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Elke Fleischer trifft einen Engel

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04.04.2008
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Elke Fleischer trifft einen Engel

Elke Fleischer trifft einen Engel

An ein Leben vor Elke Fleischer kann ich mich nicht erinnern. Wir sind gemeinsam aufgewachsen, wohnten Tür an Tür, und Frau Fleischer ging jeden Dienstag mit meiner Mutter zum Treffen der ‚katholischen Frauenschaft’ unserer Pfarrgemeinde. An den anderen Tagen kam sie mindestens einmal auf einen Kaffee und ein Schwätzchen herüber. Elke und ich besuchten zusammen den Kindergarten St. Josef, wo wir jeden Morgen unsere Jacken auf einen krummen Haken zerrten, der viel zu hoch angebracht war.
Lange Jahre habe ich diese Freundschaft nicht hinterfragt: Andere hatten eine Warze am Kinn oder schiefe Zähne; ich hatte Elke Fleischer. So war es eben. Vermutlich glaubte ich damals, Elke und ihre Mutter gehörten irgendwie zu unserer Familie. Frau Fleischer sagte zu meiner Mutter: „Wie schön, dass Elke und Rita sich so gut verstehen; unsere Elke ist doch so schüchtern.“ So entstehen Mythen über dicke Freundschaften.
In der Grundschule veränderte sich meine Wahrnehmung allmählich. Da gab es Kathi, ein lustiges, braungelocktes Mädchen, deren Eltern ein Wohnmobil auf einem Campingplatz in Holland hatten, und die mich übers Wochenende dorthin einlud. Vor Glück und Aufregung konnte ich nachts nicht mehr schlafen. Meine Eltern waren einverstanden; also packte ich schon mittwochs meinen Rucksack, stopfte Sachen hinein, nahm sie wieder heraus und hockte schließlich inmitten eines Kleiderberges, völlig erschöpft und mit hämmerndem Herzen.
Donnerstags kam Frau Fleischer zum Kaffee. Meine Mutter schloss die Küchentür, das war ungewöhnlich. Ich stand auf der Treppe, mit einem mulmigen Gefühl im Bauch, denn die Stimmen klangen nicht wie sonst, lustig und laut, sondern gedämpft und leise murmelnd.
Schließlich wurden Stühle gerückt, ich sauste nach oben in mein Zimmer.
Hatte ich damals eine Ahnung von dem, was kommen würde? Ich denke schon, denn als meine Mutter mit einem traurigen Lächeln eintrat, verwandelten sich meine Knie in Pudding. Sie setzte sich neben mich und strich mir übers Haar. Elke sei so enttäuscht, sagte sie, sie fühle sich so einsam, von ihrer besten Freundin allein gelassen, ich solle mir mal vorstellen, Elke würde SOWAS mit mir machen..., ob wir denn Kathis Eltern mal bitten sollten, Elke mitzunehmen. Alles in mir schrie NEIN, ICH WILL NICHT!, doch ich nickte ergeben und schlug die Augen nieder.
Es kam, wie es kommen musste: Der Wohnwagen bot nur Platz für Vier, also blieb ich daheim und wurde von meiner Mutter mit Lob überschüttet und von Elke mit Lakritzschnecken und Weingummis. Vielleicht hätte ich damals standhaft bleiben sollen, dann wäre sicher einiges anders verlaufen, doch es wäre ungerecht zu verschweigen, dass ich keine Kämpfernatur bin. Auch heute gehe ich meist den Weg des geringsten Widerstandes, aber kann es nicht sein, dass dies auch zum Teil an der moralischen Keule liegt, die seit meiner Kindheit über mir schwebte? Ich möchte jedoch keinesfalls nach billigen Ausreden suchen.
Tatsache bleibt, dass Elkes Vater ein hohes Tier bei der Polizei war - das erklärt Elkes üppiges Taschengeld - und ich eine Schwäche für Lakritz und Weingummi hatte. Außerdem war Elke in allen Schulfächern unschlagbar gut und ließ mich in Mathe regelmäßig abschreiben. Die Dinge bedurften also einer sorgsamen Abwägung, auch ohne meiner gottgefälligen Entscheidung. Elke und ich verbrachten somit weiterhin unsere Freizeit mit Radfahren, Barbies und jeder Menge Fernsehkonsum. Wenn wir lakritzmampfend vor der Glotze saßen, sagte Frau Fleischer in der Küche glücklich zu meiner Mutter: "Ist es nicht schön, wie gut die beiden sich verstehen?" Manchmal frage ich mich heute, ob meine Mutter wirklich daran glaubte, dass es mit Elke und mir immer so schön war; wahrscheinlich schon.

Im Laufe der Jahre traten zwar gravierende Unterschiede zwischen uns deutlich zutage, doch das änderte gar nichts. Elke entwickelte sich zu einem unglaublich beharrlichen, sturköpfigen Mädchen, das undurchdringlich lächelte und mehr und mehr in die Breite ging. Es schien sie nicht zu stören, solange unser Leben in gewohnten Bahnen verlief. Ich begann mich für Jungen zu interessieren, achtete auf meine Figur und sah jeden Morgen im Spiegel minutenlang meinen immer noch nicht schwellenden Busen an. In Elkes Leben kamen diese Dinge einfach nicht vor. ( "Sie ist noch so kindlich, Gott sei Dank", sagte Frau Fleischer zu meiner Mutter, die indigniert auf den Küchenboden starrte.)

Morgens klingelte Elke um halb Acht an unserer Tür, eine Tüte mit Lakritzschnecken in der Hand. Meine Laune war durchgehend schlecht um diese Zeit, besonders, wenn sie ihre giftgrüne Polyacryljacke mit Lochmuster trug und wie ein verpacktes Fass aussah. Sie trug alles, was ihre Mutter strickte. Leider gierte ich dermaßen nach Lakritzschnecken, dass mir das Rückgrat fehlte, die eifrig dargebotene Tüte gelassen zu übersehen. Lieber ließ ich das Mittagessen ausfallen.
In Wirklichkeit hatte ich Wut auf mich, weil ich es nicht schaffte, mir Elke vom Hals zu halten und ich schämte mich, weil ich sie ausnutzte, aber auch, weil ich den Wunsch hatte, sie loszuwerden. Es gab Tage, da hätte ich Elke gerne die Tüte mit den Süßigkeiten entrissen und sie dann in den Graben geschubst, doch sofort tauchte das traurige Gesicht meiner Mutter auf und ich fand mich herzlos und kalt. Weil ich mich noch mehr schämte, bekam ich noch mehr Wut, die ich mit spitzen Bemerkungen an Elke ausließ; damit schloss sich der Teufelskreis.
Kathi war mittlerweile meine Freundin geworden, das schon, doch wir waren praktisch nie allein. Mit ihrem undurchdringlichen Lächeln latschte Elke neben uns her, setzte sich zu uns ins Eiscafé und bestellte sich den größten Sahnebecher. Wir konnten nicht begreifen, dass ihr offensichtlich gleichgültig war, wie sie aussah, während wir täglich auf die Waage stiegen und uns lediglich ein kleines Diäteis gönnten. Das allerdings meistens von Elke bezahlt wurde.
Kathi und ich gingen dazu über, uns heimlich zu verabreden. Das war schwierig, da Elke nachmittags durch die rückwärtigen Gärten stapfte und an unsere Terrassentür hämmerte. Es kam vor, dass ich oben in meinem Zimmer saß, die Handballen gegen die Ohren presste, beide Augen zukniff und murmelte: „Sie ist nicht da, sie ist nicht da.“
Natürlich war sie da. Von unten drang fröhliches Geplauder herauf, meine Mutter mochte Elke ausgesprochen gerne. Damals begriff ich das nicht, heute denke ich, dass sie in Elke ein Mädchen sah, um das man sich als Mutter nie auf diese bestimmte Art sorgen musste, die eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Altern und dem Erblühen der Konkurrenz bedeutete. Elke war plump und unattraktiv, hatte dazu das Gemüt eines Ackergauls, kam aber in der Schule spielend mit. Man musste sich nicht darum sorgen, ob sie vielleicht kreuzunglücklich war, weil ihr stets ergeben grinsendes Gesicht keinen Anlass dazu gab. So eine Tochter würde ihre Mama nie verlassen, ganz gleich, welcher Mann vielleicht doch noch um die Ecke käme. Für die Mutter eines Einzelkindes keine unattraktive Vorstellung. Und Einzelkinder waren wir beide, Elke und ich.
Trotzdem. Eines Tags hatte ich einfach die Nase voll.
Es war im November und ich wollte unbedingt mit Kathi in die Eislaufhalle. Dort tummelten sich immer total süße Jungs, die man anrempeln konnte, ohne aufdringlich zu wirken. Wenn alles nach Plan lief, halfen sie dir wieder auf die Kufen und luden dich zu einer Cola ein. Elke hatte keine Schlittschuhe, war auch viel zu dick zum Eislaufen, also trällerte ich gut gelaunt vor mich hin und trat aus der Tür.
Da stand sie, in einen Steppanorak gepresst, praktisch bewegungsunfähig aber strahlend, mit Lakritzschnecken bewaffnet, blitzende Schlittschuhe baumelten über ihrem Rücken. Meine Mutter steckte ihren Kopf zum Fenster heraus und flötete: „Ich habe Elkes Mutter den Tipp mit den Schlittschuhen gegeben, da könnt ihr euch doch schön zusammen amüsieren.“
Das Maß war voll. Ich tobte und schrie vor unserem Haus, gegenüber gingen die Fenster auf und die gesamte Siedlung nahm Anteil an meinem Frust. Tränen des Zornes und der Scham liefen über meine Wangen, schließlich erschöpfte ich mich in hilflosem Schluchzen und meine Mutter kniff missbilligend die Lippen zusammen und knallte das Fenster zu.
Elke Fleischer sah zum ersten Mal völlig entgeistert aus. Mit weit aufgerissenem Mund stand sie da, die Äuglein in den Fettpolstern zu runden Kugeln verwandelt.
Irgendwann drehte sie sich um und stapfte nach Hause.
Mir war die Laune total verdorben, zitternd und beschämt schlich ich zurück in mein Zimmer. Der Vorfall wurde nicht besprochen. Elke kam zwei Tage nicht in die Schule, ihre Mutter weinte in unserer Küche, meine Mutter druckste verlegen herum, sprach nur das Nötigste mit mir und machte mich mit ihrem stummen Vorwurf fertig. Selbst mein Vater, der auf Montage arbeitete und nur an den Wochenende zuhause war, fand, dass es irgendwie komisch zuging bei uns. Dennoch: Es hätte die Wende bedeuten können, wenn nicht zwei Wochen später Elkes Vater ganz plötzlich an einem Herzinfarkt gestorben wäre.
Damit war mein Schicksal besiegelt; Elke war jetzt eine Halbwaise, sie brauchte mich als Freundin mehr denn je. Frau Fleischer und meine Mutter saßen stundenlang in unserer Küche und belobigten den ehrenwerten, immer fleißigen Herrn Fleischer, der sein Leben im Dienst der Gerechtigkeit und der Sorge um den Schutz der Bevölkerung geopfert hatte, während ich mit Elke in meinem Zimmer hockte und Videos anschaute. Elke hatte zwar in den ersten Wochen ab und zu rotgeweinte Augen, doch eigentlich war sie wie immer. Vielleicht lag das aber auch an ihrem ausgesprochen dicken Panzer, ich will nicht ungerecht sein. Das einzig Bemerkenswerte bestand darin, dass sie außer Lakritzschnecken jetzt noch Chips mitbrachte.
Kathi suchte sich bald eine andere Freundin.

Nach dem Abitur wurde Elke Fleischer Beamtin in der Finanzbehörde und zog im elterlichen Haus ins Dachgeschoss. Ich studierte Lehramt für die Primarstufe, heiratete Jochen, der sein Leben lang drei Häuser weiter gewohnt hatte, und unterrichtete an einer Grundschule, bis unsere Zwillingssöhne Tim und Lukas geboren wurden. Wir kauften ein Siedlungshaus zwei Strassen weiter. Sonst änderte sich eigentlich nichts.
Muss ich erwähnen, dass Elke Fleischer nach wie vor zu unserem Leben gehörte? Sie wurde Tims Patin, kam fast täglich mit Geschenken und spielte mit den Kindern. Dafür liebten unsere Söhne sie, packten mit roten Wangen diverse Päckchen aus und staunten, wenn Elke geschickt die Schienen der Holzeisenbahn zusammensteckte. Ebenfalls mit roten Wangen.
Ich schwöre, Elke Fleischer lebte völlig zufrieden. Für mich war klar, dass dies alles so bleiben würde; wahrscheinlich landeten wir irgendwann noch zusammen in einer Seniorenresidenz. Jochen lachte nur, wenn ich resigniert seufzte. Elke sei doch gar nicht lästig, meinte er, sie falle ihm eigentlich überhaupt nicht weiter auf. Außerdem kenne er keinen besseren Babysitter.
Ich habe Heiligabend Geburtstag, deshalb ist es seit Jahren üblich, dass wir vormittags zum Brunch einluden: Eltern, Schwiegereltern, Elkes Mutter und Elke. Die Familie eben.
Doch letztes Jahr geschah etwas Unglaubliches: Elke konnte nicht kommen. Sie hatte ‚ein Rendezvous’!
Dies teilte uns Frau Fleischer verlegen lächelnd am Vorabend mit, wobei sie rot anlief und versuchte, den pellenartigen Rock über ihre dicken Knie zu ziehen, was nicht klappte.
Ich konnte es nicht fassen. Wenn mir jemand gesagt hätte, dass in unserem Garten lila Männchen mit pelzigen Füßen stünden, wäre es mir wahrscheinlicher erschienen.
„Wie meinen Sie das: ein Rendezvous?“ Ich kroch fast in ihr Gesicht. Frau Fleischer zupfte an ihrem Ohrläppchen.
"Nun ja, Elke hat einen netten jungen Mann kennen gelernt, einen wahren Engel."
Ich überlegte fieberhaft, wann das passiert sein konnte. Elke hockte doch entweder in ihrem Büro oder bei uns. Außerdem: SIE HÄTTE ES MIR BESTIMMT SOFORT ERZÄHLT!
Ich leckte über meine trockenen Lippen. "Wieso ein Engel?", krächzte ich.
Frau Fleischer kostete meine Überraschung weidlich aus und ließ sich mit der Antwort Zeit. "Nun, Friedbert ist ein so anständiger junger Mann, er kam zu Elke wegen einer Steuersache, vor einem halben Jahr. Damals hat er das Bestattungsunternehmen von seinem Vater übernommen, der kurz vorher verstorben war."
Pietätvolles Schweigen, mir fielen fast die Augen aus dem Kopf. Ein Engel, der Bestatter war!
"Sie mochten sich auf Anhieb". Frau Fleischer blickte verträumt in eine imaginäre Ferne.
"Friedbert lebt im Haus seiner Mutter - eine reizende Frau - und hat auch geduldig auf die Richtige gewartet..."
Aha, und das ist dann wohl Elke, eine achtunddreißigjährige, dicke, langweilige, lakritzmampfende, verstaubte Zahlenjongleuse aus der Finanzbehörde! Meine Güte, ich war ja so gemein.
Elke verbrachte also den Heiligabend bei Friedbert und seiner Mutter.

Ich lief an meinem Geburtstag wie betäubt umher, konnte auch nicht verstehen, warum ich nicht einfach froh war, dass Elke nun ihren Engel hatte und mir nicht mehr auf den Wecker fallen würde, doch Tatsache ist: Ich war nicht froh. Ich war beleidigt, weil sie mir nichts gesagt hatte; wäre es nicht geradezu ihre Pflicht gewesen? Insgeheim dachte ich, dass die ganze Sache doch gar keine Zukunft haben konnte: Zwei hausbackene Mamakinder, was sollte das denn schon werden? Ich bitte Sie!
Jochen sagte, ich käme ihm vor wie eine alte Giftspritze, daraufhin knallte ich beleidigt die Tür und verschwand in unserem Schlafzimmer, warf mich heulend aufs Bett und fühlte mich von der Welt irgendwie betrogen.

Das ist nun ein Jahr her. Am letzten Montag haben Elke und Friedbert geheiratet. Sie heißt jetzt Fegewald und hat sicher zwanzig Kilo abgenommen. Friedbert ist ein langer, spindeldürrer Hänfling mit dicker Hornbrille. Die Feier fand in dem ausgeräumten Abschiedsraum des Bestattungsunternehmens 'Ruhe und Licht' statt, und andauernd haben die beiden sich gezwickt und gekichert, und so eng umschlungen getanzt, dass Friedberts Brille auf Halbmast hing.
Ziemlich unpassend für Leute, die auf die vierzig zugehen, wie ich finde.
Für Tim und Lukas wird Elke jetzt nicht mehr so viel Zeit haben, denn sie bauen gerade Friedberts Elternhaus um, damit Frau Fleischer zu ihnen ziehen kann. Weil sie sich ja mit Friedberts Mutter so gut versteht.
"Ist das nicht schön?", strahlte Elke mich an, "wir alle zusammen!"
Meine Mutter saß mit schmalen Lippen daneben und seufzte tief.
Als wir nach Hause gingen, kam Friedbert hinter uns hergelaufen, ungelenk und schlaksig. Er überreichte mir eine silbern verpackte Schachtel und sagte verlegen: "Das ist für dich, Rita..., weil du meiner Frau immer so eine liebe Freundin warst."
Während ich dies schreibe, habe ich die Schachtel neben mir stehen und gerade die achte Lakritzschnecke gegessen.
Weingummi ist auch noch reichlich unten drunter.

 

Hallo Jutta,

das ist eine tolle Geschichte, bei der man das Gefühl hat, sie hört auf, wenn sie grade anfangen sollte, weil dem Ende etwas "Sinnhaftes" fehlt.

Die Beschreibung von Elke - und auch dem Leben der Erzählerin - bis hin zu "sonst änderte sich nichts", ist wirklich toll, das kann man kaum genug loben, ich finde es wirklich großartig geschrieben und erzählt, aber das mit dem Internet scheint dazu in keinem Zusammenhang zu stehen und wirkt eher wie "tatsächlich erlebt", wie eine "echte" Geschichte, die müssen ja nichts Sinnhaftes haben, als literarische Geschichten wirken die dann unbefriedigend.

Großes Lob für die ersten zwei Drittel, Schulterzucken über das letzte.

Gruß
Quinn

 

Hallo Jutta,

du kannst wirklich wunderbar schreiben. Ich kann es immer nur wieder sagen. Wann kommt dein erster Roman heraus???
Deine Themen treffen für mich auch immer so ins Schwarze, du schaffst es immer so gut, die unter der Oberfläche sprudelnden Gefühle und Emotionen zu skizzieren, und das mit knappen und treffenden Worten.
Die Geschichte könnte für mich noch ewig weitergehen und wenn es einen Schwachpunkt gibt, dann wohl diesen: es hört einfach auf. Du hättest ein ganzes Buch mit Elke füllen können, man hungert nach mehr und der Schluss ist ein bisschen schade.
Na, macht nichts.

Viele Grüße,
Sammamish

 
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Hallo Jutta,

eine schöne Handlung, aber die mangelnde Distanz stört mich. Teils erzählst Du nicht aus der damaligen, sondern der heutigen Perspektive, was die Schilderung unlebendig macht. Dann zeigt sich ständig die fehlende Reflektion dieser durch und durch komplementären Beziehung, die ja aus der damaligen Perspektive natürlich wäre, aber aus der überheblichen heutigen Erzählweise schon ärgert. Wenn die Prot. es nicht schafft, diese Beziehung zu beenden, hat sie mindestens ein ebenso großes persönliches Defizit wir die Elke. Hierfür werden ja auch viele Hinweise gegeben, z.B. die besitzergreifende Haltung der Mutter der Erzählerin, der Mann, der sich identisch zur Mutter verhält und damit seine Frau nicht ernst nimmt, die Erzählerin, die sich diese Menschen aussucht und ihnen einen Platz in ihrem Leben verschafft, der sie völlig behindert. Dazu gibt sie diese kranke, über die Gefühle anderer hinweggehende Haltung auch noch weiter: ihr Sohn bekommt dieses Schreckgespenst als Patin aufgedrückt!

Im einzelnen:
So entstehen Mythen über vermeintliche Freundschaften.
Grundschule und Gymnasium folgten als logische Weiterführung unserer Zwangsgemeinschaft.

Falscher Ausdruck; wer zwingt denn? Die Erzählerin war immer frei, es aufzulösen. Zudem Erwachsenenperspektive; ein bißchen näher ran an das Mädchen wäre besser.

Mit vierzehn war sie eine Matrone, schien es aber nicht mitzubekommen. Elke war eine Meisterin im Verdrängen von Tatsachen geworden.
Psychlogisierend, nicht altersgemäß. Es ist das Wesen der Eßstörung, daß die Betroffenen sich so schön finden.

Morgens klingelte sie um halb Acht an unserer Tür,
Hier wechselt die Erzählung vom allgemeinen in ein konkretes Geschehen, Absatz machen.

besonders, wenn Elke ihre giftgrüne Polyacryljacke mit Lochmuster trug, in der sie wie ein verpacktes Fass aussah.
Hier wird suggeriert, daß Elke nicht nur geschmacklos, sondern auch ärmlich gekleidet ist – da ist die Mädchenperspektive plötzlich da, aus der Erwachsenenrolle ist das keine schöne Beschreibung.

Sie trug alles, was ihre Mutter strickte.
Hier bist Du noch bei der Polyacryljacke, die die Mutter sicher nicht gestrickt hat. Passt nicht, da der Bezug wechselt.

Wir konnten nicht begreifen, dass ihr offensichtlich gleichgültig war, wie sie aussah, während wir täglich auf die Waage stiegen und uns lediglich ein kleines Diäteis gönnten.
Es gibt keine Dicken und Dünnen, sondern nur Eßgestörte. Die geographische Verteilung der Übergewichtigen und die der Untergewichtigen gleichen sich völlig; es gibt also Regionen mit mehr und solche mit weniger Eßgestörten. Teilweise kippen die Symptome auch, eine Fettleibige wird plötzlich bulimisch und spindeldürr. Wer gesund und mit sich selbst im Gleichgewicht ist, muß sich nicht täglich auf die Waage stellen. Die Erzählerin und die despektierlich beschriebene Elke finden sich auch hier in einem Boot wieder.

Erwähnte ich schon, dass sie doppelt so viel Taschengeld bekam wie wir?
Geld als Liebesersatz, dazu die Fettleibigkeit – paßt.

um das man sich als Mutter nie sorgen musste. Sie war plump und unattraktiv, hatte dazu das Gemüt eines Ackergauls, kam aber in der Schule spielend mit. Man musste sich nicht darum sorgen,
Wiederholung: sorgen

So eine Tochter würde ihre Mama nie verlassen, ganz gleich, welcher Mann vielleicht doch noch um die Ecke käme. Für die Mutter eines Einzelkindes keine unattraktive Vorstellung. Und Einzelkinder waren wir beide, Elke und ich.
Schöner, aber unreflektierter Hinweis auf die eigenen Defizite. Die eigene Mutter fördert ihre Tochter nicht, fühlt nicht mit ihr, sondern will sie nur lange besitzen. Das hängt wohl nicht primär mit dem Einzelkind zusammen, vielleicht indirekt: da sie von ihrem Kind mehr abholt als sie ihm gibt, ist ein Kind voll ausreichend.

Frau Fleischer und meine Mutter saßen stundenlang in unserer Küche und belobigten den ehrenwerten, immer fleißigen Herrn Fleischer, der so einen frühen Tod wahrlich nicht verdient hatte,
Klingt sarkastisch. Finde ich nicht gut; Herr Fleischer trat ja bisher nicht auf – er hätte schon als sehr unsympathischer Mensch eingeführt sein müssen, wenn dieser Kommentar passen soll.

Nach dem Abitur wurde Elke Fleischer Beamtin in der Finanzbehörde und zog im elterlichen Haus ins Dachgeschoss.
Wie aus der Werbung für eine Bausparkasse: „Ich wohne noch bei Muttern“. So stellen wir uns die Finanzbeamten vor!

Ich studierte Lehramt für die Primarstufe, heiratete Jochen und unterrichtete an einer Grundschule, bis unsere Zwillingssöhne geboren wurden. Wir kauften ein Siedlungshaus zwei Strassen weiter. Sonst änderte sich nichts.
Da hätte die Erzählerin doch etwas ändern müssen, oder nicht! Die Aussage „zwei Strassen weiter“ zeigt, wie nahe die Erzählerin der Elke ist. Kein großer Unterschied! Statt unter dem Dach bei Muttern wohnt sie zwei Minuten weg von ihr - wie weit!

Unsere Kinder liebten Tante Elke, sie kam fast täglich mit kleinen Geschenken, las ihnen vor, bastelte Martinslaternen und Muttertagsüberraschungen und war die Patin von Tim.

Wer ist das? Den hast Du noch nicht vorgestellt, man kann sich nur denken, daß er einer der beiden Zwillingssöhne ist.
Wenn die Erzählerin Elke so unsympathisch findet, warum macht sie sie zur Patin ihres Sohnes? Was bedeutet das für ihren Sohn? Was tut sie ihm damit an? Die Erzählerin hat die Rolle der eigenen Mutter kritiklos übernommen und gibt die Störung an die nächste Generation weiter.

Ich schwöre, Elke Fleischer lebte völlig zufrieden. Für mich war klar, dass dies alles so bleiben würde; wahrscheinlich landeten wir irgendwann noch zusammen in einer Seniorenresidenz. Jochen lachte nur, wenn ich resigniert seufzte.
Die Erzählerin hat einen Partner gefunden, der sie so behandelt, wie sie es von ihrer Mutter gewohnt ist. Toll! Sie will es ja auch nicht anders: „Mir war klar, dass dies alles so bleiben würde……“ – ist ja auch schöner; wirkliches Leben ist anstrengend, besonders wegen der Überraschungen!

„Mit wem…???“ Meine Stimme schnappte fast über. Elke schüttelte zaghaft den Kopf.
„Das kannst du ja gar nicht wissen, entschuldige. Angel ist einer aus meiner Community.“
Mit Mühe presste ich die Luft aus den Lungen.

Was ist hier los? Erstaunen über die Veränderung? Mißgunst? Wird das Mauerblümchen zur eigenen Rolle benötigt?

Plötzlich schoben sich üble Bilder vor mein geistiges Auge: Ich sah Elke geschändet und ermordet im Stadtparkteich liegen, entkleidet, mit scheußlich verrenkten Gliedern. Kein schöner Anblick.
Ich habe mich vor kurzem mit jemandem aus dem Kg-Forum getroffen und lebe noch. Dabei hätte ich erwartet, daß so etwas bei Kg.de besonders gefährlich ist...

„Angel mag auch gerne Käsetorte. Seine Mutter backt die immer für ihn. Er wohnt im Dachgeschoß bei ihr. Sie ist Witwe.“Die Werbung für die Bausparkasse wird wiederholt; die passen zusammen. Und die Mütter haben es beide geschafft, ihre Männer früh unter die Erde zu bringen...schöne Symmetrie.

Gestern stand meine Mutter am Küchenfenster und sah nachdenklich in Fleischers Garten hinüber.
„So ein Glück für Frau Fleischer“, murmelte sie, „so ein Glück.“
Auch die Erzählerin hat ihre Mutter nahe bei, ein paar hundert Meter hat sie auf ihrer Reise in die Selbständigkeit zurückgelegt. Wenn die Beziehung positiv wäre, wäre es in Ordnung. Aber so?

Also, ich kam nicht mit. Ich hätte Lust, eine Satire draus zu machen; da bekämen allerdings die Erzählerin und Elke beide ihr Fett….

Gruß Set

 
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Hallo Jutta,

vielen Dank für Deine Geschichte. Ich habe sie wirklich gern gelesen bis, ja bis zu dem Punkt, welchen Quinn auch schon erwähnte.
Ich finde die Beschreibung der kugelrunden, naiven, aber immer bemühten Elke sehr schön.
Während Elke vollendet von Dir gezeichnet wird, empfinde ich eine gewisse Vernachlässigung Deiner Protagonistin in ihrem Handeln.
Sie denkt:

In Wirklichkeit hatte ich Wut auf mich, weil ich es nicht schaffte, mir Elke vom Hals zu halten und ich schämte mich, weil ich sie ausnutzte. Weil ich mich schämte, bekam ich noch mehr Wut, die ich auf Elke umleitete; damit schloss sich der Kreis.
Aber wie spiegelt es sich in ihrem Verhalten gegenüber Elke? Nur einmal lässt Du sie gemein sein (die Schlittschuhszene), noch nicht mal wirklich gemein, eher wütend und verzweifelt.

Trotzdem - nein nicht trotzdem, sondern eine schöne Idee und ein Schreibstil, der mir sehr gefällt.

Beste Grüße Fliege

PS: ich wäre glücklich, gelänge mir ein Text wie dieser :-)

 

Hallo Jutta

Schön finde ich, wie Du munter drauf los sprudelst und mehr oder weniger sinnlos erzählst. Es liest sich locker, unverkrampft und könnte stundenlang so weitergehen - dann aber beziehst Du Stellung und erklärst, manchmal aus heutiger Sicht und da urteilst Du dann über Elke - es sind nicht mehr die Gefühle des jungen Mädchens sondern die Gefühle des Autors - auch solche Fragen wie:
Erwähnte ich schon, dass sie doppelt so viel Taschengeld bekam wie wir? sind absolutes nogo!
... Michelinmännchen aussehen ließ ... auch das megaausgelutscht und unnötig. Erfinde etwas, was Rita denkt, als sie Elke so wie eine Pellwurst da stehen sieht - schreib was, was noch keiner geschrieben hat ... das wollen wir lesen, deshalb sind wir hier - und zum Schluss wird´s noch ein wenig hingebogen, mir kam´s so vor: jetzt aber schnell und da mussten dann alle bürgerlichen Phrasen herhalten - wie gesagt: Schreibstil gefällt, Idee immer gut, weil Charaktäre, aber manchmal etwas zusammengeschustert.
Liebe Grüße
Detlev

 

Hallo Jutta,

Du weißt ja, ich mag Deinen Schreibstil, lese Deine Geschichten immer mit Begeisterung. So auch diese, sie fing sehr verheißungsvoll an, aber dann habe ich doch ein paar Stolperer gehabt, wo ich nicht umhin komme, sie Dir mitzuteilen.

Zuerst fand ich alles super gut. Bis zu der Szene mit den Schlittschuhen, wo die Prota ausflippt und ihre Wut kundtut. Da dachte ich gleich: Ja, jetzt wird's interessant, jetzt fängt sie an zu rebellieren gegen die Übermacht in ihrem Leben. Aber dann, Pustekuchen, geht's genauso weiter wie vorher. Wieder behält Elke die Oberhand über ihr Leben und das finde ich irgendwie unrealistisch. Da hätte sie doch die Möglichkeit gehabt, sich von Elke zu lösen, aber vielleicht wäre die Geschichte dann auch schon zu Ende gewesen, ich weiß es nicht.

Der zweite Stolperer war bei der Wohnungs- oder Hauswahl. Nur zwei Straßen weiter? Wenn man doch von jemandem loskommen will, sucht man sich ein Haus am anderen Ende der Stadt oder gleich in einer anderen Stadt. Irgendwie war da nie der richtige Wille dahinter, von Elke wegzukommen.

Dann die Sache mit der Patenschaft, da war ich ganz fertig, ehrlich.
Sie hasst doch Elke irgendwo tief in ihrem Innern und macht sie dann aber zur Patin ihres Sohnes? Das kannst Du nicht im Ernst meinen, das macht kein normaler Mensch. Grade die Paten sucht man sich doch mit Verstand aus, das muss doch passen, oder? Also, bitte nicht böse sein, aber das nehme ich Dir nicht ab. Da muss ich Set recht geben, da kannst Du nur noch 'ne Satire draus machen. Das schrammt haarscharf daran vorbei.

Am Ende dann die Szene mit "Angel". Was für ein Name! Weißt Du, was ich gedacht habe? Dass Angel eine Frau sein könnte und Elke jetzt lesbisch geworden ist, das hätte mir wirklich gefallen, aber soweit wolltest Du wohl nicht gehen.
Aber warum macht sie sich Sorgen um Elkes Wohlergehen, obwohl sie sie doch eigentlich hasst und sie loswerden will? Da hätte es mir gefallen, wenn sie in dem Moment richtig bitterböse genau das Gegenteil gedacht hätte.
"Vielleicht kommt sie ja nicht wieder, dann bin ich sie endlich los!" oder was in der Art. Endlich mal die aufgestauten Gefühle und die bösen Gedanken rauslassen.

Am Ende hatte ich dann irgendwie das Gefühl, dass es Deine Prota wohl doch nicht besser verdient hat. Zu allem Unglück kommen jetzt auch noch der neue Ehemann und dessen Mutter zum Weihnachtsbrunch dazu.
Welch Idylle...

Also, ich habe die Geschichte wirklich gern gelesen, auch wenn es sich grade nicht so anfühlte. Sie hat mir auch Spass gemacht, aber die obigen Dinge haben mich etwas gestört. Vielleicht kannst Du ja was dagegen tun.

Liebe Grüße und schönen Sonntag
Giraffe.

 

Hallo alle zusammen,
gestattet mir eine kollektive Antwort, verbunden mit dem besten Dank fürs Lesen und Bewerten. Meine Intention für die Geschichte war, dass Rita nicht weniger abhängig von Elke ist als umgekehrt. Elke läßt sie abschreiben, bringt ihr Lakritz mit und ist ein Blitzableiter für alle negativen Gefühle. Allerdings wurde sie praktisch in diese Abhängigkeit schicksalhaft gedrängt, unternimmt aber nur einen halbherzigen Versuch, sich daraus zu befreien, wie sie auch sonst nicht wirklich etwas tut, um Veränderungen herbeizuführen. Sie richtet sich in unbequemen Beziehungen bequem ein, dazu gehört auch das Meckern über die Zustände. Also werde ich die Geschichte nochmal überarbeiten und hoffe, dass es klareres Bild ergibt.
LG,
Jutta

 

Hallo, Ihr Lieben,
ich habe die Geschichte jetzt überarbeitet und alle Tipps, die mir wichtig waren, hoffentlich eingebracht. Bin gespannt, ob Ihr nochmal Lust habt, mir eine Rückmeldung zu geben. Bin mir nicht mehr sicher, ob die Rubrik 'Alltag' noch passt. Bei der wörtlichen Rede habe ich die Anführungszeichen nicht nach unten gekriegt (PC Legasthenie!), ist mir also bewusst, Hilfe erwünscht! Danke schon mal im Voraus.
LG,
Jutta

 

Hi Jutta!
Mir hat deine Geschichte sehr gefallen.
Ich bin nur über einen Satz "gestolpert":

Außerdem war Elke in fast allen Schulfächern gleich gut und ließ mich in Mathe regelmäßig abschreiben.
Beim ersten Lesen hätte ich "gleich gut wie die Hauptperson" erwartet. Scheint mir nicht ganz eindeutig.
Sonnige Grüße
Cathy

 

Hallo Are,
ja, ich weiß, was du meinst, die Sache mit dem Schluß. Doch heute schien es mir nicht mehr zu passen, da ich die Prots exakter darstellen wollte, also mehr Gewicht auf die unentschlossenen, indifferente Rita gelegt habe. Freue mich natürlich sehr über dein Lob, unterhaltsam ist es hoffentlich immer noch.
LG,
Jutta

Hallo Catherine,
danke dir für dein Lob und freue mich, dass die Geschichte gefällt. Mal sehen, ob sich noch weiterer Änderungsbedaf ergibt, dann werde ich alles in einem Aufwasch machen und das 'gleich' einfach streichen.
LG,
Jutta

 

hallo Jutta,

ja, Weingummi war auch noch reichlich unten drunter. Deine Geschichte ist vielschichtiger geworden, und da die Erzählerin ein Stückchen von ihrer Arroganz lassen mußte, kommt sie auch näher. Fast könnte man mitleiden, doch so weit ist es noch nicht. Tragische Verstrickungen, wie man sie kennt, sehr plastisch erzählt. Allerdings hat die wörtliche Rede etwas zurückgesteckt; ein Grundproblem, wenn man in einer Kurzgeschichte über Jahrzehnte berichtet.

Gruß Set

 

Hallo Jutta!

Elke Fleischer ... Nomen est Omen, was? :p

Die Geschichte finde ich frustrierend. Im positiven Sinn, weitestgehend jedenfalls. Zum einen deshalb, weil ich es nicht ertragen kann, mit anzusehen, wie Leute andere ertragen und es nicht schaffen, sich von ihnen loszusagen. Zum anderen deshalb, weil das Ende wirklich nur zum Schulterzucken ist. Da gehört ein Knall hin, du baust eine unglaubliche Spannung auf, die sich dann einfach im Nichts auflöst. Wirklich schade drum. Aber ich muss die Geschichte einfach loben, weil du es geschafft hast, wie es schon lange kein Autor mehr geschafft hat, mich mit der Erzählerin mitfühlen zu lassen. Sie ist mir nicht unbedingt sympathisch, aber ich konnte alles aus tiefstem Herzen nachvollziehen, so authentisch wirkt das. Ich bin sogar zur gleichen Zeit wie die Erzählerin ausgerastet (jedenfalls innerlich :D). Wirklich toll!

Details:

Elke und ich besuchten zusammen in den Kindergarten St. Josef,
Das "in" ist zu viel.
Lange Jahre habe ich diese Freundschaft nicht hinterfragt: Andere hatten eine Warze am Kinn oder schiefe Zähne; ich hatte Elke Fleischer.
Ich glaube, das ist die Stelle in der Geschichte!
Elke würde SOWAS mit mir machen
Von Großschreibung würde ich generell absehen, dafür gibts die hübsch dezente Kursivfunktion.
Meine Laune war durchgehend schlecht um diese Zeit, besonders, wenn sie ihre giftgrüne Polyacryljacke mit Lochmuster trug und wie ein verpacktes Fass aussah.
Auch toll!
Eines Tags hatte ich einfach die Nase voll.
Eines Tages
Sie heißt jetzt Fegewald
Halleluja! :D

Liebe Grüße,
strudel

 

Hall set,
danke für die nochmalige Rückmeldung. Die Dialoge mussten wirklich hinter die Personenausarbeitung zurücktreten, gefällt mir selber aber auch besser.
LG,
Jutta

Hallo Strudel,
vielen Dank für deinen witzigen Kommentar. Freue mich, dass dir die Geschichte gefällt. Ein bombastisches Ende hane ich bewuste nicht gewählt, weil aus Sicht der Erzählerin genau das ja nicht passiert. Für Elke ist alles bombastisch genug, Ritas Bilanz ist eben nicht so berauschend..
LG,
Jutta

 

Hallo Jutta,

eine tolle Geschichte, ohne wenn und aber. Klasse geschrieben und sehr unterhaltsam. Das steckt das pralle Leben drin, denn diese Elkes (und natürlich auch die männlichen Gegenparts dazu) die gibt's ja wirklich in fast jedem Leben mehr oder weniger ausgeprägt. Du schaffst es, deine Figur zu zeichnen und auch zu überzeichnen, ohne sie vollends lächerlich zu machen. Die Geschichte bewahrt sich - trotz manch satirisch anmutender Überspitzung - eine subtile Ebene, und die Figur der Elke wird durch das teilweise ungerechte (aber verständliche) Verhalten Ritas eher aufgewertet. Es bleibt mir als Leser immer Raum für ein wenig Mitleid für BEIDE.

Der Schluss reicht mir so völlig, und die Eifersucht der Prota auf Elkes überraschendes Lebensglück ist so wunderbar menschlich entlarvend! Ein Bedauern, dass diese Geschichte so (plötzlich) endet, stellte sich bei mir nur deshalb ein, weil ich in diesem unterhaltsamen Stil einfach gern noch weitergelesen hätte. Weil's halt einfach eine gute Geschichte ist.

Rick

 

Hallo Rick,
schön, dass du die Geschchte magst! Besonders freue ich mich über die 'satirisch anmutende Spitze' und die 'subtile Ebene'; das sind echt schöne literarische Bewertungen, da lohnt sich das emsige Schreiben und macht noch mehr Spaß.
LG,
Jutta

 

Hallo Jutta,

besser spaet als nie: Ich mag die Geschichte auch. Weil ich gerne von echten Kindern lese - und die sind oft fies, auf ganz ungezwungene Weise.

Lange Jahre habe ich diese Freundschaft nicht hinterfragt: Andere hatten eine Warze am Kinn oder schiefe Zähne; ich hatte Elke Fleischer.
Ich weiss, ich weiss, das ist die Perle im Text - versteh ich auch. Aber der Satz ist mir zu laut. Den find ich viel schoener: An ein Leben vor Elke Fleischer kann ich mich nicht erinnern.
Ich hab diesen Tick, dass ich offensichtliche wow-Saetze immer gern rausschmeissen moechte. Kannst Du gerne ignorieren.

So entstehen Mythen über dicke Freundschaften.
Diese Analyse aus dem Erwachsenenalter heraus, stoert mich.

Hatte ich damals eine Ahnung von dem, was kommen würde? Ich denke schon, denn als meine Mutter mit einem traurigen Lächeln eintrat, verwandelten sich meine Knie in Pudding.
hier wieder. Da wuerde ich den Leser den Pudding selbst deuten lassen.

Auch heute gehe ich meist den Weg des geringsten Widerstandes, aber kann es nicht sein, dass dies auch zum Teil an der moralischen Keule liegt, die seit meiner Kindheit über mir schwebte? Ich möchte jedoch keinesfalls nach billigen Ausreden suchen.
Es stoert, es stoert, es stoert mich. Und das tut es so sehr, weil ich den Text eigentlich so gut finde.

Damals begriff ich das nicht, heute denke ich, dass sie in Elke ein Mädchen sah, um das man sich als Mutter nie auf diese bestimmte Art sorgen musste, die eine Auseinandersetzung mit dem eigenen Altern und dem Erblühen der Konkurrenz bedeutete.
Dito. Den letzten Halbsatz finde ich ausserdem nicht ganz geschmeidig.

Kathi suchte sich bald eine andere Freundin.
Ab hier verliert die Geschichte an Fahrt. Die Wende, dass sie Elke nun doch vermisst, ist zwar huebsch, aber wird mit viel zu langem, berichtenden Vorlauf eingefuehrt. All diese Erklaerungen - Brunch am Weihnachtsmorgen etc, sind eigentlich unnoetig. Ich wuerd das ganz radikal auf eine winzige Szene zusammenkuerzen, alles, was so ausfuehrlich erzaehlt wird, nebenbei einfliessen lassen. Elke kommt nicht zum Babysitten (also gibt es Kinder) etc. Verwunderung, weil sie doch sonst immer Zeit hat - sagt was ueber Elkes Lebesstil. Wo sie den Engel wie kennengelernt hat und was er arbeitet, finde ich viel weniger wichtig als die ueberraschende Eifersucht. Und dann kommt noch mal so ein Schwaenzchen "ein Jahr spaeter" dran, was es m.E. nicht braucht.

Sowas

Ich bitte Sie!
und sowas
Während ich dies schreibe,
stoert mich wieder

Also, falls das untergegangen sein sollte. Ich finde die Geschichte sehr gut. Aber zwischendrin wird mir zuviel analysiert und zum Schluss hin viel zu viel im Berichtsstil erklaert, obwohl es wunderbar in Handlung gefasst werden koennte. Und Reflektion der Erzaehlsituation und Publikumsansprache ist eh nicht meins.

lg
fiz

 

hallo fiz,
danke dir für die Rückmeldung. Klar, ist schon auch Geschmackssache, der reflektive Stil, doch ich finde ihn für diese Geschichte ganz passend, verstehe aber, dass es nicht jeder mag und habe mir deine Kritik vorgemerkt für die Zukunft!
LG,
Jutta

 

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