Eingebung
In dem Moment, als er in mich eindringt, weiß ich, dass es ein Fehler war. Ich hatte es mir gewünscht. Unzählige Monate war es das einzige, an das ich denken konnte. Mein einziger Traum. Und das hätte es bleiben sollen: ein Traum.
Nun liegt er auf mir, in mir und ich sollte jede Berührung, jeden Atemhauch, jeden Stoß von ihm genießen. Kann ich aber nicht. Wie lange habe ich ihn gedrängt, versucht ihn rumzukriegen und jetzt, wo ich es geschafft habe, fühle ich mich gedemütigt.
Er liegt neben mir, hält mich im Arm und atmet gleichmäßig. Eingeschlafen. Ich befreie mich aus seinem Griff, ziehe mich an, steige aus dem Zelt.
Die Überreste des Feuers glühen noch. Ich setze mich auf einen Baumstamm, der dem Flammentod entronnen ist und zünde mir eine Zigarette an. Tausende Tränen schießen mir in die Augen.
Wie konnte ich nur so dumm sein zu glauben, die Befriedigung seiner Triebe würde mir die Liebe ersetzen, die ich mir von ihm so lang gewünscht und niemals bekommen habe? Sein Verlangen galt nicht mir. Nur meinem Körper.
Ein Zelt weiter schlafen Freunde. Meine Freunde. Seine Freunde. Sie mussten alles mitanhören. Wie kann ich ihnen morgen früh in die Augen blicken, wo ich doch mein eigenes Spiegelbild nicht mehr ertragen kann. Und ihn?
Beschämt starre ich ins Feuer und sehe, wie mein Herz zu einem Bleiklumpen zerfließt. Ich werfe meine Zigarette dazu und fasse einen Entschluss: Morgen werde ich keinem von ihnen begegnen.
Ich nehme meine Sachen und mache mich auf den Heimweg.