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Es ist soweit

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07.01.2010
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Es ist soweit

In der Frühstückspause sah er aus dem Fenster seines Büros. Stand auf und ging näher zum Fenster heran. Sah das andere Gebäude. Und fasste einen Entschluss.

„Es ist soweit.“, sagte er und sah seine beiden Kollegen an. Sie schauten auf. Fragende Blicke.
„Kommt!“, sagte er und zog sich sein Jackett über.
„Wir müssen los.“
Sie rührten sich nicht. Tauschten Blicke aus. Er ging zum Nachbartisch, sah seinen Kollegen an. Lächelte.
„Los.“, er stupste ihn an der Schulter. Sein Kollege schüttelte den Kopf.
„Los!“, forderte er ihn auf. Griff nach Arbeitsblättern auf dem Tisch und warf sie in die Luft. Lachte.
„Kommt schon.“ Er griff sich einen ganzen Stapel aus der Ablage und schmiss ihn mit beiden Händen hoch. Die Blätter stoben auseinander und segelten durch das Büro. Der andere Kollege blickte verlegen seinen Arbeitsplatz an. Wollte mit der Idee nichts zu tun haben. Das bemerkte er und ging zu ihm rüber.
„Na, komm schon.“ Der Kollege zeigte ihm abwehrend die Handinnenflächen.
„Los jetzt!“ Wieder griff er nach Blättern, Akten, alles was auf dem Tisch lag. Der Kollege sammelte alles ein und schützte das Ergriffene, indem er sich mit seinem Oberkörper darauf legte und es mit seinen Armen umfasste.
Das war ihm egal. Alle sollten mitkommen. Jetzt oder nie. Er nahm die Ablagen und schmiss sie einzeln auf den Boden. Lachte. Griff nach Blättern, die ungeschützt herumlagen und warf sie in die Luft. Kippte den Monitor um, riss das Telefon von seinen Kabeln und warf es gegen die Bürotür.
Der andere Kollege lachte auch. Nahm seinen Stiftehalter und schüttete ihn aus. Stand auf und zog sich sein Jackett über.
„Komm schon. Los jetzt!“ forderten sie den Dritten auf. Der ergab sich. Mit zwei Fingern zog er ein Blatt bis zur Tischkante und schob es darüber hinweg. Stand auf und zog sich sein Jackett über.

Sie gingen mit der Idee in das große Büro. Überall standen Tische mit Kollegen, die daran saßen.
Er sprang auf einen Tisch.
„Es ist soweit.“, rief er. Alle sahen zu ihm. Seine beiden Kollegen standen bei ihm und sahen ebenfalls hoch.
„Los jetzt! Kommt!“, forderte er sie auf und breitete seine Arme aus. Mit den Füßen schubste er Akten, Ablagen, Stiftehalter vom Tisch. Kippte den Monitor runter. Die Kollegen sahen sich an. Tauschten Blicke.
„Wir müssen los!“, rief er und sprang auf den gegenüberliegenden Tisch. Der Kollege erschrak und zuckte zurück.
„Komm.“, sah er ihn an. Bückte sich, knüllte die Zettel zusammen, die der Kollege bearbeitete und warf sie hinter sich. Der Kollege sah zu der Stelle, wo eben seine Arbeit lag, sah auf. Stand auf und zog sich sein Jackett über.
„Los jetzt! Es ist soweit“, rief er allen zu. Die ersten erhoben sich. Zogen ihr Jackett an. Andere blickten sich unsicher um. Waren nicht bereit.
„Es geht los!“, rief er und sprang vom Tisch runter. Schritt durch das Büro auf das Treppenhaus zu. Kippte einen ganzen! Tisch um. Seine Kollegen folgten ihm. Die meisten. Einige blieben sitzen und sahen ihnen nach.

Sie warteten auf den Fahrstuhl, der von oben kam. Die Fahrstuhltür öffnete sich und der Boss trat vor sie.
„Was ist hier los?“
„Es ist soweit.“, sagte er. „Es geht los.“ Er breitete die Arme aus. Der Boss schaute sie alle an. Jeden einzelnen.
„Gibt es Risiken, die gemeistert werden müssen? Sind welche unsicher und brauchen eine starke Hand, die sie hält. Wird Wagemut belohnt?“, fragte der Boss.
„Es ist soweit!“, antwortete er und lachte. „Kommen sie mit!“ Er drängte sich an dem Boss vorbei in den Fahrstuhl. Seine Kollegen folgten ihm. Und der Boss.
Sie fuhren runter zum Empfang. Die breiten Glastüren waren verschlossen.
„Was ist?“, rief ein Kollege.
„Die Türen sind zu. Wir kommen nicht raus.“, antwortete ein anderer Kollege.
„Nein!“, widersprach er und stellte sich in die Mitte.
Schüttelte den Kopf.
„Es ist soweit!“, rief er und ging auf die breiten Glastüren zu und stemmte sich dagegen.
„Es ist soweit.“, riefen die Kollegen und folgten ihm. Der Boss rollte seine Jackettärmel hoch und stemmte als letzter.
Das Glas bekam Risse. Es knirschte. Es brach und sie stolperten auf die Straße.

Einige Kollegen hatten sich überanstrengt. Sie setzten sich hin und atmeten schwer.
„Weiter!“, rief er und ging die Treppen runter. Die, die noch konnten, folgten ihm. Die anderen verbrannte der Fortschritt.
„Wir müssen über die Straße“, mahnte der Boss.
„Ja!“, sagte er und lachte.
„Los jetzt!“ Er ging los und die, die noch konnten, folgten ihm. Andere blieben zurück.
Auf der anderen Seite stand er vor den Treppen. Er konnte das Gebäude sehen. Es ragte in den Himmel.
„Gleich!“, sagte er den beiden Kollegen und dem Boss, die noch bei ihm standen.
„Gleich ist es soweit!“ Er ging die Treppen hoch. Die anderen blieben zurück. Legten sich in den Staub der Zivilisation und wurden zu Asche.
Er stand vor dem Eingang des Hauses. Öffnete die Tür und trat ein.

 

Hallo,

ist die Geschichtze seltsam oder philosophisch? Ich weiß es nicht. Was meint ihr?
Freue mich auf eure Antworten und Kritiken

Lieber Gruß,
Vincent Voss

 

Hier mal einige, keinesfalls unfreundlich gemeinte, kritische Bemerkungen:

Sehr verwirrend, sicher seltsam, aber irgendwie nicht ‚interessant verwirrend’, sondern teils unverständlich, unbefriedigend. Klar muss nicht alles erklärt und aufgelöst werden, aber hier fehlen, meines Erachtens, jegliche Anhaltspunkte um die Geschichte sinnvoll zu interpretieren. Liest sich teils auch etwas anstrengend. Er, er, er... ein anderer er? Nein doch der "er"... oder der Boss? Nein, achso, der Protagonist.

Aber: Wer ist dieser "Er"? Er, gut, ein anonymer „er“, der wohl in Aufbruchsstimmung ist, ein er, der meint, ein bestimmter Zeitpunkt sei gekommen und seine Kollegen damit ansteckt (wie auch immer er das schafft, das ist mir völlig schleierhaft)... und weiter?

An einigen Stellen habe ich den Eindruck, dass du entweder selbst nicht weißt, worum es genau geht und welche Bedeutung/Funktion bestimmt Sätze haben oder aber dass du etwas viel zu gewollt verstecken möchtest.

Noch ein Manko: "Es ist soweit!", "Los jetzt", "Kommt!" kann man ab der Hälfte der Geschichte einfach echt nicht mehr lesen. "Es ist soweit!", "Es ist soweit!", "Es ist soweit!", ... "Kommt!", „Los jetzt“...

Hab Erbarmen mit dem ahnungslosen Leser, wenn am Ende doch nichts passiert, nichts aufgelöst wird, ein paar anonyme Menschen vom ach so bösen Fortschritt (Welcher? Der Technische? Der auf dem Arbeitsmarkt? DER gesellschaftliche F.?) verbrannt werden oder im "Staub der Zivilisation" (hm?!) zu Asche werden ... und der Protagonist einfach den Arbeitsplatz wechselt (...oder so?).

‚Positiv’: Insgesamt finde ich, dass man als Leser mit dem ersten Viertel des Textes gespannt gemacht wird (Aha! Jetzt passiert was!) Negativ: danach wird man grob enttäuscht. Wo vielleicht gesellschaftskritische(?) Tiefe sein will, gibt der Text doch wenig her.

"Es ist soweit!", "Gleich!", "Gleich ist es soweit!" ...JA WAS DENN?

Klar, insgesamt ist es alles kurz. Aber dennoch gefühlt viel zu lang. Vielleicht hilft es der Geschichte, wenn du ein 'paar', sagen wir 80%, von diesen Aussagen, die ja doch zu nichts führen, streichst, das ganze etwas abwechslungsreicher ausdrückst, kürzt und präziser zum Punkt kommst, zu welchem auch immer ;-)

 

Salü Vincentvoss

Mir geht es leider ähnlich wie Palle (und habe die Geschichte vor der Kritik gelesen). Mir fehlt irgendwie, warum die andern einfach mitgehen. Mir kommt der Typ jedenfalls recht verrückt vor, den würd ich eher auslachen, oder mich genervt abwenden, als ihm zu folgen. Und eben das "wohin" und "wozu"? Da komme ich mir als Leser am Schluss schon ein bisschen veräppelt vor, dass das nicht zumindest angedeutet wird. Vermutlich sollte da was davon im Ende stehen? Da komm ich mit meinen Interpretationskünsten aber wirklich nicht durch.
Und vorher, warum sind denn die Türen des Bürogebäudes verschlossen? Die Arbeitnehmer sind also Gefangene? Ja von was denn? Gefangene von der Zivilisation können sie nicht sein, die ist ja scheinbar draussen vom Büro. Ja, wie du siehst hinterlässt die Geschichte auch bei mir einige Fragezeichen. Und ich würde von dir gerne mehr zur Antwort bekommen, als nur gerade "Danke für die Kritik". Damit folterst du deine Armen Leser ja noch mehr.

Lieber Gruss,
Siiba Bulunji

 

Hallo Siiba,

auch erst einmal vielen Dank für deine Kritik.

Hm, so recht mag ich gar nicht erklären, was ich mir dabei dachte, weil ich das unschön finde. Aber na gut.

Es ist als Parabel gedacht und Palles Reaktion des Genervt-Seins auf die einfachen Aufforderungen des Protagonisten sind beabsichtigt gewesen. Na ja, ein leichtes Genervt-Sein wollte ich verursachen. Auf der Metaebene sind es eben jene gesellschaftlichen Durchhalteparolen, die eine Gruppe antreiben. Wohin antreiben? Eigentlich egal. Ins nächste große oder noch größere Gebäude.

Für dich ist der Typ verrückt? Jein, er ist ein Pionier. Einer ,der die sichere Komfortzone verlässt und andere mitreißt. Von daher bedingt verrückt aber kompatibel auf alle Protopioniere, die mir medial begegnen.

Das JA, WAS DENN, ist im Grunde eine Frage, die diese kurze Geschichte auch stellt. Stellen sollte.

Ich wollte niemanden foltern.

Lieber Gruß

 

Hej vincentvoss,

Einer ,der die sichere Komfortzone verlässt und andere mitreißt.
Das ist eine schöne Idee.

Ich finde, das Mitreißen müsste noch deutlicher rüberkommen.
Weil, er tut nicht viel, dieser Oberpionier. Ich erwarte da keine langen Erklärungen, aber keiner wird anders überzeugt als mit "Kommt" und "Es ist soweit."
Der Wortwahl und den Handlungen nach zu urteilen, könnte es sich bei dem Aufrührer um einen Automaten handeln, er wirkt wie eine Schallplatte mit Sprung und auf mich deswegen nicht ganz glaubwürdig.

Viele Grüße
Ane

 

Hallo Ane,

ich weiß, was du meinst. Aber ich habe es bewusst so übertrieben einfach gehalten. Und deinen Vergleich mit einem Automaten finde ich gut. Ein phrasendreschender Automat mit einem Sprung. Vielleicht trägt er das Gesicht eines Ministers, eines Vorstandsmitglieds, etc. Austauschbar. Auch sie erscheinen nicht glaubwürdig und dennoch besitzen sie die Macht und Verantwortung andere zu führen. Warum gelingt es bloß?

Ich weiß es nicht.

Lieber Gruß und vielen Dank für deine Worte

 

Salü

Danke für deinen Kommentar, jetzt sehe ich es doch wirklich in einem andern Licht. Habe jetzt gerade nicht viel Zeit, werde mir das ganze ein anderes Mal nochmals genauer anschauen.

Liebe Grüsse,
Siiba Bulunji

 

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