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Erkenntnis und Telos

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18.04.2002
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Erkenntnis und Telos

Der Mensch erhob sich, reckte seine Glieder, um anschließend seines Weges zu ziehen. Das Leben trat in listiger Schönheit zu ihm und sprach: „Wo willst du hingehen, Lebender, da du nicht weißt, wo du erwacht?“
Er wandte sein Haupt, der Blick betastete den Horizont, sein Ursprung lag verborgen, hinter undurchdringlichem Schweigen der Vergangenheit.


Rechte verkauft.

[ 05.08.2002, 15:59: Beitrag editiert von: Woltochinon ]

 

Hallo, Woltochinon!

Eine, wie ich finde, deiner bisher schönsten Geschichten. Keine leichte Kost, aber sehr poetisch und bildreich geschrieben. Kompliment!

Die Suche des Menschen nach Erkenntnis, seinen Wurzeln und seiner Rolle im Leben stehen dabei im Vordergrund.
Darüber hinaus ist er sich des Denkens bewußt und reflektiert über das Für und Wider dieser Gabe. Die scheinbare Aussichtslosigkeit seines Bestrebens läßt ihn an dem, was er tut, zweifeln (beinahe verzweifeln?). Trotzdem liegt dieses zwanghafte Suchen in seiner Natur (und in der Natur überhaupt).

Lediglich der Zusammenhang mit dem Bach ist mir noch nicht ganz klar geworden. Nennt der Mensch ihn "Bruder", aufgrund des hohen Wassergehaltes im menschlichen Körper? Oder, weil auch der Bach immer vorwärts strebt?
Bitte um Erleuchtung!

Gruß
Antonia

[ 25.07.2002, 11:18: Beitrag editiert von: Antonia ]

 

Hallo Antonia,

natürlich bin ich ganz schön überrascht, daß Du diese Geschichte aus den Tiefen der Datenabgründe hervorgeholt hast !
Zitat: „Trotzdem liegt dieses zwanghafte Suchen in seiner Natur...“
Dazu möchte ich ergänzen: Der Mensch in der Geschichte bezieht auch seine Antworten aus der Natur.
Ist dieses „zwanghafte Suchen“ Segen oder Fluch? Wie siehst Du das?

Zu Deiner Frage mit dem Bach: Der Bach `sucht´ seinen Weg wie der Mensch („vorandrängend“). Das Gewässer ist nicht nur passiv, sprengt (bei Frost) Steine (Symbole für verborgenes Wissen, sie geben ` im Lichte der Erkenntnis´ = mondklare Winternacht, ihre Geheimnisse preis).
Der Wasserlauf teilt sich „um leichtfüßig einen zweiten Weg zu erschließen“ - manchmal sind die eingefahrenen Wege des Menschen Sackgassen, neue Wege bieten Alternativen.
Dies ist eine der Stellen, an der sich die Geschichte mit der `Partnergeschichte´ (`Standortbestimmung´), überschneidet. Dort wird auch ein neuer Weg beschritten, neue Welten werden erforscht, allerdings folgt daraus leider der Wunsch die neu gewonnenen Erkenntnisse zu ignorieren.
Hoffentlich habe ich das jetzt gut beschrieben.
Es hat mich gefreut, wieder von Dir eine Meinung zu hören, Du hast mich schon oft dazu `gezwungen´ meine Gedanken klar auszudrücken. Vielen Dank!

Tschüß... Siegbert

 

Hi Woltochinon!

Also die einzige Änderung, die ich Dir vorschlagen möchte, ist der Titel, denn der war der Grund nämlich nicht, weshalb ich diese Geschichte angeklickt und gelesen habe...

Aber hinter diesem mich nicht ansprechenden Titel habe ich eine mich sehr ansprechende, in die Tiefe gehende Geschichte gefunden, die mich wirklich zum Nachdenken bringt.

Ich sehe das Suchen nicht zwanghaft, wenn ich Deine Frage an Antonia für mich beantworte. Ich denke, der Weg selbst ist das Leben, nicht das Erreichen eines Zieles. Ich denke, es gibt im Grunde gar kein Ziel, wir reden uns bloß ein, es müßte eines geben, deshalb suchen wir es, statt das Leben zu finden. Also finde ich es jetzt doch zwanghaft...? Nein, für mich persönlich gibt es den Zwang nicht (mehr), aber ich weiß, wie viele ihm unterliegen...

Was mir noch auffällt:
"Also rief jeder-mann..." - das "-" raus...

Auch hast Du vier oder fünf Mal diese Gedankenstriche- ohne Leertaste davor, das liest sich ein bisschen schlecht. Immer vor und nach dem Gedankenstrich eine Leertaste, sonst wirkt es, als würde noch etwas dazugehören.

Aber stilistisch und bezüglich Gedankengang habe ich überhaupt nichts auszusetzen, eine hervorragende Geschichte! :thumbsup:

Alles liebe
Susi

 

Hallo, Siegbert!

Danke, für deine ausführlichen Erklärungen! Den Bach als Gleichung für die verschiedenen Möglichkeiten der Suche zu benutzen, halte ich für eine elegante Lösung.

Stichwort: "zwanghaftes Suchen" Segen oder Fluch?
Teils, teils, meine ich. Eine Weiterentwicklung des Menschen ohne Suche nach Erkenntnissen wäre sicher schwierig, wenn nicht sogar undenkbar. Ich bin schon der Meinung, der Mensch sollte allem Unbekannten (ob Vergangenheit oder Zukunft) gegenüber neugierig sein, die Suche nach der Wahrheit (auch in der Natur) niemals aufgeben, doch all dies mit Mass und Ziel.

Wie Susi so schön anmerkte: Der Weg selbst ist das Leben, nicht das Erreichen des Zieles.

Auf keinen Fall sollte der Mensch resignieren, wenn er selbst kein Ziel erkennen kann, sondern daran arbeiten und sich selbst ein Lebensziel setzen, wenn ihm ein solches nicht von Anderen präsentiert wird.

Sollte ich aus dem Death Valley wieder herausfinden, melde ich mich in zwei Wochen wieder hier.

Ciao
Antonia
:bounce:

 

Hallo Häferl,

ich war einige Tage verreist, jetzt hätte ich beinahe Deine Antwort übersehen. Das hätte ich sehr bedauert, da ich schon oft an anderer Stelle Deine kompetenten und sachlichen Beiträge bewundert habe.
Mit Deiner Anmerkung zum Titel triffst Du natürlich genau den wunden Punkt, mir ist schon öfter empfohlen worden etwas provokativer zu schreiben (und aufzutreten). Ich war auch froh, daß Antonia die Story doch noch mit einer Anmerkung bedacht hat. Normalerweise schreibe ich bei Prosa nicht in diesem Stil, deshalb waren mir Reaktionen zu dieser inhaltlich komplexen Geschichte besonders wichtig.
Was das Suchen angeht: Ich denke, weil der Protagonist nicht verbissen sucht, ist selbst der ewig drängende Wunsch nach Erkenntnis nicht (negativ) zwanghaft. Der Erzähler ist auch offen für neue Wege und letztlich (trotz aller Hindernisse) vergißt er auch seine Mitmenschen nicht („gab mit Geist von seinem Mangel im Überfluß“).—
Danke auch für den Tipp mit den Bindestrichen. Tja - jetzt müßte mir nur noch ein toller, neuer Titel einfallen!

Tschüß... Siegbert

 

Hallo Siegbert!

Dein Lob bezüglich meiner Beiträge freut mich sehr! Danke!

Mit dem Titel kann ich Dir glaub ich auch nicht weiterhelfen (ich weiß auch gerade bei einer meiner Geschichten keinen...). Das Problem hier wie bei meiner Geschichte erscheint mir, daß jeder passende Titel zu viel verraten würde, wie z.B. "Das Leben finden" oder so, ist viel zu viel für eine Geschichte wie diese hier... "Das Geheimnis" vielleicht?

Daß man seine Mitmenschen nicht vergißt, ist wohl eins der wichtigsten Dinge im Leben, was aber heutzutage viel zu oft vergessen wird, wo doch alles so rosa ist...

Alles liebe
Susi

 

Hallo Antonia,

wenn Du jetzt immer Sommer im Death Valley warst, ist Dein Sauna- Bedarf wohl erst einmal gedeckt...
Ich will Dich auch keineswegs mit meinem Kommentar zum Schwitzen bringen, doch was hältst Du davon: `Wer nicht weiß, wohin er will, braucht sich nicht zu wundern, wo er ankommt´ . (Pädagogisches Führungsprinzip). Oder in meinen Worten: `Wer sagt, der Weg ist das Ziel? - Jemand der nicht ankommen will´! Das ist natürlich überspitzt, aber ich habe manchmal den Eindruck, daß man sich fürchtet, sich für ein Ziel zu entscheiden („Schau`n mer `mal“). Der Weg zu den Ziel sollte aber, so denke ich, durchaus nicht (nur) ein steiniger Pfad sein.

Tschüß... Siegbert

 

Hallo, Siegbert!

Here I´m back again! Wie du siehst, bin ich der Gluthölle des Death Valley entkommen. Der Aufenthalt dort war sehr wichtig für mich, was tatsächlich etwas mit dem oben angeführten Weg-/Zielthema zu tun hat.
Auch ich gehöre zu den Menschen, die ihre Unentschlossenheit bezüglich der Lebensziele mit Flexibilität entschuldigen. Dabei ist meine Flexibilität nichts Anderes als Angst vor Scheitern, Enttäuschung oder Zuneigungsverlust.

Wie du so schön anmerktest: Wer nicht weiß, wohin er will,....
Stimmt genau. Manchmal habe ich die Kraft, die Steine, die in meinem Weg liegen, wegzuräumen und manchmal nicht. Man sollte aber nie aufgeben.

Ciao
Antonia

 

Servus Woltochinon !

Deine Geschichte hat soviel in sich verborgen, dass man mehrmals lesen muss um immer wieder neue Fragen für sich selbst zu entdecken. Man beginnt mit den eigenen Augen die Welt zu sehen die sich ihm offenbart und darreicht auf unterschiedlichste Weise. Jeder Leser wird andere Wege erkennen die sich auftun dort wo er seinen Blick hinwirft. Das Erwachen, das Streben nach Veränderung, Verbesserung von bereits Restauriertem, das Suchen und das fast zufällige Finden in der Natur, im natürlichen Wachstum entsteht wieder Bestreben nach nie Dagewesenem. Alles hat sein Recht behalten in diesen Zeilen und doch ist alles wieder von unsicherem Schatten umgeben. Denn von Beginn weg zeigst du bereits auf, dass wir nie zu Ende denken dürfen um nicht erlahmendes Bewusstsein zuzulassen. Das ewige Fragen und Suchen hast du in das Wort Gnade gelegt. Wie könnte es dann ein Fluch sein?

Lieben Gruß an dich – schnee.eule

 
Zuletzt bearbeitet:

Eine Erzählung: Erkenntnis und Telos

Hallo schnee.eule,
vielen Dank für deine tiefen Gedanken zu meiner "Erzählung". Der Kampf gegen die Zeit, gegen Unkenntnis und die Festlegung einer Beziehung zu den Mitmenschen haben mich halt beim Schreiben der Geschichte beschäftigt.

Tschüß... Siegbert

 

Bearbeitete Fassung!

Bei der Umstellung meiner alten Kurzgeschichten auf neue Rechtschreibung habe ich – ausnahmsweise – diese Geschichte leicht verändert und ergänzt.

L G,

Woltochinon

 

Hi Woltochinon!

Na, dann les ich auch noch das: Also der Titel ist ziemlich abschreckend, musst du nachbessern. Ansonsten guter Bogen, von Todesgewissheit über Empirismus zu einer Art sozialen Ethik. Sehr konzentriert. Solltest vielleicht eine zweite Person einführen, dann könnte es einen Dialog geben.

aquata

 

Hallo aquata,

einen Dialog will ich nicht, da dieser Mensch für eine Entwicklung aus sich selbst heraus, für eigene Erfahrungen steht.
Danke für´s Lesen, freut mich, wenn du mit der Symbolik etwas anfangen konntest.

L G,

tschüß… Woltochinon

P S. Um den Titel kümmere ich mich...

 

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