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Entfesselt

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26.03.2007
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Entfesselt

Gemeinsamkeiten gab es schon lange nicht mehr. Ihre Ehe existierte nur noch auf dem Papier und um ihren Ruf nicht zu ruinieren. Auf den zahlreichen Banketten, die sie besuchten, spielten sie das perfekte Ehepaar, deren Zusammenspiel auch noch nach mehr als 15 Jahren funktionierte. Doch die Realität sah anders aus.
Jeden Morgen machte sie ihm das Frühstück. Er aß, trank seinen Kaffee und verschwand ins Büro. Sie blieb allein zurück, mit dem dreckigen Geschirr auf dem Tisch. Wie jeden Morgen.
Schon oft hatte sie daran gedacht auszubrechen, alles hinzuschmeißen, ihn vor die Tür zu setzen. Gewagt hatte sie es nicht.
Als sie ihn heiratete, überredete er sie ihren Job aufzugeben. Sie hatte ihm vertraut und nun war sie abhängig. Abhängig von ihrem Mann, der sie schon seit Jahren nur noch als Haushälterin brauchte. Es hatte lange gedauert, bis sie verstand, dass er die Stunden mit seiner Geliebten genoss, während sie bis tief in die Nacht auf seine Rückkehr wartete.
Doch an diesem Morgen fasste sie einen Entschluss. Sie würde ihr Leben umkrempeln.
Sie stand auf, ging in sein Arbeitszimmer und schloss die Tür hinter sich. Irgendwo hier befand sich der Schlüssel, das wusste sie genau. Systematisch begann sie das gesamte Zimmer zu durchsuchen, stets bemüht keine Spuren zu hinterlassen.
Ihre Geduld war bald am Ende. Sie tastete nun schon zum zweiten Mal die Vertäfelung der Wand ab, als sie mit den Fingern einen kleinen Spalt spürte. Das vorgeschobene lose Brett nahm sie ab und entdeckte dahinter den Schlüssel. Sie nahm ihn an sich, durchquerte das Zimmer und klappte das Porträt ihres Mannes zur Seite.
Klickend drehte sich der Schlüssel im Schloss. Dann sprang der Tresor au. Ihr Blick viel auf den Stapel gebündelter Geldscheine.
In aller Ruhe nahm sie die Bündel heraus, steckte sie in eine Tasche, schloss den Tresor und legte auch den Schlüssel an seinen Platz zurück.
Im Schlafzimmer packte sie ihren Koffer. Um punkt zwölf Uhr zog sie die Haustür hinter sich zu und schloss ein Kapitel ihres Lebens ab.
Auf direktem Weg ging sie zur Bank, bei der sie ein Konto eröffnete. Niemand stellte Fragen. Sie hatte es sich nicht so leicht vorgestellt.
Als nächstes checkte sie in ein Hotel ein, bezog ihr Zimmer und begab sich daraufhin in die Hotelbar.
Sie bestellte Champagner. Der Tag bedeutete einen Befreiungsschlag für sie.
Die Sonne schien auf ihr Gesicht und sie beschloss es mit einem Finale zu beenden.
Ihr Blick viel auf den Nachbartisch und den Mann, der sich genüsslich eine Zigarette anzündete. Eine Welle des Wohlbefindens durchlief ihren Körper. Er schaute sie nun unverwandt an, drückte seine Zigarette aus, legte einige Scheine auf den Tisch und verließ mit ihr zusammen die Bar.

 

Hallo Sille,

als Kommentar zu deinem Erstlingswerk möchte ich Dir erst einmal ein herzliches Willkommen hier bei kg.de wünschen.

Einige Anmerkungen:

Du hast den Text unter der Rubrik Gesellschaft gepostet, wo er meiner Meinung nach nicht hingehört. Dafür fehlt dem menschlichen Drama etwas die allgemeingültige Komponente.

Was einige kleinere (allerdings für die Länge des Stücks recht zahlreiche) Fehlerchen betrifft, sei auf den unteren Teil dieser Kritik verwiesen.

Tja und zum Inhalt?

Die Geschichte geht eigentlich gar nicht schlecht los. Wo allerdings der Ausbruch deiner Protagonistin konkreter wird und sie schließlich als krönendem Abschluss mit diesem rauchenden Typen loszieht, wurde es mir etwas zu viel des Guten.

Man kann ja immer über Realismus streiten, aber der widerliche Fiesling, der seine Frau betrügt und gebündelte Scheine im häuslichen Tresor hortet, der ist schon irgendwie arg klischeehaft.

Und über deine Heldin erfährt man nichts. Nicht, wie sie aussieht, wie alt sie ist, was wirklich in ihr vorgeht. Das ist auch für eine kurze Geschichte irgendwie zu wenig.

Ich hoffe du kannst mit diesen Anmerkungen etwas anfangen und bist nicht komplett desillusioniert,

einen schönen Abend noch,

AE

Textkram:

spielten sie das perfekte Ehepaar, deren Zusammenspiel auch noch nach mehr als 15 Jahren funktionierte.

dessen Zusammenspiel (weil das Ehepaar).


Jeden Morgen machte sie ihm das Frühstück. Er aß, trank seinen Kaffee und verschwand ins Büro. Sie blieb allein zurück, mit dem dreckigen Geschirr auf dem Tisch. Wie jeden Morgen.

Die Wiederholung von "jeden Morgen" holpert etwas.

lickend drehte sich der Schlüssel im Schloss. Dann sprang der Tresor au. Ihr Blick viel auf den Stapel gebündelter Geldscheine.

Im ersten Satz fehlt ein "f". Und ihr Blick fiel auf den Stapel gebündelter Geldscheine.

Die Sonne schien auf ihr Gesicht und sie beschloss es mit einem Finale zu beenden.

Bezug: Wie will sie ihr Gesicht mit einem Finale beenden?

Ihr Blick viel auf den Nachbartisch und den Mann

fiel kommt von von fallen.


Er schaute sie nun unverwandt an, drückte seine Zigarette aus, legte einige Scheine auf den Tisch und verließ mit ihr zusammen die Bar.

So etwas möchte ich auch einmal erleben ...

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Sille,
willkommen auf KG.de!
Ich würde den den zweiten Satz ändern und ausschließlich auf seine Fassade beziehen, sie hat ja offensichtlich keinen "Ruf". Dann sind da auch noch ein paar Wortwiederholungen z.B.Spiel - Zusammenspiel;
Auch scheint mir ihre Entschlußumsetzung, trotz langen Leidens zu, zu plötzlich. Das läßt sich mit einer Satzumstellung ändern, daß er auch an diesem Morgen von der Geliebten kam.
Was EGO als klischeehaft charakterisiert ist schon so, aber es ist halt in der Wirklichkeit auch immer wieder anzutreffen und insofern allgemeingültig und für das Frauenbild in der Gesellschaft noch typisch, deshalb gehört es mE auch hierher. Die Feministinnen in diesem Portal mögen mir verzeihen.:lol:
Dein großes Finale ist dagegen nicht so sonnig. Warum sollte der Raucher mit ihr gehen. Vordem würde ich lebendiger werden. Der Vorspann kann nüchtern bleiben. Auch wenn jetzt wieder das Klischee ausbricht.:sealed:
Vorher in die Hotelbeauti, im Shop noch nen geilen Fummel übergeworfen,
dann eine Beschreibung, wie die Kontaktanzeige einer 25-Jährigen....
Aber aufpassen, Du schreibst ja keinen Ratgeber, ein wenig Poesie muß da schon kommen, nicht nur so eine lapidare Sonnenspiegelung. Ich denke, Du weist wie ich es meine. Der Leser muß spüren, daß sie sich verändert.
dann hat der Kerl auch Grund mitzugehen, oder war er so ein Typ, wie ihr EX??
Ich wünsche Dir viel Spaß. Man schreibt ja auch immer für sich selbst.

Gruß Thomas!

 

Hallo Sille,

herzlich Willkommen! :)

Ich will dann auch gleich mal loslegen: Im Prinzip keine schlechte Idee, auch, wenn sie klischeehaft und in der Literatur bereits ausgelutscht ist. Aber; Du hättest wirklich mehr draus machen können. Für mich liest sich der Text so, als hättest Du ihn geschwind heruntergeschrieben. Oder als wär er eine Zusammenfassung für einen Roman oder etwas dieser Art.
Du hättest sehr gut noch Gefühle und vor allem Erinnerungen in die Story einbauen können - vielleicht bringen eben diese Erinnerungen die Frau soweit, daß sie endgültig abhaut. Irgendetwas dieser Art, Du verstehst schon, was ich meine. ;)

Liebe Grüße
stephy

 

Tag.

Bin ich wirklich die einzige, deren innerer Kobold kreischt: SHOW DON´T TELL! ?

Das stört mich an der Geschichte. Sie hat die Tiefe eines unbenutzten Malbuches. Die Konturen sind da und es ist auch klar, worauf es hinausläuft, aber es fehlt jegliche Farbe. Die Formulierungen sind zwar teilweise so flüssig, so auch der Satzaufbau, dass es nicht komplett steril wirkt, aber wirklich "reinkommen" kann man in diese Geschichte nicht. Man kann sie nur lesen.

Liebe Grüße
Petra

 

Hallo.
Ich melde mich mal hier als Autorin dieses Textes. Ich danke euch auf jeden Fall für diese Kritiken und werde mich bemühen meinen Text so bald wie möglich zu überarbeiten.
Mein Interesse an Kurzgeschichten habe ich erst vor kurzem entdeckt, da wir dieses Thema momentan im Deutschunterricht behandeln. Auch meine Geschichte "Entfesselt" stammt aus meinen Hausaufgaben. Die Aufgabe bestand darin, passend zu den Bildern "Sonne in einem Café", "Sommerabend" und "Zimmer in New York", alle von Edward Hopper, eine Geschichte auszudenken.
(Dies nur am Rande bemerkt)
Ich freue mich, wenn ich weiterhin konstruktive Kritik erhalte, damit ich meine Geschichte (und auch meine zukünftigen KG) verbessern kann.
Liebe Grüße
Sille

 

Nun denn, Sille,

weitere konstruktive Kritik brauche ich dir eigentlich nicht zu erteilen, denn woran deiine Kg schwächelt wurde schon deutlich von meinen Vorrednern aufgeführt.
Sie ist schlicht ausgedrückt leblos. Das ist eine Skizze, aus der man hätte eine Geshcicihte fertigen können. So erzählst du nur runter.
Deine Protagonistin tut dem Leser wedr leid, noch kann er sich für sie freuen. Aus dem einfacgen Grund, weil du sie uns nicht vorgestellt hast. Wer ist sie, was denkt sie, was treibt sie. Da muss mehr Tiefe her.
Auflockern könnte man das Ganze auch durch Einstreuen von kurzen Dialogen. Dadurch kannst du beispielsweise die Situation zwischen dem Ehepaar viel spannender aufzeigen, als wenn du es dem Leser einfach vorgefertigt präsentierst. (das war gemeint mit show, don´t tell)

Auf jeden Fall dahingehend überarbeiten. Da ist noch einiges zu holen!
Dann noch ein Tipp zum Schluss: Lies dir hier im Forum ruhig mal andere Geshcichten durch und schreibe KOmmentare, so lernst du am meisten (und die Resonanz-Wahrcheinlichkeit erhöht sich [geben und nehmen-Prinzip ;)])

in jedem Fall noch viel Spaß im Forum

grüßlichst
weltenläufer

 

Im Grunde wurde alles Wichtige vermutlich schon gesagt.
Trotzdem hier noch ein paar Zeilen von mir, weil ich wahnsinnig eingebildet und eitel bin - zu Recht, wie ich meine.
Das grundsätzliche Problem mit deinem Text ist, dass er sich nicht wie eine Geschichte, sondern ein Exposee, eine nacherzählte Inhaltsangabe oder einen Basisplot für einen Kurzfilm liest. Du reihst Handlungspunkt an Handlungspunkt, was ja nicht per se falsch ist; aber eine Geschichte lebt von Gefühlen, Charakterisierungen, Spannungsmomenten, und einigem mehr.
Auf die Klischeehaftigkeit will ich gar nicht eingehen - nachdem ich selber am liebsten Horrorgeschichten schreibe, wäre ich ein Heuchler, wenn ich ausgerechnet dies anprangerte. :D
Was aber auffällt, ist die extreme Reduzierung deiner Sprache auf reine Beschreibungen, eben - wie angemerkt - die brave Nacherzählung eines Sachverhalts, was sich dann so spannend wie ein ein Gesetzestext liest.
Du reißt Konflikte an, ohne sie auch nur im Entferntesten als Mittel der Dramatisierung zu behandeln. Besonders fällt dies hier auf:

Schon oft hatte sie daran gedacht auszubrechen, alles hinzuschmeißen, ihn vor die Tür zu setzen. Gewagt hatte sie es nicht.

Warum hatte sie es nicht gewagt? Schlug er sie? Hat er sie psychisch fertig gemacht? Hatten ihre Eltern sie dazu erzogen, sich dem Mann unterzuordnen?
Und wie machte sich ihr Sehnen nach Freiheit bemerkbar? Träumte sie mit offenen Augen? Fing sie bei einem Film ähnlichen Inhalts zum Heulen an? Betrachtete sie glückliche Paare beim Einkaufen mit neidischen Augen?

Und dann, Tadaaa!, kommt vier Zeilen später dies hier:

Doch an diesem Morgen fasste sie einen Entschluss. Sie würde ihr Leben umkrempeln.

Ja - und warum an diesem Morgen? Wir sprechen hier nicht vom Kauf eines neuen Fahrrads oder dem Entschluss, künftig keine Schokolade mehr zu essen, sondern etwas für sie ungemein Radikalem. Was veranlasste sie dazu?

Man kann es nicht oft genug erwähnen: Charakterisierung ist zentrales Element jeder Geschichte, natürlich nebst einem guten Plot, flüssigem Stil und lebendiger Beschreibungen.

Ein paar Kleinigkeiten sind mir noch aufgefallen:

Die Sonne schien auf ihr Gesicht und sie beschloss es mit einem Finale zu beenden.

Nachdem sie in der Hotelbar sitzt, erscheint mir das etwas merkwürdig. Da hat jeder automatisch das Bild einer Bar innerhalb des Hotels vor Augen!

Eine Welle des Wohlbefindens durchlief ihren Körper. Er schaute sie nun unverwandt an, drückte seine Zigarette aus, legte einige Scheine auf den Tisch und verließ mit ihr zusammen die Bar.

Liest sich, als wäre sie eine Nutte. Und selbst in diesem Fall würden sie ein paar Sätze austauschen.

 

Hi Sille,
Du mußt nicht gleich alles auf einmal verändern, aber auch nicht warten bis alles neu und rund ist. Du hast das seltene Glück, daß gleich Dein erster Beitrag solche Resonaz mit vielen fundierten Vorschlägen hat.(Ich glaube ich muß in dieses Forum wechseln)
Ansonsten kann ich nur Rainer zustimmen, nutze das Forum- wie Andere Ideen in vergleichbaren Handlungen umsetzen.Dieser Ideenklau" ist ausdrücklich erlaubt. Scheue Dich nicht auch Deine Meinung zu den gewonnenen Eindrücken als "Leser" zu sagen.
Nochmals viel Spaß, Gruß Thomas !

 

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