- Beitritt
- 12.04.2007
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Epitaph
Epitaph auf einen Vrîdel
In einer Nacht seines neunundzwanzigsten Jahres wird der letzte Fußgänger und Versicherungsangestellte Lyriker und Erzähler.
Wie so oft vordem und nachher wird er von Schlaflosigkeit gequält an den Schreibtisch sich setzen, zu schreiben versuchen an einer ekelhaften Geschichte, die seit Tagen ihm im Kopf herumspukt. Die Nacht wird vertan, das Bett unberührt bleiben.
„Deheine drîzec mîner jâre
bin ich müede unde alterseine
denne dehein ein grîs ist.“
Die Geschichte soll werden Fleisch & Blut. Seine Hand hält 1 Schreibfeder gegen 1 weißes Stück Papier und empfindet
- den eigenen körperteil
- das umschlossne stück federhalter
- widerstand des von der federspitze berührten papiers
- die vom papier bedeckte unterlage.
- den gedanken, der den schriftzug veranlasst
- den schriftzug.
„An scrîben stuont mir aller gedanc’!“
Er wird sein bescheid’nes gewicht auf’m rücken trag’n. Dies verfluchte stück gut & schlecht find’n. Sein’n besitz mit voll’m gewicht besetz’n.
Unbeschwert durchs volle gewicht sein’s hinterns folgte’r sein’r natur + flög davon, -
wie alle dinge dem denk’n davonlauf’n.
Er lächelt mühsam sich der zeit erinnernd, da er glaubte
- der mund dächte
- die stimme wär der gedanke.
Alles wär einfach.
„Vlühteclîchîu gedanken mit zungen vahen.“
Tatsächlich müsst erm gedankn nachlaufn.
Doch fürchtt er sich auch nur’n schritt zu tun in’ner welt voll fußfalln & fettnäpfn, in die zu geratn er mehr fürchtt, als blödsinnig hinzustiern im irrnhausgartn.
„Ih bin jut
wizz’ ich angest ist.“
R wär zu eim andRn jud gangn, hätt’R um diesn gwusst. JenR hätt s1 helle freud an ihm ghabt + eingeredt, was diesR ohnehin wüsst.
„Het ich gerne vluht, aber:
belîp noh.
sô bin ich an vluht ein zagel.“
Nur di sprach ds wienRs wär 1 andR als di des pragRs. DR alttestamentarisch hR wär dm mythnRfindR ntggngkommn. Doch mag dR arzt trunkn von vätRlichn freundschaftn und seilschaftn in fremdm bett voll ds rülpsns gwesen s1.
„Al die werlde ist trûrec & hêr. -
vil nâh gedinge &
vorhte vingerblôz ligen ze bette.“
Scham kommt auf.
„Soltez haben wol getân:
ir antlütze bîhanden nehmen mit ougen trûwen
daz iedweder ein ander mac wol verstân.“
Di gschicht sol s1 fleisch & blut.
„Nie mêr uns mit armen bevâhen.
vil wênec mê gesprochen.
swaz solt ich gesagen?
enist niht genuoc
hœren sagen + under sehen
hendeblôz.“
Mpfindt
- verlangn nach heimatm, nähe
- druck ds andrn körpRs
- widerstand lebendgn fleischs
- 1 umschlossns stück papier fürn ofn.
„Gescham ich unde gebreste der rede,
sô trag ich wân ûf werden ze dôn.
in himelîchen sanc enein werden mit ir,
als wol mohtez sîn mit Hoelderlinc. –
doch wellent etwer wesen Hoelderlinc?
den tiuvel hân ich getân!
erlâz mih des!
lîp & sin werden scîn, mac mih verspern.
kundez gescehen,
durh gelücke müezt ich esterben:
lîplôs,
sinnelôs,
hendeblôz.“