Ernährung ist alles
Der Topf mit dem Grünkohl ließ sich kaum schließen. Sie kochte ihn auf Vorrat, so dass er mindestens drei Tage vorhielt. Drei Tage – das hieß, drei Tage garantierte zuckende Wollust, wenn sich sein Schwanz in ihr hin und her wand wie eine Liane und Stellen fand, die sie selbst von außen nicht erreichen konnte und die sie in höchste Erregung versetzten.
Irgendwann war sie darauf gekommen, dass die Ernährung in ihrem Sexualleben eine große Rolle spielte. Nicht, was sie aß, was ihr Mann aß, war ausschlaggebend. Aß er ein Steak, war er im Bett stürmisch und aggressiv, seine Stöße waren so hart, dass sie es noch am nächsten Tag spürte; setzte sie ihm Eier vor, waren sie langsam und ruhig, so dass sie dachte, sie würde vergehen, würde schmelzen...
Nachdem sie den Zusammenhang entdeckt hatte, war sie nicht mehr zu halten. Je nachdem, wonach ihr der Sinn stand, fiel der Mittagstisch aus. Montags bekam er Hühnerfrikassee, entsprechend herzhaft und bodenständig war der Sex. Am Dienstag gab es Porreesuppe mit Fleischklößchen, er gab sich vergnügt und sprunghaft, war zu Scherzen aufgelegt, die darin gipfelten, dass er sie an den schönsten Stellen mit Baileys übergoss, um ihn dann wieder abzulecken.
Mittwoch bekam er als Hauptgericht Grießpudding mit Kirschsuppe – die Nacht begann mit Sekt und endete früh um fünf, sie empfand sie allerdings als etwas oberflächlich. Deswegen gab es am Donnerstag Weiße Bohnensuppe, kräftig gewürzt mit Chili (er zog während des Essens zwischendurch die Luft ein, sie hatte am Chili wahrlich nicht gespart): Es war eine scharfe Nacht. Erst gingen sie ins Kino, wo er im Dunkeln nicht die Hände von ihr lassen konnte – sie hatte dafür extra ein kurzes Kleid angezogen und die Unterwäsche weggelassen – um dann nachher zu Hause über sie herzufallen wie ein ausgehungerter Stier. Sie stöhnte vor Begeisterung und bot sich ihm willenlos dar.
Freitag sollte er sich erholen – sie nicht, ihr ging es gut –, deshalb bekam er an diesem Tag nur ein leichtes, ausgewogenes Menü: Chinesische Gemüsepfanne auf der Basis von Walnussöl und Sojasoße. Die Nacht verlief entsprechend ruhig, er schlief in ihren Armen ein.
Samstag war er wieder bei Kräften, sie waren zum Essen eingeladen, und sie füllte seinen Teller mehrmals mit Austern, flößte sie ihm ein mit einem schalkhaften Lachen, bis er so satt war, dass sie befürchtete, es wäre zu viel des Guten gewesen. Aber in der Nacht war er ausdauernd und triebhaft, konnte ewig nicht genug bekommen, so dass schon hell wurde, als sie endlich voneinander ließen. Der Vergleich mit einer Dampflok fiel ihr ein – beständig und zuverlässig.
Sonntag beschloss sie, dass er einfach stillhalten sollte, während sie auf ihm ritt und allein bestimmte. Also gab es Sauerkraut mit Würstchen, dazu Kartoffelpüree.
„Ich lieb dich“, sagte er eines Tages beim Frühstück und zwinkerte ihr zu. Und ihr war nicht klar, ob er wusste, warum.