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Erotik pur aus dem Stegreif
Erotik pur aus dem Stegreif
MARKUS, Chefredakteur Sport: „Alles schön und gut, Sie haben sicher Recht, wenn Sie meinen, Europa oder vielmehr Deutschland ist nicht Amerika, aber was gedenken Sie zu tun, um zu verhindern, dass sich Ähnliches bei uns wiederholt?“
MANFRED, Producer: „Verhindern? Ich dachte, wir sitzen hier, um die Sache zu pushen!“
SANDRA, Jugendschutzbeauftragte: „Das habe ich auch so verstanden. Wenn dem nicht so ist, kann ich ja gleich gehen.“
PIA, Leiterin Marketing: „Eben. Ich dachte auch, wir wollen neue Zuschauer gewinnen.“
MARKUS: „Ich weiß, ich weiß. Die Sache ist nur die, dass von der Geschäftsführung die Order da ist, sich Gedanken darüber zu machen. Ich meine, wir bringen die Bundesliga auch live, da könnte schon mal passieren, dass sich jemand entblößt und wir keine Zeit haben das wegzublenden.“
MANFRED: „Ja das ist doch das Schöne!“
PIA: „Würde ich auch sagen. Das Unvorhergesehene, das wollen die Zuschauer, das ist der Reiz jeder Liveübertragung.“
SANDRA: „Von der Jugendschutzseite her kann ich hier voll Entwarnung geben. Wenn Sie mich fragen, eine Sportübertragung ist die sicherste Methode, Erotik pur zu senden.“
MARKUS: „Sie meinen doch nicht Vollerotik?“
SANDRA: „Klar meine ich das. Jede Art von Erotik.“
MARKUS: „Auch … auch vögeln?“
SANDRA: „Jede Art ist jede Art! Natürlich nur für wenige Minuten, manchmal auch nur für Sekunden, dann müsste man auf andere Kamera umschalten.“
MARKUS: „Ach so, nur wenige Minuten. … Wie viele wären das? Ich meine, wie viele Minuten oder Sekunden?“
SANDRA: „Keine Ahnung. Hängt vom Fall ab. Und natürlich von der Technik.“
MANFRED: „Technik? Also wir können drauf halten, bis …“
MARKUS: „Sicher, Manfred, sicher. Aber darum geht es nicht.“
MANFRED: „Nein? Worum denn?“
PIA: „Wenn ich Sandra richtig verstanden habe, dann hängt die zulässige Dauer der Übertragung von dem ab, was gerade gespielt wird.“
MANFRED: „Also ein Fußballspiel dauert immer 90 Minuten. Na ja, manchmal ein bisschen länger, aber …“
MARKUS: „Manfred, es geht hier nicht um das Fußballspiel – um das auch, ja -, aber worüber wir hier diskutieren ist etwas Anderes. … Sandra, wie sind Ihre Einschätzungen bezüglich … bezüglich dieser verschiedenen Arten von … von Erotik?“
SANDRA: „Also bei einem einfachen Fall, sagen wir … eine Brust wird entblößt …“
PIA: „Wie im Falle Janet Jackson …“
SANDRA: „… ja, also in so einem Fall ist das fast unbegrenzt. Würde ich sagen.“
PIA: „Unbegrenzt? Das hielte ich für gefährlich. Immerhin wollen die Zuschauer auch Fußball sehen. Das ist unsere eigentliche Zielgruppe, die wollen wir natürlich nicht verlieren.“
MARKUS: „Das sehe ich auch so: Sport muss Sport bleiben.“
SANDRA: „Unbegrenzt heißt nicht in einem fort, Markus, sondern ab und zu! Ich meine, die Kamera könnte immer wieder mal dahin schwenken. Da sehe ich keine Probleme, wir sind, wie gesagt, nicht in Amerika.“
MANFRED: „Ach so, jetzt verstehe ich: wenn auf der Tribüne nackte Titten zu sehen sind, dann kann man länger drauf bleiben, als wenn sie dort ficken, nicht?“
PIA: „Ich muss schon sehr bitten, Herr Pflug!“
MANFRED: „Habe ich was Falsches gesagt? Ich dachte …“
MARKUS: „Also im Prinzip hat Manfred schon Recht, oder?“
SANDRA: „Ja. Allerdings, so aus dem Stegreif kann ich jetzt keine Zahlen nennen. Für die Entblößung des weiblichen Oberkörpers gelten natürlich andere Kriterien als für die unteren Regionen. Und selbst dort gibt es noch weitere Differenzierungen.“
MANFRED: „Weitere Differenzierungen? Das verstehe wer will! Für mich ist eine nackte Möse eine nackte Möse!“
PIA: „Aber Herr Pflug!“
MANFRED: „Ach! Ist doch wahr!“
MARKUS: „Ich muss zugeben, Sandra, das selbst ich nicht so genau weiß, worauf Sie hier hinauswollen.“
SANDRA: „Es gibt Behaarte, Teilrasierte und ganz Enthaarte, oder? Die Zeiten sind entsprechend fließend, die ganz Behaarten könnte man länger zeigen als die Teilrasierten, um von den Kahlen ganz zu schweigen. Aber wie gesagt, die genauen Zeiten festzulegen ist für mich jetzt ein bisschen schwierig, denn es sind noch weitere Kriterien zu berücksichtigen.“
MARKUS: „Welche denn? Sie können hier ganz ehrlich sein, Sandra, wir sind unter uns.“
SANDRA: „Also so aus dem Stegreif, ja? Okay, die weiteren Kriterien wären vielleicht Haarfarbe, Position bzw. Stellung, sowie die Größe des Bildes.“
MANFRED: „Verzeihung, aber die Größe des Bildes ist beim Fernsehen immer gleich. Oder meinen Sie jetzt sechzehn zu neun Bilder? Aber davon weiß ich nichts. Oder wollen wir jetzt Bundesliga in diesem neuen Format übertragen?“
MARKUS: „Nein, Manfred, keine Angst. Sandra meint sicher den Bildausschnitt.“
MANFRED: „Ah! Sie meinen Nahaufnahme! Ja, wenn weiter nichts ist! Da können sie unbesorgt sein, die neuen Kameras haben einen Zoom, Mann, der ist vom Feinsten! Die können ihnen jede Kleinigkeit vom anderen Ende des Stadion heranbringen, dass Sie meinen, Sie können’s danach greifen.“
PIA: „Wirklich? Hm … Da fällt mir gleich ein Slogan ein: vergessen Sie die erste Reihe, vergessen Sie ihr zweites Auge, erleben sie Bundesliga bei Erstaufführung hautnah!“
MARKUS: „Ich weiß nicht, ich weiß nicht. … Sandra, wird das nicht zu offensichtlich? Könnte man uns nicht einen Strick daraus drehen?“
SANDRA: „Nur bedingt. Wenn wir’s übertreiben. Aber selbst dann können wir uns auf die Veranstalter herausreden. Ich meine, wir können doch nichts dafür, wenn im Stadion Nackte herum tanzen, oder? Wir bilden nur die Realität ab, wir sind praktisch die Tagesschau.“
MARKUS: „Ja, schon. Der Unterschied ist nur der, dass die nur Aufgezeichnetes senden, wir aber live dabei, das heißt mitten drin sind.“
SANDRA: „Eben. Die von der Tageschau könnten belangt werden, wenn sie Pornografie sendeten, wir aber nicht.“
PIA: „Tolle Idee, das mit der Tagesschau. Der Vergleich gefällt mir. Vielleicht lässt sich daraus was machen. … Aber einen Haken hat die ganze Sache doch.“
MANFRED: „Wüsste nicht welchen?“
PIA: „Na ja, woher wollen wir wissen, dass sich überhaupt welche ausziehen werden?“
MANFRED: „Ja, da haben Sie Recht, habe gar nicht daran gedacht. Und, da fällt mir ein, selbst wenn sie sich ausziehen, müssten wir vorher wissen wo und wann. Wir können doch während des Spiels nicht die ganze Zeit die Tribünen absuchen, ob sich da was tut, nicht? Es sei denn, die Chefredaktionen bewilligt uns zwei bis drei Kameras zusätzlich. Dann …“
MARKUS: „Kommt nicht in Frage! Wenn, dann muss das Ganze mit der jetzigen Mannschaft über die Bühne gehen.“
MANFRED: „Das ist wieder mal typisch! Neues fordern, aber die Mittel dazu verweigern.“
MARKUS: „So ist nun mal die Situation, Manfred. Auch wir beim Sport haben ein Budget, und der ist ausgereizt. Bis zum letzten Cent.“
PIA: „Sport? Wer spricht hier vom Sport? Hier geht es um die Erschließung neuer Zuschauerschichten, denn die, die Sport sehen wollen, die haben wir ja schon.“
MARKUS: „Okay, Pia, wenn Sie das aus Ihrem Budget finanzieren wollen, ich habe nichts dagegen.“
PIA: „Nun, ich will das mal so sagen: es ist hier durchaus was drin.“
MANFRED: „Fein. Sie werden sehen, die Kameras sind gar nicht so teuer.“
PIA. „Wer spricht denn von Kameras! Das ziehen wir anders auf. Ganz, ganz anders.“
MANFRED: „Ich wüsste nicht, wie ich sonst …“
MARKUS: „Sie haben schon was Bestimmtes im Auge, Pia?“
PIA: „Allerdings. Aber ich muss das erst mit der Abteilung Schauspiel durchsprechen.“
MARKUS: „Verstehe. … Noch irgendwelche Fragen? … Nein? Gut dann sind wir fertig für heute. Vielen Dank. … Ach, Sandra!“
SANDRA: „Ja?“
MARKUS: „Warten Sie bitte noch einen Moment, ja?“
SANDRA: „Bitte.“
MARKUS: „… Also … Gut, jetzt sind wir allein. … Hm, was ich sagen wollte, ist … Ja, es ist zwar noch ein wenig zu früh, aber könnten Sie schon mit der Aufstellung der Zeiten beginnen? Sie wissen schon: was wie lange gesendet werden kann, ohne dass wir in Schwierigkeiten kommen. Es ist auch für Manfred, oder vielmehr für die Regie, damit die nichts falsch machen kann. Ich denke hier an eine Tabelle, in der die Art der Entblößung, die dabei eingenommene Stellung der Akteure, Nahaufnahme, Halbtotale …“