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Für immer die Menschen

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26.06.2006
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Für immer die Menschen

Ein Klopfen. Leise, nahezu lautlos schiebt sich der Klang durch das Rauschen des Wassers. Ich drehe den Hebel zu und schiebe den Duschvorhang zur Seite, von dem mir babyblaue und pinke Delfine entgegen grinsen; ziemlich geschmacklos, wie ich finde, aber passend zum Gesamtbild des kleinen, geradezu winzigen Badezimmers (die Toilette befindet sich auf dem Flur), das, grauenvoll eingerichtet, eine einzige ästhetische Beleidigung darstellt. Farblos ziehen sich die giftgrünen Fließen durch den Raum. Durchbrochen nur vom fleckig weißen Waschbecken und dem nichtssagend gelben PVC-Belag, der sich an den Fußleisten einzurollen beginnt; der aussichtslose Fluchtversuch aus einem Gefängnis ohne Stil.
Gerade als ich mir Gedanken darüber mache, dass der Innenausstatter dringend noch einmal in die Lehre gehen sollte, oder, besser noch, einen Berufswechsel in Erwägung zieht, ertönt es noch einmal; das Klopfen. An der Tür, jetzt ein wenig bestimmter und selbstbewusster als zuvor. Das Handtuch locker um die Hüfte geschwungen verlasse ich das Bad. Zögernd, beinahe ängstlich wird der zerkratzte Türknauf nach links bewegt. Ich kann nicht sehen, wer dort im Flur steht, vielleicht ein Polizist, der sich im Zimmer geirrt hat, und nun mit gezogener Waffe vorsichtig und möglichst geräuschlos die Tür zu öffnen versucht, unsicher, ob der Verbrecher und mit ihm der mögliche Tod durch Schusswaffengebrauch auf ihn lauert.
„Oh, entschuldigen Sie bitte.“ Das schüchterne Lächeln auf dem erschöpft wirkenden Gesicht der jungen Asiatin verschwindet schnell wieder. Hinter der Tür, die leise ins Schloss fällt. Ich habe mal wieder vergessen, das Bitte nicht stören-Schild aufzuhängen. Ist mir gestern morgen schon passiert - mit dem kleinen Unterschied, dass das Handtuch nicht um meine Hüfte gewickelt war, sondern unter mir auf dem Fußboden lag, als die Putzfrau (nicht die junge Asiatin, sondern eine ältere Kollegin mit faltiger Gesichtshaut, ihrem Aussehen nach zu urteilen irgendwo aus dem osteuropäischen Raum stammend) die Tür öffnete ohne vorher ein zweites Mal anzuklopfen. Vielleicht war es der Anblick meiner Freundin, die, ebenfalls nackt, vor mir kniete, der sie für kurze Zeit, Sekunden nur, in der Tür verharren ließ, bevor sie diese mit einem lauten Knall ins Schloss fallen ließ; erschrocken, womöglich angewidert, ob des Anblicks, der sich ihren Augen darbot.

Jetzt schläft sie, meine Freundin. Gleichmäßig atmend liegt sie auf dem Bauch. Ihre Beine baumeln irgendwo über der Bettkante, ihre rechte Hand hat sie unter ihrem Körper versteckt. Anmutig wäre wohl das passende Wort für diesen Anblick. Oder erregend, denn ich spüre, wie sich das Handtuch langsam zu heben beginnt. Auf spitzen Zehen schleiche ich vorsichtig über den blauen Kunststofffußboden, der nach jedem Schritt seltsam schmatzende Geräusche unter meinem barfüßigen Körper hinterlässt.
Ich will sie nicht wecken. Die Nacht war kurz. Um halb sieben sind wir von Svens Party nach Hause gekommen; im Treppenhaus kamen uns bereits die ersten Menschen entgegen, die auf dem Weg in den Frühstückssaal waren. Sven, Kindergartenfreund und zukünftiger Trauzeuge; das heißt, wenn meine Freundin irgendwann einmal, in naher Zukunft, meinen Antrag annimmt - hat seinen dreißigsten Geburtstag gefeiert. In so einem zwielichtigen Schuppen, in dem Frauen keinen Zutritt haben, außer man kennt den Besitzer, der für die geschlossene Feiergesellschaft eine Ausnahme macht; wirklich sehr zuvorkommend, das. Jetzt ist es kurz nach halb neun, schätze ich. Der Kater hat mich aus dem Bett und unter die kalte Dusche getrieben, die ihn erfolgreich verjagt hat. Allerdings nur eine Etage nach unten, wo sich das Brummen meines Schädels als Knurren im Magen fortsetzt. Ein Frühstück wäre nett, obwohl... wenn ich da an die pappigen Brötchen und die künstliche Marmelade aus der Plastikpackung denke; nein, danke.

Ich blicke aus dem Fenster auf den kahlen Hinterhof. Die Fenster der verfallen wirkenden Gebäude sind mit bunt blinkenden Girlanden und Sternen reizüberfüllt; Weihnachten steht vor der Tür, könnte man meinen, doch der flüchtige Blick auf meine Armbanduhr versichert mir, dass es Mitte Februar ist - und tatsächlich schon kurz vor zehn. Wahrscheinlich ist der Fensterschmuck das geringste Problem, wenn man in so einer Wohnung hausen muss. Ein verdammt arroganter Gedanke, ich weiß, immerhin bin ich im wohl billigsten Hotel der ganzen Stadt abgestiegen, was allerdings weniger damit zu tun hat, das ich mir kein besseres leisten könnte, sondern damit, dass ich es nicht einsehe, dreimal so viel für ein Zimmer zu bezahlen, in dem ich zweimal übernachte und sonst nicht eine Minute verbringen werde. Sven hat ungläubig mit dem Kopf geschüttelt, als er von meiner Auswahl erfahren hat, und sein Unverständnis ausgedrückt, dass ich nicht im Intercontinental zwei Straßen weiter abgestiegen bin. Du und dein verdammter Geiz, hat er gesagt. Und mir einen Cocktail ausgegeben, um zu demonstrieren, dass er selbst ein äußerst großzügiger Zeitgenosse ist; Geld ist dazu da, um es auszugeben, ich hab´s schon verstanden, Sven.
Im zweiten Stock des herunter gekommenen Sechziger Jahre-Altbaus gegenüber sind die Vorhänge dicht vor die Fenster gezogen. Die versammelte Familie Simpson schaut scheu auf die öde Betonlandschaft herab. Dort wohnt ein Kind, denke ich im selben Moment, und sofort schleicht sich das Mitleid in meine Gehirnwindungen. Wie es wohl sein muss, an solch einem Ort aufzuwachsen, umgeben von Sexkinos, zwielichtigen Schuppen, in denen das weibliche Geschlecht keinen Zutritt hat, außer als strippendes Objekt der Begierde natürlich, und bulligen Männern auf der Straße, unter deren Jacken sich ziemlich deutlich der Lauf einer Pistole abzeichnet?
Eine Frau tritt auf die Dachterrasse. Die Kieselsteine kämpfen sich langsam durch die schmelzende Schneedecke zurück ans Tageslicht, das sich noch schüchtern hinter den Wolken versteckt. Die Frau, Ende zwanzig würde ich schätzen, nur wenig älter als ich (im grauen Wintertageslicht ist das schwer zu erkennen), ist nur mit einem Bademantel bekleidet. Ich male mir aus, was sie wohl darunter trägt, als mir das schlaftrunkene Räuspern meiner Freundin ins Gewissen beisst. Ein Mann tritt neben die leichtbekleidet fröstelnde Frau. Er drückt ihr eine dampfende Tasse in die Hand und einen Kuss auf die Stirn. Für den Bruchteil eines Augenblicks scheint er in meine Richtung zu blicken, so als ob er ahnen würde, dass dort ein Unbekannter hinter einem der Fenster lauert und er dessen sündigen Phantasien vertreiben müsste.
Ob sie wohl ein Liebespaar sind? Er, der gelangweilte Ehemann, sie, die junge Geliebte? Vielleicht ist er ein Callboy oder sie eine Prostituierte, vielleicht sind sie einfach nur befreundet, oder gar miteinander verwandt; schließlich hat er sie auf die Stirn geküsst... Mein Blick schweift über die Häuser. Der Putz bröckelt von den Wänden. Graffiti verkünden die Initialen des verantwortlichen Künstlers oder den Namen der eigenen Posse. Gangstaz for Life steht in regenbogenfarbenen Buchstaben direkt unter einem Fenster im ersten Stock geschrieben; sehr originell.
Es ist schon erstaunlich, irgendwie. Hinter all diesen Fenstern sitzen Menschen. Ich stelle sie mir vor, versuche es zumindest. Ein altes Paar, das sich nach dreißig Jahren Ehe nichts mehr zu sagen hat. Das abends nebeneinander im Bett liegt, schweigend im Schein der Nachttischlampe, stur auf den Fernsehschirm starrend. Seite für Seite umblätternd ohne aufzuschauen, und dem Partner in die Augen zu sehen. Irgendwann kurz vor Mitternacht geht das Licht aus, begleitet vom lauten Stöhnen des frisch verliebten Paares ein Stockwerk tiefer. Wild und unbekümmert vögelnd, Schreie der Lust, die durch die hellhörigen Wände dringen, im ganzen Haus zu hören sind. Menschen, die freudig erregt zuhören, und sich wünschen noch einmal jung zu sein; oder wenigstens verliebt.
Eine alte Dame betritt, von ihrem Hund begleitet, den Hauseingang (einer hässlichen Kreuzung, die sich bei der Geburt anscheinend nicht zwischen Dackel und Spitz entscheiden konnte). Eine Bierflasche und ein Metalaschenbecher stehen verloren auf der untersten Stufe, schimmernd im trüben Schein der Hausbeleuchtung, Nummer 24, die den Bewohnern den Weg in ihre Wohnung weist, vierzig Quadratmeter, 3-Zimmer-Altbau.
Climb up the stairs to the coffin you call your apartment.
Die gebrechlich wirkende Dame setzt ihren Gehstock auf und schreitet mit ungelenken Bewegungen, einer Schildkröte gleich, über den rissigen Weg aus dem Hinterhof.
„Was machst du?“
Die Stimme meiner Freundin. Erschrocken zucke ich zusammen; in meiner Gedankenverlorenheit war mir ihre Anwesenheit glatt entfallen. Nichts besonderes, aus dem Fenster schauen, antworte ich knapp.
„Holst du mir bitte ein Aspirin aus dem Bad? Die Kopfschmerzen bringen mich sonst um...“
Ich verlasse die Gedankenwelt der umliegenden Häuser und stolpere fast über das Gepäck, das abreisebereit mitten im Gang liegt.
Es ist schon komisch. All die Menschen in diesen Häusern werden noch dort sein, wenn ich mit meiner Freundin längst wieder daheim bin - in der idyllischen Umgebung der beschaulichen Vorstadtsiedlung. Der alternde Mann mit den fettigen Haaren, der trocken ungepflegten Gesichtshaut und der glimmenden Zigarette im Mundwinkel, wird weiter vor dem Sexkino stehen, lässig an die Wand gelehnt, und jeden Mann, der vorbei geht, fragen, wie es denn wäre, dem Schuppen, für den er arbeitet, einen Besuch abzustatten. Die Dame an der Rezeption wird tagtäglich von morgens bis abends neue Gäste begrüßen, junge Paare wie mich und meine Freundin, alleinstehende Männer oder Senioren auf großer Städtereise. Es macht für sie keinen Unterschied, ob ich existiere oder nicht. Plötzlich, wie ein harter Schlag in das Gesicht des übermutigen Preisboxers auf dem Jahrmarkt, wird sie mir bewusst, die Erkenntnis, dass mein Leben unbedeutend ist. Bloß ein kleiner Bestandteil, der nichts zum Funktionieren des großen Ganzen beiträgt. Die Chaos-Theorie (der Flügelschlag eines Schmetterlings kann am anderen Ende der Welt einen Tornado verursachen), ist nicht auf die menschliche Existenz anzuwenden. Wenn ich mich, kaum dass ich zuhause bin, entschließe von der nahe gelegenen Eisenbahnbrücke zu springen, wird das hier, an diesem Ort, niemanden interessieren. Niemand wird in seinem Alltag inne halten. Irgendwie ein erschreckender Gedanke.
Ich könnte zu ihnen rüber gehen, bei ihnen klingeln und sie in die Arme nehmen. All die Menschen in diesen Häusern... wir könnten Freunde werden.
„Schatz, das Aspirin, beeil dich ein bisschen. Unser Zug fährt gleich...“
Die Stimme meiner Freundin. Zurück in der Realität. Befreit von meinen Phantasien.
Und es sind gewöhnte Menschen, die du jeden Tag in ihren Welten siehst. Und wenn du ihnen sagst, dass du sie alle liebst, werden sie dir glauben.

 

hallo arcitcmonkey

och mensch, bitte kürzen. soviele unnötige informationen, die nicht wirklich sein müssen. das thema finde ich sowieso langweilig und es ist auch schon soo ausgelutscht, dass nix mehr da ist. soll heißen, es gibt keine neuen gedanken, die du gemacht hast, wo ich gedacht habe, wow, der junge hats erfasst.
ist es wirkich wichtig, wenn du am anfang das bad beschreibst, oder überhaupt das hotel oder motel, oder was das ist. denn am ende hat man das eh vergessen. du kommst ja eh zu einem ganz anderem thema. ist es absicht, dass du ablenkt, besser gesagt langweilst? :dozey:
kein scherz, ich hätte diese geschichte in zwanzig zeilen umfassen können.
hat mir nicht gefallen, vllt beim nächsten mal.

cu J:baddevil:

 

Moin, arcticmonkey!
ich muss Black87 zustimmen, die geschichte hat keinen reiz und hätte viel besser zusammengefasst werden können.
Ich würde dir die note ausreichend dafür geben.
Das Thema ist an sich nichts neues und die geschichte ist in einem langweiliger-stil geschrieben.
:thdown:

Mfg, Maklerpolizei

 

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