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Ex ungue leonem

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23.07.2004
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Ex ungue leonem

Prolog​

September 1576​

Der Adjutant senkte seinen glasigen Blick und wurde des Dolches gewahr, der zwischen seinen Rippen hervorragte. Sein Atem ging stoßweise, seine tiefbraunen Augen traten aus den Höhlen hervor und seine schwulstigen, fahlen Lippen zitterten im Takt seines Herzschlages.

Trotz des Schmerzes der einen Schleier um seine Sinne bettete, vermochte er die Gestalt zu erkennen. Wuchtig und groß war sie. Gekleidet in einen Wollmantel, eine Haube auf dem Kopf tragend. Rote Augen stachen aus der Kapuze hervor wie zwei blutgetränkte, durchdringende Lanzen. Sie durchbohrten ihn. Schmerzhaft. Unergründlich.

Blut rann das feingestickte Seidenhemd herab und tränkte es. Ein stöhnen kroch seinen Kehlkopf entlang, langsam; ein verzweifelter Tribut an den Schmerz. Ein Scheit im Kamin knackte wie das Brechen eines Genicks.

Dann erstarb das Zittern seiner Lippen. Sein Herzschlag setzte aus. Er glitt zu Boden.

Langsam, statisch wie eine aufgezogene Puppe ging die schwarz gekleidete Gestalt in die Knie, beugte sich über das Opfer und fühlte den Puls. Tod.

Schleppend führte er die Hand zu dem Seidenhemd, das blutdurchtränkt auf dem Körper des Adjutanten klebte. Ein Bauernopfer. Nichts weiter. Schade eigentlich - aber notwendig, um das Größere zu vollenden, dachte er.

Er riss das Hemd entzwei. Seine Hand führte er zum Blut und tränkte den Handschuh damit, bis er durchweicht war. Dann zeichnet er die Worte auf den im Mondschein changierenden Marmorfußboden.

1​

Der Fürstbischof räusperte sich, griff in seinen Schreibtisch und reichte mir ein Instrument, das ich als Dolch identifizierte. Es lag schwer in meiner Hand.

"Das ist die Mordwaffe. Damit wurde er ermordet."

Der Dolch war aus gehärtetem, rostfreiem Stahl, und sein Messingschaft wies aufwendige Verzierungen auf.

Ich betrachtete mit einigem Interesse die eingravierten Ornamente und hielt kurz inne. Auf einer Seite des Schafts war ein Bock mit stark ausgeprägten Hörnen eingraviert, der auf einem Hügel stand. Ich drehte den Dolch einmal herum. Auf der anderen Seite waren drei Ziffern eingeprägt, die von einem Flammenring umgeben waren: 666.

Wer Verstand hat, der deute die Zahl des Tieres; denn es ist die Zahl eines Menschen, und seine Zahl ist 666.

Ich ließ meine Hand über die fein gearbeitete Gravur gleiten, hielt kurz inne, dann reichte ich den Dolch über den Tisch hinweg meinem Gesprächspartner zurück, der ihn unverzüglich wieder in Empfang nahm.

"Absonderliche Gravur", sagte ich.

"Ja! Sie steht in Verbindung mit der Nachricht, die der Täter uns hinterlassen hat"

"Er hat eine Nachricht hinterlassen?"

"Nun, so könnte man es nennen. Er hat den Marmorboden mit einem Schriftzug versehen." Der Fürstbischof brach einen kurzen Moment ab. In seinen Augen schien sich ein Anflug von Furcht zu manifestieren. Dann sprach er weiter:

"Mit dem Blut meines Sekretärs hat der Mörder die Worte ex ungue leonem auf den Boden gezeichnet."

"An der Klaue erkennt man den Löwen" übersetzte ich.

Ich nickte und ließ meinen Blick durch das geräumige Panoramafenster wandern, das an der Südseite des Raumes angebracht war, und von dem aus man auf die gegenüberliegenden Weinberge sehen konnte. Die Nacht war über die Würzburg umschließenden Hügel gekrochen und färbte die Welt langsam mit dem ihr eigenen charakteristischen Schwarz.

"Hatte ihr Sekretär irgendwelche Feinde, von denen Sie wussten? Feinde mit obskuren Neigungen?" Ich fröstelte.

"Nicht wirklich. Nein. Nur am Tag seines Todes scheinen einige obskure Dinge geschehen zu sein. Die Dienstboten berichten davon, dass gegen Abend eine schwarz gekleidete, völlig vermummte Gestalt in seinen Landsitz und in das Dienstzimmer meines Adjutanten marschiert sei. Niemand hätte es gewagt ihn aufzuhalten, so das Dienstpersonal."

Ich nickte müde. Morgen würde ich mich eingehender um die Ermittlungen kümmern.

"Nun, es wird Zeit. Ich danke, dass sie mich zu so später Stunde noch empfangen haben", sagte ich schließlich.

Der Fürstbischof erhob sich, glättete seinen Gehrock und geleitete mich hinaus.

"Es ist gut, dass von gehobener Stelle eine Untersuchung veranlasst wurde, geschätzter Justizrat Besuchow. Sehr gut sogar. Ich stehe ihnen bei der Auflösung dieses Mordfalls gerne zur Verfügung, geehrter Justizrat. Es ist nicht nur im Interesse des Kaisers, dass dieser Mordfall gesühnt wird." Sagte er, als er mir die Tür zu meinem Zweispänner öffnete.

"Ich weiß diese Mühe zu schätzen" Ich stieg ein. Der Bischof schlug die Tür zu. Die Kutsche setzte sich in Bewegung.

Ex ungue leonem. An der Kralle erkennt man den Löwen. Ich begann zu verstehen, weshalb selbst der Kaiser ein gewisses Interesse an diesem Mordfall entwickelt hatte. Als ich vor einigen Wochen vom Hofjustizrat darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass ich einen Mordfall im Fürstbistum Würzburg aufzuklären habe, hatte ich geglaubt Hauptgrund für dieses Interesse seitens des Kaisers sei in erster Linie die Position des Fürstbischofs.

Julius Echter, so sein Name, hatte sich nämlich vor nicht einmal zwei Monaten widerrechtlich die dem Fürstabt Balthasar von Dernbach unterstehende Stadt Fulda einverleibt. Der Fürstabt wurde kurzerhand von Echter für abgesetzt erklärt und zum Gang ins Exil genötigt. Grund für diesen geschickten Schachzug Julius Echters, war die von Dernbach mit großem Eifer betrieben Gegenreformation in dem ihm unterstehenden Fuldaer Bistum. Das mittlerweile fast vollständig lutheranische Bistum Fulda, stand den gegenreformatorischen Bestrebungen seitens ihres 1570 gewählten Herrschers - Balthasar von Dernbach - verständlicherweise mit großem Missmut entgegen.

Deshalb warfen sich die Fuldaer Bürger willfährig Echter in die Arme, der als Fürstbischof Würzburgs und Herzog Frankens zwar auch dem Papst verbunden war, den Ritterständen Fuldas in Geheimverhandlungen allerdings das Recht auf freie Religionsausübung zugestand. So fanden vor nicht einmal zwei Monaten die beiden an sich verfeindeten Parteien zusammen. Mit der Konsequenz, dass Dernbach gewaltsam durch die protestantischen Bürger abgesetzt wurde und Echter - obwohl katholischer Bischof - die Herrschaft über das Bistum von den protestantischen Bürgern angeboten bekam.

Der Kaiser selbst sah ein solch eigenmächtiges Handeln des Fürstbischofs natürlich gar nicht gerne. Zudem hielt sich Fürstbischof Echter bislang auch stark in religionspolitischen Sachverhalten bedeckt. Es wäre mir also nur zu verständlich gewesen, wenn man mich auch gerade aus diesen politischen Gründen lieber in Würzburg gesehen hätte - als verlängerter Arm der Reichsregierung sozusagen.

Scheinbar war das aber nicht der Grund für mein hiersein. Die politischen Ereignisse der letzten Monaten schienen eher unerheblich zu sein und nur am Rande zu interessieren. Mir sollte es recht sein. Der fränkische Wein war berüchtigt und ich gedachte mich, den sich mir offerierten Genüssen durchaus nicht zu verschließen.

Einige Zeit später hielt meine Kutsche vor einem massiven Steinbau. Ich stieg aus.

Meine Herberge befand sich in der Würzburger Innenstadt. Ein schlichtes Fachwerkhaus, mit girlandeverzierter Außenfassade, hervorschießendem Sims und Blumenrabatte vor dem Eingang.

Wind hatte eingesetzt und wob sich in mein flachsblondes Haar; einige Pinien, die den Straßenrand säumten, wippten im heraufziehenden Föhn.

Mein Blick glitt über die Fassade des vor mir liegenden Hauses. Dann betrat ich die Herberge. Das offene Fenster zu meiner Stube hatte ich nicht gesehen.

Drinnen widerstand ich dem Drang mir eine Kostprobe des fränkischen Weins bringen zu lassen und ging stattdessen in meine Stube, die im ersten Stockwerk lag.

Das Geräusch erklang, als ich vor der Tür meines Zimmers zum stehen kam.

Ich hielt inne und lauschte. Es war mir so, als hätte ich das Knacken von Holzdielen in meiner Stube gehört.

Ich führte meine Hand zur Klinke und stieß die Tür auf. Nichts.

Ich trat in den Türrahmen.

Irgend etwas stimmte nicht. Ein stickiger Geruch, intensiv wie Schwefel lag in der Luft. Das Fenster an der mir gegenüberliegenden Wand war offen. Schatten tanzten ihren bestialischen Todestanz, waberten wie Nebelschwaden durch den Raum, bewegten sich, stoßend, geifernd. Ein Ozean aus fahlem Licht und keifenden Schatten ergoss sich über mich.

Draußen heulte ein Hund, laut und schneidend drang der Schrei herauf. Mein Rücken versteifte sich und unbewusst glitt meine Hand zu dem Dolch, den ich an meiner linken Hüfte mit einer Lederschnalle festgebunden hatte. Ein Gefühl der Bedrohung lag über dem Raum.

Hier ist jemand. Der Teufel. Er ist da. In meinem Zimmer. Er wartet auf mich, sein Mund zu einem hämischen Grinsen halb geöffnet. Ex ungue leonem. An der Kralle erkennt man den Löwen.

In diesem Moment glitt ein Schatten aus einem für mich nicht einsehbaren Winkel des Zimmers hervor. Hoch erhoben in der behandschuhten Hand, hielt das Ding einen Dolch. Das Gerät glitzerte, wandelte sich zu einem milchigen Blitz und schoss auf mich zu. Ich hechtete im letzten Moment zur Seite. Ich spürte noch den Luftzug, des vorbeiziehenden Dolchs. Aus den Augenwinkeln nahm ich eine strauchelnde Gestalt wahr. Ich sprang auf, zog meinerseits meinen Dolch aus der Lederscheide, strebte auf die Gestalt zu und ließ meine Waffe nach vorne zucken. Ein stöhnen ertönte. Die vor mir stehende Gestalt presste ihre in Samthandschuhe gehüllte Hand vor den Leib. Blut perlte auf den Dielenboden. Langsam sank die Gestalt auf die Knie.

Der Unbekannte war in eine graue Kutte gehüllt, groß, kräftige Statur. Er trug eine Haube, die tief über den Kopf gezogen war. Man konnte nichts erkennen. Sein Brustkorb hob und senkte sich nicht mehr.

Ich atmete schwer und zitterte am ganzen Körper. Ich ließ mein Dolch sinken und glättete meinen langschößigen Gehrock; eine mechanische Reaktion auf die ausgestandenen Wirrungen, beruhigend und lindernd zugleich. Ich fühlte mich matt und hatte Angst.

Ich trat zur Gestalt hin und kniete nieder. Sie lag auf dem Rücken, die Arme weit vom Körper gestreckt. Langsam führte ich meine Hand zu der Haube, die ihr Antlitz vollständig verdeckte. Sie fühlt sich rau an. Dann schlug ich sie zurück und sah es.

Ich erhob mich. Mein Atem beschleunigte sich weiter. Ich zitterte, konnte aber die Augen nicht von diesem Ding lassen.

Der Mund der Gestalt war zugenäht. Sie hatte weder Nase noch Ohren. Das Gesicht - ausgemergelt; totenkopfähnliche Konturen zogen sich wie Gesteinsformationen das Gesicht entlang.

Ich fuhr zurück, eine Hand auf den Mund gepresst, die Augen vor Schrecken geweitet. Ein Gefühl der Übelkeit schlich sich in meinen Körper. Ich wandte den Blick von dem am Boden liegenden Ding ab.

Nachdem ich meine Fassung einigermaßen wiedererlang hatte, ging ich die Treppe hinunter, borgte mir eine Kerze und rannte wieder nach oben in meine Stube. Ich wollte es näher untersuchen, dieses Ding, das da in meiner Stube lag. Dieses Etwas, dass ich getötet hatte. Als ich den Türrahmen jedoch passiert hatte, hielt ich inne. Meine Augen waren weit aufgerissen. Entsetzten lag in meinem Blick.

"Es ist weg. Dass kann nicht sein. Ich habe es umgebracht. Es kann nicht weg sein!" Ich stöhnte. Mein ruckartig gehender Atem kondensierte in der Luft, die von dem offen stehender Fenster in die Stube hereinströmte. Der Unbekannte war verschwunden. Allein ein Rinnsal aus Blut, das sich auf dem morschen Holzboden seinen Weg suchte, legte Zeugnis von der Existenz dieser Bestie ab, die soeben noch inmitten meiner Stube gelegen hatte.

Ich schüttelte den Kopf. Fahler schein der Kerzen vermengte sich mit dem durchs Fenster fließenden Mondlicht.

Ich hastete zu dem Fenster und blickte hinaus in die Schwärze der Nacht. Niemand war zu erkennen. Wolkenschleier von meist fasriger Konsistenz oszillierten am schwärzer werdenden Himmel. Hin und wieder zuckte ein Blitz durch die Wolkendecke und tauchte die Welt für wenige Sekunden in gleißendes Licht. Von weit her war ein Donnergrollen zu hören.

Ich schlug das Fenster zu.

Alles schien so wie immer. Der kleine Holztisch an der Westwand - unbefleckt. Das Bett - unberührt. Der massive Eichenholzschrank am anderen Ende des Zimmers - ebenso. Dann fiel mein Blick auf eine in roter Farbe gemalte Botschaft am Boden des Raumes. Ich trat näher heran. Mein Arm, in der ich die Kerze hielt, zitterte unkontrolliert. Wachs ergoss sich auf meine Hand, einen Stöhnen entfleuchte meinen Lippen. Ich ging in die Hocke und führte den Lichtkreis der Kerze zu dem Schriftzug. Dann bestaunte ich mit einem Anflug von Verwirrung und Neugierde die Worte. Noli turbare circulos meos!

Störe meine Kreise nicht!

2​

Ich wirbelte herum und ließ meinen Blick angestrengt durch das Zimmer gleiten. Meine Augen waren zu Schlitzten verengt und jede Faser meines Körpers war angespannt.

Störe meine Kreise nicht!

Ich fragte mich, was das zu bedeuten hatte. Aber ich wusste es ohnehin schon. Eine Warnung. Schneidend und Gefährlich. An der Klaue erkennt man den Löwen. An den Hörnen den Teufel. Ich schauderte.

Ich schüttelte den Kopf. Weg mit diesem Gedanken, sagte ich zu mir.

Dann ging ich zu dem Schrank, der an der Westwand stand und öffnete die Tür. Nichts. Ich ging in die Hocke und blickte unter das Bett. Auch dort war nichts. Plötzlich nahm ich unterhalb des Fensterrahmens einen Zettel wahr. Scheinbar eine Notiz, welche die Gestalt bei seiner Flucht verloren hatte. Ich erhob mich, ging darauf zu und hob den Papierfetzen auf.

Mit dem Anflug von Verwunderung, stellte ich fest, dass auf dem Zettel zwei Namen standen. Mein Name und der Name einer mir bis dato nicht bekannten Gräfin zu E.

3​

Am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg zur Gräfin von E.

Die Gräfin pflegte, wie ich am Morgen in Erfahrung bringen konnte, auf ihrem Landsitz vor den Toren der Stadt zu nächtigen. Überdies verlebte sie die meiste Zeit des Jahres dort. Scheinbar führte sie ein durchweg zurückgezogenes Leben. Über meinen nächtlichen Besuch, vermochte ich derweil nichts herauszufinden. Die anderen Herbergsgäste schliefen zur Stunde des Überfalls schon und auch dem Wirt war nichts erwähnenswertes aufgefallen.

Gegen Mittag passierte meine Kutsche das Gittertor zum Landsitz der Gräfin E und fuhr in das Vestibül ein. Ein Diener empfing mich und geleitete mich in das Empfangszimmer dieser mir bis dato völlig unbekannten Person.

Ein Diwan stand im Zimmer. In die Südseite war ein großes Panoramafenster eingelassen, dass den Blick auf die Sonne freigab. Dahinter erstreckt sich ein Hofgarten. Die Büsche, Bäume waren nackt. Der Herbst hatte den Hofgarten gänzlich entkleidet und nur ein skelettartiges Gebilde zurück gelassen. Ein trostloses Gemälde des nahenden Winters.

Die Tür in meinem Rücken öffnete sich, woraufhin ich meinen Blick vom Hofgarten abwandte. Herein trat eine kleinere Gestalt mit gleichmäßigen Gesichtszügen. Die Haare wallend, auf den schultern liegend, blond. Flirrend im Licht der Sonne, dass sie wie eine Göttin umgab. Ich konnte ihr pomadiertes haar riechen.

"Ich freue mich sie zu sehen!" Ihre Stimme, sanft und ruhig.

Ich trat hervor "Tatsächlich? Gestatten: Justizrat Pierre Besuchow. Ich hatte schon befürchtet, sie würden mich nicht empfangen wollen"

"Ganz im Gegenteil. Ich habe ihr kommen bereits erwartet."

Ich blickte sie an. Dann erzählte ich ihr von meinen Ermittlungen, den Ereignissen in meiner Stube letzte Nacht. Anschließend erwähnte ich den Zettel, der mich überhaupt erst zu ihr geführt hatte. Bei der Erwähnung dieser Tatsache huschte ein Schatten über ihr Gesicht. Ihr Blick verdunkelte sich. In den smaragdfarbenen Augen vermochte ich ein blitzten zu vernehmen, dass ich nicht einzuordnen wusste.

Nachdem ich geendet hatte, erhob sie sich von dem Diwan und ging zu dem großen Panoramafenster.

Sie umschloss ihre Hände hinter dem Rücken und seufzte leise, kaum vernehmbar.

"Offen gestanden, bin ich sehr froh, dass sie gekommen sind. Es passieren Dinge im Fürstbistum Würzburg, die einer näheren Untersuchung bedürfen. Die Tatsache, dass sie meinen Namen und den ihrigen auf einem Zettel gefunden haben, zeigt, dass sie uns als Feinde betrachten und gewillt sind, gegen uns vorzugehen. Man wollte sie warnen."

Sie drehte sich um und blickte mir tief in die Augen.

"Es ist etwas Großes im Gange, dass uns nicht gut bekommen wird. Etwas sehr Großes. Ich und einige wenige Andere, haben es sich zum Ziel gesetzt dieser Entwicklung, die so unweigerlich scheint, entgegenzuwirken ? zum Wohle des Landes und zum Wohle der Menschheit. Unsere Gegner haben sich nur leider als zu stark erwiesen. Viel zu stark."

"Was meinen sie damit?"

Sie winkte unwirsch ab. "Nicht hier. Hier sind wir nicht sicher. Ich nächtige nur selten in meinem Landsitz. Aus Sicherheitsgründen ziehe ich es vor täglich wechselnde Herbergen zu besuchen. Sie mögen nicht immer meinem Lebensstandart entsprechen. Besser als der Tod durch den Zirkel sind sie aber allemal. Lassen sie uns fahren. Sie dürfen in meiner Kutsche fahren."

4​

"Der Dunstkreis jener Intrige, der sie auf der Spur sind ist groß. Es sind mehr darin verwickelt als sie glauben"

Ihre Stimme war ruhig, dennoch war eine ängstliche Resonanz daraus zu vernehmen.

"Bitte klären sie mich auf"

Sie fuhr sich nervös durch ihr Haar. "Der Mord am Adjutanten des Fürstbischofs war nicht das erste Ereignis, dass auf den Zirkel hinwies. Viele kleinere, für sich betrachtet eigentlich harmlose Ereignisse haben bereits lange vor der Ermordung des Adjutanten das Fürstbistum in Angst und Schrecken versetzt. Friedhöfe wurden geschändet, Leichen exhumiert, Tiere verschwanden, wurden Tage später grauenvoll zugerichtet wieder gefunden. Diese Ereignisse, mögen - betrachtet man sie einzeln - zwar unerhört sein, aber deuten nicht auf das Wirken einer verbotenen Macht hin. Betrachtet man diese Ereignisse aber im Kontext, so kann man nur zu einem Schluss kommen: es geschehen Dinge in Würzburg, die von gefährlicher Tragweite sein könnten."

"Das mag alles interessant sein, aber ich verstehe nicht ganz wie der Mord dieses Adjutanten im Kontext der vorhergehenden Ereignisse einzuordnen ist."

"Nun, ganz offensichtlich ist der Adjutant dem Zirkel zu nahe gekommen. Die scheinbar stattgefundenen Tieropferungen, die Exhumierung von Leichen - all das deutet daraufhin, dass ein Zirkel im Untergrund etwas vorbereitet."

"Aber was? Und was soll das für ein Zirkel sein? Wissen sie näheres?"

"Das eben ist die Frage", gab die Gräfin zurück. "Eines steht fest: Jeder Handlung des Zirkels scheint einen Sinn zu haben. Es sind nicht einfach nur Tieropferungen. Dahinter steckt mehr. Es gibt einen Plan, irgendetwas soll Umgesetzt werden. Vielleicht gedachte der Adjutant des Fürstbischofs die Pläne des Zirkels zu vereiteln."

"Dann aber verstehe ich nicht, wieso der Zirkel so offensichtlich seine Existenz offenbart. Wäre es nicht besser weiterhin im Untergrund an seinen Zielen zu arbeiten, anstatt mit einem rituellen Dolch einen Mord zu begehen und so das Interesse erst auf den Zirkel zu lenken?"

Die Gräfin lächelte bitter. "Dass mag sein. Andererseits sind sie sich ihrer Sache vielleicht so sicher, dass sie sich diese augenzwinkernde Anspielung auf ihre Ziele nicht verkneifen konnten. Vielleicht haben sie ihre Ziele bereits erreicht. Vielleicht haben sie dass, was es umzusetzen galt bereits ins Werk gesetzt. Zudem darf davon ausgegangen werden, dass wir es hier mit Eiferern zu tun haben, die in der Offenbarung ihrer Ziele auch ein missionarisches Ziel verfolgen könnten."

Die Gräfin ließ sich in eine Herberge fahren die nicht unweit Würzburgs in einem sumpfigen Moorgebiet lag. Sie stellte mir ihre Kutsche zur freien Verfügung, bat mich aber darum, bei ihr einen abendlichen Besuch abzustatten. Ich versprach ihr, dass ich ihr nach meinen Untersuchungen unverzüglich einen Besuch abstatten würde.

5​

Die Gräfin saß auf einem roten Diwan mit seidener Polsterung, als ich am selben Abend ihr Zimmer betrat. Neben ihr weilte eine, in einen dunklen Umhang gehüllte Gestalt. Die Gräfin erhob sich, als ich den Raum betrat.

"Guten Abend. Schön, dass sie kommen konnten. darf ich ihnen Freiherr zu H. vorstellen" Sie räusperte sich. "Freiherr zu H. ist ein Verbündeter im Kampf gegen den Orden. Ich denke er wird ihnen aufschlussreichere Informationen zukommen lassen können. Er hat mir gerade einige Namen über Mitglieder des Ordens genannt. Sie werden überrascht sein."

Der Freiherr erhob sich und deutete eine Verbeugung an. Er trug einen rotfarbenen Mantel, darunter ein weißes Rüschenhemd und braune Briketts aus Leinen. Seine Augen waren Blau und sein Gesicht war fein geschnitten und schmal. Lange Hände mit grotesken, langen Fingern, ragten aus den Ärmeln seines Satinmantels hervor. Er trat hervor und reichte mir die Hand, wobei sich seine langen Fingernägel tief in meine Hand bohrten. Ein unbehagliches Gefühl fräste sich in meine Seele.

"Nehmen sie Platz" fügte die Gräfin hinzu und bedeutete mir, Platz zu nehmen. "Freiherr zu H. hat einige höchst brisante Informationen für sie."

Der Freiherr räusperte sich. "Ja, so wie es scheint ist der Fürstbischof Teil dieser Intrige, ja, ich würde sogar soweit gehen und ihn als Mitinitiator bezeichnen"

Die Gräfin schürzte ihre Lippen. "Erzählen sie unserem Gast, was sie noch über den Orden herausgefunden haben"

Der Freiherr strich sich eine gloldbraune Haarsträhne aus dem Gesicht. "Nun, das Ziel des Ordens ist ..."

Die Tür sprang auf. Holzsplitter rieselten vom Türrahmen. An der Schwelle standen vier vermummte, in seidige Zeremoniengewänder gehüllte Gestalten. Die braunfarbene Eichentür hing schräg zwischen dem Türrahmen. Ich hörte das überraschte Keuchen der Gräfin. Vom Gang her drangen wabernde Schatten in den Raum.

Dann stürzte sich eine der vier Gestalten auf den Freiherrn und durchtrennte ihm mit einem sauberen Schnitt die Kehle. Sein Mund formte ein ersticktes Keuchen; dann sank er zu Boden. Ich packte die Gräfin bei der Hand und strebte auf die Tür am Ende des Raumes zu. Ein Vermummter schnitt uns jedoch den Weg ab. Ich versetzte ihm einen heftigen Fußtritt in die Magengegend. Er stöhnte. Dann fiel er wie ein Sack zu Boden. Ich umrundete meinen Gegner, die Gräfin immer noch bei der Hand haltend, und flüchtete aus dem Zimmer. Wir rannten nach Unten und hinaus in die Kälte. Ich warf einen hastigen Blick zurück, registrierte aber nur beiläufig, dass irgendetwas nicht stimmte. Ich hatte nicht die Zeit, mir Gedanken über das zu machen, was fehlte. Allein die Tatsache, dass etwas nicht stimmte, dass etwas falsch war, brannte sich in mein Gehirn ein.

Bald schon sollte ich erfahren, was es war.

Nahezu völlige Dunkelheit war über das Land gekrochen, als wir die Herberge verließen und uns den einige Schritte entfernt festgebunden Pferden näherten. Nur der aus der Herberge dringende Lichtschein erhellte die Szenerie um uns herum. Regen hatte eingesetzt. Ich strebte auf zwei der Tiere zu, band sie los, half der Gräfin beim Aufsteigen und hechte dann selbst auf eines der Pferde. Sekunden später versanken wir im Dunkel der Nacht.

Nachdem wir sicher waren, dass wir einen erheblichen Vorsprung herausgeritten hatten, drosselte ich das Tempo. Das Prasseln des Regens lag in der Luft, meine Kleidung war durchnässt. Die Gräfin legte mir ihre Hand auf die Schultern.

"Ich kenne ein gutes Versteck für die Nacht. Nicht unfern von hier besitzt meine Familie einen kleinen Landsitz. Dort können wir unbehelligt übernachten."

6​

Ich ließ mich von der Gräfin zu diesem Grundstück lotsen und wenig später standen wir in dem Vestibül des Landsitzes. Die Gräfin führte mich in ihrem - wie sie sagte - Arbeitssaal, einen geräumigen Raum, der von fahlem Mondlicht beschienen war und nur wenig Möbelstücke aufwies. Allein ein großer Sekretär und vier Ohrensessel standen in dem Raum. Einer der vier Ohrensessel war dem Fenster zugewandt. Man konnte nicht erkennen, ob er leer war, oder jemand darin saß.

"Was werden sie tun?" Fragte sie an mich gewandt.

"Ich werde einen Bericht abliefern und darauf hoffen, dass der Kaiser sich der Sache annimmt. Ich denke auch die Kirche wird politisch notwendige Schritte ins Werk setzten, sollte publik werden, in welchen Machenschaften der Fürstbischof verwickelt ist. Und Ihnen, Gräfin, würde ich raten, das Fürstbistum zu verlassen. Geht nach Mainz oder München und erbittet um politisches Asyl. Die Ermordung des Feiherren hat gezeigt, dass weder ihr noch Ermittler des Kaisers sicher sind. Der Fürstbischof will gewaltsam all jene, die wissen, dass er mit dem Zirkel in kolportierender Verbindung steht, liquidieren. Jeder von uns schwebt in unmittelbarer Gefahr."

"Ich wäre mir mit dieser Schlussfolgerung nicht so sicher." Die Stimme kam aus der Richtung des falsch herum stehenden Ohrensessels. Eine Gestalt erhob sich von dem Stuhl und wandte uns sein Gesicht zu.

Ich sog ruckartig den Atem ein. Mein Herz kam fast zum Stillstand. Die Gräfin schnaubte. "Was macht Ihr hier?"

"Gestatten" Freiherr zu H. deutete eine leichte Verbeugung an. Auf seinem Gesicht lag ein schelmisches Lächeln.

In diesem Moment zog die Gräfin unvermittelt einen Dolch zwischen den Stofffetzen ihres Kleides hervor. Ich vermochte nicht zu reagieren. Zu gebannt war ich von der sich mir darbietenden Geschehnissen.

Die Gräfin drang schreiend auf den Freiherrn von H. ein. Dieser sprang zur Seite. Die Gräfin schnaubte. Der Freiherr versuchte derweil sein Gleichgewicht wiederzuerlangen. Dann, nachdem er wieder einigermaßen sicher auf den Beinen stand, versetzte er der erneut auf ihn eindringenden Gräfin einen Schlag gegen die Schulter. Die Gräfin torkelte zurück und sank resigniert auf einen der Ohrensessel. Sie ließ ihren Dolch zu Boden gleiten.

"Geschätzter Kollege, ich denke sie haben eine Erklärung verdient."
Der Freiherr nickte mir freundlich zu und bedachte dann die Gräfin mit einem geringschätzigen Blick.

"Was geht hier vor", fragte ich.

"Nun, wie mir scheint sind sie einer Betrügerin aufgesessen."

Die Gräfin schnaubte erneut, wagte es aber nicht sich erneut dem Freiherrn zu widersetzten.

Er lachte. "Die Frau, die sie bislang als Gräfin von E. gekannt haben, ist nicht die für die sie sich ausgibt." Er lächelte immer noch. "Habe ich nicht recht?" fügte er zur Gräfin gewandt hinzu.

Die Gräfin, oder wer auch immer sie sein mochte, schwieg weiter.

"Nun. Dann werde ich für sie sprechen" Der Freiherr lächelte.

"Die Gräfin ist in Wirklichkeit die Schwester des ehemaligen Fürstabts von Fulda. Ihr Name ist Elisabeth von Dernbach und ihr Bruder - Balthasar von Dernbach - wurde vor ein paar Monaten durch eine von Julius Echter initiierte Intrige vom Fürstenthron der Stadt Fulda gehoben. Jetzt befindet er sich im Exil und hat seine Schwester vorausgeschickt, damit diese ihn wieder auf den Thron zurückführen möge."

Ich verstand gar nichts.

"Ich sehe, ich sollte weiter ausholen." Der Freiherr lächelte immer noch. "Ziel Elisabeth von Dernbachs und Balthasar von Dernbachs war es Balthasar wieder zum Fürstabt der Stadt Fulda zu machen. Doch wie würde dies gelingen? Welche Schritte, müssten dem vorausgehen? Nun - am besten wäre natürlich, wenn der Mann, der für die Absetzung Dernbachs zuständig war in der Gunst des Kaisers und des Papstes sinkt. Nicht wahr?"

"Ja, schon möglich"

"Nun? und wie diskreditiert man einen Fürstbischof am besten?"

Ich schwieg.

"Richtig. Indem man ihm eine Verbindung zu einem satanischen Zirkel zu unterstellen versucht. Es gibt nichts schlimmeres für einen weltlichen und geistlichen Führer, als mit den Mächten Satans in Verbindung gebracht zu werden. Allein ein solches Gerücht, kann Menschen vernichten. Wäre es da nicht geschickt, auch Julius Echter eine Neigung zum Satanskult zu unterstellen und diese Neigung durch gefälschte Briefe und einen vermeintlichen Ritualmord zu unterstreichen? Würde das nicht dazu führen, dass der Kaiser Echters Position überdenkt und den politisch so schlecht positionierten, ehemaligen Fürstabt Fuldas wieder auf den Thron seiner Stadt hebt?"

Ich war völlig irritiert. Ich fragte mich tausendfach, ob es möglich sein konnte; ob diese Enthüllungen tatsächlich stimmen mochten.

"Den satanischen Zirkel den sie glaubten gejagt zu haben - er existiert nicht. Er hat nie existiert und wird nie existieren. Es ist nichts weiter als ein initiiertes Schauspiel der Gräfin gewesen. Der Mann, den sie in ihrer Stube gefunden haben und der diese Worte auf ihren Boden geschrieben hat - er ist ein bezahlter Straßenräuber gewesen. Ein armer Kerl, dem man die Ohren und die Nase abgeschnitten hat, nachdem er wegen Wilderns gestellt wurde. Er ist von der Gräfin bezahlt worden und sollte einen Zettel mit ihrem Namen in Eurem Zimmer hinterlassen. Ziel war es, einen Kontakt zwischen der Gräfin und Euch herzustellen. Eine Spur, die dazu gelegt war, um den Keim der Intrige in Euer Herz zu pflanzen."

"Aber der Mord am Adjutanten des Fürstbischofs?"

"Der Adjutant war ein Bauernopfer der Gräfin. Sie musste dafür sorgen, dass die Augen des Kaisers auf Würzburg gerichtet werden. Also musste sie einen hochrangigen Beamten des Fürstbischofs umbringen lassen. Damit hatte sie eines erreicht: ein hochrangiger Justizrat, der sich im unmittelbaren Dunstkreis des Kaisers befand - faktisch also Eure Person - wurde hierher gerufen. Zwecks Aufklärung. Anschließend musste die Gräfin nur noch dafür sorgen, dass Ihr als kaiserlicher Ermittler an die Existenz eines satanischen Zirkels glaubt und auch die Vermutung hegt, dass Julius Echter Mitglied dieses Zirkels ist."

Der Freiherr schwieg einen kurzen Moment. Dann sprach er weiter.

"Dies hat die Gräfin durch die Ermordung des Adjutanten, den verzierten Dolch und den mystisch anmutenden Schriftzug am Boden Eures Zimmers geschafft."

"Aber was haben sie mit der ganzen Sache zu tun?", fragte ich.

"Ich? Nun, ich wurde von dem Fürstbischof beauftragt, dem subversiven Treiben im Untergrund gegen ihn, ein Ende zu bereiten. Ich gewann durch Referenzen und eine gefälschte Vita das Vertrauen der Gräfin und wurde so zu einem ihrer engsten Mitstreiter. Ihr finaler Plan war es, einen Angriff von Echters Schergen zu simulieren, bei dem ich zum Schein umgebracht werden sollte. Dieses Ereignis sollte sie zu dem Schluss kommen lassen, dass es besser ist, sofort den Kaiser über die Umtriebe Echters in Kenntnis zu setzten. Dieser Schockmoment sollte der letzte Akt in einem perfiden Lügenkonstrukt werden."

"Aber man hat ihnen die Kehle durchgeschnitten", merkte ich etwas verwirrt an.

Der Freiherr lachte.

"Aber das war ja gerade Teil des Planes. Ich sollte lediglich - die Gräfin glaubte ja, ich wäre einer von Echters Gegnern - zum Schein umgebracht werden. Sie glauben gar nicht welch realistische Effekte man mit Schweineblut und einem präparierten Dolch zu generieren weiß."

"Die Vermummten waren also angeheuerte Männer der Gräfin?"

"Schauspieler, Schausteller oder anderes Gesindel. Sie sollten mich zum Schein umbringen und ihnen einen gehörigen Schrecken damit versetzten. Die Gräfin hat wohl gehofft, dass sie nach diesem Ereignis, sofort den Kaiser gegen Echter ins Felde schicken."

In diesem Moment viel mir wieder meine Gedanken ein, die ich hatte, als wir die Herberge fluchtartig verließen. Ich hatte festgestellt, dass etwas nicht stimmte, konnte aber nicht sagen, was es war. Jetzt war es mir wieder bewusst: Die Gestalten, die den Freiherrn vermeintlich umgebracht hatten, waren uns nicht mehr gefolgt. So, als wäre es in ihrem Sinne, dass meine Flucht gelingt.

"Deshalb sind die Vermummten, die Sie zum Schein umbringen sollten, uns auch nicht mehr gefolgt. Sie wollten dass ich fliehe und dann aus lauter Schreck über das Gesehene sofort den Kaiser über jene Ereignisse in Kenntnis setzte. Dieser wiederum sollte dann unverzüglich eine Absetzung des Fürstbischofs erwirken. Was wiederum bedeutet hätte, dass der Kaiser gezwungen gewesen wäre den durch die Intrigen des Fürstbischofs abgesetzten Fürstabt Dernbach wieder in sein Amt einzuführen", kombinierte ich.

Der Freiherr nickte. Dann ließ er seine Hand in den Mantel gleiten und zog ein mit einem Siegel ausgestattetes Schreiben hervor.

"Hier" sagte er, "das ist der Befehl des Fürstbischofs an mich, den Fall aufzulösen."

Ich nahm den Brief entgegen und las. Das Schreiben war zweifellsfrei vom Fürstbischof aufgesetzt. Das Siegel der Stadt, die Unterschrift. Damit war klar, dass ich die ganze Zeit einer schnöden, wenngleich genial eingefädelten Intrige zum Opfer gefallen war. Es war alles ein Spiel, eine Intrige, mit dem Ziel den Fürstbischof zu denunzieren und dessen politischen Niedergang einzuleiten. Nichts weiter. An der Klaue erkennt man den Löwen. An der Lüge den Intriganten.

Epilog​

Die Gräfin saß schweißgebadet auf ihm und bewegte ihr Becken in rhythmischen Abständen. Sein Glied war geschwollen und durch sein braunblondes Haar hindurch konnte er ihr Gesicht erkennen. Er lächelte. Ihre Bewegungen wurden schneller, gewannen an Intensität. Sie stöhnte durchdringend, während ihre Hand über seine Brust wanderte. Ihr Atem ging schneller und sie lächelte, lachte, stöhnte, schrie. Dann war es vorbei.

Sie sank mit einem Keuchen neben ihn auf das Bett. Er atmete schnell, noch immer benommen. Eine dicke Schweißschicht stand auf seiner Stirn.

"Wir haben es geschafft, Liebster", hauchte sie. "Nicht mehr lange, nur noch 193 Jahre. 193 Jahre. Dann wird er zurückehren, seinen Thron erringen und die Welt unterjochen. Nur noch 193 Jahre." Sie lachte ein irres Lachen, zwischen Manie und Wahnwitz liegend.

Sie spielte mit ihren Brüsten. "Es war eine gute Idee all unsere Taten als politische Intrige zu verschleiern. Der Mord am fürstbischöflichen Adjutanten, die Tieropferungen - alle Schritte, zur Einleitung seiner glorreichen Niederkunft konnten ins Werk gesetzt werden, ohne von der Obrigkeit zur Kenntnis genommen zu werden. Und nur deshalb, weil wir diese Schritte als Teil einer schnöden politischen Intrige kennzeichneten. Ist es nicht ironisch? Jeder glaubt diese Ereignisse, wären Teil des Rachefeldzuges der Dernbachs an Echter. In Wirklichkeit aber haben wir unbemerkt seine Geburt vorbereitet. Eine glänzende Intrige."

Er erhob sich. Es war Freiherr von H. Er küsste sie auf den Mund, auf die Brüste, auf den Bauch. Er lächelte. Nur noch 193 Jahre, sagte er zu sich selbst. Dann beugte er sich über sie und drang erneut in sie ein und dachte an den Teufel, dessen Niederkunft in 193 Jahren endlich das Antlitz der Welt verändern würde.

 
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Zum Gruß!


Es ist wieder mal Zeit für eine Monsterkritik:

Trotz des Schmerzes, der einen Schleier um seine Sinne bettete, vermochte er die Gestalt zu erkennen.

Ein stöhnen kroch seinen Kehlkopf entlang, langsam; ein verzweifelter Tribut an den Schmerz.
groß

Langsam, statisch wie eine aufgezogene Puppe ging die schwarz gekleidete Gestalt in die Knie, beugte sich über das Opfer und fühlte den Puls. Tod.
Da der Adjutant nicht der Tod persönlich ist, sondern einfach nur "tot" ist, ersetze bitte das "d" durch die harte Version.

Nichts weiter. Schade eigentlich - aber notwendig, um das Größere zu vollenden, dachte er.
Hmmm... das "dachte er" kannst du eigentlich steichen, weil es sowieso ersichtlich ist, dass er das denkt.

Der Dolch war aus gehärtetem, rostfreiem Stahl, und sein Messingschaft wies aufwendige Verzierungen auf.
aufwändig

"An der Klaue erkennt man den Löwen" übersetzte ich.

Ich nickte und...

Liest sich seltsam. Zuerst übersetzt er, dann bestätigt er seine eigenen Worte mit einem Nicken? "nickte" kannst du streichen.

Als ich vor einigen Wochen vom Hofjustizrat darüber in Kenntnis gesetzt wurde, dass ich einen Mordfall im Fürstbistum Würzburg aufzuklären habe, hatte ich geglaubt, Hauptgrund für dieses Interesse seitens des Kaisers sei in erster Linie die Position des Fürstbischofs.
hatte

Grund für diesen geschickten Schachzug Julius Echters, war die von Dernbach mit großem Eifer betrieben Gegenreformation in dem ihm unterstehenden Fuldaer Bistum.
Das Komma kanst du streichen. Außerdem: der ganze Absatz ist relativ schwerverständlich geschrieben, was er ja nicht sein sollte, da er voller wichtiger Informationen steckt.

Scheinbar war das aber nicht der Grund für mein hiersein.
Groß. "...für meine Anwesenheit" klingt besser

Das offene Fenster zu meiner Stube hatte ich nicht gesehen.
Da er es nicht gesehen hat, brauchst du es auch nicht zu beschreiben.

Drinnen widerstand ich dem Drang, mir eine Kostprobe des fränkischen Weins bringen zu lassen und ging stattdessen in meine Stube, die im ersten Stockwerk lag.

Das Geräusch erklang, als ich vor der Tür meines Zimmers zum stehen kam.
zum Stehen

Ein Ozean aus fahlem Licht und keifenden Schatten ergoss sich über mich.
Keifende Schatten? Diese Worschöpfung ist mir neu. Keifende alte Weiber, ja das geht, aber Schatten?

Ich sprang auf, zog meinerseits meinen Dolch aus der Lederscheide, ...
Unschöne Wortwiederholung. "Ich sprang auf, zog meinen Dolch aus der Lederscheide..." reicht völlig.

Ein stöhnen ertönte.
groß

Nachdem ich meine Fassung einigermaßen wiedererlang hatte, ...
Ich kaufe ein "t"

Dieses Etwas, dass ich getötet hatte.
das

Entsetzten lag in meinem Blick.
Entsetzen

Fahler schein der Kerzen vermengte sich mit dem durchs Fenster fließenden Mondlicht.
groß

Wolkenschleier von meist fasriger Konsistenz oszillierten am schwärzer werdenden Himmel.
Also wirklich... Ich habe nichts gegen Fremdwörter (wenn sie sinnvoll eingesetzt werden), aber Wolkenschleier, die "von fasriger Kosistenz sind und oszillieren" ist zuviel des Guten. Setz meinetwegen besser passende Fremdwörter ein, oder verwende nur deutsche Wörter.

Mein Arm, in der ich die Kerze hielt, zitterte unkontrolliert.
dem

Wachs ergoss sich auf meine Hand, einen Stöhnen entfleuchte meinen Lippen.
ein

Schneidend und Gefährlich.
klein

Mein Name und der Name einer mir bis dato nicht bekannten Gräfin zu E.

Am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg zur Gräfin von E.

Er hat noch nie von der Gräfin gehört und weiß trotzdem, wo sie sich aufhält?

Überdies verlebte sie die meiste Zeit des Jahres dort.
Ich weiß, du willst deinen Stil beibehalten, aber "lebte" reicht vollauf. "Verlebte" hat eine etwas andere Bedeutung: "Eine verlebte Dreißigjährige" zum Beispiel.

Die anderen Herbergsgäste schliefen zur Stunde des Überfalls schon und auch dem Wirt war nichts erwähnenswertes aufgefallen.
groß

In die Südseite war ein großes Panoramafenster eingelassen, dass den Blick auf die Sonne freigab.
das

Dahinter erstreckt sich ein Hofgarten.
erstreckte

Der Herbst hatte den Hofgarten gänzlich entkleidet und nur ein skelettartiges Gebilde zurück gelassen.
zurückgelassen

Die Haare wallend, auf den schultern liegend, blond. Flirrend im Licht der Sonne, dass sie wie eine Göttin umgab. Ich konnte ihr pomadiertes haar riechen.
Groß. Und statt "dass" gehört "das"

"Ich freue mich, sie zu sehen!" Ihre Stimme, sanft und ruhig.

Ich trat hervor "Tatsächlich? Gestatten: Justizrat Pierre Besuchow. Ich hatte schon befürchtet, sie würden mich nicht empfangen wollen"

"Ganz im Gegenteil. Ich habe ihr kommen bereits erwartet."

Anreden wie "Sie" oder "Ihnen" sowie "Ihr" oder "Euer" groß. Ich werde die kommenden Fehler dieser Art nicht mehr hervorheben. Und "Kommen" gehört groß geschrieben.

In den smaragdfarbenen Augen vermochte ich ein blitzten zu vernehmen, dass ich nicht einzuordnen wusste.
Blitzen / und "dass" bitte mit nur einem "s" / Außerdem: "vernehmen" tut man meistens Geräusche, nicht visuelle Eindrücke. Ersetz es durch "erblicken"

Sie umschloss ihre Hände hinter dem Rücken und seufzte leise, kaum vernehmbar.
Sie kann höchstens eine Hand umschließen

Die Tatsache, dass sie meinen Namen und den ihrigen auf einem Zettel gefunden haben, zeigt, dass sie uns als Feinde betrachten und gewillt sind, gegen uns vorzugehen. Man wollte sie warnen."
Warnen? Wohl eher umbringen...

Es ist etwas Großes im Gange, dass uns nicht gut bekommen wird.
das. Warum? Weil es sich auf das "Große" im vorangegangenen Teilsatz bezieht.

Ich und einige wenige Andere, haben es sich zum Ziel gesetzt dieser Entwicklung, die so unweigerlich scheint, entgegenzuwirken ? zum Wohle des Landes und zum Wohle der Menschheit. Unsere Gegner haben sich nur leider als zu stark erwiesen.
Das Fragezeichen hat in diesem Satz nichts zu suchen

Aus Sicherheitsgründen ziehe ich es vor, täglich wechselnde Herbergen zu besuchen. Sie mögen nicht immer meinem Lebensstandart entsprechen.

"Der Dunstkreis jener Intrige, der sie auf der Spur sind, ist groß. Es sind mehr darin verwickelt, als sie glauben"

Der Mord am Adjutanten des Fürstbischofs war nicht das erste Ereignis, dass auf den Zirkel hinwies.
Rate einmal, was hier nicht stimmt :)

Tiere verschwanden, wurden Tage später grauenvoll zugerichtet wieder gefunden.
wiedergefunden

Diese Ereignisse, mögen - betrachtet man sie einzeln - zwar unerhört sein, aber deuten nicht auf das Wirken einer verbotenen Macht hin.
Den Beistrich kannst du streichen

Betrachtet man diese Ereignisse aber im Kontext, so kann man nur zu einem Schluss kommen: es geschehen Dinge in Würzburg, die von gefährlicher Tragweite sein könnten."
Nach einem Doppelpunkt schreibt man nach neuer deutscher Rechtschreibung groß weiter.

Wissen sie näheres?"
groß (und "sie" natürlich auch)

Jeder Handlung des Zirkels scheint einen Sinn zu haben.
Jede

Es gibt einen Plan, irgendetwas soll Umgesetzt werden.
klein

Wäre es nicht besser, weiterhin im Untergrund an seinen Zielen zu arbeiten,

Vielleicht haben sie dass, was es umzusetzen galt, bereits ins Werk gesetzt.

Die Gräfin ließ sich in eine Herberge fahren, die nicht unweit Würzburgs in einem sumpfigen Moorgebiet lag.

Sie stellte mir ihre Kutsche zur freien Verfügung, bat mich aber darum, bei ihr einen abendlichen Besuch abzustatten.

Ich versprach ihr, dass ich ihr nach meinen Untersuchungen unverzüglich einen Besuch abstatten würde.
unschöne Wortwiederholung zum vorangegangenen Satz

Neben ihr weilte eine, in einen dunklen Umhang gehüllte Gestalt.
Das Komma kannst du streichen

darf ich ihnen Freiherr zu H. vorstellen?
groß / Und wieso heißen die alle Gräfin von X. und Freiherr zu Y.?

Ich denke, er wird ihnen aufschlussreichere Informationen zukommen lassen können.

Seine Augen waren Blau und sein Gesicht war fein geschnitten und schmal.
klein

Lange Hände mit grotesken, langen Fingern, ragten aus den Ärmeln seines Satinmantels hervor.
"Lange Hände mit grotesk langen Fingern ragten aus den Ärmeln hervor"

Wir rannten nach Unten und hinaus in die Kälte.
klein

"Was werden sie tun?" Fragte sie an mich gewandt.
"Was werden Sie tun?", fragte sie mich.

Ich denke, auch die Kirche wird politisch notwendige Schritte ins Werk setzten, sollte publik werden, in welchen Machenschaften der Fürstbischof verwickelt ist.

Geht nach Mainz oder München und erbittet um politisches Asyl. Die Ermordung des Feiherren hat gezeigt, dass weder ihr noch Ermittler des Kaisers sicher sind. Der Fürstbischof will gewaltsam all jene, die wissen, dass er mit dem Zirkel in kolportierender Verbindung steht, liquidieren. Jeder von uns schwebt in unmittelbarer Gefahr."
Was soll auf einmal diese mittelalterliche Anrede? Die ganze Zeit reden sie sich mit "Sie" an und jetzt auf einmal "Ihr"? :hmm:

Was geht hier vor", fragte ich.
Fragezeichen vergessen

Die Gräfin schnaubte erneut, wagte es aber nicht, sich erneut dem Freiherrn zu widersetzten.

"Die Gräfin ist in Wirklichkeit die Schwester des ehemaligen Fürstabts von Fulda. Ihr Name ist Elisabeth von Dernbach und ihr Bruder - Balthasar von Dernbach - wurde vor ein paar Monaten durch eine von Julius Echter initiierte Intrige vom Fürstenthron der Stadt Fulda gehoben. Jetzt befindet er sich im Exil und hat seine Schwester vorausgeschickt, damit diese ihn wieder auf den Thron zurückführen möge."

Ich verstand gar nichts.

Ich auch nicht.

Es gibt nichts schlimmeres für einen weltlichen und geistlichen Führer, als mit den Mächten Satans in Verbindung gebracht zu werden.
groß

Allein ein solches Gerücht, kann Menschen vernichten.
kein Beistrich

"Aber was haben sie mit der ganzen Sache zu tun?", fragte ich.
Wieder das Gleiche. Zuerst wird der Prot mit "Ihr" angesprochen und dann: s.o.

Nun, ich wurde von dem Fürstbischof beauftragt, dem subversiven Treiben im Untergrund gegen ihn, ein Ende zu bereiten.

Die Gräfin hat wohl gehofft, dass sie nach diesem Ereignis, sofort den Kaiser gegen Echter ins Felde schicken."
den zweiten Beistrich kannst du streichen

Eine dicke Schweißschicht stand auf seiner Stirn.
Das geht nicht.


Mein Gott! Die Anzahl der Fehler übersteigt beinahe die Anzahl der Sandkörner an den Stränden des Mittelmeeres...

Was soll ich nur zu dieser Geschichte sagen? Du versuchst, den Leser immer wieder hinters Licht zu führen, ihn immer wieder mit neuen Wendungen zu überraschen. Doch ich als Leser bin schon ganz am Anfang ausgestiegen. Als dein Prot Mutmaßungen über die Tatbestände des Mordes angestellt hat, war Sense. Komplizierteste Informationen in sehr kurzen Absätzen, denen ich nicht folgen konnte. Damit hatte sich auch das übrige Verständnis des Textes erledigt.
Deine ganzen Erklärungen zum Schluss konnte ich nur mit einem Schulterzucken quittieren.
Und dann noch die abgehobenen Sprache: Manchmal hast du dir dabei selbst ins Bein geschossen (z.B. bei den Fremdwörtern oder bei den Anreden).

Normalerweise suche ich immer positive Aspekte in einer Geschichte. Aber in dieser Hinsicht muss ich dich leider enttäuschen. Vielleicht findet ja jemand anderes etwas...


Gruß,
131aine

 

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