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Fahrt nach Flensburg

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29.11.2004
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Fahrt nach Flensburg

Fahrt nach Flensburg

Sie packte ihre Sachen. Es war nicht viel für ein ganzes Leben. Ein paar Bücher, einige CDs , ihre Klamotten, es passte alles problemlos in eine Reisetasche. Sie setzte sich noch einen Augenblick auf den Küchenstuhl. Gehen oder Bleiben ? Konnte sie nach alledem überhaupt noch bleiben? Nein.
Sie würden auch ohne sie klar kommen, vielleicht nicht sofort – aber nach einer Weile --bestimmt.
Abschiedsbrief ?? Nein, wozu, sie wollte ja nicht Selbstmord begehen – und dass sie weg war, würden sie noch früh genug merken. Sie stand auf, blickte sich noch einmal um, nahm dann ihre Tasche und den Laptop und verließ die Wohnung. Im Treppenhaus putzte die Nachbarin die Treppe. Ein kurzes: „Guten Tag“, die Nachbarin blickte nicht einmal auf. Der Hund aus der Erdgeschosswohnung bellte. Die Tür fiel hinter ihr zu und sie stand auf dem Bürgersteig. Nur nicht zurück sehen, ermahnte sie sich. Sie holte den Autoschlüssel aus der Hosentasche, öffnete das Auto mit der Fernbedienung. Sie stellte die Tasche in den Kofferraum, setzte sich ans Steuer und fuhr los, ohne einen Blick zurück.
Als sie auf die Autobahn Richtung Norden fuhr, fühlte sie sich wie befreit. Bis Flensburg waren es, wenn sie gut durch kam, etwa 8 Stunden, sie würde noch im Hellen ankommen. Ihre neue Vermieterin hatte den Schlüssel bei der Nachbarin hinterlegt, „ … so dass sie jederzeit in die Wohnung könne“. Sie würde noch das ganze Wochenende frei haben, um sich einzurichten - bei dem Wort musste sie lachen – und um Flensburg und Umgebung ein bisschen kennen zu lernen. Am meisten freute sie sich auf das Meer, sie war jetzt 5 Jahre nicht mehr in Urlaub gewesen. Obwohl – Urlaub würde es nicht werden, in der neuen Arbeitsstelle wartete man schon am Montag auf sie.
„Haus Haien“, der Name erinnerte sie an den „Schimmelreiter“ von Theodor Storm. Sie hatte die Storm – Novellen immer sehr gemocht und hielt den Namen für ein gutes Omen.
Noch einmal ganz von vorn anfangen, alles hinter sich lassen, und ganz in Ruhe das Kind bekommen. Vielleicht später Dänisch lernen und dann nach Dänemark? Mal sehen, erst musste sie mal in Flensburg Fuß fassen.
Ein Blick auf den Kilometerstand und dann auf die Uhr, vielleicht noch 4 Stunden Fahrt, die Hälfte hatte sie jetzt hinter sich. Sie gähnte und dachte, jetzt ein Latte Macchiato und ein Käsebrötchen und die Welt ist wieder in Ordnung. Sie bog ab auf den nächsten Rastplatz und frühstückte langsam und genüsslich. Der Restaurantbereich war noch weihnachtlich geschmückt, obwohl schon der 3. Januar war, es war angenehm warm neben der Heizung. Aber da half alles nichts - sie musste weiter. Sie nahm sich noch einen Kaffee mit und machte sich wieder auf den Weg zum Auto.
Sie fädelte sich langsam in den immer zäher fließenden Verkehr ein und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Sie hatte sich nie für einen Menschen gehalten, der zum Heiraten und Kinder kriegen geschaffen war, aber irgendwie war es so gekommen. Mit 20 das erste Kind, mit 22 verheiratet und kurz drauf das zweite und dann 2 Jahre später das dritte. Und als dann alle groß waren und man endlich Zeit für sich hätte haben können, begannen die Depressionen ihres Mannes. Das war noch das Schlimmste, dazusitzen und nicht helfen zu können, trotz der Ausbildung. Darüber ging dann die Ehe kaputt, er zog sich immer mehr in sich selbst zurück und sie wehrte sich mit allen Kräften, um nicht mit in den Strudel hinab gerissen zu werden. Und dann kam Paul. Sie merkte, wie ihr die Tränen übers Gesicht liefen. Jetzt nur nicht an Paul denken, auch Paul war Vergangenheit, musste es sein, sie konnte und wollte sein Leben nicht noch mehr ruinieren, als sie es schon getan hatte.
Paul, ach Paul…
Energisch wischte sie sich über das Gesicht. Nur nach vorn blicken, Eva, ermahnte sie sich. Sonst hat alles keinen Sinn. Der Elbtunnel lag schon eine Weile hinter ihr, vielleicht noch 2 Stunden, dann hatte sie es geschafft.
Der Himmel färbte sich grau, leise fiel Schnee. Der erste Schnee in diesem Jahr, sie lachte, das Jahr war ja auch erst drei Tage alt. Bald wurde es so schlimm, dass sie die Scheibenwischer auf die höchste Stufe stellen musste. Wenigstens blieb der Schnee noch nicht liegen, dazu war der Boden noch zu warm. Sie dachte wieder an Paul, an das vergangene Jahr, und an den Abschied, als sie wusste, dass diese Nacht nicht ohne Folgen geblieben war. Sie hätte das Kind nie in diesem Dorf kriegen können, wo alle Bescheid gewusst hätten, sie hätte das Leben von zu vielen Menschen zerstört. So war es besser, auf jeden Fall. Es war ihre Dummheit gewesen, und sie allein hatte dafür zu zahlen, aber wer denkt mit 45 noch an eine Schwangerschaft. Die Möglichkeit, nach Holland zu fahren und das Kind abzutreiben, nein, undenkbar.
Der Abschied von Paul war das Grauen an sich gewesen, sie hatte geredet und geredet… denk an den Altersunterschied, so was wie wir hat keine Zukunft, wir sind nicht Ashton Kutcher und Demi Moore….während er wie erstarrt auf dem Sofa saß und verzweifelt versuchte zu verstehen. Von dem Kind hatte sie ihm nichts gesagt.
Flensburg 10 Km , endlich. Allmählich war sie des Fahrens müde, sie fühlte sich so erschöpft wie schon lange nicht mehr. An der nächsten Ampel holte sie den Stadtplan raus und suchte die Straße, da war es ja schon, nur noch zwei Mal links. Paul-Ziegler-Straße 6. Sie fand einen Parkplatz direkt vor dem Haus. Ein schönes altes Haus, dreigeschossig, mit je 2 Wohnungen pro Etage. Sie klingelte bei der Nachbarin, holte den Schlüssel ab und besichtigte ihre neue Wohnung. Einen Flur mit Garderobe, von da aus rechts ins Wohnzimmer, links ins winzige Bad, die kleine Kochnische und die zwei kleinen Schlafzimmer, nicht zu vergessen der große überdachte Balkon, wo sogar noch ein Wäschetrockner stand. Alles frisch gestrichen, sogar die Möbel standen am richtigen Platz. Sie ließ sich auf das Bett fallen. Morgen, dachte sie, morgen beginnt ein neues Leben.

 
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Hallo Andromeda,

Willkommen auf kg.de !

Ich wünschte, ich könnte dich für deine erste Kurzgeschichte loben. Aber leider hat sie mir nicht sehr gefallen. Das Thema hat mich einfach nicht berrührt, vollkommen rezeptionslos erscheint mir dein Text. Es geht um eine Frau, die eine neue Zukunft, ein neues Leben beginnen möchte, und vor ihren Problemen in der Heimatstadt flüchtet und nach Flensburg zieht. Generell bin ich nicht der Aufassung, dass man vor Schwierigkeiten im Leben davonlaufen sollte. Viel eher sollte man sie als Herausforderungen sehen, und ihnen mutig gegenüber treten. Deinen Protagonist empfinde ich in der Hinsicht auch als zu wenig charakterisiert.
Deine Sätze sind gut verständlich, lesen sich recht flüssig. Aber für mich ist es nun einmal keine Geschichte, die du geschrieben hast, sondern eher ein Bericht. Ich denke, dass du erst einmal noch kleinere Korrekturen ansätzt, auf andere Kritiken wartest oder selbst welche verfasst, und dich dann an den nächsten Text wagen solltest.
Beim ersten Durchlesen sind mir vorerst nur 3 Fehler aufgefallen :

Ein paar Bücher, einige CD`s , ihre Klamotten, es passte alles problemlos in eine Reisetasche.

CDs


An der nächsten Ampel holte sie den Stadtplan raus und suchte die Straße, da war es ja schon, nur noch 2 mal links.

2-Mal oder besser zwei Mal


Sie bekam einen Parkplatz direkt vor dem Haus.

statt bekam besser fand


Liebe Grüße,
moonaY

 

Hallo Moonay
Erst einmal vielen Dank fürs Lesen und Kritisieren der Geschichte. Mit den Fehlern hast du Recht. Sobald ich herausbekommen habe wie, werd ich sie verbessern. Mit der Protagonistin aber hast du nicht recht, sie läuft nicht vor ihren Problemen davon, sondern um andere, unbeteiligte zu schützen. Ich denke, sie steht zu ihren Fehlern und versucht nur, aus der Situation das Beste zu machen.

Mit freundlichem Gruß
Andromeda

 

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