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Einsame Wege

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03.02.2005
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Einsame Wege

Einsame Wege

Der Mond stand bereits hoch am Himmel; in den Straßen der Bielefelder Innenstadt war es still geworden, so wie es Dienstagnacht üblich war. Keine Menschenmassen auf den Straßen, keine lärmenden Autos deren Abgase die Luft verdreckten, wenigstens nicht für ein paar wenige Stunden, doch ob dies noch etwas bringen sollte für die Menschen dieser Stadt?
Schmutzig war es schon lange und auf den Gehwegen der Großstadt häufte sich der Müll. Und die Menschen nahmen es als selbstverständlich hin.
Doch in dieser Nacht wurde der Gehweg noch durch etwas anderes befleckt, viele kleinere und größere dunkelrote Flecken zierten den Asphalt mitten auf dem glatten Gehweg der Einkaufsstraße. Das Blut schimmerte noch frisch im sachten Schein der Straßenlaternen und irgendwo zwischen großen Kaufhäusern, einem Elektrofachhandel und einem bereits geschlossenen Lokal, in dem nur wenige Stunden zuvor noch reger Betrieb geherrscht hatte, war ein leises Stöhnen zu hören. Ein Junge war es, der sich auf dem Kopfsteinpflaster wand; er erwachte gerade aus seiner Bewusstlosigkeit und war völlig orientierungslos.
„Sebastian“ sprach eine Stimme aus einer dunklen Ecke hinter dem Lokal. „Sebastian, wach auf, es ist Zeit.“
„Zeit, wofür? Hey, wo bin ich und wer spricht da?“
Sebastian hielt sich den Kopf, er schmerzte fürchterlich und sein Nacken war steif vom Liegen auf dem harten und kalten Boden.
Er sah sich um und es dauerte einige Augenblicke, bis er sich entsann wo er war. Sebastian wunderte sich, denn das Letzte woran er sich erinnern konnte war, dass er auf dem Heimweg aus eben jenem Lokal war, vor dem er jetzt lag. Er hatte sich gerade an der großen Kreuzung, die in alle vier Teile der Innenstadt und die Einkaufsstraßen abzweigte, von seinem besten Freund Henrik verabschiedet und wollte weiter gehen in Richtung Jahnplatz, um von dort aus den Nachtbus nach Brackwede zu nehmen, wo er wohnte. Er wusste nur noch dass er gerade nach rechts in die Straße abbog, die zur Bushaltestelle führte; er sah noch auf seine Armbanduhr, es war zehn Minuten vor zwei - sie wurden bereits aus dem Lokal, man könnte sagen hinausgeworfen und das Letzte was er sah war eine Frau, die ihm entgegen kam. Sie hatte einen langen Pelzmantel an, eine schwarze Wollmütze auf dem Kopf und würdigte ihn keines Blickes, während sie mit leisen klopfenden Geräuschen, die von ihren hochhackigen Schuhen verursacht wurden, die Straße entlang ging.
Dann spürte er, wie er an Kraft verlor; seine Gliedmaßen fühlten sich an, als ob sie aus Gelee bestehen würden und er konnte sich nicht mehr auf den Beinen halten.
Dann wurde es schwarz.
Sebastian blickte in die Richtung, aus der die Stimme kam und sah nun voller Erstaunen, wie sich eine große Gestalt aus dem Schatten löste. Sie war mindestens zwei Meter groß, ein langer Trenchcoat verhüllte diesen Hünen, sowie ein weiter Hut, dessen Krempe so tief ins Gesicht hing, dass nur noch das blasse Kinn dieser Person zu sehen war. Es schimmerte schneeweiß im Licht der Laternen und Reklametafeln und man sah, dass sich die Partien um den Mund zu einem Grinsen anzuheben schienen.
„Sebastian, schön dass du endlich wach bist, ich dachte ich hätte dich doch getötet, was mir unendlich leid getan hätte…“
Der Trenchcoatmann kam auf Sebastian zu und dieser konnte sich nicht bewegen, so verängstigt war er, was auch kein Wunder war, sprach doch der Mann – zumindest ordnete Sebastian diesen Typ anhand seiner tiefen und maskulinen Stimme als männlich ein - doch gerade von töten.
Sebastian versuchte sich aufzurichten, doch seine Beine fühlten sich noch immer schwach und wie aus Gummi an; er schaffte es lediglich, sich auf die Knie zu stemmen und sich auf den Armen abzustützen. Er musste ausgesehen haben wie ein armer Bettler, dachte Sebastian; er fühlte sich auf einmal so klein und unbeholfen, dies war ein neues Gefühl für ihn, denn er war schon immer der größte unter seinen Freunden gewesen mit seinen gut 1.87m und sein stämmiger Körperbau flößte jedem, der ihn nicht kannte, einen Heidenrespekt vor ihm ein.
Doch nun hatte Sebastian Respekt; Respekt vor einem ihm völlig fremden Mann in schwarzem Trenchcoat.
„Wer sind Sie und was haben Sie mit mir gemacht?“, fragte Sebastian mit leicht zitternder Stimme, auch Angst war ein Fremdwort für den volljährigen Teenanger und er wusste zunächst nichts mit dieser anzufangen. Am liebsten hätte er sich wie ein Hund auf den Rücken gerollt, alle Viere gen Himmel gestreckt und um Erbarmen gebettelt. Doch dies schien ihm dann doch als zu peinlich und für ihn unwürdig; was sollten seine Freunde von ihm denken, wenn sie dies jemals erfahren sollten?
Der Hüne blieb zwei Schritte vor Sebastian stehen und nun konnte er etwas mehr unter dem Hut erkennen. Fahle blasse Lippen grinsten ihn über einem spitzen Kinn an, die Wangen schienen leicht eingefallen und eine spitze Nase ragte unter dem Hut hervor. Diese Person wurde Sebastian immer suspekter, doch da war noch etwas, etwas was ihn innerlich alarmierte, obwohl es sich wohl total schwachsinnig anhören musste.
Spitze Zähne stießen zwischen Ober- und Unterlippe hervor. Sie schienen so spitz wie Stecknadeln und waren mindestens so lang und breit wie sein kleiner Finger.
„Sebastian, steh nun auf; ich denke es ist an der Zeit, dir dein neues Leben zu zeigen“, ausdruckslos sprach der Trenchcoatmann in einem freundlichen Ton und streckte Sebastian eine Hand entgegen, um ihm aufzuhelfen. Sie war genauso blass wie das Gesicht des Mannes der vor Sebastian stand und die langen dürren Finger endeten in mindestens halb so langen Nägeln, die spitz zusammenliefen; sie ähnelten schon eher Katzenkrallen.
„Wer… wer bist du?“
Sebastian vergaß nun vollkommen seine Höflichkeit und die gute Umgangsform, er spürte, nein, er spürte gar nichts, sein Herz hätte wie wild von innen gegen seine Brust schlagen müssen und seine Ohren hätten sich heiß anfühlen müssen. Das Adrenalin in seinem Körper, welches durch diese immense Angst ausgestoßen werden musste hätte ausgereicht, um ihn auf der Stelle aufspringen und einfach weg rennen zu lassen. Doch Sebastian spürte gar nichts. Keinen Herzschlag, kein Pochen im Hals, wo das Blut durch die Halsschlagadern in den Kopf gepumpt wird; er hatte keine Schweißausbrüche, rein gar nichts, was seine riesige Angst anzeigte. Er fühlte sie nur, das war alles.
Der fremde Mann hob den Hut etwas an, und zwei kristallgrüne Augen sahen auf ihn herab. Doch dies waren keine normalen Augen, irgendetwas an ihnen war anders. Seltsam, sie schienen tot zu sein, genauso blass wie der Rest dieses Mannes, die Pupille war nur ein winziger Punkt umgeben von einem reinen Grün. Der Mann lächelte und hielt Sebastian noch immer die Hand hin.
„Mein Name ist Theodor, Theodor von Herle. Einst war ich Graf in einer weit entfernten Region, doch dies ist lange her Sebastian; heute lebe ich auf den Straßen dieser Stadt, komm nun, ich will dir zeigen wie wir leben.“
„Wer ist wir?“ fragte Sebastian stotternd - ein Graf? Aus einer fernen Region? Heute ist der Typ ein Penner, was zu Hölle ging hier vor? Nun, vielleicht war der Begriff Hölle ja gar nicht mal abwegig, denn dieser Fremde schien eben dieser entsprungen.
„Na wir, Sebastian, du und ich!“ Die Stimme des Fremden wurde euphorischer, „Viel zu lange habe ich darauf gewartet, gemeinsam mit Gleichgesinnten durch die Straßen dieser Stadt zu ziehen und den Tod zu verbreiten. Sebastian, Wesen wie wir sind es, die diese Straßen vom Abschaum der Gesellschaft reinigen werden“, Theodor lachte voller Vorfreude und sah Sebastian erwartungsvoll an; doch dieser machte keine Anstalten, die Hand von Theodor zu ergreifen und sich aufhelfen zu lassen. Im Gegenteil, am liebsten wäre er genau an dieser Stelle aus diesem schlechten Traum aufgewacht „Ich schwöre, nie wieder Tequila vorm Schlafengehen“ dachte er und versuchte tatsächlich krampfhaft aufzuwachen; dann zwickte er sich selbst und musste feststellen – nachdem er einmal vor Schmerz laut aufschrie - dass dies kein Traum war.
Theodor lachte nur. „Sebastian, dies ist kein Traum; nein, du wirst die Augen nie wieder schließen müssen, um zu schlafen. Genauso wenig wirst du sie je wieder öffnen und in das grelle Licht der Morgensonne blinzeln denn diese, Sebastian, wirst du nie wieder erblicken. Deine Welt ist nun die Nacht, deine Heimat die Straßen und dunklen Gassen dieser Stadt, dein Beruf der Tod…“
Theodor grinste höhnisch, wobei sich sämtliche Partien des blassen Gesichts zu einer schrecklichen Fratze zusammenzogen und die langen Eckzähne nun voll zur Geltung kamen, als Theodor die Lefzen hochzog und sie aus einer Reihe von kleinen Messerscharfen Zähnen hervorschauten.
Sebastian hatte das Gefühl, gleich sämtliche Körperflüssigkeiten ausscheiden zu müssen. Er sprang zurück und sah Theodor mit weit aufgerissen Augen an.
„Was bist du?“ Es war ihm klar, er würde nun sterben; er wollte wenigstens noch erfahren, warum und durch wen. Aber seltsamerweise schien ihn der Gedanke an den Tod nicht mehr sonderlich aufzuregen, Sebastian spürte stattdessen etwas ganz anderes in seinem Inneren - es war eine Art Verlangen. Wonach, konnte er noch nicht sagen - aber wenn dieses nicht bald gestillt werden konnte, würde er wahnsinnig werden.
„Ein Wesen der Nacht, Sebastian - jawohl, ein Vampir! Genauso wie du auch, mein kleiner Freund“ Theodor ging näher an Sebastian heran, blieb dann direkt vor ihm stehen und wartete nicht mehr ab dass er seine Hilfe annahm, sondern packte den armen Kerl unter den Achseln und hievte ihn mühelos hoch. Sebastian war unfähig, sich dagegen zu wehren; er wunderte sich nur wie der Typ es schaffte, diese Muskelmasse von mindestens neunzig Kilo so leicht hochzuheben.
„Was redest du da? Ein Vampir? Ja sicher, und ich bin jetzt auch einer? Oh man, ich glaube so langsam echt du willst mich nur schocken, wer hat sich das ausgedacht? Ist Phil noch immer sauer wegen der geprellten Zeche letztens im Schulz?“
Sebastian versuchte seine Angst zu überspielen, doch Theodor sah ihn nur verständnislos an. Dann wurde es Sebastian doch etwas mulmig, als er unbewusst seine Zunge über seine trockenen Lippen führen wollte und dabei an einem überstehenden Eckzahn hängen blieb.
Geschockt tastete er diesen und einen zweiten Zahn mit seinen Fingern ab und stach sich dabei selbst in den Finger.
„Aua“ murmelte er und sah, wie ein kleiner roter Punkt sich auf der Fingerspitze bildete, der aber nach wenigen Sekunden wieder verschwand.
„Siehst du Sebastian, es ist wahr, ja! Du bist ein Vampir, genauso wie ich! Ist das nicht herrlich?“ Theodor reckte die Arme gen Himmel und er sah nun aus wie einer dieser Motivationslehrer; diese euphorische Stimme passte super dazu, fehlte nur noch, dass er gleich solche Ausdrücke wie „Schacka, du schaffst es“ verwendete.
„Überleg mal, du besitzt nun Macht über die Menschen, die Zeit kann dir nichts mehr anhaben! Krankheiten, Seuchen, der Tod, sie sind deine Freunde. Oh wie schön war es zu Zeiten der Pest, ich fühlte mich wie auf einem Basar. Zugegeben, das Blut schmeckte etwas fahl, aber es war noch immer leicht süßlich und es fiel auch niemandem mehr auf, als noch ein paar Leichen mehr auf den Straßen lagen. Sebastian, du kannst nun tun und lassen was immer du willst, erfreue dich mit mir an der Schönheit der Nacht und koste von ihrem herrlichen Wein, du musst nur das Fass anzapfen!“
Theodor verfiel in einen Rausch von Euphorie und grenzenloser Freude und Sebastian hätten wohl alle Haare zu Berge gestanden, dieser Typ wäre perfekt für einen Horror Streifen im Kino gewesen.
„Stopp mal eben, du willst mir also weismachen, dass ich nun ein Vampir bin? Genauso wie du auch?“ fragte Sebastian fordernd, er konnte noch immer nicht glauben was er da hörte - aber das was Theodor da gerade gesagt hatte, klang auf eine seltsame Art und Weise doch recht verführerisch.
„Ja Sebastian, du bist ein Vampir! Begreife es doch endlich, du bist nun unsterblich!“
„Muss ich Blut trinken?“
„Ja, ein leidiges Laster, aber nur so überleben wir.“
„Okay, klingt cool, bin dabei.“
Theodor sah ihn verwundert an und rümpfte die Nase, „na schön, dann erfrische dich nun ein wenig, du musst zu Kräften kommen. Ich werde hier auf dich warten“.
Theodor machte eine ausladende Armbewegung und Sebastian wusste, was er meinte. Endlich begriff er, woher dieses Verlangen kam. Es war der Blutdurst der ihn nun, seitdem er aufgewacht war, quälte und er dachte sich wenn er schon bei diesem Verein mitspielen sollte, dann auch richtig… Aber Menschen töten? Sebastian war nicht ganz wohl bei dem Gedanken.
„Muss es das Blut von Menschen sein?“
Theodor sah ihn skeptisch an, bei dieser Frage „natürlich nicht, du kannst auch das Blut streunender Hunde oder Katzen trinken wenn es dir beliebt, aber davon rate ich ab. Denn es schmeckt salzig und ist nicht vergleichbar mit dem wohlig mundenden Geschmack des Blutes einer jungen, zierlichen Frau. Oh, wie ein süßlicher Wein, gelagert und importiert in Holzfässern aus Italien, erfrischend läuft es dir den Hals herab und erquickt deine Sinne. Das, Sebastian, ist ein wahres Geschenk! Aber geh nun - wenn du nicht bald etwas trinkst, zerfällst du noch vor Sonnenaufgang! Aber sei achtsam, die Nacht ist nicht mehr lang und die Sonne nun dein größter Feind!“
Mit diesen Worten wandte sich Theodor von Sebastian ab und verschwand wieder in den Schatten der Nacht.
Sebastian stand nun etwas ratlos vor dem Lokal und fragte sich, was er tun sollte. Okay, er musste Blut trinken, das war ihm klar, denn allmählich spürte er, wie sich innerlich alles zusammenzog vor Durst und seine Kehle schmerzte ebenfalls. Er musste los und irgendein Opfer finden; und wenn es nur eine Ratte war.
Sebastian wollte gerade losgehen, als er noch einen Blick in das Fenster des Lokals an der Ecke warf und was er sah, erschreckte ihn zutiefst. Ihm sah nicht mehr der große, sportliche stets gut gebräunte junge Mann mit den blauen Augen und dem blonden leicht gewellten Haar entgegen wie sonst, wenn er in den Spiegel sah. Er blickte in die beängstigenden Azurblauen Augen eines blassen, schmächtig wirkenden Mannes, dessen Haar fade über die Ohren hing und sichtlich verblasst war, ebenso wie seine Haut. Er leuchtete regelrecht im Licht der Schaufenster und seine langen Eckzähne blitzten über seinen Lippen auf.
Schnell schlug sich Sebastian die flache Hand vor den Mund und lief los, er konnte diesen Anblick nicht mehr ertragen.
Schnell rannte er zur Einkaufstraßenkreuzung, über sie hinweg, in Richtung Außenbezirk, dann links ab zum Bahnhof, bis er mitten auf der Straße stehen blieb und keuchend nach Luft rang. Jetzt erst kam der ganze Schock über diese Situation zu Tage und Sebastian fühlte sich dreckig, elendig, warum schlug sein Herz bloß nicht mehr? Er war kein Mensch mehr, er war ein Ding, ein Monster. Er sackte auf der Straße zusammen.
„Ist Ihnen nicht gut? Kann ich Ihnen helfen?“ Eine junge, freundliche und wohlklingende Frauenstimme holte Sebastian aus seinem Selbstmitleid wieder hervor und er roch einen Duft von blumigem Parfum; eine zierliche Hand legte sich auf seine Schulter und die Stimme klang ehrlich besorgt. Er wollte sich gerade umdrehen und der Frau entgegenlächeln und sagen dass es ihm gut ginge. Doch da fiel ihm ein, was für einen erschreckenden Anblick er ihr bieten musste und er ließ es bleiben. Außerdem stieg ihm nun ein weiterer Duft in die Nase, es war ein süßlicher Geruch. Er hörte auf einmal, wie das Blut der Frau durch ihre Adern strömte, er hörte es in ihrer Hand, er hörte ihr Herz in einem gleichmäßigen ruhigen Takt schlagen, es machte ihn wahnsinnig. Er spürte wie sich ein fremdes Wesen in ihm aufbäumte; es war eine Bestie, ein Tier, das hinter Gittern gehalten wurde und nun mit aller Macht versuchte, seine Ketten zu sprengen und das Gitter aus der Wand zu reißen. Und das würde es schaffen. Das spürte Sebastian und er konnte nicht zulassen dass der jungen Frau, wer auch immer sie war, etwas geschah.
„Bitte, lassen Sie mich Ruhe, gehen Sie, bevor etwas Schreckliches passiert!“
rief Sebastian, immer noch auf der Straße kniend und das Gesicht von der Frau weggedreht. Was machte sie denn um diese Zeit hier am Bahnhof? Die Frage war leichter zu beantworten, als es ihm im ersten Moment schien; sollte er nun anfangen Prostituierte zu morden?
„Soll ich einen Krankenwagen rufen? Sie sehen nicht gut aus!“, fragte die Frau und Sebastian konnte hören, wie ihr Herz schneller schlug, sie hatte Angst. Doch diese Angst machte das Tier nur noch wilder. Er hielt es nicht mehr aus, wie vom Blitz getroffen drehte er sich um und starrte sie an. Es war die hochnäsige Schnepfe, die er als letztes gesehen hatte, als er noch ein Mensch war.
Ihre roten Lippen bebten und ihre Augen weiteten sich, sie waren grün, wahrscheinlich wunderschön, würde sie nun nicht voller Panik sein. Sie wollte schreien, brachte aber keinen Ton heraus, Sebastian wurde gar nicht mehr bewusst, dass er ihr mit weit aufgerissenem Mund entgegen sah und seine spitzen Eckzähne ihr entgegen sprangen.
Es dauerte nur wenige Minuten und der letzte Tropfen ihres so wohlschmeckenden Blutes benetzte Sebastians Lippen, glitt die Zunge herab und dann die Kehle und er genoss es, er genoss ihn so sehr, diesen Geschmack, niemals in seinem Leben hätte Sebastian gedacht, dass Blut so gut wie Wein und so erfrischend wie Apfelsaft sein konnte.
Er hatte es getan, er hatte einen Menschen getötet, nun war die Grenze überschritten die ihn vom Tier unterschied.
Er sah auf die junge Frau herab, betrachtete sie wie sie starr in den Himmel starrte, mit ihrem grünen, jetzt ausdruckslosen Blick. Ihre Lippen leuchteten wohl zum letzten Mal in einem verführerischen Rot, denn sie waren benetzt von ihrem eigenen Blut. Sebastian hatte es nicht mehr abwarten können, ihren Hals frei zu machen, seine Zähne gruben sich noch bevor sie doch einen Weg fand aufzuschreien in ihre Lippen, das Blut spritzte direkt in seinen Mund und sofort schmeckte er diesen unwiderstehlichen Geschmack und wurde von einer beinahe beängstigenden Lust gepackt.
Erst nachdem die Lippen nur noch spärlich das kostbare Getränk hergaben, tastete er sich weiter den bebenden Hals entlang zu ihrer Halsschlagader und stieß hinein. Sie wehrte sich nicht mehr, er hielt einen zuckenden Körper in seinen Händen wie ein Raubtier seine Beute und saugte sie aus.
So wie sie da lag, würde man es für einen brutalen Raubüberfall halten, es war nicht selten, dass Huren in der Nacht auf eine solch bestialische Art überfallen und ausgeraubt wurden.
Doch Sebastian machte sich darüber keine Gedanken mehr, er wollte nur noch mehr. Mehr Blut und dieses wollte er sich holen.

Theodor hörte das Schmatzen, das klägliche Wimmern der Beute und er folgte ihm, bis er Sebastian hinter einem Lattenzaun auffand, am anderen Ende der Stadt. Nun fragte er sich was er angerichtet hatte; sicher, er wollte einen Gefährten haben, er fühlte sich einsam hier, ohne andere seiner Art. Er ging damals als Einziger fort aus seiner Heimatstadt, denn sie waren zu viele geworden, es gab nicht mehr genügend Blut für alle; doch keiner wollte gehen, bis ihn selbst der Drang nach neuen Herausforderungen packte.
Doch das Leben – oder nicht Leben - in Bielefeld wurde ihm mit der Zeit zu öde, nun gab es für ihn zu viele Menschen und zu wenige Freunde.
Er hatte lange Zeit darüber nachgedacht, einen seiner Art zu zeugen doch hatte er Sorge, es würde so enden wie damals in Wien. Aber in dieser Nacht dann war er es leid, allein auf Beutefang zu gehen und als er diesen betrunkenen Teenanger sah, wie er leicht torkelnd die Fußgängerzone entlang ging, so kräftig wie er war und lustige Lieder sang, da wusste er, dies wäre der Richtige. Einer mit Verstand und einer für die Stimmung sollten sie sein.
Doch sein Plan schien fehlzuschlagen, wie er befürchtet hatte. Den ganzen Weg hierher fand er Leichen von Menschen; alten, jungen, sogar eine obdachlose Mutter und ihr kleines Kind hatte dieser Welpe getötet.
Und nun labte er sich an dem Blut einer weiteren Hure.
„Sebastian, halte ein!“, rief Theodor und sofort sah Sebastian auf, sein Gesicht war blutverschmiert und seine Augen leuchteten vor Gier.
„Wie hast du mich gefunden?“, fragte der Welpe ihn und Theodor war danach zumute ihm eine Ohrfeige zu geben, so wie er aussah glich er eher einem streunenden Wolf als einem Vampir.
„Das war nicht schwer Sebastian, ich musste nur der Leichenspur folgen.“
Sebastian sah ihn verständnislos an, er verstand wohl nicht, warum Theodor ihn bei diesen Worten so grimmig ansah.
„Es ist nicht gut Sebastian, was du da tust. Es gehört sich nicht für einen wahren Vampir, ein solches Blutbad anzurichten!“
Sebastian ließ die Frau, von der er gerade noch getrunken hatte achtlos fallen und sie zuckte noch eine Weile auf dem Boden weiter, ihre vor Angst weit offenen Augen sahen Theodor leblos an und Schuld und Ekel überkamen den Vampir.
„Warum? Du sagtest ich kann tun und lassen was ich will, Theodor von Herle! Das waren deine Worte, ich habe nun Macht über die Menschen, sie dienen mir als Nahrung!“, erwiderte Sebastian und seine Lefzen zogen sich hoch, er knurrte seinen Schöpfer an.
„Er muss den Verstand verloren haben, ich wusste es, ich hätte es verhindern sollen, der Geschmack des Blutes und der Spaß am Töten haben ihn zu einer Bestie gemacht. Oh, sie hatten mich immer davor gewarnt, einen Welpen einsam ziehen zu lassen, man müsse ihnen beibringen das Tier in Zaum zu halten, doch nun habe ich wohl versagt…“
Dieser Gedanke nagte an Theodor und seine Stimme wurde fester, „Sebastian, komm nun mit mir, es wird bald Tag!“
Doch der junge Vampir machte keine Anstalten ihm zu folgen, stattdessen drehte er sich zu seinem Opfer hin und hob es wieder auf.
„Ich werde kommen, wenn ich hier fertig bin… Meister“, spottete er, „mir gefällt es, was ich bin und was ich tue, geh du schon vor…“
Dann begann Sebastian wieder zu trinken und Theodor resignierte, vielleicht war es doch das Beste, ihn hier zu lassen und wenn die Sonne aufging, dieser Welt diesen Fehler wieder zu nehmen.
„Narr, aber tu was du willst! Sieh, die Sonne geht auf, lange wirst du nicht mehr bleiben können!“
Aber Sebastian antwortete nicht mehr, sondern war wieder seinem Blutrausch ergeben.
Theodor wandte sich schweren Herzens ab und sah in den Himmel, wo das Schwarze der Nacht einem blassen grau bereits wich und die ersten rot-orangenen Sonnenstrahlen sich über die Dächer der Stadt erhoben.
Theodor beeilte sich, er sah nicht mehr zurück, gerettet in den Schatten eines alten baufälligen Gebäudes, dessen Keller ihm bei Tag Unterschlupf bot, horchte er noch etwas in den frühen Morgen hinein und schon nach wenigen Minuten durchriss ein lauter qualvoller Schmerzenschrei die Stille des Frühlingsmorgens und der Gestank von verkohltem Fleisch lag schnell in der Luft.
Wieder sollte Theodor allein durch die Nacht ziehen, würde mit der Angst leben, es allein mit einer ganzen Stadt voller wütender Menschen aufnehmen zu müssen, sollten sie sein Geheimnis entdecken. Aber so war es wohl das Beste, denn so konnte sein Geheimnis noch lange Zeit eines bleiben. Er erkannte, dass die Menschen nur von einem einzigen Instinkt gesteuert wurden. Für die Menschen gab es nur das eigene Ich, die Macht über alle anderen. Er hatte eine neue Erkenntnis gewonnen, doch der Preis dafür war die Einsamkeit.

Nur wenige Straßen entfernt hörte Isabelle den Schrei des Welpen über die Dächer der Stadt hinweg schallen und sie fragte sich, welches ihrer Opfer sie dieses Mal nicht gänzlich getötet hatte.
Der Schock aber wich der Erleichterung darüber, dass ihre Rechnung nun aufging, kein Welpe würde eine zweite Nacht je überleben, ohne von ihr geführt zu werden. Es war bedauerlich, aber dennoch ein Segen für sie und der Schutz ihres Lebens. Der Preis war nur leider das einsame Leben in dieser Stadt als Vampir.

 

Hallo Flafi, herzlich willkommen auf kg.de!

Ich muss dir leider sagen, dass mir deine Geschichte nicht besonders gefallen hat. Der Anfang ist relativ gut, aber es war offensichtlich, dass es sich bei dem seltsamen Mann um einen Vampir handelt. Und dass ein neugeschaffener Vampir gleich dem Blutrausch erliegt, ist auch nicht wirklich innovativ. Dann bringst du gegen Schluss noch eine "Isabelle" in die Geschichte, wer auch immer das ist - habe ich da etwas überlesen?

Der Text erinnert mich vom System her ein bisschen an "Vampire - the Masquerade". Er bietet eigentlich nur den endlos langen "du bist jetzt ein Vampir und musst Blut trinken"-Dialog, den man als fantasybewanderter Leser schon mindestens eine Milliarde Mal gehört hat, die Dialoge klingen nicht wirklich echt - sind zu lang, zu erklärend - und der ganze Text holpert sehr dahin. Versuch doch, ihn zu glätten. So, wie es jetzt da steht, wirkt es auf mich wie ein Zeitraffer. Versuch, Tempo rauszunehmen.

Es tut mir wirklich Leid, dass ich dich hier so verreißen muss, aber du hast dir ein sehr ausgelutschtes Thema ausgesucht. Diese ausgelutschten Themen müssen schriftstellerisch höchste Ansprüche erfüllen, denn sonst entlocken sie dem Leser nur ein müdes Gähnen. Ich habe deine Kritik zu Felsys Geschichte gesehen und bin sicher, dass du es kannst.

Außerdem: Würde ein Vampir sich seinen Gefährten für die Ewigkeit nichts orgfältiger aussuchen? ;)

gruß
vita
:bounce:

 

vita schrieb:
Hallo Flafi, herzlich willkommen auf kg.de!

dankeschön! :)

vita schrieb:
Ich muss dir leider sagen, dass mir deine Geschichte nicht besonders gefallen hat.

Na mir auch net, dies war mein erster Versuch nach langem mal was zu schreiben, als vorlage diente ein Comic einer Freundin und begnadeten Küsntlerin, habe den Grundplot grobübernommen... ich denke als Comic ist es noch ganz nett zu lesen...naja...

vita schrieb:
Der Anfang ist relativ gut, aber es war offensichtlich, dass es sich bei dem seltsamen Mann um einen Vampir handelt. Und dass ein neugeschaffener Vampir gleich dem Blutrausch erliegt, ist auch nicht wirklich innovativ.

Na, das hoffe ich auch, dass das offentsichtlich war, denn das sollte auch so sein ;) Un das die Sache mit dem Blutrausch nicht inovativ ist, zeugt ja nur davon, dass es so sein muss :read:


vita schrieb:
Dann bringst du gegen Schluss noch eine "Isabelle" in die Geschichte, wer auch immer das ist - habe ich da etwas überlesen?

Ne, nicht wirklich, eiegntlich ist der ganze Witz an der Sache doch, dass es zwei Vampire in der Stadt gibt, aber beide nichts von einander wissen und denken sie wären total einsam, die eine hat es schon aufgegeben und tötet ihre Opfer gleich, der andere versucht es eben anders....
Na gut, schlechter Witz.....

vita schrieb:
Der Text erinnert mich vom System her ein bisschen an "Vampire - the Masquerade". Er bietet eigentlich nur den endlos langen "du bist jetzt ein Vampir und musst Blut trinken"-Dialog, den man als fantasybewanderter Leser schon mindestens eine Milliarde Mal gehört hat, die Dialoge klingen nicht wirklich echt - sind zu lang, zu erklärend - und der ganze Text holpert sehr dahin. Versuch doch, ihn zu glätten. So, wie es jetzt da steht, wirkt es auf mich wie ein Zeitraffer. Versuch, Tempo rauszunehmen.

Hm, mag wirklich sein, dass ich zu Vampire geschädigt bin :Pfeif:

vita schrieb:
Es tut mir wirklich Leid, dass ich dich hier so verreißen muss, aber du hast dir ein sehr ausgelutschtes Thema ausgesucht. Diese ausgelutschten Themen müssen schriftstellerisch höchste Ansprüche erfüllen, denn sonst entlocken sie dem Leser nur ein müdes Gähnen.

Ne, mir tut es leid, dass ihr das lesen musstet :shy: Das nächste Mal versuch ichs besser!

vita schrieb:
Ich habe deine Kritik zu Felsys Geschichte gesehen und bin sicher, dass du es kannst.

Öhm....welche Kritik? :confused:

vita schrieb:
Außerdem: Würde ein Vampir sich seinen Gefährten für die Ewigkeit nichts orgfältiger aussuchen? ;)

Och, der war eben ein wenig voreilig ;)

Gruß
Flafi

 

Hi Flafi,

ja, leider eine Vampirgeschichte, wie ungefähr tausend andere auch. Ich muss ja zugeben, dass ich persönlich schon etwas allergisch allein auf das Wort "Vampir" reagiere.
Aber an deinem Stil merkt man, dass du es sicher auch besser kannst. Ich würde an deiner Stelle mal versuchen, ein nicht ganz so abgegriffenes Thema zu wählen... ;)

Ach so, was mir unangenehm aufgefallen ist beim Lesen: Dieser Graf spricht sehr sehr oft den Namen "Sebastian" aus, wenn er mit deinem Prot redet. Das wirkt extrem unnatürlich. Ich meine, so redet niemand:
"Peter, reich mir mal das Salz"
"Oh ja, Marie, natürlich"
"Oh danke, Peter, das is aber lieb von dir"
Aber Marie, das tu ich doch gerne" ;)

Merkst du's? Vielleicht einfach bei der ächsten Geschichte dran denken...

So long,

Ronja

 

Felsenkatze schrieb:
ja, leider eine Vampirgeschichte, wie ungefähr tausend andere auch. Ich muss ja zugeben, dass ich persönlich schon etwas allergisch allein auf das Wort "Vampir" reagiere.

Vampir, Vampir .... :D
Nagut, meine Witze werden immer flacher, ehm ja, das Prob an der Sache war eben, dass die Freundin von der das Comic stammt so nen Fabel für Vampire hat ;)

Felsenkatze schrieb:
Aber an deinem Stil merkt man, dass du es sicher auch besser kannst. Ich würde an deiner Stelle mal versuchen, ein nicht ganz so abgegriffenes Thema zu wählen... ;)

Da is wiederum das Problem, das ich ne Menge Geschichten auf Lager hätte, aber die alle zu lang wären um sie als Kurzgeschichte auszulegen.... ich glaub das kurz Schreiben liegt ma net...


Felsenkatze schrieb:
Ach so, was mir unangenehm aufgefallen ist beim Lesen: Dieser Graf spricht sehr sehr oft den Namen "Sebastian" aus, wenn er mit deinem Prot redet. Das wirkt extrem unnatürlich. Ich meine, so redet niemand:
"Peter, reich mir mal das Salz"
"Oh ja, Marie, natürlich"
"Oh danke, Peter, das is aber lieb von dir"
Aber Marie, das tu ich doch gerne" ;)

Merkst du's? Vielleicht einfach bei der ächsten Geschichte dran denken...


Das is Absicht, der Typ ist ein wenig, nunja, kirre inner Birne? Würde man das so ausdrücken? Ich meine, der nimmt so nen Jugendlichen Schöhnling als Gefährten, lässt den einfach mal losziehen... und zieht von Wien ausgerechnet nach Bielefeld! Das sagt doch alles :drool:

Gruß
Flafi

 

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