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End-Licht / Die Kerze
End-Licht
Ich ging wohl schon etwas länger, aber meine Schritte wurden jedenfalls kürzer und es machte mir Mühe, mich zu bewegen. Ich wusste nicht, wohin ich gehen sollte, doch irgendetwas zog mich an. In der Dunkelheit verlor alles seine Bedeutung und der schmale Gang, der mich einst aufgesogen hatte, war fensterlos. Oft meinte ich zu glauben, dass mich etwas streifte. Doch jedes Mal bekam ich nichts als eine kalte, glatte Wand zu fassen, an der ich mich beim besten Willen nicht festhalten konnte. Manchmal war es mir, als sei es ein gutes Gefühl, doch etwas an meiner Seite zu haben. Es war wie ein stiller Trost, der jedoch so schnell wieder verging, wie er gekommen war. Das allgegenwärtige Schwarz, das mich umgab, drang bald in mich ein, bald erreichte es meinen Kopf, blockierte hier jeden Gedanken, und wanderte dann doch wieder tiefer, umschloss mein Herz und verlor sich schließlich irgendwo im Nichts. Dort also, wo man das Alles vermutete. Ich blieb etwas stehen, um mir dessen bewusst zu werden und war mir im Unklaren, ob ich meine Augen geschlossen hatte oder ob sie nur in die Dunkelheit blickten. Als ich des Stehens müde war, beschloss ich, wieder zu gehen. Dann legte ich mich hin, nicht um mich auszuruhen, sondern nur, um nicht zu wandeln. Doch der Boden war kalt, seltsam feucht und abweisend. Wahrscheinlich war ich wieder aufgestanden, denn plötzlich glaubte ich, einen flackernden Lichtschein zu sehen. Ich rieb mir die Augen, schloss sie und öffnete sie wieder. Das Licht blieb – wahrscheinlich hinter einer Krümmung oder Kurve. Nach Stunden sah ich seine Quelle. Dort hinten am Ende des schmalen Gangs brannte eine kleine Kerze. Es war unklar, wer sie entfacht hatte, doch sie war da und sie flackerte so freundlich, dass ich mich ihr nähern wollte. Nur noch wenige Schritte war ich entfernt. Sie flackerte nun stärker. Ihre Flamme war wie im Sturm und doch drang ihre Wärme beinahe flehend bis zu mir herüber. Ich musste sie erreichen, sie beschützen. Nur noch Zentimeter trennten uns beide. Ein schneller Griff und sie würde mir gehören. Ich packte zu und spürte, wie die Kerze in meiner Hand erlosch. Dunkelheit begrub mich, ich kam zu spät.