn ein Lebewesen stirbt, wird die Seele in diese Energie umgewandelt.“
Dann erkannte Arzelus Raphaels Absichten.
„Du wolltest Ilylas Seele in Energie umwandeln! Aber wozu, brauchst du sie?“
„Wenn man die Energie der reinsten Seele besitzt, kann man schon längst verstorbene Wesen wieder zu leben erwecken! Sagt dir das was?!“
Raphael sah Arzelus an. Arzelus’ Blick verfinsterte sich.
„Du wolltest Iris wieder zum leben erwecken!“, sagte Arzelus ruhig. Lorenzes machte große Augen. Hinter Arzelus und Lorenzes begannen einige Schlingen von den Dornengestrüpp, das Ilyla festhielt, sich zu bewegen und in Arzelus’ und Lorenzes’ Richtung zu schlängeln. Ilyla hat die Unterhaltung nur ungenau wahrgenommen, doch jetzt sah sie die Schlingen bewegen und war aus ihrer Benommenheit rausgerissen.
Sie versuchte einmal zu sprechen, doch war ihr Hals und Mund trocken und es kratzte. Wenn sie den Mund bewegte stachen die Dornen sie. Die Schlingen krochen immer näher an Arzelus und Lorenzes ran. Ilyla beobachtete sie und versuchte sich zu bewegen, doch der Schmerz ließ sie still halten. Fast schon waren die Schlingen bei den Füßen der Männer, als Ilyla abermals versuchte zu sprechen.
„Arzelus! Hinter dir!“, wollte sie schreien, aber es kam nur ein kleines Flüstern aus ihren Mund, doch es reichte um Arzelus Aufmerksamkeit auf sie zu lenken und da sah er die Schlingen auf sich zukommen und sprang beiseite. Lorenzes, von der plötzlichen Bewegung abgelenkt, sah auch die Schlingen und sprang auch weg.
Raphael nutzte die Zeit, wo beide abgelenkt waren und griff sie an. Arzelus versetzte den herannahenden Raphael einen Stoß mit seinem Schwert, sodass das Schwert von Raphael aus der Hand flog und mit der Klinge in einer Säule stecken blieb.
Raphael sah Arzelus entsetzt an. Dieser ging auf Raphael zu, packte ihn am Kragen.
„Befreie Ilyla von den Schlingen!“
„Das kann ich nicht!“ Arzelus ließ Raphael fallen und ging auf Ilyla zu.
„Ilyla hörst du mich?“, fragte er leise und strich ihr über das Gesicht. Sie öffnete ihre Augen. Arzelus sah großen Schmerz darin.
„Ich werde dich da runter holen, dass verspreche ich dir!“, sagte Arzelus und ging einige Schritt zurück. Er nahm sein Schwert fest in die Hand und schwang es, sodass wieder eine mondsichelförmige Energiewelle auf die Schlingen traf.
Lorenzes sah, das Arzelus Ilyla berührte, und schäumte vor Wut. Er hob langsam sein Schwert und war im Begriff Arzelus anzugreifen, als Raphael sich auf Arzelus stürzte. Dieser sah den Angriff in letzter Sekunde und sprang zu Seite.
Arzelus stieß sein Schwert in Raphaels Bauch. Raphael beugte sich vorn über vor Schmerze, fasste die Klinge von Arzelus’ Schwert und versuchte es herauszuziehen. Arzelus griff sein Schwert fester und zog es durch Raphaels Körper.
Das Blut spritzte auf den Boden und es sah so aus, als ob es verdampfte, wenn es aufkam. Der leblose Körper Raphaels sank zu Boden. Lorenzes war starr vor Schreck. Ihm wurde schlecht und ein Gefühl, als müsste er sich übergeben, überkam ihm. Arzelus sah Lorenzes an, dieser hatte sein Schwert sinken lassen und sah Arzelus angsterfüllt an.
„Wir müssen Ilyla da runter holen!“, sagte Arzelus und zeigte auf Ilyla. Lorenzes sah zu Ilyla. Sie hing schlaff in den Schlingen und sah mit müden, kraftlosen Augen auf die Beiden nieder. Man konnte keine Reaktionen an ihr feststellen.
Lorenzes blickte wieder zu Arzelus. Er sah vor seinem inneren Auge, wie Arzelus Ilyla genauso töten würde, wie er Raphael getötet hatte. Das löste eine Wut in Lorenzes aus und er stürzte auf Arzelus zu, dieser war zu beschäftig um auf Lorenzes zu achten, sodass er den Angriff nicht mit bekam. Lorenzes’ Schwert drang in Arzelus Körper. Arzelus spürte einen großen Schmerz und bemerkte, was geschehen war.
Arzelus’ Blut lief an der Klinge von Lorenzes’ Schwert entlang um dann auf den Boden zu tropfen. Beide blickten sich in die Augen, Lorenzes mit kalten und hasserfüllten Blick, Arzelus mit Schmerz und Unverständnis in den Augen. Lorenzes zog sein Schwert aus Arzelus’ Körper. Arzelus sank auf die Knie.
Ilyla sah es und in ihr regte sich eine Kraft, von der sie nicht wusste.
Sie sah wie Lorenzes gebieterisch vor Arzelus stand und sich bereit machte ihn den letzten Gnadenstoß zu geben. Ilyla wollte das verhindern. Die neue Kraft ließ sie allen Schmerz vergessen. Ein weißes Licht umhüllte sie und sie zerrte an den Schlingen. Lorenzes hob sein Schwert und ließ es niedersausen, da rissen die Schlingen und Ilyla stürzte auf Arzelus zu. Um ihn zu schützen, warf sie sich über ihn. Das ging alles so schnell, dass Lorenzes nicht wusste, was geschehen war.
Sein Schwert sauste auf Ilyla zu und er konnte nicht mehr zurück. Arzelus sah Lorenzes über sich stehen und das Schwert auf sich zusausen, als er Ilyla vor sich sah. Sie schlang ihre Arme um ihn und schützte ihn. Ein weißes Licht ging von Ilyla aus und als es das Schwert berührte, zerfiel das Schwert zu Staub. Lorenzes sah es mit entsetzen und wich ein paar Schritte zurück.
Das Licht erlosch und Ilyla verließen die Kräfte. Sie sang in eine tiefe Ohnmacht und in Arzelus Armen. Die Wunde, die Lorenzes Arzelus zugefügt hatte, war schon wieder fast verheilt. Arzelus hob Ilyla auf und wandte sich an Lorenzes.
„Ilyla wird hier bleiben! Du pfeifst deine Hunde zurück und verschwindest aus dieser Welt!“ Lorenzes wollte widersprechen, ließ es aber, als er Arzelus’ Blick sah. Wie ein getretener Hund ging Lorenzes widerwillig aus dem Schloss.
Ilyla erwachte und fühlte sich wie ausgelaugt. Am ganzen Körper hatte sie Schmerzen. Sie lag in einen weichen Bett. In einen Kamin am Fußende des Bettes brannte ein Feuer, dessen Flammen schwarz waren und nur wenig Licht lieferten. Doch war es warm im Zimmer. Sie sah sich ein wenig um, soweit es ihre Schmerzen es erlaubten.
Das Zimmer, in den sie sich befand, sah genauso aus wie ihr Zimmer, nur es war alles in schwarz. Ilyla hörte Schritte vor der Tür, dann kam Arzelus rein mit einem Tablett in der Hand. Auf den Tablett war Essen und eine Tasse Tee.
„Oh! Du bist ja schon wach?!“, sagte Arzelus leise.
„Hmm! Was hast du da?“, fragte Ilyla neugierig.
„Was zu essen und ein Kräutertee für dich. Der Tee wird dir helfen schnell gesund zu werden!“, erklärte Arzelus und stellte das Tablett auf den Nachttisch neben dem Bett. Ilyla sah sich die Dinge an, die zu essen sein sollten und nahm ein Stück. Es schien Kuchen zu sein. Sie schnupperte wie ein Hund daran und biss einen kleinen Krümel ab. Diesen ließ sie sich auf der Zunge zergehen und fand, dass es schmeckte.
Arzelus beobachtete sie dabei und musste schmunzeln. Ilyla sah ihn fragend an.
„Du hast dich nicht verändert! Nicht ein bisschen in den Jahren!“, sagte Arzelus und lächelte.
„Findest du?“, fragte Ilyla überrascht und biss ein großes Stück von den Kuchen ab.
„Was ist das?“, fragte sie mit vollem Mund.
„Das ist eine Art Brot. Genau kann ich dir das nicht sagen. Unsere Medizinfrau hat mir das gegeben! Sie meinte, dass dich das schnell gesund machen wird!“
„Hm...Ihr habt eine Medizinfrau? Bei uns gibt es eine Seherin. Sie könnte so was wie eine Medizinfrau sein. Sie hat für jedes Leiden etwas parat!“, sagte Ilyla nachdenklich.
„Na ja! Wir nennen sie Medizinfrau, wie sie richtig heißt, weiß niemand!“, sagte Arzelus.
„So ist es auch mit unserer Seherin! Niemand kennt ihren richtigen Namen. Außerdem ist sie die einzige, die mich versteht. Sie gab mir den Tipp damals, ich solle mein Fenster offen lassen, als du mich besuchen kamst! Warum hat sie nie gesagt. Auch als alle getuschelt haben, an den Abend als du mich geküsst hast, meinte sie nur, sie würde sich nicht zwischen zwei Verliebte stellen. Davon, dass du ein Dämon bist, hat sie nie etwas gesagt, obwohl sie es wusste!“
„Mir kommt es vor, als würdest du von unserer Medizinfrau sprechen! Glaubst du, das ist ein Zufall?“
„Ich weiß nicht. Ich glaub nicht! Vielleicht sind sie verwandt?“
„Das würde bedeuten, sie wären Teil Dämon und Teil Engel!“, schlussfolgerte Arzelus.
„Nicht ganz! Von meiner Seherin ausgegangen, wäre das möglich, denn niemand weiß, wie alt sie ist und von Anfängen der Engel und Dämonen waren beide Familien Freunde und lebten in Frieden zusammen, sodass das Blut stets gemischt war. Damals hatten die Engel und Dämonen noch dieselbe Flügelfarbe. Erst als die damals Damon-Engel genannte Gruppe sich von den anderen zurückzog, wurden die Farben gruppenspezifisch. Übrigens wurde diese Gruppe von einen Engel angeführt der Damon hieß!“
Arzelus hörte interessiert zu, solche Dinge hatte Raphael ihn nie erzählt.
„Woher weißt du das alles? Mir hat niemand solche Dinge erzählt!“, wunderte er sich.
„Mir hat auch niemand diese Dinge erzählt, doch hatten wir eine alte Bibliothek, dort habe ich alte Schriftrollen gefunden und sie gelesen. Aus ihnen habe ich alles erfahren!“
„Also müsste die Seherin, wie du sie nennst und meine Medizinfrau so alt sein, das sie noch die Trennung damals mitbekommen haben!“, überlegte Arzelus.
„Aber es gibt noch eine zweite Erklärung, warum sie Dämonen nicht hasst oder fürchtet!“
„So? Welche denn?“, fragte Arzelus neugierig.
„Mir ist eben eingefallen, dass es schon mal eine Liebe zwischen Dämon und Engel gegeben hat. Schon vor unser erstes Leben! Damals war es so, dass ein Engelmädchen sich einmal in die Schattenwelt verirrt hat, dort wurde sie von einem Dämon gefunden, der ein General oder ähnliches war! Er nahm sie mit zu sich nach Hause und ließ sie dort wohnen. Eigentlich hätte er es jemanden melden, aber er tat es nicht. Später hat er sie zurückgebracht. Ein anderer Dämon hat aber Wind bekommen und ihn verpetzt. Und die Strafe war tot. Das Mädchen hatte ihn öfter besucht und dann irgendwann kamen die anderen und vollzogen die Strafe. Die Dämonen trauerten um ihren Freund.
Das Mädchen soll es gesehen haben. Wer ihn verraten hat, wusste sie nicht, aber sie soll später gesagt haben, dass Dämonen treu zueinander sind!“, erzählte Ilyla, „das Mädchen verschwand irgendwann und wurde nicht wieder gesehen! Vielleicht ist meine Seherin ja dieses Mädchen!“
„Du könntest recht haben!“, rief Arzelus aufgeregt. Ilyla nahm ein Schluck vom Tee. Arzelus war aufgestanden und lief im Zimmer auf und ab.
„Was ist? Warum bist du so nervös?“, fragte Ilyla ihn.
„Ich weiß nicht! Ich würde jetzt zu gerne wissen, ob unsere Überlegungen war sein könnten!“
„Wieso fragst du sie nicht?“, sagte Ilyla.
„Gute Idee!“
Er ging kurz raus und redete mit einem anderen Mann, dann kam er wieder rein. „Sie wird gleich kommen!“, berichtete er.
Ilyla nahm ein paar Schlucke von ihren Tee. Arzelus saß angespannt neben ihr auf einen Stuhl, als nach einer Weile sich die Tür öffnete und eine Frau rein kam. Ilyla macht große Augen und hätte beinahe ihren Tee verschüttet. Die Frau bemerkte sie und sah sie genauso erstaunt an.
„Ich wusste nicht, dass du hier bist!“, sagte sie.
„Also kennst du sie?“, fragte Arzelus.
„Ja natürlich! Aber was macht sie hier? Ich dachte Lorenzes hätte sie wieder mit ins Himmelreich mitgenommen!“, sagte die Frau.
„Ich hatte das allen erzählt, aber ich wollte Ilyla nicht bei ihm lassen!“, gestand Arzelus.
„Also war das Essen und der Tee für dich Ilyla?“, erkannte die Frau.
„Ja! Aber wer bist du wirklich?“, fragte Ilyla ohne Umschweifungen.
„Du kennst mich doch! Ihr beiden kennt mich! Ich bin die Seherin oder auch Medizinfrau, wie man mich hier nennt!“, sagte sie.
„Aber wie heißt du wirklich?“, fragte Arzelus.
„Ich heiße Ishisu!“, antwortete sie.
„Bist du das Mädchen, das damals in den Dämonen verliebt war?“, fragte Ilyla leise.
Ishisu seufzte. „Ja ich bin das Mädchen! Das Erlebnis damals hat mich so mitgenommen, das ich alterte von heut auf morgen! Ich versteckte mich eine Weile bei den Menschen, aber es zog mich zurück zu den magischen Welten und so ging ich mal in die eine mal in die andere Welt und lebte zwei Leben! Es tut mir leid, aber ich konnte mich dir nicht anvertrauen, nicht so lange Raphael lebt!“, erklärte Ishisu.
„Na wenigstens hast du es jetzt gesagt und wenn du dich wohler fühlst, sagen wir es auch nicht weiter!“, versprach Ilyla und lächelte.
„Ich danke euch! Aber jetzt muss ich gehen! Lorenzes ist sehr wütend auf dich, Arzelus! Ich glaube, lange wird er nicht untätig bleiben. Sobald er neue Truppen aufstellen kann, wird er wieder angreifen! Also lass Ilyla so schnell wie möglich in ihre Welt. Sie kann dich ja immer besuchen kommen, wann sie will!“, sagte Ishisu.
Arzelus hörte das mit Unbehagen. Er wollt Ilyla noch nicht gehen lassen, nicht so schnell, wo er sie doch gerade erst bei sich hat.
Ishisu verließ den Raum.
Ilyla stellte die leere Tasse auf den Nachttisch und legte sich zurück ins Bett. Die Unterhaltung hatte sie ganz erschöpft. Sie wollte nur noch schlafen. Arzelus gab Ilyla einen Kuss auf die Stirn und ging aus dem Zimmer.
Ilyla schlief ein und träumte von einer Wiese, dann sah sie sich im Vollmond spazieren gehen. Arzelus kam auf sie zu, zog sie an sich und küsste sie. Im Schlaf lächelte Ilyla.
Lorenzes sah seine Kämpfer getötet auf der Erde liegen, als er aus dem Schloss kam. Nur einige leisteten verzweifelt Widerstand. Lorenzes rief sie zusammen und sie gingen zurück in ihre Welt. Dort wurden die Verletzten behandelt und gepflegt. Lorenzes schritt wütend in sein Zimmer auf und ab. Er konnte es nicht fassen. Wie konnte dieser Dämon es wagen Ilyla bei sich zu behalten. Warum hat Ilyla ihn gedeckt? Was war das für ein Licht gewesen?
Lorenzes blieb stehen, sah zu einen Bild, das über den Kamin hing.
„Ich werde Ilyla zurückholen, wenn es sein muss mit Gewalt!“ Daraufhin drehte er sich um und ging aus dem Raum.
Lorenzes flog beschäftigt von einen Schloss zum anderen. In einem begegnete ihm die Seherin.
„Guten Tag! Prinz Lorenzes! Ich habe gehört, dass sie Ilyla heiraten wollen! Stimmt das, mein Herr?“, fragte sie Lorenzes.
Dieser blieb stehen und sah zur Seherin. Er hatte nie viel von ihr gehalten, aber jetzt könnte sie ihm nützlich sein. Er ging lächelnd auf die Seherin zu.
„Ja es stimmt! Ilyla und ich werden bald heiraten! Aber vorher muss ich noch eine Rechnung begleichen! Es wäre schön, wenn sie mir helfen würden!“, sagte Lorenzes schmeichelnd.
„Wie kann ich ihnen helfen?“, fragte die Seherin.
„Sie könnten mir sagen, wie ich die Dämonen ohne viele Männer auslöschen kann!“, sagte Lorenzes unverblümt.
„Aber mein Herr! So was weiß ich doch gar nicht! Wie sollte ich wissen, wie man Dämonen bekämpft? Das ist nicht meine Aufgabe!“, sagte die Seherin entrüstet.
„Lüge nicht Weib! Ich weiß seit langen, dass du in der Dämonenwelt ein und aus gehst!“, sagte Lorenzes wütend.
Die Seherin sah ihn entsetzt an und wich einige Schritte zurück.
„Nun sag mir! Was hast du mit den Dämonen zu schaffen? Antworte!“, sagte Lorenzes scharf.
„Ich ...“, begann sie, doch dann brach sie ab, drehte sich um und flog weg. Lorenzes sah triumphierend hinterher.
Er wandte sich um, ging auf einen Wachposten zu und befahl die Seherin in Gewahrsam zu nehmen. Der Wachposten flog der Seherin hinterher.
Lorenzes grinste überlegen.
„Du wirst mir nicht entkommen!“, dachte Lorenzes.
Die Seherin wurde in einem Raum gebracht. Der Raum war durch ein magisches Netz verriegelt worden.
Lorenzes trat ein.
„Nun? Willst du mir jetzt sagen, was du in der anderen Welt verloren hast?“, fragte er ruhig.
Die Seherin schwieg.
„Auch gut! Du weißt, dass dies jetzt dein Zimmer sein wird, bist du mir erzählst, was du da wolltest?“, fragte Lorenzes abermals. Sie nickte.
„Sagst du mir denn wenigstens deinen richtigen Namen?!“, fragte Lorenzes ruhig.
„Ishisu“, sagte sie ruhig und blickte Lorenzes fest in die Augen.
„Du bist also das Mädchen von damals! Sehr interessant! Und? Wie geht’s deinen Lover?“, fragte Lorenzes wohl wissend, dass er tot war, und grinste.
„Du weißt, dass er nicht mehr lebt!“, sagte Ishisu verletzt.
„Stimmt ja! Er weilt ja nicht mehr unter den Lebenden!“, rief Lorenzes übertrieben überrascht, „nun dann sag mir, was du im Schattenreich wolltest!“
Ishisu schwieg abermals.
„Gut. Dann schweige, wenn du willst für Rest deines Lebens!“, sagte Lorenzes wieder ruhig, aber wütend. Er ging aus dem Raum und schloss die Tür ab. Ishisu setzte sich aufs Bett und wartete.
Ilyla zog sich ihre Sachen an und ging aus ihr Zimmer runter in den Saal. Dort stand Arzelus mitten im Raum und schaute zur Tür.
„Was machst du hier?“, fragte Ilyla verwundert.
„Ich dachte gerade an das erste Mal, als ich dich bei den Engel gesehen habe!“, antwortete Arzelus, „damals war ich von deiner Schönheit verzaubert! Der Saal sah genauso aus wie dieser, nur war er weiß und leuchtete angenehm! Es kommt mir vor, als wäre es schon Jahre her. Nun, heute gehst du zurück in deine Welt und dann? Ich hab das Gefühl, dass ich dich das letzte Mal sehen werde!“
„Arzelus, was soll das? Du wirst mich wieder sehen!“, versuchte Ilyla ihn zu beruhigen. Sie schlang ihre Arme um seinen Körper und drückte sich an ihn. Arzelus strich mit einer Hand über ihre Haare. Ilyla löste sich von Arzelus und ging zur Tür. Er folgte ihr schnell und fasste sie bei der Hand. Zusammen gingen sie den Weg zum Tor entlang. Beide schwiegen und hingen ihren Gedanken nach. Am Tor blieben sie stehen.
„Nun ist es so weit! Ich muss rüber und alles in Ordnung bringen, dann komme ich wieder zurück! Ich verspreche es dir!“, sagte Ilyla um Arzelus zu beruhigen.
„Verspreche es nicht so schnell! Lorenzes wird versuchen dich dort fest zu halten!“, warnte Arzelus.
„Ich werde aufpassen!“, sagt Ilyla, zu Arzelus zu sich und küsste ihn. Dann ging sie in die andere Welt. Arzelus sah ihr nach. Er war besorgt. Er konnte den letzten Blick, den Lorenzes ihm zugeworfen hatte, einfach nicht vergessen. Er beschloss die Zeit zu nutzten um das Labor von Raphael zu durchsuchen.
Ilyla war gerade in ihre Welt zurück gekehrt, als ihr jemand mitteilte, dass Lorenzes sie unbedingt sehen wollte, falls sie diese Aufforderung nicht freiwillig nachkomme, werde sie fest genommen und zu ihm gebracht.
Ilyla blieb nichts anderes übrig, als mit den Soldaten mit zu fliegen. Ilyla wurde zum Schloss von Lorenzes gebracht und in die Halle geführt. Dort saß Lorenzes auf einen großen Sessel und sah sie lächelnd an.
„Hallo Ilyla! Auch wieder mal unter deinesgleichen? Verzeih mir diesen rüden Empfang, aber ich wollte sichergehen, dass du auch gleich zu mir mir kommst, verstehst du?“, begrüßte sie Lorenzes. Ilyla dachte daran einfach abzuhauen, doch standen mehrere Soldaten hinter ihr, also verwarf sie den Plan.
„Was willst von mir? Alles was ich dir zu sagen hatte, habe ich dir bereits gesagt!“, fragte Ilyla giftig.
„Mein Liebste Ilyla! Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mich so leicht abspeisen lasse! Ich habe mir in den Kopf gesetzt dich zu heiraten und was ich will, bekomme ich für gewöhnlich auch! Ich erlasse hiermit ein Gesetz, das fortan gilt und wer es bricht, soll bestraft werden.
Das Gesetz besagt, wer ins Schattenreich geht aus welchen Grund auch immer, soll sich die Erlaubnis bei mir holen, wer ohne Erlaubnis dort hin geht, wird aus den Himmelreich ausgeschlossen und kann dann nur noch bei den Menschen oder bei den Dämonen leben! Ich hoffe du folgst meinen Gesetzten, sonst sehe ich schwarz für dich!“, sagt Lorenzes. Ilyla lächelte grimmig.
„Ich wusste gar nicht, wie leicht du mir es machst, diese Welt zu verlassen! Ich werde zurück ins Schattenreich gehen und, wenn es so Gesetz ist, dort bleiben!“
„Damit hast du dich für ein Leben in Dunkelheit entschieden! Du hast noch Zeit, es dir zu überlegen, aber überlege gut!“, erwiderte Lorenzes. Er macht einen Wink mit der Hand und zeigte damit, dass das Gespräch beendet sein. Ilyla ging auf ihr Zimmer und packte ihre Sachen. Das Gesetz von Lorenzes ließ sie kalt. Ihr war es eh schon über, dieses ständige Licht.
Plötzlich hörte sie eine Stimme. Sie war leise im Hintergrund. Ilyla drehte sich um, doch da war niemand. Sie glaubte sich geirrt zu haben und packte ihre Sachen weiter ein. Da hörte sie wieder diese Stimme, doch diesmal lauter. Ilyla merkte, dass die Stimme in ihren Kopf war.
„Wer ist da? Was willst du?“, dachte Ilyla und lauschte auf die Stimme. „Ilyla! Hilf mir! Lorenzes hat mich in ein Zimmer gesperrt! Er will wissen, was ich im Schattenreich gemacht habe! Hol mich hier raus! Er wird die Dämonen vernichten! Er hat einen Weg gefunden, sie alle zu töten! Du musst mich hier rausholen!“, sagte die Stimme in ihren Kopf.
Ilyla überlegte nicht lange und ging aus ihr Zimmer. Sie lauschte auf alle Geräusche, die verraten könnten, wo Ishisu sein könnte. Mit drei Sätzen sprang sie eine Treppe runter und rannte in eine Richtung, die in einen Flügel des Schlosses führte, den Lorenzes Ilyla verboten hatte. Ilyla wusste nicht, ob sie Ishisu dort finden würde, aber sie glaubte, dass es der beste Ort wäre, dort jemanden gefangen zu halten, weil niemand außer Lorenzes dort hingeht.
Ilyla kam an eine Tür vorbei.
„Ilyla, hier bin ich!“, hörte sie richtig. Sie blieb vor der Tür stehen und drückte die Klinke runter. Die Tür rührte sich nicht.
„Ishisu! Bist du da drin?“, rief Ilyla und klopfte an die Tür.
„Ja! Hol mich hier raus!“, kam es dumpf von der anderen Seite. Ilyla überlegte kurz. „Wo ist der Schlüssel?“, fragte Ilyla.
„Lorenzes hat ihn!“, antwortete Ishisu. „Mist!“, murmelte Ilyla und sagte laut: „Warte hier ich komme gleich wieder!“
„Ilyla! Was hast du vor? Ilyla!“, rief Ishisu, doch Ilyla war schon weggelaufen. Sie rannte den Flur entlang zu Lorenzes Zimmer. Dort blieb sie stehen und atmete einmal durch, dann klopfte sie an der Tür. Von drinnen hörte man ein „herein“ und Ilyla trat ins Zimmer.
„Ilyla! Was verschafft mir die Ehre dich hier anzutreffen in meinen Zimmer?“, fragte er spöttisch. Ilyla überhörte diese Bemerkung und sagte in einen verführerischen Ton: „Weist du, Lorenzes, ich habe ein bisschen nachgedacht und ich habe erkannt, dass du recht hattest!“
Sie ging langsam zu Lorenzes und sah in verführerisch an.
Lorenzes sah gelangweilt und kalt zurück. „Und? Wobei hatte ich recht?“, fragte Lorenzes desinteressiert.
„Na ja, du hast doch mal gesagt, dass dieser Arzelus gefährlich ist und dass er mich nur ausnutzt! Ich glaube, damit hattest du recht!“, sagte Ilyla schmeichelt und strich Lorenzes eine Strähne aus den Gesicht.
Lorenzes blickt immer noch kalt zu ihr runter. „Und?“, fragte er wieder.
„Und ich weiß jetzt, dass ich eigentlich nicht in Arzelus verliebt war, es war wohl wirklich ein Zauber! Jetzt weiß ich, wem mein Herz gehört!“, flüsterte Ilyla Lorenzes ins Ohr und legte ihr Arme um sein Hals.
Lorenzes war weiterhin misstrauisch, aber er begehrte Ilyla umso mehr, sie sich ihm nährte. Er konnte den Duft ihrer Haare wahrnehmen und ihre seidige Haut. Ohne sich bewusst zu werden, was geschehen ist, legte er seine Arme um ihre Hüfte.
Ilyla spürte Lorenzes Atem auf der Haut und seine Arme an ihren Körper. Ihr wurde fast übel bei dieser Vorstellung. Sie lehnte sich an Lorenzes Brust.
Lorenzes achtete auf nichts mehr. Er war Ilyla näher als je zuvor, sein Herz schlug rasend gegen seine Brust und in seinen Ohren rauschte es. Er spürte dieses unbändige verlangen Ilyla zu küssen, sie zu berühren. Ilyla hob sachte ihren Kopf und sah Lorenzes mit einen sehnsüchtigen Blick an. Lorenzes gab allen Wünschen nach und vergaß jede Vorsicht. Er senkte sein Kopf und legte seine Lippen auf die Ilylas.
Ein merkwürdiges Gefühl überkam ihn und ein Nebel legte sich über seine Gedanken. Ihm wurde schwindlig und verlor das Gleichgewicht und fiel vornüber in Ilylas Arme.
„Was hast du gemacht?“, wollte er fragen, aber nur ein Flüstern kam über seine Lippen.
Ilyla ließ ihn zu Boden sinken.
„Du wirst gleich einen tiefen Schlaf haben! Sei mir nicht böse, aber ich kann es nicht leiden, wenn man meine Freunde einsperrt! Träum süß!“ Lorenzes verlor das Bewusstsein.
Ilyla prüfte noch mal ob Lorenzes schlief und es war so. Dann begann sie mit der Such nach dem Schlüssel. Nach einer Weile fand sie ihn, sie lief zurück zur Tür und schloss sie auf.
„Ilyla! Woher hast du den Schlüssel?“, fragte Ishisu erschrocken. Ilyla sah sie nur mit einen Grinsen im Gesicht an.
„Du hast Lorenzes vergiftet! Ilyla wie konntest du das nur tun!“, rief Ishisu entsetzt.
„Nicht vergiftet nur ins Land der Träume geschickt!“, erklärte Ilyla.
„Du weißt, was dir bevor steht, wenn er wieder aufwacht! Er wird dich einfangen und für immer einsperren!“, erinnerte Ishisu.
„Dazu wird es nicht kommen, wenn er nicht vor hat sein eigenes Gesetzt zu übertreten. Ich gehe zurück zu Arzelus!“, sagte Ilyla entschlossen.
„Ilyla, du kannst nicht für immer im Schattenreich leben! Du bist ein Engel und Engel brauchen Licht!“, sagte Ishisu besorgt.
„Wer sagt, dass ich im Schattenreich leben will mit Arzelus!“, entgegnete Ilyla. Ishisu sah sie fragend an. Ilyla achtete nicht darauf und ging zu ihr Zimmer und packte die restlichen Sachen. Ishisu war ihr gefolgt und beobachtete sie.
„Du willst wirklich weggehen? Ilyla, wenn du jetzt gehst, dann kannst du nie wieder zurück! Hast du das mit bedacht!“, fragte Ishisu besorgt.
„Ja, das habe ich bedacht, trotzdem ich liebe Arzelus und wenn Lorenzes das nicht akzeptiert, dann gehe ich halt dahin, wo man uns akzeptiert“, sagte Ilyla bestimmt, „Ishisu, mach mir den Abschied nicht schwerer, als er schon ist, natürlich werde ich das Himmelreich vermissen, aber ich kann nicht ohne Arzelus leben! Versteh mich doch bitte!“
„Ilyla, ich versteh dich gut. Ich hoffe nur, dass du es nicht irgendwann bereuen wirst!“, meinte Ishisu. Ilyla nahm Ishisu in die Arme und drückte sie zum Abschied.
„Willst du nicht mitkommen?“, fragte Ilyla.
„Ich müsste eigentlich, weil Lorenzes mich wieder einsperren wird, aber ich kann nicht, obwohl ich das Schattenreich mag, kann ich den Himmelreich nicht den Rücken zukehren!“, antwortete Ishisu.
Beide flogen gemeinsam zum Tor, dort verabschiedete Ilyla sich ein letztes Mal und ging ins Schattenreich.
Ilyla ging schweren Herzens zu Arzelus Schloss, dort wurde sie schon sehnsüchtig erwartet. Arzelus kam ihr freudig entgegen und schlang seine Arme um sie und drückte ihr mehrmals einen Kuss auf die Lippen. Von Arzelus Fröhlichkeit angesteckt, musste Ilyla lachen und legte ihre Arme um Arzelus Hals. Aber bald flaute die Heiterkeit ab und Ilyla erinnerte sich an den schmerzhaften Abschied.
„Was ist los? Warum bist du so bedrückt?“, sorgte sich Arzelus.
„Ach Arzelus, im Himmelreich ist so viel passiert. Lorenzes hat verboten ins Schattenreich zugehen und wer es doch macht, darf nie mehr ins Himmelreich zurück. Ishisu wollte nicht mit mir kommen und jetzt muss ich Angst haben, dass Lorenzes ihr etwas antut!“, erzählte Ilyla.
„Ilyla, so wie ich sie kennen gelernt habe, kann Lorenzes Ishisu nichts tun! Sie ist viel zu schlau für Lorenzes!“, beruhigte Arzelus sie.
„Du magst ja Recht haben! Aber es gibt noch etwas, was mich bedrückt! Weißt du, Lorenzes hatte Ishisu eingesperrt und um sie zu befreien, brauchte ich den Schlüssel und den hatte Lorenzes!“, begann Ilyla zu erzählen.
„Und du hast dir den Schlüssel einfach genommen!“, ergänzte Arzelus.
„Na ja, schon, aber da Lorenzes im Weg ist und ich so wütend auf ihn war, wollte ich mir einen Streich ausdenken, leider ist dieser außer Kontrolle geraten und na ja...!“
Ilyla wurde rot und schämte sich, sie traute sich nicht es zu erzählen.
„Was hast du den so schlimmes gemacht, dass du mir es nicht erzählen kannst? Ilyla egal was du gemacht hast, es ist mir egal! Ich liebe dich und nichts kann daran etwas ändern!“, sagte Arzelus ruhig.
„Aber vielleicht ja doch, weißt du, ich wollte ihn so sehr reizen und hab ich ihn dazu gebracht mich zu küssen!“
Ilylas Stimme wurde immer leiser, doch Arzelus verstand es und sah sie verdutzt an.
„Ja und was sollte das?“, fragte Arzelus neugierig.
„Ich hatte mir ein Schlafmittel auf die Lippen geschmiert und dann ist zu Boden gesunken. Er sah mich so verstört an! Ich glaube ich bin zu weit gegangen!“
Ilyla sah Arzelus mit Tränen in den Augen an.
„Liebste Ilyla! Wahrlich für deine Verhältnisse bist du zu weit gegangen, doch interessiert es mich nicht, solche Spiele machen Dämonen jeden Tag! Wahrscheinlich ist es Mitleid, das dich quält. Aber sei unbesorgt, was immer Lorenzes jetzt vorhaben wird, es ist mir egal. Ich werde dich beschützen!“, versprach Arzelus. Eine Träne lief Ilyla die Wange runter. Arzelus strich sie sanft weg und küsste Ilyla zärtlich. Ilyla fühlte sich geborgen und sank in Arzelus Arme.
Lorenzes lag auf dem Boden, als er erwachte. Ihm war noch schwindlig, doch das ging nach einer Weile weg. Er setzte sich auf und sah die Unordnung in sein Zimmer. Da musste er an Ilyla denken. Sie hatte ihn reingelegt und er hatte ihr vertraut. War der Einfluss dieser Dämonen schon so groß, dass sie dieselben Spiele spielen musste.
Lorenzes dachte an den Kuss und da bemerkte er ein Gefühl, das er noch nie zuvor hatte.
Ihm war, als hätte er etwas vor langer Zeit verloren. Da musste er an die erste Ilyla denken. Sie war lieb zu ihm gewesen, damals war er anders gewesen. Doch jetzt war alles anders, alles hat sich geändert. Die jetzige Ilyla war vom Anfang an anders gewesen. Jetzt ist Lorenzes klar, dass er nicht in der Vergangen weiterleben kann. Seine Liebe ist tot und wird nie wieder zurückkommen. Lorenzes begann langsam sein Zimmer aufzuräumen. Was hat Ilyla nur gesucht, fragte er sich nach einer Weile.
„Sei nicht wütend auf Ilyla! Sie wollte doch nur mich befreien!“, sagte eine Stimme im Türrammen. Lorenzes drehte sich um.
„Hast du ihr vorgeschlagen, so mit mir zu spielen?“, fragte er leise.
„Nein. Sie hat es von sich aus gemacht, aber tröste dich, es tut ihr leid. Sie wollte dir nur eine Lektion erteilen, dich aber nicht kränken!“, antwortete Ishisu.
„Vielleicht war das nötig um mir zu zeigen, dass sie nicht meine Ilyla ist!“, überlegte Lorenzes.
„Hast nun endlich begriffen, dass sie nicht zu dir gehört!“
„Ist sie zu Arzelus gegangen?“, fragte Lorenzes.
„Ja, das ist sie! Willst du sie zurückholen?“
„Nein, soll sie bei ihm bleiben und glücklich werden. Mich geht das nichts mehr an!“
„Vielleicht ja doch!“, erwiderte Ishisu.
„Wie meinst du das?“, fragte Lorenzes neugierig.
„Noch ist es nicht vorbei, mein lieber Lorenzes. Die Dämonen leben noch immer in völliger Dunkelheit und wir Engel in Licht. Es wird Zeit, dass wir wieder eine Nacht und die Dämonen einen Tag haben!“, erklärte Ishisu.
„Meinst du etwa wir sollen den Dämonen ein Teil unseren Lichts geben!“, sagte Lorenzes erregt.
„Ja! Genau das meine ich! Gebt ihnen ein Teil des Lichts und lasst uns in Frieden wohnen, jeder dort wo er will!“, sagte Ishisu.
„Ich soll mordlustige Dämonen erlauben in unser Welt rein und raus zu spazieren, wie es ihnen gefällt!“, wütend stand Lorenzes auf.
„Genau das verlange ich von dir! Du musst bedenken, dass Arzelus der Führer der Dämonen ist. Er lässt ganz gewiss mit sich reden, wo doch schließlich Ilyla an seiner Seite ist! Ihr müsst nur Friedensverträge aushandeln. Das kann doch nicht so schwer sein!“, erklärte Ishisu.
„Du verlangst zu viel auf einmal! Ich könnte mich dazu breitschlagen lassen, den Dämonen ein Teil unseren Lichtes zu geben. Doch ihnen auch den Zutritt zur unserer Welt zu gewähren, das ist zu viel! Außerdem ist niemand von meinen Männern bereit in das Schattenreich zu gehen und die Nachricht zu überbringen!“
„Ich gehe dort hin und sage Arzelus, dass du bereit bist, ihm einen Vorschlag zu unterbreiten!“
„Gut. Dann geh. Er soll alleine in mein Schloss kommen, wenn er interessiert ist!“, gebot Lorenzes. Ishisu lächelte zufrieden und ging.
Ilyla schlief auf einer weichen Couch vor einen Kamin eingewickelt in warme Decken. Arzelus saß in einen Sessel und beobachtete Ilylas Schlaf. Er fand, dass sie zu frieden und glücklich aussah. Ein kleines Lächeln huschte Ilyla übers Gesicht.
Arzelus fragte sich, was sie träumte, vielleicht von ihm? Ich habe sie nicht verdient, dachte er bei sich, so ein schönes Geschöpf. Ihre Nähe ist so angenehm und beruhigend. Ich könnte sie nicht verlassen, jetzt nicht mehr! Am Anfang, da hätte ich es fertig gebracht, doch jetzt brauch ich sie, wie die Luft zum atmen, wie die Fische das Meer, wie die Pflanzen das Licht. Licht, ja sie ist für mich das Licht in meinen Herzen. Ihre sanfte und freundliche Art erinnert mich an eine Sommerbriese.
Arzelus Gedanken wanderten in die Vergangenheit, als sich er und Ilyla auf den Reiterhof kennen gelernt hatten. Doch wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als er von draußen Türen klappern hörte. Er verließ das Zimmer und sah nach, was los war.
Ishisu kam eilend auf ihn zu und fing gleich aufgeregt zu erzählen an. Arzelus musste sie erst mal beruhigen, damit er alles mit bekam, was Ishisu versuchte zu erklären. Nachdem Ishisu alles zum dritten Mal erzählt hatte, begriff Arzelus was sie da erzählte. Er sah etwas skeptisch drein und wusste nicht, was er davon halten sollte. Lorenzes will ihn ein Vorschlag unterbreiten, den Dämonen ein Teil des Lichts zurückgeben?
Ishisu bemerkte seinen Argwohn und schwörte bei allen, was ihr teuer ist, dass keine List dahinter steckt.
Arzelus sagte erstmal gar nichts, sondern ging zurück ins Zimmer wo Ilyla schlief. Sie war schon aufgewacht und sah ihn etwas verschlafen an. Arzelus setzte sich neben sie auf die Couch. Ilyla schmiegte sich an seine Schulter und zog die Decke höher. Arzelus strich ihr über die Haare und legte seinen Arm um sie.
So sitzend fand Ishisu beide vor.
„Hast du’s ihr schon erzählt?“, fragte Ishisu neugierig.
„Was erzählt?“, fragte Ilyla schlaftrunken zurück.
„Aha, du hast es nicht erzählt! Also hör zu Ilyla! Lorenzes ist bereit den Dämonen einen Vorschlag zu machen. Ich habe ihn dazu gebracht, den Dämonen ein Teil des Lichtes zurück zugeben!“, erzählte Ishisu aufgeregt. Ilyla sah Ishisu verwundert an.
„Wie hast du das gemacht? War er nicht sauer auf mich?“, fragte Ilyla.
„Nein, ich glaube ehr deine Aktion hat ihn die Augen geöffnet!“
„Soll ich zu Lorenzes gehen?“, fragte Arzelus Ilyla.
„Natürlich! Besser gleich, als später! Bevor er es sich anders überlegt!“, stimmte Ilyla zu.
„Du kannst auch mitkommen, wenn zu willst!“, sagte Ishisu zu Ilyla. Sie nickte.
„Gut, dann macht euch fertig und dann geht’s gleich zu Lorenzes!“, verkündete Ishisu.
Ishisu wartete ungeduldig auf die beiden. Sie drängelte beide zum Tor und ins Himmelsreich. Von dort aus flogen sie zu Lorenzes Schloss. Auf den Weg dorthin sahen viele Engel verwundert und ängstlich zu Arzelus. Seine schwarzen Flügel fielen sehr auf. Am Schloss angekommen warteten bereits eine Eskorte, die die drei zum und ins Schloss führte.
Lorenzes trug ein festliches Gewandt.
„Nun, wie ich sehe, seid ihr doch gekommen, aber trotzdem misstrauisch, hmm!“, sagte Lorenzes und sah zu Arzelus.
„Vertrauen ist gut, Vorsicht ist besser!“, meinte Arzelus kühl.
„Könnt ihr jetzt mal aufhören zu streiten!“, meckerte Ishisu. Arzelus schwieg, sowie Lorenzes. Ishisu sah von den einen zum anderen. Beide stierten sich an und man konnte fast schon Blitze von Auge zu Auge fliegen sehen.
„Wenn blickte töten könnten!“, bemerkte Ilyla.
„Dann wären die beide schon sehr früh gestorben!“, beendete Ishisu.
„Männer sind wie kleine Jungs, müssen immer streiten und zeigen, wer der stärkere ist!“, sagte Ilyla.
„Stimmt du hast vollkommen recht!“, erwiderte Ishisu, beide sahen den Männer zu, wie sie sich anstarrten. Arzelus’ Ohren zuckten, ein Zeichen, dass er die Bemerkungen gehört hatte. Trotzdem schwieg er. Lorenzes wandte seinen Blick ab.
„Nun, ich hatte euch hergebeten um euch einen Vorschlag zu machen, wie ihr sicher schon gehört habt!“
Er sah zu Ishisu. Sie lächelte. Arzelus sah weiter unverwandt zu Lorenzes. Er machte keine Anstalten etwas zu widern. Lorenzes fuhr fort:„Ich habe beschlossen den Dämonen ein Teil des Lichtes zurück zu geben, ...“, Arzelus macht immer noch keine Anstalten etwas zu sagen, „...natürlich nur, wenn ihr einverstanden seid!“
Arzelus sah immer noch skeptisch drein.
„NUN SAG WAS!“, sagte Ilyla wütend über sein kindisches Verhalten.
„Warum solch ein Sinneswandel?“, fragte Arzelus mit misstrauischen Unterton.
„Weil ich jetzt begriffen habe, dass es Zeit ist den Krieg zu beenden!“, antwortete Lorenzes ruhig und kühl.
„Das fällt dir ja früh ein! Wäre besser für dich gewesen, wenn dir das, bevor du fast alle meine Männer getötet hättest, eingefallen wäre!“, sagte Arzelus scharf.
„Es tut mir leid! Ich wusste da noch nicht, was ich jetzt weiß. Hätte ich es damals gewusst, hätte ich dich nicht angegriffen!“, erklärte Lorenzes.
„Und von wem stammt die Idee den Dämonen ein Teil des Lichtes zurück zu geben?“; fragte Arzelus.
„Von mir! Ich habe ihn alles erklärt, die Geschichte der verschieden Völker! Und ich hatte auch vorgeschlagen die Tore zu öffnen, sodass beide Seiten in die Welten gehen könnten, wie es ihnen beliebt, aber das war wohl doch zuviel verlangt!“, sagte Ishisu mit lauter Stimme.
Arzelus zog eine Augenbraue hoch und sah Ishisu überrascht an.
„Vor ein paar Jahren hieß es noch, holt euch zurück, was euch gestohlen wurde!“, bemerkte er.
„Das habe ich nie so gesagt! Außerdem musste ich doch meine Tarnung aufrechterhalten, sonst wäre Raphael doch misstrauisch geworden!“, redete Ishisu sich raus.
„Interessanter Einwand! Warum willst du eigentlich, dass wir ein Teil des Lichtes abgeben bzw. das sie es stehlen sollen?“, fragte Lorenzes ruhigen, hochtrabenden Ton.
„Hab ich doch schon gesagt, weil die Völker früher zusammen gelebt haben und weil das Licht in beide Welten gehört!“, antwortete Ishisu rasch, doch etwas unsicher.
„Sag mal, Ishisu, du hast dich aber sehr geändert in den letzten paar Tagen, man könnte fast sagen, du würdest wieder jung werden, wenn da nicht das alte Äußere wäre!“, bemerkte Ilyla.
„Ach echt? Das habe ich noch gar nicht bemerkt! Äm na ja, vielleicht macht mich der Gedankt, dass die Völker sich wieder versöhnen jünger!“, entgegnete Ishisu mit einen gezwungen Lächeln.
„Nun sag mal die Wahrheit! Du bist keine alte Frau, jedenfalls nicht äußerlich! All die Jahr hast du uns an der Nase herum geführt. Warum dieses Theater?“, verlangte Arzelus zu wissen.
Ishisu sah ihn mit großen Augen an, blickte dann von ihm zu Lorenzes und zu Ilyla. Alle standen erwartungsvoll vor ihr und wollten die Antwort hören.
„Nun also. Ihr habt Recht! Ich bin nicht gealtert!“, als sie das sagte, verwandelte sich ihr Körper wieder zu einen jungen Mädchen, „ich habe nur so getan, weil ich glaubte, dass man einer alten und weisen Frau mehr Gehör schenken würde, als einen Mädchen! Aber die Visionen hatte ich trotzdem und ich hab sie immer noch!“
„Wo sie Recht hat, hat sie Recht! Niemand hätte ihr zugehört, wenn sie etwas hätte sagen wollen!“, stimmte Ilyla zu. Arzelus und Lorenzes sahen Ishisu böse an.
„Nun seid doch nicht so! Ich hätte es schon noch irgendwann gesagt! Seid ihr jetzt echt böse auf mich?“, fragte Ishisu unsicher.
„Du hast uns zum Narren gehalten! Wir hörten auf die Ratschläge eines Teenagers! Was wäre, wenn einer deiner schlauen Pläne schief gegangen wären oder deine Tarnung früher entdeckt worden wäre, was glaubst du hätten die Dämonen mit dir gemacht?“, wetterte Arzelus.
„Also, wenn ich mich mal einmischen darf, ich habe wirklich immer gedacht, dass sie eine weise Frau ist! Und ganz ehrlich, nur weil sie nicht alt aussieht, ist sie es trotzdem immer noch und ich glaube, dass sie uns nicht alles vorgespielt hat, etwas Wahres muss dran gewesen sein. Schließlich waren die Visionen von ihr echt!“, äußerte Ilyla.
„Woher willst du wissen, dass ihren Visionen echt waren? Was ist, wenn das alles nur Vermutungen waren?“, fragte Arzelus erbost. Ilyla sah ihn böse an.
„Ich weiß, dass sie echt waren, weil ich sie auch sah!“ Arzelus sah sie erschrocken an, genauso Lorenzes und Ishisu.
„Du hattest auch Visionen?“, fragte Ishisu neugierig, „wie waren sie? Hattest du Kopfschmerzen oder war dir schlecht danach?“ Ilyla sah ihr in die Augen und Ishisu grinste noch breiter, schwieg aber.
Arzelus sah Ilyla besorgt an.
„Du hast auch Visionen? Warum hast du mir das nicht erzählt?“, frage er besorgt.
„Jede Frau hat ihre Geheimnisse!“, antwortete Ilyla schlicht und damit war klar, dass dieses Thema beendet war.
„Ich glaube, wir sollten zurück zu den eigentlichen Thema des Treffens kommen!“, bemerkte Lorenzes, „Ich habe mein Angebot gemacht, nun seid ihr an der Reihe zuzustimmen oder abzulehnen!“, und wandte sich zu Arzelus.
„Ich werde das Angebot annehmen unter einigen Bedingungen!“, antwortete dieser.
„Und die wären?“, fragte Lorenzes kühl.
„Das niemand behauptet, wir hätten das Licht gestohlen oder gar dich dazu gezwungen es uns zu geben, sowie die Behauptung ich hätte Ilyla verhext, weil sie lieber mit mir zu tun hat, als mit dir!“
„Arzelus! Was soll das? Niemand hat so etwas behautet!“, wandte Ilyla ein. Lorenzes hob beschwichtigend den Arm.
„So? War das alles oder kommt noch etwas?“, fragte er Arzelus.
„Ich möchte nur noch mal wissen, ob sich aus diesem Vertrag oder wie du es nennen willst, negativ auswirkt auf mein Volk?“, meinte Arzelus.
„Du und dein ‚Volk‘ werden keinen Schaden davon haben oder um Gegenleistung gebeten, außer natürlich den Frieden beizubehalten, wenn du das meinst!“, erklärte Lorenzes.
„Dann nehme ich dein Angebot dankend an!“, sagte Arzelus mit einem leicht spöttischen Unterton. Lorenzes pflegte es den Ton zu überhören.
„Na dann könnt ihr ja endlich den Vertrag auf Papier bringen und die Sache wäre überstanden!“, sagte Ishisu feierlich. Arzelus und Lorenzes überhörten das und waren voll aufs damit beschäftigt, sich gegenseitig böse Blicke zuzuwerfen. Ilyla schüttelte nur den Kopf und wünschte sich, das die beiden endlich damit aufhören würden.
Nach einer Weile hatten Ilyla und Ishisu die Männer doch noch dazu kriegen können, dass sie einen Vertrag abschlossen, in dem alle wichtigen Punkte enthalten sind. Dann ging es endlich zu Übergabe des Lichtes.
Die gesamten Lichtvorräte waren in ein einer großen, gläsernen Halle, wo zwei Kugeln auf hohen Säulen schwebten. Eine Kugel war gerade zusammen gesunken, während die andere an Größe zunahm.
Die kleine Kugel nahm Lorenzes runter von der Säule und reichte sie Arzelus. Er starrte die Kugel an, ein merkwürdiges Gefühl stieg in ihm hoch. Ilyla nahm die Kugel und ließ sie in eine Tasche ihres Kleides verschwinden. Ilyla lächelte Lorenzes dankend an, welcher ein Stich im der Brust spürte. Arzelus wandte sich zum gehen.
„Willst du ihm nicht danken?“, fragte Ishisu vorwurfsvoll. Arzelus drehte sich um, sah Lorenzes an.
„Vielen Dank, dass du mir und meinen Volk das Licht, das uns sowieso zusteht, zurückgegeben hast!“, er machte auf den Absatz kehrt und ging aus der Halle. Lorenzes sah Arzelus erhaben nach und schritt die Stufen langsam hinunter. Ilya war Arzelus gefolgt.
„Arzelus! Was soll das? Kannst du dich nicht mit Lorenzes vertragen? Ihr zwei seid wie Kinder!“
„Warum sollte ich mich mit ihm vertragen? Erst trennt er uns durch eine Lüge, dann zwingt er dich fast, ihn zu heiraten. Und mich sieht er als eine unwürdige Kreatur an!“, konterte Arzelus. Ilyla atmete einmal tief durch.
„O je, ihr seid nicht einfach!“ Arzelus sah Ilyla durch dringlich an.
„Du hast ihm wohl schon verziehen!“ bemerkte Arzelus. „Ich bin nicht so nachtragend, wie du! Ganz außerdem noch nicht! Er ist immer noch so selbstsicher!“, gestand sie. „Ah! Und du verlangst von mir, dass ich diese Selbstsicherheit verzeihe! Ilyla, ich versuche schon so freundlich zu sein, wie möglich, aber mehr ist nicht drin!“, Arzelus strich Ilyla über die Wange, „ich würde alles für dich tun, aber das übersteigt meine Grenzen! Verzeih mir!“ Ilyla schmiegte sich an Arzelus, legte ihr Arme um seinen Hals und flüsterte: „Ich habe dir schon längst alles verziehen. Ich kann auf dich nicht wütend sein, mein Liebster!“ Vor Lorenzes‘ Schloss küsste Ilyla Arzelus. Die Engel, die das sahen, waren erstaunt. Nie hätte einer von ihnen gedacht, dass Dämonen lieben können und schon gar nicht einen Engel lieben können, doch Arzelus umarmte Ilyla sanft und erwiderte ihren Kuss genauso sanft.
Ishisu kam gerade aus dem Palast und sah die beiden eng umschlugen. „Nun, ich glaube man hört schon die Glocken läuten!“, bemerkte sie ironisch. Arzelus hob sein Kopf und sah sie erstaunt an.
„Was für Glocken?“ Ilyla musste lächeln. Sie wusste, was Ishisu meinte. Arzelus sah zu ihr. Lorenzes mischte sich ein und erklärte Arzelus: „Sie meint Hochzeitsglocken! Du solltest mal ein bisschen dein Kopf anstrengen.“
„War das nötig?“, fragte Ishisu genervt. „Nun, ich habe deine Bemerkung nur für etwas langsamer Denkende erklärt!“, erwiderte Lorenzes hochnäsig. Arzelus blickte ihn finster an. Ilyla spürte wie er vor Wut zitterte.
Sie drückte sich mehr an Arzelus. Er bemerkte ihre Sorge, doch war es ihm egal. Er würde sich nie mit Lorenzes vertragen. Würde Ilyla ihn nicht abhalten, hätte er schon längst Lorenzes eine verpasst.
Lorenzes hingegen genoss zu wissen, dass Arzelus ihm nichts tun konnte. Ilyla würde das nie zulassen. Er konnte den Dämonen nie verzeihen, dass seine Ilyla von ihnen getötet worden war. Und er wird auch nie zulassen, dass Dämonen im Himmelreich ein- und ausgingen. Egal was Ishisu oder Ilyla sagten, das war zuviel des Guten. Außerdem hatte er noch viel zu tun. Er musste den anderen Engel noch erzählen, dass heute Nacht es dunkel werden würde, da sich die zweite Kugel dann im Schattenreich befinden wird.
„Nun wird es aber Zeit, dass ihr euer Licht in die andere Welt bringt!“, erinnerte Lorenzes mit einem angewiderten Unterton. Arzelus ging auf den Rand der Schlossanlage zu gefolgt von Ilyla. Beide flogen sie zum Tor. Auf der anderen Seite warteten einige Dämonen.
„Herr! Wir dachten schon ihr wärt in eine Falle gelockt worden!“, sagte ein Dämon, da bemerkte er Ilyla. „Herr, warum ist sie hier, an eurer Seite?“
„Sie ist deine neue Herrin!“, antwortete Arzelus.
Der Dämon und die Umstehenden sahen Arzelus erstaunt an.
„Herr, sie ist ein Engel!“, sagte der Dämon in einen fragenden Ton.
„Und meine Liebste! Wer ihr ein Haar krümmt oder sonst etwas antut, wird es bitter bereuen. Ist das klar!“, sagte Arzelus im scharfen Ton. Die Dämonen wichen zurück. Der Sprecher verneigte sein Haupt und wich auch zurück.
„Äm, entschuldige mal kurz!“, meldete Ilyla, die das ganze mit gemischten Gefühlen beobachtet hatte, zu Wort.
„Ich will niemandes Herrin sein.“
Arzelus schwieg und ging in Richtung des Palastes. Ilyla folgte ihm dicht auf den Fersen.
„Hallo? Hast du mich gehört?“, fragte sie unsicher und verwirrt. Arzelus sah sie an. In seinen Blick lag etwas Merkwürdiges. Ilyla hatte das noch nie zuvor bemerkt.
„Ilyla, wenn du hier anerkannt werden willst, dann musst du Macht beweisen, sonst wirst du hier nicht überleben!“
Damit wandte er sich um und ging in den Palast. Ilyla war geknickt. Sie hatte nicht vor andere davon zu überzeugen, dass sie mächtig war.
Sie folgte Arzelus. Er ging in einen hohen Turm, wo eine Säule in der Mitte stand. Um die Säule führte eine enge Treppe. Arzelus ging diese hinauf. Ilyla folgte ihm unschlüssig. Oben auf der Säule war eine kleinere.
„Ilyla? Würdest du bitte das Licht an seinen Platz legen?“, fragte Arzelus freundlich. Ilyla holte das Licht raus und legte es auf die Säule. Es schwebte einige Zentimeter über der Säule. Die Kugel war immer noch so klein, wie sie zum Anfang war.
Arzelus ging die Treppe wieder runter. Ilyla lief ihm nach. Als er in begriff war den Turm zu verlassen, fasste Ilyla ihn am Arm.
„Arzelus?! Was ist mit dir?“ Ilyla machte sich Sorgen, so war Arzelus noch nie gewesen. Er sah sie an und bemerkte ihre Tränen. Schuldbewusst senkte er seinen Kopf.
„Tut mir leid, ich wollte dir keinen Kummer bereiten!“
Ilyla verbarg ihr Gesicht an seiner Brust. Er strich ihr über den Kopf.
„Ilyla, das musst du verstehen, wenn ich hier bin, bin ich Arzelus der Dämon. Ich bin so in diese Rolle gefangen, dass es schwer ist, es sein zu lassen!“, erklärte er. Ilyla sah ihn unter Tränen an.
„Du hast mir Angst gemacht. Ich habe dich noch nie so kalt gesehen. Bitte versprich mir, dass du versuchst es zu ändern.“ Arzelus wich ihren Blick aus.
„Arzelus, versprich es mir!“, forderte Ilyla verzweifelt. Arzelus schielte sie von der Seite an. Ilyla sah ihn unverwandt an. Wieder stiegen Tränen ihr in die Augen. Er strich eine Träne weg.
„Bitte hör auf zu weinen. Ich hab dich schon zu oft weinen gesehen.“ Ilyla schmiegte ihre Wange an seine Hand.
„Sag, dass du dich ändern wirst!“ Arzelus schwieg. Beide sahen sich an. In Ilylas Blick lag Verwirrung. Sie wurde aus Arzelus nicht schlau.
„Warum sagst du nichts?“, fragte sie, „willst du dich nicht ändern?“
„Ilyla, ich kann nicht!“, gestand Arzelus.
„Warum kannst du nicht. Du musst es doch nur wollen!“ Ilyla konnte das nicht begreifen.
„Ich verliere meine Kräfte! Versteh das doch! Dämonen haben ihre Kräfte doch nur durch ihre Gefühle. Zumeist die schlechten!“, versuchte Arzelus zu erklären.
„Was ist mit den guten Gefühlen, haben die denn keinen Wert?“, fragte Ilyla verzweifelt. „Hier gibt es keine guten Gefühle!“, sagte Arzelus bedrückt.
„Dann musst du ihnen zeigen, was Liebe ist! Nur dann können die Reiche überhaupt zusammen geführt werden. Arzelus! Versteh doch! Entweder hier wird sich was zu Guten ändern oder ich kann hier nicht bleiben! Auch Engel leben von ihren Gefühlen. Hier gibt es zu viel negatives, dass macht mich krank. Auch wenn es jetzt Licht gibt, brauchen Engel liebe um zu leben!“
Ilyla war am Ende. Die Begrüßung, das Gespräch, Arzelus’ Geständnis. Das alles machte ihr zu schaffen. Ihre Energie floss aus ihren Körper und Augenblick zu Augenblick wurde sie schwächer. Arzelus sah sie entgeistert an.
„Ilyla, warum hast du mir das nicht gesagt, dann hätte ich dich nie hier her gebracht!“, jetzt schwebte ein sorgenvoller Ton in Arzelus’ Stimme.
„Ich wollte dich nicht beunruhigen!“, sagte Ilyla betroffen.
„Ich werde versuchen, etwas zu ändern, aber erwarte nicht zu viel!“, versprach Arzelus. Ilyla lächelte. Arzelus wollte sich von Ilyla lösen, doch sie schwankte, hätte Arzelus sie nicht gehalten, wäre sie gefallen.
„Ich bring dich in dein Zimmer. Dort kannst du dich ausruhen“, sagte Arzelus. Langsam gingen sie aus dem Turm.
Ilyla legte sich schlafen. Arzelus ging aus dem Zimmer und schloss die Tür.
„Herr?“, fragte eine weibliche Stimme. Arzelus sah sich um. Zerphia stand einige Schritte von ihm entfernt.
„Herr? Wer ist sie? Man erzählte sich, sie sei eure Gespielin! Stimmt das Herr?“, fragte sie leise und vorsichtig. Arzelus sah sie an.
„Sie ist nicht meine Gespielin. Sie ist meine Geliebte. Abgesehen davon. Was geht dich das an?“, fragte Arzelus kühl.
„Nichts! Mein Herr! Ich dachte nur, wenn ihr Verlagen habt, würde ich ...!“, sie stockte als sie Arzelus Gesichtsausdruck sah. Er hatte einen wütenden Ausdruck. Sie hatte seinen Stolz verletzt. Ilyla als Gespielin zu bezeichnen und dann auch noch sich anbieten. Zerphia wich zurück.
„Du solltest in dein Zimmer gehen oder irgendwo anders hin!“, sagte Arzelus ruhig, aber warnend. Zerphia drehte sich um und ging.
Er ging in die Eingangshalle.
Ilylas Bitte kam ihn in den Sinn. Da tat’s ihm Leid so mit Zerphia umgegangen zu sein.
Die Dämonen, welche im Saal waren, wichen zurück und huschten leise von der einen Seite zur anderen. Arzelus sah sich um. Überall schielten die Dämonen ihn verstohlen an. Keiner traute sich an ihn ran.
Arzelus fühlte sich plötzlich allein gelassen. Vielleicht ist es wirklich möglich, dass man hier freundlich ist. Arzelus kam eine Idee. Er wollte für Ilyla eine Feier veranstalten, mit Musik und Tanz. Er schritt auf einen Dämon zu, welcher sich geduckte.
„Steh grade“, meinte Arzelus in einen ruhigen Ton. Der Dämon strafte seinen Körper. Jetzt wirke er viel größer, als vorher, aber nicht bedrohlich oder böse.
„Ich möchte, dass du und einige andere eine Feier für heute Abend organisieren. Es soll Musik gespielt werden und eine große Tafel mit Essen!“, erklärte Arzelus aufgeregt. Er war überzeugt, dass seine Idee gut war.
„Herr, für wen?“, fragte der Dämon leise. Arzelus sah ihn irritiert an.
„Ach so, alle, die wollen, sollen kommen!“ antwortete er und ging. Der Dämon starrt ihm hinterher. Doch dann eilte er in eine Richtung und verschwand hinter einer Tür.
Nach zwei Stunden war die Halle festlich geschmückt. Eine lange Tafel stand in der Mitte, an der mindestens fünfzig Personen Platz fanden. Arzelus war sehr zufrieden. Die großen Flügeltüren standen offen und wer wollte konnte reinkommen. In einen großen Kamin brannte ein rotes Feuer. Sein Schein ließ den ganzen Raum freundlicher erscheinen. Das Licht der Kugel hatte einen hellen Tag gebracht.
Draußen war es sehr hell. Viele Dämonen waren deswegen in der dunkleren Halle. Die Pflanzen draußen waren zu neuen Leben erblüht. Einige haben Blätter bekommen, andere schon Blüten und es duftete nach ihnen. Selbst die steinige Ebene hatte einen Schein von grünem Gras. Arzelus stand in der Eingangstür und sah auf sein Reich.
Es hatte sich wirklich verändert. Ein bekannter Duft trat ihm in die Nase. Er drehte sich um und erblickte Ilyla. Sie sah sich erstaunt um.
„Gefällt es dir?“, fragte Arzelus fröhlich.
„Wie? Was ... Was ist geschehen?“, fragte Ilyla immer noch verwundert.
„Das Licht hat das Leben zurück gebracht!“, antwortete Arzelus. Ilyla trat neben ihm. Ein Blick bot sich ihr, wie in einem Traum.
Ein einsamer Vogel flog auf einen Baum und sang sein Lied. Die Dämonen verstummten, alles wurde still und lauschte auf den Gesang des Vogels. Solch ein Lied hatte man lange nicht mehr gehört. Ilyla lief wieder eine Träne über die Wange.
„Warum weinst du?“, fragte Arzelus leicht gekränkt.
„Ich bin glücklich!“, sagte Ilyla und lächelte.
„Dann hat meine Überraschung gewirkt?“, fragte Arzelus.
„Ja! Das ist wunderschön! Bald werden sogar wieder Tiere, wie Rehe, Pferde und weitere Vögel hier sein!“, meinte Ilyla.
„Dann lass uns feiern!“, schloss Arzelus. Sie gingen in die Halle und setzten sich an die Tafel. Andere taten es ihnen gleich. Einige Musikanten spielten Musik, doch es klang, als wenn sie lange keine Musik mehr gehört hätten. Ilyla aß ein wenig und ging dann zu den Musikanten. Dort nahm sie eine Flöte und fing an zu spielen.
Abermals verstummte alles und lauschte Ilylas Flötenspiel. Sie wiegte sich in der Musik. Eine leichte Brise wehte durch den Raum und brachte einen Duft des Frühlings mit. Die anderen Musikanten setzten zögern ein. Eine Musik, die es hier lange nicht mehr die Hallen gab, durchflutete die Gänge und Säle des Schlosses. Ilyla legte ihre Flöte nieder und ging auf Arzelus zu. Er sah sie erwartungsvoll an. Sie ergriff seine Hände und zog ihn vom Stuhl.
Eine Hand auf seine Schulter, die andere Hand in der seinen begann sie sich im Takt der Musik zu bewegen. Er legte seine Hand um ihre Hüfte und führte sie in einem freudigen Tanz durch den Raum. Schnellen Schrittes drehten sie sich und blickten sich tief in die Augen. Die Welt hatten sie vergessen. Ilylas Kleid weht in der leichten Brise, sowie Arzelus Umhang. Die Musik schwoll an und die Tanzenden beschleunigten ihre Schritte. Wenn die Musik langsamer wurde, wurden die Tanzenden es auch. Die Betrachter im Saal wunderten sich, wie schön der Anblick der beiden Liebenden war.
Gab es wirklich so was, wie eine Liebe und ein Zusammenleben zwischen Dämon und Engel? Einige weiblichen Dämonen wollten auch ihre Körper in Takt der Musik wiegen und forderten einige Männer auf. Bald war die Halle erfühlt von tanzenden Paaren. Doch keines strahlte soviel Grazie und Leidenschaft aus, wie Ilyla und Arzelus.
Lange spielten die Musiker und wurden oft abgewechselt. Das Licht des Tages wurde immer trüber und bald war die Nacht angebrochen. Man tanzte bis tief in die Nacht. Dann wurde der Saal immer leerer. Arzelus und Ilyla waren die letzten, die gingen.
Arzelus brachte Ilyla in ihr Zimmer.
„Das war ein herrlicher Abend!“, lächelte Ilyla vor sich hin. Arzelus sah ihr zu, wie sie durchs Zimmer sprang.
Da legte sie ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn. Ein angenehmes Gefühl machte sich in Ilylas Körper breit. Arzelus Hände glitten über Ilylas Schultern zu ihrer Hüfte. Der Kuss wurde leidenschaftlicher. Arzelus Hand fühlte Ilylas seidige Haut unter dem Kleid und ergriff den Reizverschluss.
Langsam öffnete er den Verschluss. Das Kleid lockerte sich um ihren Körper, die Träger rutschte von ihren Schultern und gab den Blick auf ihr Dekottè frei. Ilyla hatte den Umhang Arzelus’ gelöst und knöpfte langsam sein Hemd auf. Ein durchtrainierter Oberkörper kam zum Vorschein. Arzelus Lippen wanderten zu Ilylas Hals und ihren Schultern.
In leidenschaftlichen Berührungen kamen sich die Körper immer näher. Die Gefühle entflammten zu einer unkontrollierbaren Lust.
Ilyla spürte die sanften Berührungen. Ein kribbelndes Gefühl breitete sich aus. Arzelus nahm die seidige Haut Ilylas als einziges wahr. Er wollte mehr und ging immer weiter. Seine Hände erforschten ihren wunderschönen Körper. Seine Lippen fanden die wohlgeformten Brüste Ilylas und saugten sanft daran. Ilyla zog scharf die Luft ein und stöhnte leise auf. Mit seiner Zunge massierte er die sanften Runden. Langsam drückte er sie aufs Bett und zog ihr vollständig das Kleid aus. Sein Hemd fiel auch zu Boden. Ilyla umschlang mit ihren Armen seinen Oberkörper und drückte ihn an sich. Ohne, dass sie es merkte, zog Arzelus Ilyla die Unterwäsche aus und seine Lippen wanderten ihren Körper immer weiter runter und fanden sich bei ihren Schenken, wo er sie leidenschaftlich Liebkoste, sodass sie voll Wohne stöhnte und ihren Körper bog. Er wandte sich wieder ihren Lippen zu und küsste sie, wobei er mit seiner Zunge mit der ihren spielte.
Ihre Körper pressten sich enger aneinander.
Während der Berührungen und Empfindungen verschmolzen die Liebenden zu einem. Es war eine geistige und körperliche Vereinigung, die nur die Wahrliebenden kannten. Ein Moment des vollkommenen Glücks.
Ein Vogel saß am Fenster und sang sein Lied. Ilyla erwachte mit einen Gefühl der Glückseligkeit. Arzelus schlief neben ihr. Sein Arm ruhte auf ihre Hüfte. Sie hatte ihren Kopf auf seiner Brust gebettet. Sie strich mit einer Hand über seinem Oberkörper und küsste ihn. Arzelus drehte seinen Kopf zu ihr.
„Guten Morgen!“, murmelte er verschlafen. Ilyla sah ihn an und musste lächeln. Er sah etwas geschafft aus. Sein Haar war verwuschelt und seine Augen leicht gerötet. Er sah sie an und musste ebenfalls lächeln.
„Was ist?“, fragte sie neugierig. Er berührte mit einer Hand ihren Hals.
„Du hast von mir ein Mal bekommen!“, meinte er grinsend. Ilyla sah in irritiert an. „Ein Knutschfleck!“, erklärte er. Sie errötete. „Was, ist es dir unangenehm?“, fragte er belustigt.
„Ich fand es war ein gelungener Abend!“ Sie sah ihn wieder an.
„Ja, das war es!“, stimmte sie schwärmerisch zu. Sie kuschelte sich an ihm und bedeckte seinen Oberkörper mit Küssen. Er zog ihr Gesicht zu seinen und küsste sie leidenschaftlich.
Epilog
Ilylas und Arzelus’ Liebe wuchs mit jeden Tag, den sie zusammen verbrachten. Die Dämonen wurden ein heiteres Volk, sodass es nach Jahren doch gelang die Reiche zusammen zuführen. Lorenzes verliebte sich sogar in eine Dämonenfrau. Ishisu war auch bald nicht mehr alleine. Lorenzes herrschte über das Himmelsreich und Arzelus mit Ilyla wachten über das Schattenreich. Vieles geschah noch während der Jahre, aber sie lebten in Frieden.