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Erinnerungen einer Mörderin

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07.06.2006
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Erinnerungen einer Mörderin

Sie wollen also wissen, ob ich es bereue. Komisch, das haben doch schon so viele gefragt. Die Antwort ist doch immer dieselbe. Das Einzige, das ich bereue, ist, dass ich so dumm war, mich erwischen zu lassen! Die Tat? Nein, die nicht! Warum? Sie wollen wissen warum?! Das kann ich Ihnen gerne sagen. Alles fing mit Mary an … Damals vor Jahren, als die Welt noch in Ordnung war …

Bei dem Gedanken an Mary wird mir schlecht. Als sie in unser Dorf kam, war alles vorbei. Die Tänze mit Ian, die bewundernden Blicke der Jungen, alles was mir wichtig gewesen war. Nun hieß es nur noch Mary, Mary, Mary. Auf einmal war sie der kleine Liebling aller. Dieses kleine blonde Porzellanpüppchen mit den großen Kulleraugen. An meinen Schatz hat sie sich rangemacht! 100 andere Jungen hätte sie zur Verfügung gehabt. Waren doch alle verrückt nach ihr. Aber nein, nein, nein, nein, nein, sie musste der Ex-Dorfschönheit alles wegnehmen. Auch den Mann. Es reichte nicht mehr, die besten Kleider, den teuersten Schmuck und die meisten Freundinnen zu haben. Sie wollte alles haben! Auch ihn.

Irgendwann bin ich dann weggegangen. Wollte die Welt sehen, konnte nicht mehr jeden Tag in ihre verliebten Gesichter blicken. Hat aber nicht ganz so geklappt wie ich mir das vorgestellt hatte. Nein, ich werde Ihnen nicht sagen, wo ich gelandet bin und was genau geschehen ist. Will nicht daran denken. Außerdem ist es nicht wichtig.

Wichtig ist nur, dass mir dann, in New York, eines Tages beim Einkaufen Mary über den Weg lief. In Markenklamotten, mit gefärbtem Haar und manikürten Nägeln. Aber immer noch die gleiche Mary, die mir den einzigen Jungen weggenommen hatte, den ich jemals geliebt hatte. Sie hat mich erkannt und zum Essen eingeladen. Sie wolle unbedingt wissen, wie es mir in den letzten Jahren so gegangen war, sagte sie. Als ob ihr das ein abschätzender Blick auf meine Kleidung nicht verraten hätte. Engelchen wollte etwas Gutes tun. Anscheinend hat sie wirklich geglaubt, ich bräuchte ihre Hilfe. Gott, wie war mir das peinlich! Ich werde noch heute rot, wenn ich bloß daran denke. Na ja, diese Einladung war auch der letzte Fehler, den sie machte…

Bei ihr zu Hause kam gleich der nächste Schock. Sie war nicht nur mit Ian verheiratet, sie hatten auch noch Kinder! Drei hässliche Gören, die dauernd um einen rumhüpften. Und sie sind ihm auf den Schoß gekrabbelt und er hat gegrinst wie blöde. Früher hat er immer so betont, dass er nie Kinder haben will. Nie! Am liebsten wäre ich wieder gegangen. Einfach nur weggerannt. Aber das hatte ich ja schon mal gemacht und Wiederholungen sind nichts für mich. Ich blieb. Lächelte über ihre Witze, lobte das Essen, plauderte über das Wetter. Tat, als würde ich ihre angeekelten Blicke nicht bemerken, die vor allem an meinem Ausschnitt hängen blieben. Danach bin ich öfter gekommen und schließlich hab ich Mary mal ein bisschen Zyankali in ihren Nachmittagstee geschüttet. Ging leichter, als ich dachte. Sie hat noch ein bisschen gehustet und dann war Ruhe. Die Leiche hab ich in die Nachbarswohnung getragen. Die waren im Urlaub und Mary hat die Blumen gegossen. Deswegen hatte sie den Schlüssel. Dann bin ich heim. Ian war nicht da, er wusste Gott sei dank nicht mal, dass ich gekommen war. Irgendwie haben die Bullen mich dann erwischt. Pech. Dann hab ich den Prozess verloren. Doppelpech. Egal, who cares?! Wo ich das Gift herhab?! Sag ich Ihnen ganz bestimmt nicht. Da wäre ich ja schön blöd. Wie spät ist es eigentlich? Ich lenke nicht vom Thema ab, ich will das wirklich wissen. Was?! So spät schon?! Dann hab ich ja nicht mehr lange Zeit. Ich werde gleich abgeholt. Aber wissen Sie, ich mochte es noch nie, wenn jemand über mich bestimmt. Und deswegen werde ich diejenige sein, die über mein Lebensende entscheidet. Nicht irgendein blöder Richter, oder diese unfähigen Geschworenen. Nur ich. Woher ich die Kapseln hab? Na ja, wozu hat man schließlich Freundinnen. Ich soll nicht draufbeißen?! Und warum nicht?! Um wie viel würde das mein Leben verlängern? Eine halbe Stunde? Danke, ich ziehe es vor, so zu sterben. Bye, Dockie, vielleicht sehen wir uns wieder … IN DER HÖLLE!

 

Ich finds Klasse!
erfrischend anders irgendwie, sämtlicher Krimistories einmal umgedreht, aus einer anderen Perspektive.
Großartige Idee! Auch die inneren Dialoge..
Glückwunsch!
mit lieben Grüßen,
Fanny

 

Hat mir auch gefallen. Kurz und auf den Punkt.

abschätziger Blick
ich weiß nicht, heißt das nicht „abschätzender“ ?


Früher hat er immer so betont, dass er nie Kinder haben will. Nie!
Was sind die Mädels doch naiv! Dieser Spruch bedeutet nichts anderes, als „mit mir hast du keine Zukunft, sondern nur Spaß. Also, heul nicht rum wenn plötzlich Schluss ist.“

Hat Spaß gemacht zu lesen.

Viele Grüße
3

 
Zuletzt bearbeitet:

hi!!

Was sind die Mädels doch naiv!

Hey!!!!! Ich bin auch ein Mädel! Nicht frech werden!!

Aber sonst. Viiiiiiiieeeeeeelen Dank für das Lob! :D

Großartige Idee!
Danke schön!!!:D

Der böse kleine Fehler wird sofort verbessert!

Ciao, Eva Luna

 

Hey Eva,
eine interessante Geschichte, mal eine erfrischende Neuinterpretation dieses Genres.
Besonders hat mir die Leichtigkeit deiner eigentlich sehr sarkastischen Ausführungen gefallen. Da wird nicht lange rumlamentiert bezüglich Gewissensfragen oder emotionaler
Hemmungen. Ich hab`s halt einfach getan, basta!
Das Ende verklärt aber so`n bisschen die Botschaft, die am Anfang aufgebaut wird.
Warum wurde sie erwischt? Warum denkt sie
über ihren Tod genauso leichtfertig wie über den
Mary`s? Erscheint mir so`n bisschen wie das Todesmotiv im "Steppenwolf" von Hermann Hesse.
War auf jeden Fall schön zu lesen und ich bin schon mal gespannt auf weitere Geschichten von dir.
Bis die Tage,
Latur

 

Huhu Eva,

auch ich kann mich den Vorrednern nur anschließen. Schön spannend gehalten

Noch paar Kleinigkeiten ;)

meinen Schatzt

soll vermutlich Schatz heißen

in ihre verliebten Gesichterblicken.

Gesichter blicken

IIN DER HÖLLE!!!

da war ich mir nicht sicher ob das doppel-i ein stilistisches Mittel sein sollte um die Betonung zu verdeutlichen ;)

Man liest sich ;)
Vara

 

Hi Latur!

Erst mal vielen Dank für das Lob!:D

Erscheint mir so`n bisschen wie das Todesmotiv im "Steppenwolf" von Hermann Hesse.

Den "Steppenwolf" kenn ich leider nicht, deswegen kann ich mit diesem Komentar leider nix anfangen! ;)

Warum wurde sie erwischt?

Ist das so wichtig????:hmm:

Warum denkt sie
über ihren Tod genauso leichtfertig wie über den Mary`s?

Weil ihr mitlerweile so ziehmlich alles egal ist.

Ciao
Eva Luna

 

Hej Luna,

netter kleiner Happen für zwischendurch. Nichts Neues und ziemlich vorhersehbar, aber in seiner ungezwungenen Art sehr unterhaltsam.
Du hältst den Monolog in seiner Sprachart konsequent durch und beschränkst dich auf das Wesentliche. Pluspunkt. Die Wahl deiner Sprache an sich ist noch ausbaubar, da es sich aber um einen Monolog handelt, kann man da nichts vorwerfen: Der Sprecher benutzt eben die einfach gestrickte Umgangssprache...

gerne gelesen
weltenläufer

 

Hey Eva Luna,

ohne jetzt wohl viel Neues hinzufügen zu können, will auch ich sagen, dass ich diese deine Geschichte gelesen habe und sie mir gut gefallen hat.

Kurz und kurzweilig und zu in keinem Absatz langweilig. Und damit ist der Löwenanteil ja eh schon geschafft. weltenläufers Einwand bzgl. der Sprache seh ich überhaupt nicht so - aber er fügte ja schon selbst hinzu, dass es sich eben um einen Monolog der Mörderin handelt und wir ihrem Gequatsche "zuhören", und keinem Linguisten-Vortrag.

Einzig die Kälte der Mörderin nimmt der Story ihre Kraft, finde ich. Ihr leben verlief nicht wie geplant und dann führen erneuerter Neid und Eifersucht zu... ein bisschen Gift und sachlicher Selbsteinschätzung der ganzen Tat? Naja, ich stell mir da halt was von einem Blutrausch und Wut vor. ;)

Trotzdem schönen Dank für die Story. Ciao,
.maxinho

 

Hi Maxinho!

dass ich diese deine Geschichte gelesen habe und sie mir gut gefallen hat.
:D

Naja, ich stell mir da halt was von einem Blutrausch und Wut vor.

Blutrausch?? Nicht doch! war alles geplant. Nicht perfekt, aber geplant. Und sie war ja nicht wahnsinnig. Nur ein bisschen eifersüchtig. Sind wir ja alle mal...;)

Ciao
Eva Luna

 

Hi Eva Luna,

na ja, ganz nett, wenn auch zu klar.

Woher sie die Kapseln hat, bleibt mir zu schwammig. "Von Freundinnen" finde ich unglaubwürdig, sie sagt ja selber, dass sie heruntergekommen is etc., da denk ich weniger, dass se Freundinnen hat un so ... na ja, das nur ein kleines Detail, ist aber unwichtig ;)

Den Schreibstil finde ich aber angemessen!

Yeahboyyy!

Fehlerliste:

Sie wollen also wissen, ob ich es bereue. Komisch, dass haben doch schon so viele gefragt.
das
Das einzige, das ich bereue ist, dass ich so dumm war mich erwischen zu lassen!
Einzige; bereueKOMMA; warKOMMA
Sie wollen wissen warum?! Das kann ich ihnen gerne sagen. Alles fing mit Mary an…Damals vor Jahren, als die Welt noch in Ordnung war…
wissenKOMMA; Ihnen; an ... Damals; war ...
Bei dem Gedanken an Mary wird mir schlecht. Als sie in unser Dorf kam war alles vorbei.
kamKOMMA
Bei ihr zu hause kam gleich der nächste Schock. Sie war nicht nur mit Ian verheiratet, sie hatten auch noch Kinder!
Hause
Aber wissen sie, ich mochte es noch nie, wenn jemand über mich bestimmt.
Sie
Bye, Dockie, vielleicht sehen wir uns wieder… IN DER HÖLLE!!!
wieder ...; ein ! reicht

 

Eva Luna schrieb:
Blutrausch?? Nicht doch! war alles geplant. Nicht perfekt, aber geplant. Und sie war ja nicht wahnsinnig. Nur ein bisschen eifersüchtig. Sind wir ja alle mal...;)

Die Tat richtet sich ja aber nicht einfach nur gegen Mary, sondern rührt von dem misslungenen Leben der Mörderin und ihren negativen Gefühlen nach dem Treffen mit Mary her, oder etwa nicht? Und das riecht für mich irgendwie eher nach einer Affekthandlung; mehr als nach geplantem Mord. Denn was erwartet sie von der Tat? Ihr Leben wird sich nicht bessern, schließlich hat sie eigentlich gar nichts mit Mary zu tun. Eine Hassfigur aus Kinder-/Jugendtagen und jetzt das Spiegelbild ihres Misserfolgs. Sie liebt Ian ja nicht mehr, oder? Wie auch, kennt ihn ja nicht mehr. Also warum eigentlich der Mord? Weil unüberlegt und aus Affekt - daher weniger kühl, mehr leidenschaftlich.

Aber who the hell cares? Wie gesagt: passt schon. "Erinnerungen einer Mörderin" gefällt ja. ;)

 

Hi Tserk!

da denk ich weniger, dass se Freundinnen hat
Irgendeine Art von Freundin hat man immer. Ob man die nur ausnutzt ist 'ne andere Frage... ;)

Den Schreibstil finde ich aber angemessen!

:bounce:

Hi Maxinho!

Die Tat richtet sich ja aber nicht einfach nur gegen Mary

Eigentlich schon, die kann das Mädchen einfach nicht ausstehen. Und zum Thema Blutrausch und Co: Ich denke nicht, dass es so angenehm ist, zu ersticken.
"Erinnerungen einer Mörderin" gefällt ja.

das freut mich!:D

Ciao
Eva Luna

 

Hi Zwerg Nase


Schön, dass du auf Eva Lunas Geschichte antwortest, allerdings ist es hier üblich, seine Meinung noch mit einigen Sätzen zu begründen, damit auch die Autorin/der Autor etwas damit anfangen kann. ;)


Liebe Grüße
Tamira

 

Oh, tschuldigung... ich hab gemeint, dass ich eigentlich ein bisschen mehr brutalität erwartet hätte... immerhin hasst sie Mary. Da ist ein bisschen zyankali doch viel zu harmlos...

 

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