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Falsches Lächeln

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13.03.2010
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Falsches Lächeln

„Wie geht es dir?“ Der Blick, der nicht mich, sondern vielmehr durch mich hindurch zu sehen scheint, verrät mir alles, was ich wissen muss. Die falsche Wärme im fragenden Tonfall der so bekannten Stimme täuscht mich nicht. Es ist immer das Gleiche.
„Danke, gut!“ Ein routiniertes Heben der Mundwinkeln, und ich pflastere mühelos ein Lächeln auf mein Gesicht. Es ist ein totes Lächeln, leer, inhaltslos und so falsch wie das Lederimitat meiner Aldijacke. Mein Kollege grinst kurz fröhlich zurück, schnappt sich seine eigene Jacke und wendet dann hastig den Blick ab, geht eilig seiner Wege, so viel ist noch zu erledigen, ehe die Läden schließen. Mit dem leisen Klingeln der Türglocke verschwindet er in der gesichtslosen Masse.
Kaum weiß ich mich unbeobachtet, sackt mein Lächeln in sich zusammen, als sei ein Schalter umgelegt worden. Es bereitet mir keine große Mühe mehr, das falsche Lächeln. Es ist mir zur Gewohnheit geworden. Und es ist so einfach, sie zu täuschen. Denn auch wenn das Lächeln meine Augen nicht mehr erreicht, fällt das nicht weiter auf. Weil sich nie jemand wirklich dafür interessiert.
Was soll ich auch auf eine solche Frage antworten? „Im Moment geht es mir ziemlich beschissen, danke der Nachfrage! Das Geld reicht hinten und vorne nicht, ich weiß schon gar nicht mehr, was das Wort Freizeit bedeutet, und vor ein paar Tagen hatte ich meinen ersten Nervenzusammenbruch, weil mir der ganze Stress mit dem Examen und dem Kellnern einfach über den Kopf wächst und ich einfach nicht mehr KANN! Verstehst du? Ich bin am Ende, ich will nur noch, dass es aufhört, ich will endlich wieder wissen, wie es ist, zu leben, doch ich finde einfach keine Zeit dafür, und all das nur, damit ich irgendwann einmal ein Studium beende, um danach arbeitslos zu werden, weil die Chancen, eine Stelle zu bekommen, etwa eins zu fünfzig stehen...“
Nein, das will niemand hören. Und so sage ich: „Danke, gut!“, und lächle mit traurigen Augen. Auf Fragen, die keine sind, folgen Antworten, die keine sind. Immer und immer wieder, bis es zur Routine geworden ist.
Müde ziehe ich die Tür des Cafes hinter mir zu und schleppe mich durch die überfüllte Einkaufspassage, ausgelaugt und erschöpft von der langen Schicht. Wieder einmal hat mich die Chefin angeherrscht, dass ich zu langsam sei, wieder hat sich ein Kunde beschwert, dass er nicht schnell genug bedient wurde. Auch bei ihm habe ich mich mit einem falschen Lächeln dafür entschuldigt, dass ich statt der üblichen fünf Minuten ganze sieben für seinen entkoffeinierten Cappuccino gebraucht habe, während das schrille Quäken des Kleinkindes am Tisch daneben an meinen Nerven zerrte. Er hat mich nur mit einem ungnädigen Blick bedacht und mir ganze zehn Cent Trinkgeld gegeben.
Das leise Schlurfen meiner durchgelaufenen Turnschuhe verliert sich in den Geräuschen der hektisch dahineilenden Menschenmasse. Niemand bemerkt mich, eine einsame Gestalt in einer dunkelbraunen Jacke, die mit hängenden Schultern und gesenktem Blick ihres Weges geht.
„Das hat niemand kommen sehen!“, wird es später heißen. „Das konnte ja niemand ahnen! Er war immer so fröhlich, so ausgeglichen. Ich verstehe das nicht!“ Und es kann auch niemand verstehen. Weil niemand wirklich hingesehen hat. Weil alle nur auf den lächelnden Mund achteten.

 
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Hallo Sommerhimmel,

und willkommen auf kg.de :)

Leider muss ich dir sagen, dass mir dein EInstand nicht gefallen hat. Du setzt dem Leser hier genau das hin, was dein Prot in Gedanken als etwas durchspielt, das keiner hören mag:*gnadenloses Selbstmitleid.
Natürlich ist das etwas, das die meisten kennen, aber als Geschichte taugt das nicht besonders viel, weil es schlicht nicht berührt. Bringe dem Leser die Figur näher, zeige uns, wieso sie es verdient hat, dass wir mit ihr Mitleid verspüren sollen. Bisher ist das nur eine Schablone und die Probleme bleiben vage Allgemeinplätze. Dadurch eintsteht keine Nähe. Und ohne Nähe kein Gefühl.

Und dann die Wahl deines Endes ... *räusper* Also das ist so ziemlich das abgedroschendste, was hier hätte kommen können. Erinnerte mich zudem im Wortlaut sehr an Was Frauen wollen mit Mel Gibson

Und es ist so einfach, sie zu täuschen. Denn auch wenn das Lächeln meine Augen nicht mehr erreicht, fällt das nicht weiter auf.
Vornehmlich täuscht er sich damit selbst.

Müde ziehe ich die Tür des Cafes hinter mir zu und schleppe ich mich durch die überfüllte
einmal zu viel

Hoffe, du konntest etwas mit meinen Gedanken anfangen

So oder so noch viel Spaß hier auf kg.de :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo Weltenläufer!

Zunächst einmal danke für das Willkommen und danke für deinen Kommentar. Ich freue mich immer darüber, wenn sich ein Leser mit meiner Geschichte auseinandersetzt. Vielen Dank auch für den Hinweis auf das "ich", dass ich versehentlich einmal zu oft eingebaut habe - normalerweise versuche ich, solche Fehler zu vermeiden, und darum freue ich mich immer, wenn ich darauf hingewiesen werde, wenn ich etwas übersehe.

Was deine inhaltliche Kritik angeht: das ist natürlich Geschmackssache, und ich hege nicht die Illusion, dass der Text allen gefallen muss.
Was den Ausbau des Charakters angeht, der dir noch zu schemenhaft ist, möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass es sich hier um eine Kurzgeschichte handelt:

# Ein oder zwei oft typisierte Hauptpersonen stehen im Mittelpunkt . Personen werden nur in Aspekten beschrieben/charakterisiert.

Das ist eines der Merkmale, die dir Wikipedia unter dem Stichwort Kurzgeschichte nennt.

Bezüglich des Selbstmitleides, das du kritisiert hast, steht bei Wiki:

# Konfliktreiche, häufig nur skizzenhaft dargestellte Situation, geprägt von Emotionen

als Merkmal einer Kurzgeschichte. Wenn dich das Thema Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben nicht interessiert, so zwingt dich niemand, solche Geschichten zu lesen, aber es ist keineswegs so, dass Emotionen in einer Kurzgeschichte fehl am Platz sind. Ich dachte auch, dass es sich hier um ein Forum zur Gesellschaftskritik handelt, und ich war der Ansicht, dass es als Gesellschaftskritik gesehen werden kann, wenn der Einzelne in der Masse untergeht und jeder so mit sich selbst beschäftigt ist, dass es niemandem mehr auffällt, wenn es einem Anderen schlecht geht. Meines Ermessens ist das kein Selbstmitleid, sondern Resignation.

Liebe Grüße,
Sommerhimmel

 

Hallo Sommerhimmel,

willkommen auf KG.de. Auch ich habe Deine Geschichte gelesen und ich finde ...

... deinen Schreibstil durchaus lesenswert. Er lässt sich flüssig lesen, ohne ständig zu stolpern. Das ist schon einmal eine gute Vorraussetzung für eine gute Geschichte.

... den Wunsch der anderen Leser nach einer Handlung durchaus nachvollziehbar. Die Tatsache, dass der Prot nervlich am Ende ist und sich selbst leid tut ist vollkommen legitim, meiner Meinung nach. Aber zu einer Kurzgeschichte gehört wirklich ein bißchen mehr. Was Du geschrieben hast, ist eher die Skizze einer Person, die einmal in einer Geschichte vorkommen wird. Überlege Dir doch vielleicht eine Situation in der die Person agieren und regieren kann, statt nur zu sein. Ich bin sicher, dass dabei Gutes rauskommen könnte.

Es ist einfach Unsinn mit Zitaten aus Wickipedia auf Kritiken zu reagieren. Nur weil ein Text allen erwähnten Merkmalen entspricht, ist er noch lange nicht gut. Gut im Sinne von: "Er fesselt den Leser, läßt ihn Bilder sehen und fühlen und am Ende freut sich der Leser die Geschichte gelesen zu haben."

Ich finde Du hast das Zeug dazu, Dir fehlt nur noch die richtige Idee die Einzelteile in Deinem Kopf zu einer Geschichte zusammen zu fügen (und die Fähigkeit Kritik gelassener aufzunehmen und umzusetzen). Ich wünsche Dir viel Glück dabei!

Liebe Grüße

elisabeth

 

Hallo Sommerhimmel,

dies hier ist eine Plattform, die Schreiberlingen die Möglichkeit bietet für ihre Leidenschaft Tipps und Anregungen zu erhalten, um sich weiterzuentwickeln.
Das, was ich dir gesagt habe, spiegelt nur meine bescheidene Meinung wider. Möglicherweise hast du hier ein wahres Meisterwerk abgeliefert und ich habe es verkannt ;)
Dich aber mit einer solchen Vehemenz zu rechtfertigen, wirkt schon etwas lächerlich. Zudem habe ich keinem deiner aufgelisteten Zitate mit meiner kritik widersprochen.

Personen werden nur in Aspekten beschrieben/charakterisiert.
Das ist richtig, jedoch muss eben mit den wenigen Aspekten eine klare Figur erkennbar werden, ein Charakter. Mit einer eindimensionalen Abziehschablone ist da nicht gedient. Das ist in einer Kg entsprechend schwieriger als in einem Roman, denn da kann der Autor ein seitenlanges Psychogamm abgeben. Hier aber, muss eben jedes Wort sitzen und den Charakter klar formen.
Konfliktreiche, häufig nur skizzenhaft dargestellte Situation, geprägt von Emotionen
Hm, ich sehe durchaus welchen Konflikt du darstellen willst, aber er wirkt nicht. Der Jammer ist zu überproportioniert, verschluckt jeden Hauch einer Auflehnung. Und damit die Chance auf Anteilnahme.
Das ist das Problem mit diesen Geschichten, die sich so unverholen das Thema "Unzufriedenheit mit dem Leben" auf die Fahnen schreiben:*Sie sind gut gemeint, wirken aber nicht, weil sie sich zu oft im lauwarmen Brei des Selbstmitleid suhlen. Nenn es ruhig Resignation. Aber auch die wird für den Leser nur spannend, wenn du sie nahe bringst, erlebbar machst. Da reichen nicht deine Parolen wie "das Geld reicht vorne und hinten nicht", da braucht es klare Bilder.

Nun ja, du musst die Kritik nicht annehmen, aber vielleicht kannst du jetzt mehr damit anfangen :)

Ich freue mich immer darüber, wenn sich ein Leser mit meiner Geschichte auseinandersetzt.
So geht es allen Usern hier ;) Das Forum lebt vom Nehmen und Geben. Lies dich ruhig etwas um und schreibe eigene Kritiken, dabei lernt man auch (und vorallem) eine Menge für das eigene Schreiben.

So oder so noch viel Spaß hier auf kg.de :)

grüßlichst
weltenläufer

 

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