Es geht mir gut, irgendwie
Es geht mir gut, irgendwie
Da lauf ich also nun durch die Stadt, auf der Suche nach irgendeiner Bar, und fühle mich ausgelaugt. So richtig schön fertig, nach 8 Stunden Unterricht kein Wunder, und obwohl ich mich so ausgepowert habe, fühle ich mich kein Stück schlauer oder besser und alles erscheint mir kein Stück sinnvoller oder nützlicher. Sie pumpen Scheiße in unsere Köpfe, und es ist immer dasselbe, nur dass sie sich im Braunton und in ihrer Festigkeit unterscheidet. Was solls, wer kann was dagegen machen? Und eigentlich habe ich gar kein Recht mich zu beschweren, ich weiß nicht, was Scheiße ist und was nicht, nur kommt es mir eben so vor, alsob alles nur Scheiße sei, was sie da in uns hineinprügeln. Mit der Realität hat das alles wenig zu tun.
Die Realität ist, dass ich, wenn ich durch die Straßen gehe, verlogene und dreckige Gesichter sehe. Wenn man jemandem über den Weg läuft, den man von irgendwoher kennt, wird gelächelt und man nickt mit dem Kopf zur Begrüßung, und man weiß, dass wenn man aus dem Blickfeld des anderen verschwunden ist, auch das Lächeln verschwindet und die Lippen nehmen wieder ihre gequälte Haltung ein. Aber das ist noch nicht mal so schlimm für mich. Viel schlimmer für mich ist, dass die netten Leute, denen man in der Stadt über den Weg läuft und die immer hilfsbereit und höflich und freundlich sind, eigenlich gar keine netten Leute sind. Sie alle schlagen zu Hause ihre Kinder, und der Kerl dahinten betrügt seine Frau und steckt jedes mal nach Feierabend einer Nutte den Finger in den Arsch und der Opa, der dort drüben der Frau hilft ihren Kinderwagen aus dem Bus zu hieven, bespannert immer seine 14-jährige Nachbarin und gestern hat er sich das erste Mal an ihr vergriffen. Ich vertraue keinem von ihnen mehr.
Ich öffne die Tür mit den Fuß und als ich mich im Raum umschaue, fühl ich mich sofort wieder gut. Diese kleine verdreckte Bar, ein bisschen Tod in diesen vier Wänden aber auch ein bisschen Hoffnung an diesen Tapeten. An den zwei Tischen sitzt niemand und an der Bar hocken zwei alte Knacker, die sich über alten Zeiten unterhalten und dabei läuft ihnen der Speichel aus dem Mund und tropft genau in ihre Biere. Am anderen Ende der Bar sitzt ein etwas jüngerer Mann und umklammert fest sein Bier und er sieht so aus, als hätte auch er eine Vergewaltigung oder einen Mord hinter sich, nur sieht man ihm nicht an, ob er der Täter oder das Ofer ist. Ich mach's mir also in der Mitte der Bar gemütlich und aus dem Hocker quillt das Polster raus und direkt vor mir auf dem Tresen ist eine große Pfütze abgestandenen Bieres, aber das ist mir alles so ziemlich egal. Es ist besser als draußen auf den Straßen und besser als in der Schule.
Aus einem kleinen Hinterzimmer kommt die fette Barfrau angetanzt und mit fett meine ich FETT, aber genau an den richtigen Stellen. Der Arsch wird straff umspannt von diesem edlen blauen Kleid und ihr fetter Busen springt bei jedem Schritt auf und ab und scheint ihr aus dem Ausschnitt springen zu wollen. Ihr Gesicht sieht sehr alt aus, aber ihr Köper könnte der einer 18-jährigen sein. Sie könnte locker eine Edelnutte sein; wie kommt es, dass solche Prachtfrauen, immer in solchen Absteigen landen? Mit dem Ding zwischen ihren Beinen könnte sie weitaus mehr Geld verdienen, als sie es hier tut. Na, wer weiß... Vielleicht hat sie ja im kleinen Hinterzimmer grad einen Kunden besonderer Art bedient, der unauffällig durch den Hintereingang direkt ins Puffzimmer gegangen ist. Ihr Gesicht macht allerdings nicht soviel her, wie ihr Körper; ihre Wangen hängen schon ein bisschen runter, dicke Falten vernarben ihr das Gesicht und ihre Augen strahlen noch mehr Tod aus, als die aller Mörder, Vergewaltiger und Säufer, die ich je gesehen habe. Aber wenn einen das Glück zu verlassen beginnt, muss man das Gesicht immer als erstes abschreiben. Ich zog das Gesicht also außer Betracht.
"Was darf's denn sein, Kid?", sagt sie mit ihrer zarten jugendlichen Stimme, auch sie passt nicht zu ihrem Gesicht. Sie tut mir irgendwie leid, aber ich lass mir nichts anmerken.
"Mach mir mal 'nen doppelten Whisky mit Wasser. Und ein Pils kannste mir auch geben."
"Sag mal, biste überhaupt alt genug für das Zeug?", fragt sie und ihre sanfte Stimme fließt mir langsam die Ohrmuschel hinunter, "Siehst ja noch ziemlich jung aus mein Lieber.", und sie lacht mich an und ich weiß nicht, was ich sagen soll.
Ich denke, dass wenn es nach dem Alter ginge, du zu alt wärst um überhaupt noch stehen zu können, aber ich schweige sie nur an und starre ihr auf den Busen und stelle mir vor, wie es wohl wäre einen von den zwei fetten Dingern zu schnappen und dran zu beißen und zu saugen.
"Ich hab mich nur gut gehalten. Weißt du, gute Frau, ich bin viel älter als ich aussehe. Kannst mir das Zeug also schon ruhig geben, werd' schon nicht dran krepieren, was?"
"Hahaha. Schon okay Bursche, war auch nicht ernst gemeint.", und sie dreht sich um, schnappt sich eine Flasche Scotch und mixt mir meinen Drink. Dann stellt sie ihn zusammen mit einem lauwarmen Bier vor mich hin. Der Whisky läuft in mich hinein wie ein leckgeschlagenes Schiff. Dann mach ich mich am Bier zuschaffen.
Was muss dieses Weib alles erlebt und getan haben, damit ihr Gesicht so furchtbar aussieht? Wievielen Kerlen muss sie für Geld einen abgekaut haben, um die Miete bezahlen zu können? Und wieviele Kerle hat sie, nachdem sie eine Nummer mit ihnen geschoben hat, ausgeraubt? Ich hab mal gelesen, dass schon die kleinsten schlechten Taten, sich in dem Gesicht einer Person wiederspiegeln. Wieviele kleine Taten muss sie schon begangen haben? Oder sie hat einfach einen umgelegt.
Ich kippe schnell mein Bier runter und gleich dannach noch drei oder vier Whisky, einfach nur, damit die ganze Scheiße aus meinem Gehirn laufen kann und ich ruhig und entspannt bin, und nach dem fünften Bier und siebten Whisky ist es soweit; ich sitze ruhig und entspannt auf meinem Hocker, die Scheiße ist weg; in meinem Kopf sind nur noch die traurigen Melodien der Sinphonien, die ich heute morgen im Radio gehört habe, bevor ich in die Schule gegangen bin. Das kommt mir vor wie eine Ewigkeit.
Und als ich pissen muss, steh ich auf und geh in Richung Klo und da höre ich, als ich noch einige Meter von der Tür entfernt bin, immer so ein mieses dreckiges Stöhnen. Ich denk mir, geil, da schiebt jemand eine Nummer drin, vielleicht bekomm ich ja was zu sehen. Und als ich die Tür aufmache, sehe ich, dass ein schmieriger kleiner Kerl auf dem Waschbecken sitzt und ein anderer schmieriger Kerl schrubbt ihm seinen dicken, fleischigen Penis.
"UHHH AHHH UHHHHHHH", macht der Kerl auf dem Waschbecken dauernd und es widert mich an. Ich hab nichts gegen Schwule, trotzdem wird mir schlecht, wenn ich sowas sehe.
"RAA DAA DAA DAA"
"RADADADADA", macht es in meinem Kopf und das beruhigt mich etwas.
Der kleine Typ steigt vom Waschbecken runter und holt einen Würfel aus seiner Tasche.
"So, jetzt nochmal!", befehlt der Kleine, "Diesmal bekommt derjenige den Schwanz geschrubbt, der die niedrigere Zahl erwischt, okay?"
"Ja, na meintwegen.", und der Große nimmt den Würfel in die Hand und würfelt im Waschbecken, dann sagt er fröhlich: "Drei! Mal schauen, ob du diesmal wieder gewinnst."
Wahrscheinlich hatte der Kleine ihn in einer Tour abgezogen, hatte schon vier mal den Penis massiert bekommen und war bestimmt schon drei mal gekommen.
"Hehe, na klar schaff ich das! Schau mal her!", er schnappt den Würfel aus dem Waschbecken und macht damit Anstallten, wirbelt den Würfel in seinen Händen hoch über seinem Kopf und lässt ihn dann von oben ins Waschbecken fallen: "Zwei! NA SCHAU MAL EINER AN!", und er lässt die Hose wieder runter und der Große massiert wieder seinen Schwanz.
Mir wird so übel, dass ich auf's Scheißhaus renne und mich übergebe. Der ganze dreckige Kotter schwimmt da nun im Klo und weil die Spühlung nicht geht, wird er da auch noch ne ganze Weile lang schwimmen. Als ich wieder rauskomme, sagt der Kleine zu mir:
"Na Süßer, willst auch mal 'ne Runde mitspielen?", ich sage nichts und mache, dass ich aus dieser dreckigen Toilette verschwinde.
Als ich mich wieder an die Bar setzte, zähle ich mein Geld. Ich hab noch genug für einen Whisky.
"Hey, schöne Frau. Gib mir mal noch einen Whisky."
Sie kommt zu mir an und stellt den Drink vor mich hin. Ich schau ihr in die Augen, in diese toten Augen und sie schaut mir in meine. Wieder leer ich das Glas in einem Zug. Dann beug ich mich rüber zu ihr und schau ihr einmal tief in den Ausschnitt.
"Wie wär's, Süße. Wir gehn zusammen ins Hinterzimmer und schieben mal schnell 'ne Nummer. Du weißt nicht, wie sehr mir das helfen würde."
"Na, du traust dich aber was.", und sie lächelt mich an und gibt mir damit zu verstehen, dass sie es nicht ernst meint, "Weißt du, du siehst noch so jung aus, und so unschuldig. Du scheinst ein ordentlicher Kerl zu sein, und weißt du, ich will dir nicht meine Krankheiten andrehen."
"Hm, wenn das so ist, schon okay.", und ich zähle wieder mein Geld, in der Hoffnung, dass ich mir noch einen Drink leisten kann, aber ich hab nur noch ein paar Cent.
"Aber wenn du willst, kau ich dir einen ab. Musst auch nichts bezahlen.", und ihr altes verrücktes Gesicht lächelt mich an und jetzt sah sogar ihr entstelltes Gesicht irgendwie sexy aus.
"Naschön.", sage ich und gehe vorran ins Hinterzimmer und sie folgt mir. Während sie anfängt mich zu bearbeiten, frage ich mich, ob das hier wirklich besser ist als das, was sie uns in der Schule beibringen, ob das wirklich die Realität ist und ob das hier wirklich besser ist als das, was da draußen auf den Straßen ist.
Ich entscheide, dass es besser ist. Denn hier wissen alle wie mies und dreckig sie sind, hier macht keiner ein Geheimnis drauß- keiner spielt den freundlichen und netten, wenn er es nicht wirklich ist. Diese Leute sind besser als die da draußen. Und während sie schmatzt und saugt, übergebe ich mich und in meinem Kopf schwirren immernoch die Sinphonien, von heute morgen aus dem Radio:
"RAA DAA DAA DAA"
"RADADADADA", es geht mir gut.