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Es war mal: ein Freitagabend

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13.08.2001
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Es war mal: ein Freitagabend

Als ich eben "Ein schönes Mädchen" von grasi gelesen hab, ist mir eingefallen, daß ich beinahe die gleiche Geschichte auch mal geschrieben habe. Mag vielleicht langweilig sein zweimal eine recht ähnliche Geschichte zu lesen, nun, dann will ich mich im Voraus entschuldigen.

"Es war mal: Ein Freitagabend"

Der sanfte Nebel in seinem Kopf verschwamm mit dem Nebel, dem Licht und den zuckenden Leibern vor seinen Augen.
Sein Blick wanderte apathisch über die Menge, stoppten für einen Moment, sendete eine Information, die er nicht verwerten konnte und wanderte weiter. Die Stimme neben ihm brüllte ihm etwas ins Ohr, er sah die Bewegung des Mundes, sah den bemühten Ausdruck in den Augen seines Gegenübers. Die Worte tanzten in der Luft, sie vermischten sich zu abenteuerlichen Zusammenhängen, wurden Mysterien, die es zu entschlüsseln galt.
Es war so schwer, unendlich schwer, die Buchstaben zu Sätzen zu machen und zu entwirren, Es gelang ihm nicht, er war nicht traurig darüber, nicht hier, nicht jetzt.
In mitten der hunderte Menschen, die um ihn herum waren und sich zu den dröhnenden Tönen aus den Boxen bewegten, war er auf einer einsamen Insel gestrandet, einem Paradies der Ruhe.
Sein Hirn hatte die Arbeit aufgegeben, obwohl seine Nerven noch immer Reize aussendeten.
Doch eigentlich war das nicht richtig, sein Hirn arbeitete, arbeitete schärfer und klarer als in manch anderen Augenblicke, es nahm bloß keine Eindrücke aus der Umgebung mehr auf.
Er hatten diesen Zustand absichtlich herbeigeführt. Obwohl er wußte, daß die Erkenntnisse, die er ansonst immer unterdrückte, wenn sein Hirn in normalen Bahnen arbeitete, ihn abstoßen würden. Masochismus nannte man das, die Lust sich zu quälen. Eine andere Erklärung gab es nicht, wieso sonst sollte er diese Insel gesucht haben, diese Insel der Ruhe und des erkennenden Schmerzes.
Er war nicht so blind wie viele andere zu glauben, daß Alkohol vergessen lies. Die Meinung war dumm, Alkohol half zu erinnern, er holte alle Erinnerungen, die man vergessen wollte, wieder hoch und führte sie einem mit einer solchen Deutlichkeit vor Augen, daß man heulen konnte.
Sein Gegenüber hatte es aufgegeben, auch er war zu einer Erkenntnis gelangt.
Er bedauerte das nicht, es war ihm egal, egaler als alles andere.
Sein Blick wanderte wieder und wurde starr. Die wohltuende Einsamkeit in der Masse, die Insel, auf der er eben noch gewesen war, dieses Paradies der Ruhe, der vollkommenen Ruhe, die vielleicht Vollkommenheit in ganzer Pracht war, entschwand ihm zusehends. Die Ufer der Insel noch im Blick, entfernte er sich wieder, schneller, immer schneller, strebte er gen Hafen, gen Betonmauer des Kais
Die schützende Hülle war durchbrochen worden, durchbrochen von einem Reiz, den selbst der stärksten Einfluß von Alkohol nicht unterdrücken konnte.
Er schloß kurz die Augen, spürte den Nebel in sich, spürte die Leere in sich. Sie ging nicht weg. Sie würde nie weggehen, immer dort bleiben, immer hier bleiben.
Die Fingelnägel bohrte sich in seine Handflächen, lockerten sich sofort wieder, er haßte Schmerzen. Sie war hier, er war hier, sie hätte nicht hiersein dürfen. Niemals, niemals!
Im Grunde hatte er es geahnt, vom sehen, von den Träumen, die manchmal seinen Schlaf heimsuchten. Auch heute hatte er geträumt, geträumt von einem Glück, das so greifbar, so nahe schien, daß er sich der irrigen Annahme hingegeben hatte, daß es sein Glück war, daß er sah.
Er hatte sich belogen, der Traum, die Vision hatte ihn belogen, betrogen, um etwas was er verzweifelt suchte, doch niemals fand.
Er war der Wanderer, während die anderen, alle Menschen, die um ihn herum waren, auch die, die er niemals gekannt hatte, das Ziel gefunden hatten. Manche von ihnen weigerten sich die Wahrheit zu sehen, so wie er sich von Zeit zu Zeit weigerte die Wahrheit zu sehen, aber Wahrheiten bleiben Wahrheiten, auch wenn sie in Lügen verpackt werden.
Er hatte das Ziel gesehen, in einiger Entfernung hatte er es gesehen, doch angekommen war er nie. Menschen, die ihn kannten wunderten sich darüber. Er nicht, nicht mehr.
Manche Rennen können nicht gewonnen werden, manche Rennen sind in ihrer Leichtigkeit zu schwer, als das man den Weg sehen könnte.
Der Nebel in seinem Kopf, der Nebel um ihn herum lichtete sich, der Baß dröhnte noch immer, ließ sein Innerstes, ließ sein Äußerstes, vibrieren.
Der Reiz war noch, keine fünf Meter entfernt, unendlich nah, unerreichbar fern. Wiedereinmal hatte er die Abzweigung ins Ziel verpaßt, hatte gezögert, gezweifelt, war geradewegs vorbei gelaufen.

[Beitrag editiert von: deMolay am 06.02.2002 um 19:47]

 

Hallo deMolay!

Vorneweg sollte ich vielleicht mal anmerken, dass ich grasis Geschichte "Das schöne Mädchen" nicht gelesen habe und insofern keine Parallelen zwischen deiner und seiner Geschichte ziehen kann.
Somit also hier ein "völlig unabhängig gewonnener" Eindruck; wobei es mir wiederum eigentlich schwer fällt, einen Gesamteindruck zu vermitteln. :dozey:
Vielleicht ist dies ja so eine Geschichte, die mehr als das Durchlesen und Ruhen lassen gar nicht verlangt... :engel:


Formal kann ich dir vielleicht doch etwas auf die Sprünge helfen:

es war ihm egal, egaler als alles andere
Wusste gar nicht, dass man "egal" auf diese Weise deklinieren kann... :eek:

daß es sein Glück war, daß er sah
Hier bedarf es eines Relativpronomen und nicht einer Konjunktion. :)

Ebenso sind einige Tippfehler wie "daß Alkohol vergessen lies", "Die Fingelnägel bohrte sich" und "vom sehen" vertreten; sowie einige andere.


Gruß, Hendek

 

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