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Einzeltiere
Er hat es gern in jeder Pore – aber woher weiß ich – dass er das Salz gern in jeder Pore hat? Dass er im schmalen Badezimmer steht und der Blütenpyjama aus Tussahseide ist und er ihn von den Schultern wischt, wie das Büßergewand vorm Scheiterhaufen, sich, die Hände mit Blut vollgelaufen und scharlach, im Spiegel betrachtet.
Ich kann nicht wissen, dass er den Staub fremder Dachböden sammelt; in braunen, Edding beschrifteten Tabakdosen unterm Bett. Der, der sich beim Einatmen an den Lungenbläschen festsetzt, der unterm gestohlenen Schulmikroskop graue Hüllen- und Fädenberge mit sporentiefen Schatten zeichnet. Da hat sich eine Lust in Daniel eingenistet und die krabbelt in Gedanken wie die Hausstaubmilben unterm Bett, die mit Schimmeln, Hefen und anderem dosenförmige Biotope bilden – woher ich das weiß, weiß ich nicht. Ich kenne Daniel kaum.
Mit getränktem Maderhaarpinsel lasiert er die Körperstellen, vom Fußnagel, den Zehenknöchel hoch zum Scheitel, über die Augenlider, die Schläfen; er reibt, presst das Mahlsalz in jeden Kubikzentimeter Haut, in jede Spalte und Haarwurzelscheide. Mit gebogenem Zeigefinger reißt er den Kleber einer zweiten Salztüte; verrieselt weiße Hände voll hinter, vor und seitlich, im Radius den Überschuss, bis er mit dem Versalzen der Handinnenflächen schließt. Ein Salztier, nur die braunen Augen, die er von der Mutter und die eine Freundin des Vaters im besuchsweisen Rhythmus zu einer Reihe unüberlegter Komplimente bewog, bevor er am sechzehnten Geburtstagstisch allein zu leben beschloss, überhaupt, und um sich besonders an ungeraden Tagen im Salzpanzer zu verkriechen, ohne Freunde, nur mit dem Staub in einer ausreichend dunklen Wohnung, nur diese Augen unterscheiden ihn von einem Salztier.
Zuerst habe ich mich gefragt, woher. Wer von den Aasgeiern und -krähen in den viel zu langen Schulhofpausen hat mir das erzählt; die sich das Maul nach jedem Stück Danielfleisch zerreißen: Daniel der Asperger, der mit der Leichenteilsammlung im Keller, der mit den Zuchtratten, deren Milch er trinkt. Davon weiß ich nichts, kann ich nichts wissen; ob das stimmt, was die Aasgeier zwitschern.
Ich glaube, es ist etwas Schlimmes und ich sollte jemanden konsultieren; ein Teil des Schläfenlappens, mutiert; ein jähes, unzweckmäßiges Anschwellen im Hirnmantel; ein pflaumengroßes Ödem, das die graue Masse wie eine Austernperle von innen reizt. Manchmal verschwimmt die Peripherie; dann klammre ich mich an einen Laternenpfahl, presse die Fingernägel ins Fleisch. Morgens, abends und in der Nacht höre ich meine Schreie fern, als wären es die einer anderen Esma. Dann drückt es im Kopf, ich träume fiebrig, aber liege kalt. Gelegentlich stecke ich mir einen Finger in den Hals und hole es aus mir heraus.
Ich will wissen, ob es die Sündenangst ist, wegen Adam, meinem Cousin, und dem, was wir am Sukkot, am siebzehnten Tischri in der Laubhütte trieben. Nur meine Schwester weiß davon und die habe ich, Gott sei Dank, mit Mitleid und unbestimmten Drohungen bestechen können. Wie lange geht das gut? Sei es doch das Pflaumenödem, sei es die mütterliche Erbschizophrenie. Sei es eines von beidem, dann wüsst’ ich, ja, dann könnt’ mich freuen, dass Daniels Verhalten zum Salz, dass die Stäube im Unterbett nur Erfindungen eines im Hirn vermantelten Männekens sind, das mir einen Gedankenschaden anrichten will. Wenn es sich aber entgegen meiner Spekulationen erweisen sollte, dass kein Geschwür, kein Adam oder sonst ein böser Stern mir diese Dinge eingibt, dann muss ich gestehen, bin ich mit meinen Deutungen am Ende.
Die tauben Fingerkuppen krallen sich in den Stracheldraht gedeckten Zaun der stillgelegten Fabrik, die auf dem alten Schulweg liegt. Hinter mir läuft scheu und ungeniert der Metalboy, den die Aasgeier Reso nennen. Ungeniert, weil er wissen muss, dass ich ihn bemerke: am schiebenden Ballenschritt, an der unverkeilten Brotdose, die im Tornister klappernd das Mittagessen verformt; am Traben und Hoppeln, wenn er durch die wachsende Entfernung zu mir, seinem Objekt, aus der Traumstarre aufzuckt. Was alle über Reso wissen: dass er irre, ja, wirklich irre Zellen im Blut hat und dass der Blastenschub die Haare frisst und die neuen Punkerloden, wie der unbeliebte Onkel die Perücke wohlmeinend getauft, vielleicht aus einer recycelten PET-Flasche. Was sie oder ich nicht ohne Zweifel wissen, betrifft Resos Nachttischinhalt. Kurt Cobains Tagebücher, gebunden, Die Siedler Online neben aussortieren MMORPG-Vollversionen und einer Tube Gleitgel. Die Ökomutter gibt ihrem Jungen Zeit, wenngleich davon immer zu wenig ist, und auch nicht mehr viel, ja, nicht mehr viel. Sie bäckt einen Kuchen aus dem Internet, den Reso ihr herausgesucht hat, einen mit Schwarzkirschen, die mag er. Später werden sie ihn gemeinsam mit dem niemals traurigen Vater essen und dazu einen Getreidekaffee brühen. Am runden Tisch sind Gabeln und Messer wie magnetisch auf Reso ausgerichtet, der hier Tillmann genannt wird. Tillmann oder Reso genießt den Abglanz der Elternliebe, der von seinem in ihre Gesichter strahlt, und doch muss er unauffälliger werden, damit der Übergang zum Verschwinden polsternd wird. Woher ich das weiß, weiß ich nicht.
Mein Name ist Esma Smelick. Ich bin sechzehn und ein Matheass. Nach dem Abi, schwör ich, wird die Technik mein Platz an der Sonne. An reichlich vorhandenen Nachmittagen lese ich Lewis Caroll oder sammle Escher-Fotokopien in weiten Nappaledermappen. Als ich beschloss, mich der gerechten Sache zu widmen, verkümmerte mein Humor über Nacht, sodass ich ihn in eine Petrischale goss, um seine DNA zu entschlüsseln und mich selbst wieder zu verstehen. Seitdem lasse ich die Finger vom Thema. Muskelballen, Unterarmsehnen, stramme Oberlendenpäckchen sind mein Stolz und Blut. Die grobe Drosselvene schmückt den Hals mehr als Tante Anjuschas Halssilberkettchen. Selbst Pumper-Heiner und Eisen-Osman aus zwölf b und a bekunden regelmäßig ihren Neid. Privat nähre ich einen Hass gegen Aasgeier, lispelnde Schulbrotdiebe und Spaßterroristen. In Zwischenpausen pflege ich Freundschaften; man kennt mich, weiß in etwa, wer ich bin. Nicht alles, was ich tat (ein Cousin ist kein Bruder und mein Vater kein Tochtermörder, nur ein grau melierter Schnauzbart, doch wird er oder werde ich mir früher oder später die Haut vom Körper ziehen, ein Bad in heißem Öl nehmen und mich beschwert auf einen Spitzpflock setzen). Sie wissen in etwa, wer ich bin, führen auch Geburtstagsgespräche mit mir, werfen mir Frisbees im Park zu, schlafen bei, neben und mit mir. Vielleicht hilft Ihnen das, sich ein Bild zu machen.
Die Fingerhaken stecken im Fabrikzaun, kein Klimpern.
Du sollst mich, Fickscheiße, in Ruhe lassen, verebbt mein Echo.
Der Klackertornister schlurft. Schlurft weiter, schlurft an mir vorbei.
Nichts zu danken, sagt der Tornister.
Heute ist etwas passiert. Ich weiß jetzt, dass Daniel einen Kater getötet hat. Vor zwei Jahren, im zweiten Juni-Drittel: Da schien einst die Sonne heiß über den Mülleimern der Innenstadt. Ein kurzhaariger Hund zog eine Frau an der Leine, krümmte den Rumpf froschhaft und pisste eine Pfütze, die erstaunliche Ähnlichkeit mit dem 7. Bezirk der österreichischen, an der Donau ausufernden Herzstadt der Kronleuchterkultur zeigte, in der sich auch diese Geschichte zutrug. Doch mit der Pfütze war es nicht genug! Und was nicht gut roch, war doch zumindest warm, und wurde von einer alten, ringbesetzten Hand im Plastikmantel aufgelesen und für ein gutes Geschäft befunden.
Dies beobachtete aus dem zweiten Stock das Augenpaar eines Salztieres.
Da stürzte etwas vom Himmel, das kein Komet, der im Flug erkaltet, genau genommen nicht einmal dem Himmel entsprungen, sondern dem Umbaudachgeschoss des alleinstehenden Mitarbeiters der Kartonfabrik, Karl, dessen Umbaufenster vorm Aufbruch zur Arbeit einen Spalt zu weit geöffnet, des Kater Milfords Freiheitssprung. Zum schmerzhaft in der Länge quälenden Höhepunkt der Groteske führte ein spießgewordener Ornamentbesatz am Vorderhausgatter und -zaun, der seit gut einem Jahrhundert ein freudloses Geranienbeet umgrenzte. In Richtung des zur Landung aufgespreizten Kater Milfords ragten rostige Speerspitzen. Dies Ereignis konnte nur von einem beobachtet werden, der zur bruchteilhaften Verarbeitung von Zeit imstande war. Hätte sie, die mit der Hand im Plastikmantel erstarrt, weil da doch noch mehr vom Hund zu kommen schien, ihr Hörgerät eingeschaltet, so wäre sie der Todesschreifrequenz induzierten Lautsprecherexplosion einem plötzlichen Herzstillstand nicht unwahrscheinlich erlegen. Während Daniel die Ereignisse der letzten zwölf Sekunden rekapitulierte, fauchte es dort bereits schwer, wo zwei scharfe Spitzen aus dem Rückgrat eines Tieres ragten, das nicht mehr fähig sein konnte, den Schmerz durch regloses Hängen auf ein unerträgliches Mindestmaß zu reduzieren. Selbst wenn ein Kater zur Ohnmächtigkeit fähig gewesen, die Erlösung ließ bitter auf sich warten. Ein Knurren, Schreck und krampfes Bellen, da zog das Tier den Schwanz gekrümmt das Mütterchen den Gehweg fort. Und so begab es sich, dass Daniel, der außer kleinsten Spinnentieren und sich selbst im Mantel das Leben in allen Formen mied, etwas Wichtiges zwar nicht empfinden, zumindest aber als unbestimmten Handlungstrieb erfassen konnte. Er näherte sich Milford behandschuht und würgte den Kater tot.
Und noch etwas ist geschehen. Auch das vorhin am alten Zaunweg. Als die Finger verkrallt wirre Bilder, vielleicht aus Erinnertem oder Gehörsagtem erblühten. Zuerst wusste ich von ihrer Nagellacksammlung im Schminktischfach. Die meisten steckte sie in Drogeriemärkten der inneren Bezirke ein. Ihr Name, Gisa, sie sechzehn im Mai, geläufig waren mir eventuell Bob-Haarschnitt und gelegentliches Auftreten in der Aasgeier-Clique. Ob ich das Neue wissen kann, werde ich noch ergründen; dies sind vorläufige, sind ungesicherte Behauptungen. Davon, dass Gisa versuchte Christin zu werden, sich von einem Jungpfarrer Bibelstunden und anderes geben ließ, sie jedoch nur bis zur Befreiung Ägyptens vorstießen, als er ihr dröge wurde. Dass sie einen Psychologen mag, ihre Eltern aber mit dem Mittelfinger grüßt; sie deren Wohn- und Schlafzimmerbereich nie betreten, nur das eigene sowie Koch- und Klonische (den Duschkasten ebenfalls nicht) und Geld fürs Schwimmbad. Freundschaftliche Regungen sind Gisa eine fremde Sache, die Geier ihre Aasgemeinschaft, sie Einzeltier.
Kommen wir aber zur Leidenschaft, die mich zum Teil dessen und im Übrigen kotzwütend macht. Kommen wir zu Gisas Lustobjekt, zum liebsten Gisa-Opfer; denn Gisas brauchen Opfer; sie existieren durch die Verzweiflung anderer; liegt die Kummerstätte erst brach, sind sie obdachlos, dann müssen sie weiterziehen. Gisa glaubt, Daniel sei aus demselben Kummerland wie sie. Sie begreift ihn als ihr Tamagotchi; sie hat ihm Haut gezeigt, Intimhaut und Haarhaut. Sie lauert, sie erschreckt, sie wirft ihm einen Wackerstein durchs Fenster, hängt ihm ein Zeitungsbündel Exkremente vor den Brieftürschlitz. Woher ich das weiß, weiß ich nicht.
Ich fiebre, schwitze ins Kinderlaken, fühle Schuldsäure im Rückenherz. Da bin ich plötzlich Gisa. Ich binde eine Nylonschlinge, lege sie um den Hals, ziehe die Fäuste beidseitig, prüfe den fadendünnen Schmerz. Ich denke Daniel, denke Salzmensch, denke Kummerland. Ich muss ihm meinen Teufel austreiben, werde jubeln, wenn ich seine weiche Stelle gefunden.
Als ich wieder Esma, beschaffe ich mir eine Pinzette, wenn ich sie tief genug ins Nasenloch, dann kann ich mich operieren. Um sie aus mir heraus zu bekommen, sie alle. Als Zweites zwirn ich eine Scherbe ans Ende und schneide Adam ab. Ob es mich aufatmen ließe, ihn mir aus der Nase zu ziehen, wäre er dann für immer ein blinder Fleck?
»Lieber soll er doch bleiben.«
Sprach’s und steckte in Daniels Salzpanzer.
Falsch! Steckte in Gisa, die den Salzpanzer durch Ferngläser aus der antiquierten Fernsehstube eines oben wie unten freizügig in Feinripp gekleideten Mitte-fünfzig-Mannes studierte, der zu viel Neugier und einsame Geilheit in sich, um sein Hausrecht gegen ein sechzehnjähriges Mädchen zu behaupten.
Ich wusste, was Gisa gesehen und mit der Blutlust des Einzeltieres augenblicklich als die weiche, die molluskenhaft weiche Stelle begriffen hatte. Noch sahen sich die Augen am Salzpanzer satt, die Lust jedoch war schon woanders, war bei der eigenartigen Sammlung unter Daniels Bett, seiner scheinbaren Leidenschaft für Stäube, deren sie teilhaft geworden. Wie genau sie vorgehen wollte, stand offen, war Vorfreude. Was sicher nur, dass sie ihn im Staube vernichten.
Als ich wieder im Zimmer und Esma, Kaltschweiß auf der Stirn, beiß ich die Backenzähne, verfluche, dass ich durch Mitwisserschaft nun eine Rolle zu spielen. Gisa braucht schon eine Waffe, sonst ist sie gleich erledigt; zerre sie an ihren Haaren durchs Kummerland, lasse sie dort zum Sterben liegen, versperre den Weg; Samurai eines Reglosen, aus bald unbekannten Gründen Samurai des Salztieres.
Ich kaue von der Mutter geliehenes Valium zu bitterem Brei. Denke nicht mehr an Adam, denke nur noch Blickstarre, denke Weiß der Wand, denke Einkerbung einer darin versenkten Messerspitze.
In den Park mit trockenen Brokkoliresten; gebe sie Vögeln; lausche Espen; dazwischen Ballenschritt. Einer mit zwei Hunden. Nicht Reso. Halte unsinnige Ausschau. Schlafe ein.
Ein gerader Mann mit Hut sitzt neben mir, als ich aufwache. Schaut Richtung Wiese, englische Hügel. Stehe auf, übergebe mich büschlings. Schmerz im Cortex. Schmerz an Wirbeln. Der starre Mann fragt und schaut nicht; ich gehe einfach. Sehe zwanzig Resos auf dem Weg; bei dreien nicht ganz sicher.
Denke über Heilung von Blutkrebs nach, denke an Finger, die seine Kopfhaut streicheln; sehe die Körperschau; dünn, rippig, die Brust eingefallen; trauriges, brauenloses Gesicht; ich aschfarben, die Brust tütenhaft; orangige Strukturen vom Steiß zum Innenbein, verbogene Füße. Wir könnten Geschwister sein.
Moment mal. Wenn Reso wie ich durch Gedanken geht. Wenn es kein Tumor, sondern Wahnsinn ist. Wenn Reso der Parasit in meinem Kopf und Reso, also Tillmann, nur dessen Abbild und Erinnerung, die er sich in mir von sich geschaffen. Was will er?
Er erzählt mir Geschichten von Gisa und Daniel, von sich selbst. Erzählt er mir auch meine eigene, hat er mich erfunden? Wer ist dieser Reso? Augenblicklich nur die Vernunft, die mir befiehlt, mich aus Fremdem rauszuhalten. Hat er mich fehlerhaft zusammengesetzt und jetzt, wo er merkt, dass ich mich in seine Geschichten einmische, die Figuren, die er geschaffen hat, bedrohe, versucht er mich daran zu hindern? Aber warum hat er mir diese Geschichten überhaupt erzählt, wenn nicht aus dem Grund, dass ich ein Teil davon werde? Oder ist das nur ein Testspiel? Ich kann seiner nicht habhaft werden, weiß nur, dass er verfügt hat, ich soll Gisa in Ruhe lassen. Ich will ihn abschütteln, zurück ins Geschehen, aus dieser übergeordneten Fragerei heraus, doch er ist es, der hier die Regeln macht.
Irgendwann finde ich mich im Park wieder. Ich weiß nicht mehr, wo zuhause liegt, weiß nicht, welcher Tag, und ob ich nicht eigentlich in der Schule. Ich fasse meine Haare, ziehe, gleite, schlage mir ins Gesicht. Zumindest schmerzt es.
Ich liege im Raum. Trage einen Salzpanzer. Versuche, mein altes Ich wiederzufinden. Was der Staub wohl macht? Spüre die Dosen unterm Rücken. Dann: Kein Salzpanzer mehr. Esma Smelick. Matheass. Ich weiß es einfach nicht mehr.
Am anderen Tag laufe ich durch halshohe Gräser. Ich könnte Reso in der Stadt finden, in irgendeiner Stadt. Er wird mir sein Geheimnis verraten, mich aus der Geschichte entlassen. Es ist so herrlich im Sommer. Das ganze Herumgefliege, allseitige Gekreische, dieses Zittern überall. Hier könnte ich bleiben; für einen Traum lang. Ist es nicht schön, wie eine Idee zu sein? Reso kann doch auch warten. Die Begegnung zwischen Gisa und Daniel ist noch nicht erzählt. Ich fühl mich frei davon; vergesse auch, dass er mir den Sommer geschenkt. Ich setz mich einfach in die Sonne. Hier unter einen Baum und da bleibe ich. Vorerst.
Es ist traurig, aber ich weiß, dass es zu Ende gehen muss. Und so suche ich Reso in einem namenlosen Dorf ohne Kirche. Walnussbäume tragen und es ist noch nicht zu spät für einen Spaziergang. Ich halte Ausschau, doch sehen werde ich ihn heute nirgends.