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Familienglück

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31.08.2003
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Familienglück

„Bitte, sag mir die Wahrheit.“ Verzweifelt blickte Susi ihren Vater an. Tränen traten in ihre Augen. Warum sagte er nichts? Stimmte es vielleicht doch. „Dad?“ Michael blickte zu Boden, die rechte Hand glitt durch sein pechschwarzes Haar und seine Zunge wischte über die trocknen Lippen. Er konnte seiner Tochter nicht in die Augen schauen. „Schatz, ich ... deine Mutter und ich, wir lieben dich ... “
„Also stimmt es. Ich bin adoptiert!“ Langsam löste sich die eine Träne aus Susis Augen. Ein kaum wahrnehmbares Nicken von Michael, aber Susi registrierte es. Tausend Gedanken strömten auf einmal durch ihren Kopf. Plötzlich hatte sie das Gefühl, es nicht mehr bei ihrem Vater aushalten zu können, sie rannte die Treppen hoch und stürmte in ihr Zimmer.
Michael sprang auf: „ Susi, warte. Ich ...“ Traurig sah er seiner Tochter nach, er hatte sich vor diesem Moment immer gefürchtet.
Tagelang schloss sich Susi in ihrem Zimmer ein, nur heimlich schlich sie sich in die Küche, um etwas zu essen. Ihre Adoptiveltern versuchten mit ihr zu reden, aber sie blockte jeden Versuch ab. Sie wollte nur noch alleine sein.
Eine Woche nach dem Geständnis ihres Vaters saß Susi einsam und traurig auf ihrem Bett, als ihr Blick auf den Nachttisch fiel. Dort stand ein Foto in einem wunderschönen roten Rahmen. Susi nahm es und strich zärtlich über den Rahmen und das Foto. Das Bild zeigte sie, wie sie auf dem Schoß ihres Vaters hockte und in die Kamera strahlte. Sie erinnerte sich noch genau an den Tag, als das Foto gemacht wurde. Es war ihr achter Geburtstag und die ganze Familie machte eine Fahrradtour. Der Tag war herrlich, die Sonne schien hell am Himmel und die Vögel zwitscherten. Die ganze Familie fuhr lachend durch den Wald und genoss den wundervollen Sommertag.
Plötzlich war Susi vom Fahrrad gefallen und hatte sich einige Schrammen am Knie geholt. Sofort waren ihre Eltern bei ihr und nahmen sie tröstend in die Arme. Susi erinnerte sich noch genau an diesen Augenblick. Immer wenn es danach Streit mit ihren Eltern gab, rief sie sich dieses wundervolle Gefühl der Geborgenheit und Liebe ins Gedächtnis zurück. Als sie jetzt daran dachte, lief ihr eine Träne über das Gesicht. War das alles echt? Sie war doch nicht die leibliche Tochter gewesen. Das hier war nicht wirklich ihre Familie, oder?
Zaghaftes Klopfen holte Susi aus ihren wehmütigen Gedanken.
„Ich will nicht mit euch reden.“ Langsam ging die Tür auf und Susis kleine Schwester trat ein. „Darf ich reinkommen?“, fragte sie mit ihrer Piepsstimme. Susi wischte sich die Tränen weg und lächelte ihre Schwester an. „Sicher, komm her.“ Sachte klopfte sie mit einer Hand neben sich auf die Bettdecke und mit einem Strahlen kletterte ihre Schwester neben sie aufs Bett. „Was hast du? Bist du krank? Wenn ich krank bin, macht mir Mama immer einen süßen Tee.“ Bei den Wort „Mama“ zog sich Susis Herz zusammen. Es war nicht ihre Mutter.
„Nein, ich bin nicht krank.“ Susi versuchte, einen etwas fröhlicheren Blick aufzusetzen, um ihre Schwester zu beruhigen. Sie war noch zu jung, um es zu verstehen.
„Aber Mama und Papa machen sich Sorgen um dich.“ Große, runde Augen blickten Susi an. Sie erinnerten sie an die Augen ihrer Mutter, ihrer Adoptivmutter. Ihr war nie aufgefallen, wie viel ihre kleine Schwester mit den Eltern gemeinsam hatte und wie wenig sie selbst ihren Eltern ähnlich sah. Traurig schaute sie Elizabeth an, dann wandte sie den Blick ab. „Das brauchen sie nicht. Mir geht es gut.“ Eine Weile saßen sie auf dem Bett, ohne etwas zu sagen.
Plötzlich fiel Elizabeth ihrer großen Schwester um den Hals. „Ich hab´ dich lieb.“
Erneut traten Tränen in Susis Augen. Schluchzend schlang sie die Arme um ihre Schwester und drückte sie fest an sich. „Ich hab´ dich auch lieb.“
Als Susi die liebevolle Umarmung ihrer Schwester spürte, wusste sie plötzlich, wohin sie gehörte. Dieses kleine, zierliche Mädchen in ihren Armen war ihre Schwester. Und diese beiden Menschen, die sich in den letzten sechzehn Jahren um sie gekümmert hatten, waren ihre Eltern. Das ist ihre Familie.

 

Hallo,

ehrlich gesagt weiss ich nicht, weshalb bisher noch keiner deine Geschichte kommentiert hat.

Sie gehört zu den Emotionalsten, die ich bisher lesen durfte. Ich weiss nicht, wie man sich fühlt, wenn man erfährt, dass man adoptiert wurde, aber ich kann es mir sehr gut vorstellen. Gerade deshalb kann ich dir sagen, dass du Susis Figur gut konstruiert hast und ihre Aktion authentisch wirkt.

Dass gerade ihre kleine Schwester sie aus ihrem seelischen Kerker befreit, ist geradezu rührend.

Sprachliche Schwächen sind mir nicht aufgefallen - ehrlich gesagt hat mich die Handlung so in ihren Bann gezogen, dass ich auf Fehler gar nicht geachtet habe.


Gruß

FrozenFire

 

Vielen lieben Dank für deinen Kommentar. Er hat mir sehr geschmeichelt und ich bin wirklich froh das dir die kurze Geschichte gefallen hat.
Danke,
nudaria

 

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