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- 26.05.2007
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Feinde
Sie stehen voreinander, Gruppen von sechzig Mann auf beiden Seiten, getrennt durch wenige Meter Asphalt. Von der Bewaffnung der Gegenseite zeigt sich niemand beeindruckt, keiner regt sich, gespenstische Stille breitet sich auf der Straße aus.
Auf ein unhörbares Startsignal hin setzen sich die ersten Reihen in Bewegung, stoßen wilde Schreie aus und rennen mit Fäusten und Baseballschlägern drohend auf die Rivalen zu, ohne an Verluste zu denken. Binnen Sekunden stürmen alle an die Front.
Die ersten Männer treffen aufeinander, man schubst sich und Fäuste landen in Gesichtern, Bäuchen und Schultern, wo immer man treffen kann. Kleine Gruppen kapseln sich ab, in denen einzelne Feinde von einer Überzahl ihrer Widersacher drangsaliert werden, bis ihnen jemand zu Hilfe kommt und die Kraftverhältnisse neu verteilt werden.
Rücksichtslos werden die mitgebrachten Waffen eingesetzt, mit Schlagringen, Holzlatten, Steinen und Flaschen die Gegner attackiert. Die ersten gehen zu Boden, manche schreiend und fluchend, andere bewusstlos, kaum einer nicht blutend. Einige greifen selbst sitzend oder liegend noch in das Geschehen ein, schlagen und treten willkürlich nach denen, die um sie herum kämpfen.
Ein harter Wasserstrahl trifft die raufende Menge und irritiert sie für einen Augenblick, ein zweiter Strahl folgt. Das Wasser kühlt manche Gemüter ab, einige Helden entschließen sich zur Flucht, führen dabei letzte Attacken gegen den Feind durch und stoßen zur Not auch Verbündete zur Seite, um die eigene Haut zu retten.
Andere solidarisieren sich mit den Fans des gegnerischen Fußballclubs gegen den neuen, übermächtigen und noch hassenswerteren Feind. Mit erhobenen Gummiknüppeln rückt die Polizei vor, fliegende Geschosse prallen von Helmen und Schutzschildern ab. Blumentöpfe, Stühle und Tische werden gegen die Ordnungshüter eingesetzt, Schaufensterscheiben werden zerschmettert, parkende Autos in Mitleidenschaft gezogen.
Gummiknüppel umzingeln Streithähne und treiben sie mit ungezielten Schlägen auf Rücken und Köpfe auseinander. Verwundete liegen durchnässt und blutend an den Straßenseiten auf dem Asphalt. Sanitäter eilen herbei, drücken saubere Verbände auf schmutzige Wunden, hieven alkoholisierte Patienten auf Tragen und bringen sie aus der Schusslinie.
Die Polizei verstärkt ihre Bemühungen, die keilende Meute auseinanderzutreiben, macht die Gegner mithilfe von Pfefferspray kampfunfähig. Wer es noch schafft taumelt von dannen, oft begleitet von einer letzten, verbalen Attacke gegen die Obrigkeit. Für andere endet der Fluchtversuch nach einem Knüppelschlag ins Genick.
Personalien Gefangener werden aufgenommen, in Bussen werden die Inhaftierten abtransportiert. Die Entkommenen lecken sich die Wunden im Kreis ihrer Freunde, buhlen um Respekt mit großen Worten über Kampferfolge, bedauern lautstark die Unterbrechung durch die Polizei. Darüber, wie schnell man beim Einsatz der Wasserwerfer die Flucht ergriffen hat schweigt man einvernehmlich. Die Fans schwören sich, das nächste Mal noch energischer gegen den Feind vorzugehen und sind schon jetzt voller Vorfreude auf das nächste Spiel.