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Feindliche Übernahme

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04.08.2001
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Feindliche Übernahme

Jetzt endlich habe ich einen passenden Spielkameraden für meine Tochter gefunden. Unser Hund und sie, beide konnten sich ja von Beginn ihrer Bekanntschaft an nicht besonders leiden. Was will ich auch erwarten von einem dreijährigen Mädchen und einem Cocker-Spaniel, der kurz vor der Pension steht? Sie vertragen sich einfach nicht.
Doch nun habe ich ein Kaninchen für sie besorgt, ein Wildkaninchen, um genau zu sein. Das allein ist schon skurril genug, die Art und Weise, wie ich an das Tier kam bin, wird man mir kaum glauben.
Ich war mit dem Hund und der Kleinen im Wald unterwegs. Der Cocker ist alt und wenn er im Unterholz herumschnüffeln kann, ist er glücklich und lebt auf.
Der Hund konnte es kaum erwarten, dass es losging, doch meine Tochter musste ich überreden, mitzukommen. Sie hat offensichtlich nicht viel übrig für die Stille und die angenehme Luft im Wald. In der Hinsicht kommt sie nach ihrer Mutter.
Der Hund stöberte in einer Schonung, die Kleine sammelte Blätter und ich ging still nebenher, schaute zu und freute mich, als plötzlich ein ohrenbetäubender Lärm die Ruhe zerriss. Zunächst gab es einen Knall, dass es mir fast das Trommelfell zerfetzte. Meine Tochter sah mich mit ängstlichen Augen an. Dann ertönte ein langgezogenes Quietschen, als würde jemand mit den Fingernägeln über eine Tafel kratzen – grauenhaft langsam.
Der Ton wollte nicht enden und ich sah mich nach allen Seiten um, doch ich konnte nicht entdecken, woher dieses Geräusch kam. Dann, mit einem Schlag, Schweigen – Totenstille. Die Natur schien den Atem anzuhalten.
In die Ruhe hinein hechelte plötzlich der Hund. Er kam aus der Schonung geschossen und schien von alledem nichts mitbekommen zu haben. Er drehte schnüffelnd und hektisch weiterhin seine Runden und wir folgten ihm gemächlich. Ich schlenderte einen breiten, sandigen Weg entlang, der fast schnurgerade zwischen die Kiefern hindurchführte.
Zunächst sah ich das Tier, das mir entgegenkam, nur als winzig kleinen, dunklen Punkt auf dem gelben Weg. Ohne Unterlass steuerte es in meine Richtung und je näher es kam, desto deutlicher vermochte ich Konturen zu erkennen. Es war nicht groß, kleiner als der Hund, doch wie es mir so stetig entgegenkam, wurde ich unruhig. Ich blieb stehen und nahm meine Tochter hinter mich.
Auch als ich deuten konnte, dass es sich bei dem Tier um ein possierliches Kaninchen handelte, wurde meine Sorge nicht kleiner. Warum steuerte das Tier nur so unablässig auf uns zu?
Mit seinen kurzen Beinen hoppelte es solange in meine Richtung, bis es ungefähr zwei Schritte vor mir sitzen blieb und zu mir aufblickte.
Schon wieder gespannte Ruhe, dieses Mal war ich es, der den Atem anhielt. Ich versuchte zu entscheiden, ob die Situation für uns bedrohlich war. Noch nie hatte ich ähnliches erlebt und ich wusste beim besten Willen nicht, was der Nager von mir wollte.
Mir fiel auf, dass das Tier blaue Augen hatte, blassblau, um genau zu sein. Das war seltsam, im Allgemeinen kenne ich Kaninchen nur mit braunen Augen. Es saß da und starrte mich mit diesem wasserblauen Blick von unten herauf an.
Da brach der Cocker aus dem Dickicht hervor.

Der Tierarzt sagt, das Kaninchen ist vollkommen in Ordnung. Ich hatte keine Ruhe und Sylvia stichelte schon die ganze Zeit. Ihr gefiel es gar nicht, dass ich das Tier aus dem Wald mitgebracht hatte. Aber in letzter Zeit gefällt ihr sowieso kaum etwas.
Also schnappte ich mir das Langohr heute Vormittag und stellte es dem Veterinär vor. Der meinte, das Tier wäre absolut gesund, schüttelte nur den Kopf, als ich ihm erzählte, wie ich an den Nager gelangt war. Das wäre völlig untypisch für ein Wildtier und bei jedem anderen hätte er zur Vorsicht gemahnt. Aber da hier offensichtlich alles in Ordnung war, meinte er, dass das Kaninchen in Panik gewesen wäre, vielleicht auf der Flucht vor einem anderen Tier. Über die seltsame Farbe der Augen verlor er kaum drei Worte. Wenn ich ihn richtig verstand, so ist das nicht normal, könne aber vorkommen.
Wie dem auch sei, meine Tochter ist ganz vernarrt in ihren neuen Spielkameraden, obwohl ihre Mutter ständig etwas daran auszusetzen hat.

Im Betrieb bahnen sich Veränderungen an; mein Chef geht in den Ruhestand. Das Alter dazu hat er, man konnte also schon damit rechnen. Ich weiß nicht, ob ich mich freuen soll, dass wir einen neuen Chef bekommen, unter dem alten hat es sich recht angenehm gearbeitet. Er griff ins Tagesgeschehen kaum ein, er traute uns was zu und übertrug uns oft die Verantwortung.
Den Neuen kennen wir noch nicht. Es ist sicher, dass er von außerhalb kommt, und es wird sich schon kräftig das Maul über ihn zerrissen. Niemand kennt ihn, aber alle reden.
Der Alte will eine Abschiedsparty geben und bei der Gelegenheit seinen Nachfolger offiziell vorstellen.
Ich wollte Sylvia davon erzählen, es war eigentlich immer Usus bei uns, dass wir den anderen am Berufsleben teilhaben ließen. Sie erzählte mir von ihren Patienten, soweit das möglich war, und ich berichtete die Neuigkeiten aus dem Wasserwerk. Aber sie wirkt in letzter Zeit vollkommen desinteressiert, unaufmerksam und schließlich sogar abweisend.
Ich weiß nicht, was mit ihr los ist.

Mein Verdacht hat sich bestätigt!
Ich hatte ihn schon lange, aber ich war mir nicht sicher gewesen. Jetzt kann ich mir ihre Stimmungsschwankungen erklären.
Ich habe sie verfolgt. Als ich zwei Minuten nach Sylvia das Haus verließ, hatte ich ein schlechtes Gewissen. Immerhin war es so, dass in diesem Moment ich sie betrog und nicht umgekehrt.
Doch es war ganz einfach. Ich folgte ihr in meinem Wagen in gebührendem Abstand quer durch die Stadt und nach zehn Minuten schienen wir am Ziel. Sie stellte ihr Fahrzeug in einer Tiefgarage auf einem Damenparkplatz ab und ich hatte keine Mühe, herauszufinden, wohin sie wollte. Ein kleines Straßencafé. Als sie sich zu dem Mann, der allein an einem Tisch saß, hinunterbeugte und ihn küsste, stand ich an einem Zeitungskiosk auf der anderen Straßenseite und bezahlte. Wenn es ein Schock für mich war, dann war es ein vorbereiteter. Wie gesagt, ich habe es geahnt.
Abends dann trank ich zuviel, obwohl ich am anderen Morgen früh raus musste.

Das Kaninchen macht uns viel Freude, meiner Tochter und mir. Suzanna ist ganz vernarrt in das Tier, und wenn ich die Beiden beim Spielen beobachte, kann ich mich des Eindruckes nicht erwehren, dass es das Langohr ist, das mit dem Kind spielt und nicht umgekehrt. Es scheint über die Maßen intelligent zu sein, manchmal schaut es mich an mit seinen blauen Augen, sein Blick verweilt mehrere Sekunden auf mir, und dann graut mir vor dem Tier. Ich weiß nicht warum, aber ein leiser Schauder rieselt meinen Rücken herunter und ich muss den Blick abwenden. Sofort danach tollt es weiter und beide tun, als wäre nichts passiert. Gut möglich, dass ich mich täusche, denke ich dann immer.

Ich wollte Sylvia zur Rede stellen und diesem Katz- und Mausspiel ein Ende bereiten. Ich kann nicht sagen, ob sie ahnt, dass ich von ihrem Verhältnis weiß, aber ich für meinen Teil kann in ihrer Gegenwart an kaum etwas anderes denken. Manchmal allerdings kommt es mir so vor, als lege sie es darauf an, dass ich davon erfahre. Mit herausforderndem Blick schaut sie mich an, sagt aber keinen Ton. Ich bin dann unfähig, irgendetwas zu erwidern. So hält sie mich für Momente gefangen mir ihrem Blick und wenigstens hier, wenn auch in einer falschen Situation, entsteht die Nähe zwischen uns, die ich schon solange vermisse.
Suzanna plappert in einem fort weiter, sie bekommt von alledem nichts mit. Ich fürchte, wenn das Ende kommt, kommt es für sie mit Schrecken.

Auf der Arbeit steht alles im Zeichen der Übergabe. Der Chef bereitet sich langsam auf seinen Abschied vor, und der Neue gibt sich überaus geheimnisvoll. Er ist noch nicht aufgetaucht auf seiner zukünftigen Dienststelle. Heidi aus der Buchhaltung will ihn schon gesehen haben. Ein großer Blonder soll es sein, mit breiten Schultern und südländischem Teint. Ich weiß nicht, wie viel diese mannstolle Amazone selbst erfunden hat, aber nach ihren Worten zu urteilen, muss dies ein Prachtkerl von einem Mann sein, zum Fürchten und zum neidisch werden.
„Aber“, so winkte sie in der Runde während der Frühstückspause ab. „Keine Chance.“ Und dann leiser, so dass wir atemlos lauschen mussten. „Der Kerl ist stockschwul.“
Auf meine Frage, woher sie das wüsste, erwiderte sie nur: „Der Gang, mein Lieber, das sieht eine Frau sofort.“
Der Termin, zu dem der Alte seinen Ausstand geben wird, steht fest. Zwei Wochen noch, spätestens dann wird das Geheimnis um den neuen Chef gelüftet sein.

Ich habe Sylvia zur Rede gestellt.
Nach ihrer Sprechstunde war sie den ganzen Nachmittag zu Hause. Sie holte die Kleine aus der Einrichtung und verbrachte den Tag mit ihr. Als ich schließlich abends von der Arbeit kam, lag Suzanna im Bett und sie verließ das Haus, ohne mir zu sagen, wohin.


Und so blieb ich wach, um zu warten. Die halbe Nacht starrte ich auf den Fernseher, der das einzige, flackernde Licht im Wohnzimmer war. Ich war rasend eifersüchtig, und in diesem Moment sehr wohl bereit, um unsere Beziehung zu kämpfen.
Gegen Mitternacht kam sie zurück.
Eisiges Schweigen von meiner Seite, als sie das Wohnzimmer betrat, ein unsicheres „Du bist noch wach?“ von ihr.
Sie stand vor dem Sessel und ich zitterte, als ich fragte: „Wo warst du?“
Sie legte ihre Jacke ab und setzte sich zu mir. Als ich in ihre Augen sah, dachte ich zuerst, sie wolle mich küssen und um Verzeihung bitten, doch dann erkannte ich, dass es vorbei war.
„Ich werde dich verlassen“, sagte sie sanft zu mir und blickte mich dabei an, als täte ich ihr Leid.
Ich weiß, ich hätte toben sollen und wüten, natürlich hätte ich sie anbrüllen und beschimpfen müssen. Immerhin war ich der Gehörnte.
Doch ich tat nichts davon, ich stand auf und ging ohne ein weiteres Wort zu verlieren zu Bett, nachdem ich den Fernseher ausgeschalten hatte.
Im Vorbeigehen sah ich, wie Tränen über ihr Gesicht liefen.

Sylvia ist ausgezogen. Die Wohnung ist leer - leerer noch, als zu der Zeit, als sie hier wohnte und Schweigen zwischen uns herrschte. Sie hatte es angekündigt und ich fühle mich, als müsste ich jedes Mal einen neuen Tod sterben. Suzanna ist mit ihr zu ihrer Mutter gefahren, nur das Karnickel und der Hund sind geblieben.
Ich war zu Hause, als es geschah. Sie nahm nicht viele Sachen mit, auch das gab mir einen Stich, ganz so, als wolle sie nicht an unsere gemeinsame Zeit erinnert werden.
Der Mann aus dem Café half ihr, die paar Stücke zusammenzupacken. Ein toller Mann, ganz ohne Zweifel. Stattlich und braungebrannt und ganz sicher nicht schwul! Als sie fertig waren, der Kerl und Suzanna im Auto saßen und warteten, stellte sich Sylvia vor mich hin und streckte mir die Hand entgegen. Ich konnte nicht anders, ich drehte mich um und ging wortlos davon.
Sie rief mir hinterher: „Wir haben uns beide verändert!“
Jetzt bin ich allein in der Wohnung; jedes Zimmer, jedes Möbel atmet Erinnerungen, erzeugt Bilder, die im Vergangenen spielen.
Ich gehe abends durch die dunklen Räume und schaue sie mir an, manchmal minutenlang, und wenn ich weitergehe, ist es ein Abschied. Still ist es hier und einsam, und wenn ich Glück habe, trottet der Hund hinter mir her.
Wenn ich im Sessel liege und der Fernseher mir gegenüber versendet nutzlos seine Bilder, und der Cocker liegt neben mir und schläft, dann fühle ich mich nicht ganz allein in der Wohnung. Es scheint, als wäre der Hund derzeit mein einziger Begleiter – und das Kaninchen.
Ich hatte mich am Abend vor die Kiste gesetzt, die ich in aller Eile zusammengezimmert und dem Tier als Zuhause in die Diele gestellt hatte. Es sah mich an mit seinen blauen Augen, als wolle es meinen Schmerz teilen. Es war auch von Sylvia verstoßen worden, sie hatte das Tier mit Bedacht zurückgelassen.
„Wir sind Leidensgenossen“, flüsterte ich und langte hinüber, um es zu streicheln. Das Kaninchen war dankbar für die Berührung und presste sich gegen meine Hand.
Wie ich durch das Fell strich und dabei an Sylvia dachte, bemerkte ich nicht, wie es den Kopf hob und sich umwandte.
Dann biss es zu.
Vor Überraschung schrie ich auf und sprang hoch. Der Schmerz kam später.
„Du verdammtes Mistvieh“, stieß ich hervor, doch das Langohr war schon in die hinterste Ecke der Kiste gehoppelt und starrte mich von dort aus misstrauisch an.
Aus der Spitze meines rechten Zeigefingers quoll ein dicker Blutstropfen, als ich aber die Wunde genauer untersuchte, sah ich, dass es lediglich ein kleiner Riss war, den mir das Tier zugefügt hatte. Ich nahm mir vor, vorsichtiger zu sein.

Zwei Dinge sind mir aufgefallen an meinem Gast aus dem Wald. Zum einen hat das Karnickel aufgehört zu fressen, von einem Tag auf den anderen. Lässt sein Futter liegen und kümmert sich nicht drum, ebenso das Wasser, das ständig frisch ist. Seit ein paar Tagen schon ist es auf Diät, von Mangelerscheinungen aber keine Spur.
Die andere Tatsache erscheint mir ein wenig diffiziler, ist mir aber schon aufgefallen, als Sylvia und Suzanna noch bei mir wohnten. Als ich mit der Kleinen im Schwimmbad gewesen war, kam es, dass ich die Tasche mit unseren Badesachen gleich neben der Karnickelbehausung abstellte. Wir zogen uns Jacken und Schuhe aus und als ich mich wieder bückte, um die Tasche aufzunehmen, sah ich das Kaninchen darin verschwinden. Irgendwie war es ihm gelungen, seine Kiste zu verlassen und durch eine kleine Öffnung des Reißverschlusses ins Innere des Behältnisses zu gelangen. Dort drinnen lag es nun ganz still und als ich versuchte, das Tier herauszuholen, bemerkte ich, dass es sich mit aller Macht an das Handtuch klammerte. Keine Ahnung, warum es das tat, aber am gestrigen Tage wiederholte sich das Schauspiel, und ich bin immer noch nicht hinter den Sinn gekommen. Wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm, so krallte sich das Kaninchen an das immer noch feuchte Handtuch, und ich war kaum fähig, es abzuschütteln und in seinen Käfig zu geben.
Das ist schon ein seltsames Wesen, das sich da mit mir die Wohnung teilt.

Schluss ist es mit den geheimnisvollen Marotten des Kaninchens. Es ist tot.
Heute morgen lag es in seiner Behausung, die Beine von sich gestreckt, friedlich, wie schlafend. Bevor ich zu Arbeit fuhr, nahm ich mir vor, das Tier am Nachmittag würdig zu bestatten und damit dieses Kapitel abzuschließen.
Als ich wieder in meinem leeren Heim eintraf, wollte ich diese Pflicht sofort erfüllen. Ich bedauerte es, und in einem Anfall von Respekt beschloss ich, ihm die letzte Ehre draußen im Garten zu erweisen.
Es gehört dazu, wenn ein Wesen stirbt, dass es eine ganze Reihe anderer Individuen gibt, die von diesem Tod profitieren. Unter den aller ersten Nutznießern des Exitus’ befinden sich zweifellos die gemeinen Schmeißfliegen. Sie sind die Ersten, die zum Kadaver kommen, um ihn als Nahrungsquelle und Brutstätte zu nutzen.
Doch ich habe nie erlebt, dass Fliegen so zahlreich am Ort erschienen, wie es hier der Fall war. Vor allen Dingen hatte ich noch nie davon gehört, dass diese Fliegen nach der Eiablage auf dem Aas tot umfielen.
Das Kaninchen lag auf dem Boden der Kiste und um ihn herum Tausende und Abertausende Fliegen, wie ein schwarzer Teppich.
Nachdenklich kratzte ich meinen rechten Zeigefinger, als ich das unheimliche Bild betrachtete.

Es kostete mich einige Überwindung, die Fliegen beiseite zu wischen, um das tote Tier anzuheben. Die Augen waren noch halb geöffnet, seltsamerweise hatten sie die Farbe gewechselt. Im Tode waren die Pupillen vom Blauen ins Braune gewechselt, ganz so, wie es einem Wildkaninchen ziemlich war.
Ich hob es hoch, es war kalt, aber nicht mehr steif – ein unangenehmes Gefühl, als ich das Fell in meinen Händen spürte.
Ich wollte es eben in den bereitgestellten Schuhkarton legen, da brach es unter meinen Händen auf. Zuerst tat sich ein Riss auf, der sich längs zum Körper vom Hinterteil bis hin zum Kopf zeigte. Diese Öffnung wurde durch die innenliegenden Organe aufgedrückt und gab so ihren Inhalt frei.
Därme quollen hervor, Organe, die ich nicht erkannte und eine zähe Flüssigkeit, die mir sofort über die Finger rann. Mit einem Aufschrei ließ ich den Nager fallen.
Die gesamten Innereien des Kaninchens waren schwarz, schmutzig-fahl, selbst das Blut, wenn es welches war, hatte diese Farbe.
Und plötzlich erhob sich Staub aus dem Karton. Die Organe des Tieres wehten davon, als wären sie kleine, dunkle Haufen feinsten Sandes, der durch eine Windböe aufgewirbelt worden war.
Nach allen Seiten wurde dieser geisterhafte Staub verwirbelt, in die Lüfte, hierhin, dorthin, wo es sich schließlich verflüchtigte und im Raum verteilte.
Doch dann bemerkte ich, dass es sich nicht um Staub handelte, nicht um leblose Materie. Es waren kleine, winzig-kleinste Tierchen – vielleicht eine Art Insekten – die keineswegs planlos in alle Richtungen stoben. Vielmehr gehorchten sie Gesetzen und Befehlen, die offensichtlich nur sie wahrnehmen konnten. Es war ein planvoller Rückzug aus dem Kaninchen heraus. Alle Innereien des Tieres – Herz, Lungen, Magen, Därme – hatten aus diesem lebendigem Pulver bestanden. Es hatte den Anschein einer ungeheuren Anzahl Parasiten, die den Körper in Besitz genommen hatten und jetzt, von einer geheimnisvollen Macht gelenkt, fortgeweht wurden.
Schließlich war von meinem Gast nicht vielmehr als das Knochengerüst und die äußere Hülle übrig. Traurig lagen die Reste in meinem Karton. Der Pelz war schlaff zusammengesunken, das Skelett ragte heraus. Der Spuk war vorbei, die schwarze Wölkchen hatten sich aufgelöst.
In aller Eile verscharrte ich, was von dem Tier übriggeblieben war, im Garten. Ich muss zugeben, dass ich in dieser Nacht nicht besonders ruhig schlief.

Für einen Tag war ich vollkommen außer Gefecht gesetzt. Früh erwachte ich und wollte aufstehen, doch irgendetwas hielt mich zurück. Ich war so schwach, ich war kaum in der Lage, mich aufzurichten und die Füße auf den Boden zu setzen. Mir fehlte die Kraft und ich fühlte mich hundeelend.
Und ich war allein. Niemand, der mir half, mich tröstete und Mut zusprach, vollkommen allein. Es war schrecklich.
Ich schleppte mich zum Telefon und meldete mich auf Arbeit krank. Dann holte ich ein Fieberthermometer und maß die Temperatur. Bei 39,8° stand das Quecksilber schließlich still und ich nahm mir vor, am nächsten Tag zum Arzt zu gehen. Ich schlich zu meinem Bett zurück und gab mich einem unruhigen, schweißgetränkten Schlaf hin.
Ich träumte seltsame Dinge. Ich sah ein Meer von olivgrünen Luftballons, die heiter und beschwingt über den Himmel schwebten. Ich träumte von einer Sandwüste in der Nacht, einzige Beleuchtung die glitzernden Sterne. So fegte ich mit rasender Geschwindigkeit über den Boden hinweg.
Und wieder die Ballons, ein Meer davon, die alle davon wirbelten, alle, bis auf einen. Ein runder Ballon stand still am Firmament.
Ich erwachte unter triefendnasser Decke gebadet in Schweiß. Ich wollte etwas trinken, fand aber nur eiskalte Cola und Bier im Haus.
Nachdem ich Tee gekocht, die Bettwäsche gewechselt und einen frischen Schlafanzug angezogen hatte, legte ich mich wieder hin, und für dieses Mal schlief ich ruhig und ohne Störungen.

Tags darauf war alles vergessen. Das Fieber war wie weggeblasen, keine Niedergeschlagenheit, von Mattigkeit keine Spur. Ich fühlte mich wie neu geboren. Ich schob diesen einen vergebenen Tag auf eine kurze, heftige Grippe.
Auf Arbeit war alles normal. Immer noch gespanntes Warten auf den Neuen, doch heute sollte ich ihn kennen lernen.
Er kreuzte inoffiziell auf, als wir gerade dabei waren, Filter Eins zu säubern. Filter Eins ist etwas ganz besonderes – er ist der Filter. Weil er als erster geschalten und damit vor allen Filtern jeder noch so kleinen Abzweigung gelagert ist, heißt er bei der Belegschaft nur ehrfurchtsvoll der Boss. Geht durch den Boss etwas hindurch – Schmutz, Ablagerungen, jede Art von Keimen – läuft es in jede kleine Leitung und die anderen Filter haben ein ziemliches Problem.
Wir waren dabei, den Boss zu säubern, als der Neue auftauchte. Ich wusste sofort, dass er es war, Heidi hatte kein bisschen untertrieben. Er sieht so gut aus, dass einem fast schwindelig wird, und ja, es hat den Anschein, als sei er schwul. Die Geste, mit der er mir bedeutete, in meiner Arbeit fortzufahren, als ich aufstehen und ihn begrüßen wollte, hatte unzweifelhaft etwas weibisches. Mir fiel mein Gedanke wieder ein, ob ich mich freuen sollte, auf den neuen Chef.

Und endlich, endlich die Verabschiedung des alten und damit die offizielle Ernennung des neuen Chefs.
Der Alte hatte sich Mühe gegeben, das konnte man nicht anders sagen. Er hatte ein Restaurant angemietet, die besten Speisen auffahren und zahllose Getränke bereitstellen lassen.
Seine gesamte Abteilung, immerhin siebzehn Personen, waren geladen, dazu sein Nachfolger.
Lästig waren allein die Fragen, wo meine Frau wäre und das mitleidvolle Getue, wie es ihr ginge, als ich sagte, sie hätte Migräne. Dabei war ich überzeugt, dass sie Bescheid wussten darüber, dass Sylvia mir Hörner aufgesetzt und mich verlassen hatte.
Zunächst, bevor sich alle über das Buffet hermachen konnten, hielt der Alte eine wunderbar ergreifende Abschiedsrede, in deren Verlauf er einige Male selbst kurz vor den Tränen stand. Ich konnte mich zurückhalten, aber ich sah bei Freddie von Filter Drei glitzerte es verdächtig unter der Nase.
Er sprach davon, dass es uns gelungen sei, die überragende Qualität des Wassers über Jahre hinweg zu halten. Dass wir ein Wässerchen anböten, wie man es woanders selten fände. Nun, zumindest für eine Großstadt von mehreren Millionen Einwohnern.
Wir könnten stolz sein auf unser Wasser, rief er mit bebender Stimme.
Den Neuen schien das nicht zu rühren. Mit unbeweglicher Miene stand er neben dem alten Mann und die Worte, die er dann sprach, waren emotionslos und austauschbar, ich hatte kein gutes Gefühl bei ihm.
Und dann das Buffet. Es ist immer wieder faszinierend zu beobachten, wie Menschen ihre mühsam aufrechterhaltene Fassung verlieren, wie es ihnen nicht gelingt, auszuhalten und der Versuchung zu widerstehen. Es war eine Schlacht.
Die Qualität des Buffets trug dazu bei, die Menschen in Kreaturen zu verwandeln, die sich gegenseitig umbringen würden für einen Teller dieses herrlichen Auflaufs, eine dieser knackigen Hähnchenkeulen und all der anderen Delikatessen. Der Alte hielt sich zurück, stand am Ende des Tisches und grinste.
Schließlich waren alle satt.
Zufrieden saß man, tauschte Anekdoten aus, lachte über den einen oder anderen Witz und trank. Wir tranken viel und hektisch an diesem Abend.
Und dann war da Heidi aus der Buchhaltung. Sie war zu Beginn des Abends die Runde herumgegangen und hatte jeden einzelnen per Wangenküsschen begrüßt. Bei mir, so hatte ich den Eindruck gehabt, waren die Küsse besonders lang und innig gewesen und der Blick, den sie mir gönnte, ausnehmend warm. Es musste bekannt sein, dass Sylvia ausgezogen war, doch ich hatte keine Lust auf Frauen, ich hatte andere Sorgen.
Heidi schaffte es irgendwie, den Platz neben mir zu erwischen, und jedes Mal, wenn ich sprach, sah ich in den Augenwinkeln, dass sie mich mit offenem Mund anstarrte. Ich war geschmeichelt und beunruhigt, auf jeden Fall wollte ich meine Ruhe.
Mitten in einem schlüpfrigen Witz, den Freddi zum Besten gab, schüttelte mich ein Hustenanfall. Er begann ganz klein, vollkommen harmlos. Ich hatte gerade ein Glas in die Hand genommen und wollte trinken. Schon nach einigen Momenten musste ich das Glas wieder wegstellen, so heftig war der Anfall. Er erschütterte meinen ganzen Körper und ich spürte, wie die Anderen ihr Gespräch unterbrachen und mich anstarrten.
Doch ich konnte nichts tun, heftige Krämpfe schüttelten mich, ich musste mich festhalten. Und dann spürte ich, wie mir das Essen hochkam. In diesem Augenblick überkam mich Panik.
Ich lief los, um rechtzeitig die Toiletten zu erreichen, mit den Händen vor dem Mund, vorbei an verdutzten Gästen.
Ich schaffte es zwar auf die Herrentoilette, doch als ich die Tür hinter mir zugeschlagen hatte, übergab ich mich haltlos vor die Waschbecken. Ein ungeheurer Schwall ergoss sich auf den weißen Boden, ein Schwall, der nicht enden wollte, so schien es. Immer neue Schübe, immer wieder würgte ich, krampfartig brachte ich den gesamten Mageninhalt hervor.
Im Unterbewusstsein registrierte ich die Bewegung, doch der Anfall ließ mir keine Zeit, mich zu vergewissern. Ich würgte noch immer. Als schließlich die Krämpfe nachließen, senkte ich den Blick und schaute auf mein Erbrochenes am Boden.
Da sah ich sie wieder. Die kleinen, winzigen Tierchen, die erst in ihrer Menge eine Form annahmen, die Wolke, der Staub. Dieses Pulver, diese kleinen Insekten in ihrer unzählbaren Menge, stiegen direkt aus der Pfütze mir zu Füßen auf. Sie hatten einige dunkle Brocken in dieser Brühe gebildet, die sich nun langsam auflösten.
Sie waren aus meinem Mund gekommen, dem Rachen – meinem Inneren! Ich hatte diese widerlichen Geschöpfe aus meinem Körper hervorgewürgt.
Bei diesem Gedanken kam es mir wieder hoch und ich spie erneut auf den Boden. Galle, zusammen mit dunklen Batzen lebender Materie.
Die Tür in meinem Rücken ging.
„Was ist mit dir?“
Heidi! Oh Gott, wenn sie die Insekten sah!
Doch sie waren fort, keines der Tiere war mehr zu sehen.
„Was ist los?“
„Dieses Scheißkarnickel“, hörte ich mich sagen. „Irgendwas habe ich mir eingefangen.“
„Was? Was sagst du?“
Sie half mir, als ich versuchte, mich aufzurichten. Ich war über und über besudelt. Ich sah den Ekel in ihren Augen.
„Ich will nach Hause“, brachte ich mühsam hervor.

Mindestens bis fünf Uhr früh saß ich in der Küche, starrte auf die Tischplatte und würgte dann und wann, geschüttelt durch einen Krampf, Gallensaft und wer weiß was hervor. Ich hatte im gesamten Haus die Lampen angeknipst, die Türen waren verriegelt und der Hund lag friedlich neben mir. Trotzdem fühlte ich mich einsam und elend.
Als ich nach Hause gekommen war, hatte der Cocker mich aus heiterem Himmel angeknurrt. Ruhig hatte er in der Tür gestanden, seine Lefzen gehoben und leise und drohend gegrollt. Nach einer Sekunde des Entsetzens hatte ich ihn beiseite geschoben und war hinein gewankt.
Wenn ich die Augen schloss, sah ich immer wieder dasselbe Bild. Das schwarze Puder, das sich aus der Lache erhob. Hinausgeschleudert und seiner Funktion enthoben. Was machte dieses Zeug in meinem Inneren? Was hatte es im Inneren des Kaninchens getan?
Als ich diese Anomalie an dem Nager entdeckt hatte, hatte ich mir keine großen Gedanken darum gemacht. Es waren Parasiten gewesen für mich. Ein Bandwurm zu haben ist lästig und unangenehm, aber in den seltensten Fällen tödlich.
Doch was, wenn sie mehr waren, wenn sie eine andere Funktion hatten? Was, wenn sie den ganzen Körper überfluteten, den gesamten?
Hatten meine Augen mich nicht getrogen, dann hatten diese winzigsten Kreaturen in ihrer Masse die Organe des Kaninchens vollständig nachgebildet und dessen Funktion übernommen. Zu fantastisch diese Vorstellung.
Und wo kamen sie her? Was waren sie, waren sie eine unentdeckte Art?
Ich stürzte ins Bad und wollte mich übergeben, doch ich würgte nur Flüssigkeit ins Becken. Lediglich grünen, schaumigen Gallensaft, keine Insekten, keine schwarzen Klumpen, die sich in einer Wolke auflösten – nichts. Ich begann zu zweifeln.
Ich muss zum Arzt gehen, war mein Gedanke. Doch wer würde mir Glauben schenken, wenn ich Hilfe suchte? Wem sollte ich erzählen, dass ich kleine Lebewesen hervorgewürgt hatte, die sich wie ein Nebel auflösten?
Im Morgengrauen sank ich erschöpft auf mein Bett, ohne Antworten gefunden zu haben.

Ich träumte von einer olivgrünen Scheibe. Riesig und träge hing sie an einem Himmel, der dabei war, eben diese Farbe anzunehmen.

Es gelang mir mit Mühe, früh aufzustehen und die Routinetätigkeiten zu verrichten, um wenigstens das vage Gefühl zu haben, es wäre ein normaler Morgen.
So erledigte ich all das, was ich jeden Tag tat – mit Ausnahme des Frühstücks. Obwohl ich mir am Abend zuvor die Seele aus dem Leib gekotzt hatte, verspürte ich nicht das geringste Hungergefühl. Ich löschte nicht einmal meinen Durst, sondern spülte mir nur den Mund aus. Selbst dabei kam mir schon wieder das Brechen an. Was geschah nur mit mir?
Heidi aus dem Büro wich meinen Blicken aus. Ich fragte mich, wie viel sie gesehen hatte, als sie zur Toilette reingekommen war. Nicht nur sie, alle anderen Kollegen auch taten beklommen und suchten sich eine Beschäftigung, wenn ich den Raum betrat. Mir war es nur Recht, ich hatte kein bisschen Lust, mich mit jemandem zu unterhalten. Ich wollte meine Ruhe.
So erledigte ich still meine Arbeit und blieb allein im Pausenraum, als die anderen in die Kantine eilten. Ich aß nicht zu Mittag.
Auch das Abendbrot zu Hause ließ ich ausfallen. Ich hatte keinen Appetit.
Ich wollte mit dem Hund einen Spaziergang machen, doch der knurrte mich nur an. Ich konnte ihn partout nicht dazu bewegen, seine Ecke zu verlassen und mir zu folgen. Es fehlte nicht viel und mein eigener Hund hätte mich gebissen.
Ich ging allein in den Wald und genoss die Ruhe. Langsam schlenderte ich den Weg entlang – ohne Ziel - und dachte nach. Als ich zu besagter Stelle kam, erwartete ich fast, das Kaninchen käme wieder auf mich zugelaufen. Natürlich geschah es nicht.
Als ich nach Hause fuhr, war es schon dunkel.
Später rief Sylvia an.
Mit sanfter Stimme fragte sie, wie es mir ginge und ob sie etwas für mich tun könne. Hatte jemand von der Arbeit ihr über mein Missgeschick berichtet?
Ich sagte, sie solle mich in Ruhe lassen und legte auf.
In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich sie hasste. Und zwar hasste ich sie nicht nur, weil sie mich betrogen und mich damit verlassen und mir meine Tochter weggenommen hatte. Ich hasste sie auch nicht allein deshalb, weil sie Sylvia war. Ich hasste sie, weil sie eine Frau war. Und mit ihr hasste ich alle Frauen auf dieser Welt, ob ich sie nun kannte oder nicht, ob sie gut waren oder schlecht.
Es war kein großer Schritt mehr zu der bitteren Erkenntnis, dass mein Hass universal war, sich auf die ganze Menschheit bezog – die der Vergangenheit und auch die der Zukunft. Die gegenwärtige sowieso. Sie alle, Milliarden und Abermilliarden von menschlichen Wesen waren Objekte meines grenzenlosen Hasses. Wenn ich gekonnt hätte in diesem Moment, ich hätte sie alle getötet.
Ich bekam Angst vor mir selbst.

In der Nacht wieder der Traum vom grünen Himmel. Doch dieses Mal gab es nur zwei Ballons, die sich nach einer Weile als zwei olivgrüne Sonnen herausstellten, an einem strahlenden Himmel.
Hier war es nicht öde, obwohl eine Wüstenlandschaft herrschte. Ich wusste nicht zu sagen, warum, aber hier fühlte ich mich wohl und zu Hause.
Als ich erwachte, war mir kalt und ich hatte Kopfschmerzen.

Ich erledigte meine Aufgaben und versuchte so wenig wie möglich, aufzufallen. Ich kam zur Arbeit, zog mich um und begann. Dabei versuchte ich die Tuscheleien der Kollegen zu überhören, die Blicke und kaum versteckten Andeutungen.
Der Neue hielt sich zurück, er beobachtete nur und gab selten Anweisungen. Das gefiel mir, er schien trotz seines Auftretens mehr zu können, als ich angenommen hatte.
Zu Feierabend ging ich wortlos unter die Dusche und nachdem wir uns voneinander verabschiedet hatten, fuhr ich nach Hause, wo mich der Hund wieder anknurrte.
Nachdem ich mich umgezogen hatte, fuhr ich einen alten Bekannten besuchen, der knapp dreihundert Kilometer entfernt wohnte. Wir hatten uns seit Jahren weder gesehen noch gesprochen, so war er entsprechend überrascht, dass ich ohne Ankündigung und abends um acht auf seinem Hof vorfuhr.
Zwei Dinge waren es, die mich zu diesem Besuch bewogen. Sein Job bestand seit langem daraus, für die Landwirtschaft Material zu besorgen. Zum anderen war er mir schon immer als leichtfertig und ein wenig schluderig bekannt.
Kurz bevor ich ihn wieder verließ, stahl ich zwei große Kanister Parathion aus seiner Garage. Wenn der Diebstahl entdeckt würde, hätte er Schwierigkeiten, ihn zu erklären.

Als ich einsam die dunkle Autobahn zurückraste, kam mir zum ersten Male die Frage nach dem Warum auf. Als ich überlegte, weshalb ich das getan hatte, stellte ich fest, dass ich es nicht wusste. Ich konnte nicht sagen, warum ich diese zwei Kanister mit dem hochkonzentrierten Insektizid gestohlen hatte. Es wollte mir ums Verrecken nicht einfallen, weshalb ich mitten in der Nacht unterwegs war mit meiner Beute im Auto.
Es macht mir Angst, etwas zu tun und nicht zu wissen, was der Antrieb dafür ist.
Ich stellte die beiden Kanister in die Garage, und als ich dann nachts um halb zwei mein Haus betrat, kam mir der Hund dazwischen.
Zunächst ließ er sich nicht sehen, er lag wohl in seinem Korb im Keller. Als ich nackt vor der Dusche stand und eben hineinsteigen wollte, kam er aus einer Ecke auf mich zugestürzt. Mit wütendem Knurren schnappte er nach mir und kriegte meinen Oberschenkel zu fassen. Er biss zu - er fiel den an, der ihn jahrelang gefüttert und durchgebracht hatte.
Ich erschlug ihn und warf den Kadaver in die Mülltonne.

Einige Tage später zitierte mich der neue Chef zu sich. Irgendjemand hatte die Zusammenarbeit schon intensiviert und ihm etwas gesteckt. Er saß in seinem neu angeschafften Ledersessel und ich stand wie ein Vollidiot vor seinem Schreibtisch. Die gesamte Zeit der Unterredung hielt er es nicht für notwendig, mir einen Platz anzubieten. Er ist einen guten Teil jünger als ich!
„Mein Lieber“, sagte er mit spitzer Stimme, als hätte ich keinen Namen. „Mir ist da so einiges zu Ohren gekommen.“
Ich sah ihn schief an.
„Mir wurde diese Abteilung hier übergeben, als eine funktionierende Hierarchie, ein eingespieltes Team, sozusagen, in dem sich jeder auf den anderen verlassen kann.“
„Wenn es Ihnen so übergeben wurde“, erwiderte ich abwartend.
„Ich habe den Eindruck, dass dem seit einiger Zeit nicht mehr so ist. Die Kollegen beschweren sich, Sie wären mürrisch, kurz angebunden und sehr oft missgelaunt. Die Arbeit mit Ihnen scheint sehr schwierig zu sein, zur Zeit. Ist bei Ihnen privat alles in Ordnung?“
Ich tat reumütig. Nuschelte etwas von Scheidung, familiären Problemen und ähnlichen Sachen. Es fiel mir nicht leicht, mich so zu erniedrigen. Viel lieber wäre ich zu ihm gesprungen und hätte ihm den Hals umgedreht. Aber erst die Arbeit, dann das Vergnügen!
Nach einigen Minuten hatte ich ihn soweit beruhigt, dass ich sein Büro verlassen konnte.
Ich hoffe, er macht keine Schwierigkeiten mehr.

Ich fühle mich immer besser. Es ist faszinierend; niemals hätte ich gedacht, dass es so etwas gibt.
Seit ich diese kleinen Viecher ausgekotzt habe, habe ich nichts gegessen oder getrunken. Das ist jetzt immerhin fast vierzehn Tage her. Ich müsste tot sein.
Stattdessen ging es mir nie besser. Ich könnte Bäume ausreißen, so stark fühle ich mich.
Dafür gehe ich jetzt schwimmen wie ein Wilder. Mindestens zweimal täglich sieht man mich im Becken des Sportzentrums meine Bahnen ziehen. Ich fühle mich geborgen im Wasser, obwohl ich früher wegen des Chlors diesen Sport kaum ausüben konnte.
Auf Arbeit scheint man nicht der Meinung zu sein, dass ich mich erholt habe. Mit scheelen Blicken verfolgen mich die Kollegen den ganzen Tag.
Doch solange sie mich in Ruhe lassen, so störe ich sie auch nicht.

Ich habe Furcht! In manchen Momenten habe ich Gedanken, die mich ängstigen und die ich nicht wirklich begreifen kann.
Andererseits gibt es Augenblicke, in denen ich meine, zu wissen, was gespielt wird. Die Träume jede Nacht, die Veränderungen, die mit mir vorgehen, das Insektenvernichtungsmittel. Das alles zusammen ergibt dann einen Sinn. Doch dieser Sinn ist so monströs, so grauenhaft, dass ich wieder zweifele.
Die Träume! Immer sehe ich diese Welt, mit den zwei grünlich schimmernden Sonnen. Wenn ich dort bin, ergreift mich eine Melancholie, ich bin verwundet und möchte weinen. Doch dann bricht Nacht herein, beide Sonnen gehen unter und die Kälte kommt. Und mit der Kälte kommt das Grauen.
Es ist eine tote Welt, die da vor mir entsteht, es regiert das Verderben. Nichts und niemand kann hier leben.
Wenn ich aus diesem Traum erwache, bin ich schweißgebadet und zittere am ganzen Körper. Ich brauche dann lange, ehe ich ins Diesseits zurückgefunden habe.

Von meinen morgendlichen Tätigkeiten aus früheren Zeiten sind lediglich das Zähneputzen und das Rasieren übriggeblieben. Ich kann es mir nicht leisten, durch Mundgeruch oder wilden Bartwuchs aufzufallen.
Als ich heute morgen den Rasierer weggelegt hatte und dazu übergegangen war, jede einzelne Partie meines Antlitzes zu studieren, kamen mir wieder Zweifel. Was war aus mir geworden, wie weit würde ich mich noch verändern? Was hatte ich vor, was hatten sie vor?
Sylvia hatte früher immer gesagt, dass sie meine Augen mit ihrer haselnussbraunen Farbe an treue, warmherzige Hundeaugen erinnerten. Doch das war einmal. Aus dem Spiegel schauten mich zwei wasserblaue Pupillen an, mit einem kalten, harten Glanz.
Die Tatsache, dass meine Augäpfel eine andere Farbe angenommen hatten, erschütterte mich nicht sonderlich, was mir wirklich Angst machte, war das Faktum, dass es mich nicht im Geringsten überraschte.
Bevor ich ins Auto stieg, legte ich die Kanister Parathion in meinen Kofferraum. Ich gab dem inneren Zwang nach und trug sie in unseren Umkleideraum und verstaute sie in meinem Schrank, ohne dass mich jemand sah.
Ich denke, mit einer solchen Menge Insektizid, kann man wahrscheinlich sämtliche Insekten der Welt ausrotten.

Mein Herz schlägt nicht mehr!
Durch einen Zufall bin ich dahinter gekommen. Nirgends bei mir ist ein Herzschlag zu spüren. Ich suchte mit der Hand den ganzen Brustkorb ab, ich tastete links und tastete rechts. Atemlos lauschte ich und versuchte, das vertraute Pochen zu erfühlen. Doch nichts – lähmende Stille überall. Im gesamten Körper herrscht Todesschweigen.
Kein Herzschlag!
Bei der Gelegenheit fand ich heraus, dass mein Pulsschlag ebenfalls fehlte, ebenso wie meine Atmung.
Ich atme nicht, mein Herz hat aufgehört zu schlagen und auch mein Puls wird niemand mehr ertasten. Und trotzdem lebe ich!
Ich bin ein gottverdammter Zombie. Ich bin einer dieser Untoten, wie sie in billigen Horrorfilmen herumtapsen, um dem Zuschauer Angst zu machen.
Mein Leben hat sich sehr verändert
Oder sollte ich besser sagen, mein Dasein?

Jetzt sitze ich hier auf meiner Terrasse und blicke in den Nachthimmel. Die Abermilliarden Sterne, die dort oben funkeln, machen den Eindruck, als wollen sie jeden Augenblick auf mich niederstürzen.
Ich bin entspannt und fühle mich gut. Das erste Mal, dass ich Lust habe, etwas zu mir zu nehmen. Ich würde mir gerne einen Drink machen, doch ich weiß, dass dies verheerende Folgen hätte.
Sylvia kam heute Nachmittag. Ich war gerade von der Arbeit zurück, als sie an der Tür klingelte und mich dämlich angrinste.
„Irgendetwas stimmt nicht mit dir“, sagte sie unsicher.
„Was soll das, Sylvia. Spionierst du mir nach? Mach dich nicht lächerlich!“
Ich versuchte, sie noch loszuwerden, doch sie war hartnäckig. Sie ließ sich nicht abwimmeln, sie hatte wohl ihre Mitleidsphase. Die hatte sie früher öfter gehabt.
Schließlich musste ich sie herein bitten, um mich nicht verdächtig zu machen. Sie wollte herumschnüffeln, das sah ich sofort, kein Zweifel, dass sie mich bespitzeln wollte.
Also schlug ich sie nieder, zunächst mit einer Blumenvase. Ich schleifte sie in den Garten und machte ihr mit dem Spaten endgültig den Garaus. Sie hat es verdient.
Es ist sowieso egal, ob früher oder später.
Bald ist es vorbei, ich kann es spüren. Die Zeit ist reif und die Vorbereitungen sind getroffen.
Ich bin bereit!

NEIN!
Das darf nicht sein!
Ich weiß, wohin das alles führen soll. Alles im Leben ist Veränderung, und jeder ist davon betroffen. Wer sich nicht verändert, wird früher oder später zurückbleiben.
Der Mensch hat sich diesen Ort nicht ausgesucht, kann ich etwas dafür, dass dies ein so schöner Platz ist?
Nachdem ich zwei Wesen, die mir im Leben wirklich etwas bedeuteten, getötet hatte, ging ich ins Badezimmer und wusch mir die Hände.
Da starrten mich die beiden blauen Augen an, hart und kalt, und ich bekam eine Gänsehaut. Soll es tatsächlich so sein, dass es nur noch blass-blaue Augen geben wird, die in unsere Welt schauen? Eine Armee blauer Augen.
Ich bin ein Verräter. Wie einst Judas, werde ich feigen Verrat üben, dazu bin ich auserkoren und vorbereitet. Ich soll diese, meine Stadt ins Verderben stürzen.
Der Jesus, den ich verraten werde, ist ein riesiger Gebäude- und Anlagenkomplex, in dem Wasser aufbereitet wird, gespeichert und ausgeliefert. Meine Lippen, gespitzt zum Judaskuss, sind zwei unscheinbarer Kanister und ein Filter, der extrem wichtig ist für die Menschen, die hier leben. Ich werde die Stadt ausliefern.
Doch ich kann zum Helden werden. Zu einem Helden, der unbekannt bleiben wird. Ich muss nur den Kampf gegen mich selbst gewinnen.
Oder gegen das, was davon übriggeblieben ist.
Ich werde mich umbringen, wie einst Judas Ischarioth. Doch ich werde es vor der Preisgabe tun, vor dem lange geplanten Akt des Treuebruchs. Damit werde ich richten, bevor die Tat geschehen, aber es geht nicht anders. Es müssen Opfer gebracht werden, es hilft gar nichts. Es ist sowieso kein Leben mehr für mich.
Ich hoffe nur, dass all die anderen gezüchteten Überläufer noch so klar sind, ebenso zu handeln, wie ich. Der Mensch soll sich würdig erweisen!
Die Anderen müssen sich verrechnet haben!
Die Anderen!

ENDE

 

Hallo Hanniball!

Da ich die erste Version der Geschichte vor über einem Jahr gelesen habe, sind mir die Details jetzt nicht mehr so genau in Erinnerung. Die wesentlichste Änderung scheint mir, dass das Vieh jetzt ein Karnickel ist. :D
Die Änderung geht in Ordnung, aber ein Vieh unbekannter Art bzw. Herkunft hatte auch etwas für sich. Ein Kaninchen ist eher etwas Niedliches, noch dazu, wenn es blaue Augen hat. Vielleicht ist hiermit der Übergang zu dem „dicken Ende“ etwas krasser als bei einem unbekannten Wesen. Schwer zu sagen, wie ich es beurteilen würde, wenn ich die alte Version nicht kennen würde,

Bei der ersten Fassung gab es diese Bowlingszene, das ist jetzt besser gelöst, finde ich. Dennoch würde ich die Szene mit der Verabschiedung des Chefs etwas kürzen.
Wenn ich mich nicht täusche, ist die Geschichte insgesamt nicht kürzer geworden, und wie bei der alten Version sind auch hier ein paar Passagen, die man vielleicht etwas straffen könnte, z.B. diejenigen, in denen es um die Firma bzw. den neuen Chef geht.

Sätze wie „Er ist eine ganze Zahl von Jahren jünger als ich!“ oder „Ich tat reumütig.“ gefallen mir sprachlich nicht so besonders, aber das ist natürlich auch eine Geschmacksfrage. Meine Ansichten zu etwas hochgestochener, eher althergebrachter Sprache bei modernen Storyplots kennst du ja. ;)

Noch ein paar Details:

„Er kam aus der Schonung gebrochen und schien von alledem nichts mitbekommen zu haben.
...
Da brach der Cocker aus dem Dickicht hervor.“
>>> das erste „herausbrechen“ gefiel mir nicht – „gekrochen“ sollte es aber nicht heißen, oder?

„Also schnappte ich mir das Langohr heute Vormittag und stellte ihn dem Veterinär vor.“
>>> „Das“ Langohr verlangt hinten meines Erachtens ein „es“.

„Wie dem auch sei, meine Tochter ist ganz vernarrt in seinen neuen Spielkameraden“
>>> Auch hier: entweder „das Mädchen“ oder „ihren Spielkameraden“.

„Als ich mit der Kleinen im Schwimmbad gewesen war, kam es, dass ich“
>>> in meinen Augen unschöne Formulierung; „es kam, dass“ würde ich nicht verwenden

„Die Tür in meinem Rücken ging.“
>>> Wo ging die Tür denn hin? :D

„In diesem Moment wurde mir bewusst, dass ich sie hasste. Und zwar hasste ich sie nicht nur, weil sie mich betrogen und mich damit verlassen und mir meine Tochter weggenommen hatte. Ich hasste sie auch nicht allein deshalb, weil sie Sylvia war. Ich hasste sie, weil sie eine Frau war. Und mit ihr hasste ich alle Frauen auf dieser Welt, ob ich sie nun kannte oder nicht, ob sie gut waren oder schlecht.“
>>> Diese Passage fand ich ein bisschen dick aufgetragen.

Soweit mein Senf dazu.

Viele Grüße
Christian

 

Hallo Blackwood, schön von dir zu hören, Criss!

Kanntest du die Story tatsächlich schon, Blackwood, wusste ich nicht. Die Reaktionen damals waren recht zwiespältig, aber ich hatte immer das Gefühl, dass die Idee, die dahintersteckt, nicht schlecht ist. Als ich sie noch mal las, fiel mir auf, dass einige Dinge nicht zueinander passten.
Ganz schrecklich fand ich die Käfer, die der Prot. kotzt, völlig ohne Motivation und Zusammenhang. Ich glaube, indem ich das Tier unbekannter Art in ein irdisches Kaninchen verwandelte, habe ich die Sache etwas glaubhafter (?) gemacht.
Ich habe die einzelnen Szenen in ihrer Abfolge geändert, weil damals der Vorwurf laut wurde, dass die Story bis zur Mitte langweilig sei, hoffe, das hat sich ein wenig geändert.

Zum Schluss hin habe ich ein wenig den Überblick verloren und war mir nicht mehr sicher, ob das alles so richtig war, was ich tat. Aber dann siegte meine Überzeugung, dass das Ende möglichst kurz und vor den Latz geknallt kommen muss (kann mich auch irren).

Ich weiß, dass du, Criss, mit der Form der Erzählung (Ich-Erzähler) nicht glücklich warst und bist. Aber ich denke, das ist die adäquate Weise, diese Fabel zu erzählen.

Danke an Euch (und ja, ich wer schon interessiert an eine Auflistung der Kritikpunkte) und Recht hast du Criss mit deinen Fehlern (also, es sind ja meine, aber du hast sie gefunden:D)

Viele Grüße von hier!

 

Hi Hanniball! Es dauerte ein wenig, aber letztendlich hab ich es doch geschafft! :D

Dies und Das:

Auch wenn der Cocker alt ist, wenn er im Unterholz herumschnüffeln kann, wenn er Mäusen hinterher jagen oder irgendwelchen größeren Tieren nachbellen kann, dann ist er glücklich und lebt auf.
Auch wenn du dieses "kann" mit Sicherheit absichtlich wiederholt hast, finde ich, es stört, da es einfach nicht notwendig ist.

Er konnte also kaum so schnell mit dem Schwanz wedeln, wie er sich freute, doch meine Tochter musste ich überreden, mitzukommen.
also streichen.
Aber irgendwie finde ich, der Satz sitzt nicht ... naja, perfekt. Frag mich jetzt nicht woran es liegt. (ich glaube aber an dem: wie er sich freute)

Der Hund stöberte in einer Schonung, die Kleine sammelte Blätter und ich ging still nebenher, schaute zu und freute mich, als plötzlich ein ohrenbetäubender Lärm die Ruhe zerriss.
Was? Wie bitte? :)


Dann ertönte ein langgezogenes Quietschen, wie dieser ekelhafte Laut, wenn jemand mit den Fingernägeln über eine Tafel kratzt – grauenhaft langsam.
als würde jemand mit den Fingernägeln über eine Tafel kratzen. (vielleicht?)


Dann, mit einem Schlag, Stille Totenstille. Die Natur schien den Atem anzuhalten.
In die Stille hinein hechelte plötzlich der Hund.
für meinen Geschmack zuviel der Stille.

Ihr gefiel es gar nicht, dass ich das Tier aus dem Wald mitbrachte.
entweder: gefällt oder: mitgebracht hatte.

Im Betrieb bahnen sich Veränderungen an; mein Chef wird wohl aufhören. Er geht in den Ruhestand.
doppelt gemoppelt

Sie hat es getan!
Ich finde, das klingt viel schockierter, als der Prot letztendlich ist.

So hält sie mich für Momente gefangen mir ihrem Blick und wenigstens hier, wenn auch in einer falschen Situation, entsteht die Nähe zwischen uns, die ich schon solange vermisse.
Gefällt mir großartig!
Auf Arbeit steht alles im Zeichen der Übergabe.
Auf der?

Ich weiß nicht, wie viel diese mannstolle Amazone selbst erfunden hat, aber nach ihren Worten zu urteilen muss dies ein Prachtkerl von einem Mann sein, zum Fürchten und zum neidisch werden.
zu urteilen, muss

Die halbe Nacht saß ich und starrte auf den Fernseher, der das einzige, flackernde Licht im Wohnzimmer war.
Ich weiß nicht, finde aber, dieses saß ich nimmt dem Satz den Rhythmus.

Wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm, so krallte sich das Kaninchen an das immer noch feuchte Handtuch fest, und ich war kaum fähig, es abzuschütteln und in seinen Käfig zu geben.
krallte sich an das Handtuch fest? Klingt irgendwie zuviel
krallte sich in das Handtuch
Das ist schon ein seltsames Wesen, das da mit mir die Wohnung teilt.
... das sich da ...

Nachdenklich kratzte ich meinen rechten Zeigefinger, als ich das unheimliche Bild betrachtete.
Schön, wie unaufdringlich du an den Biss erinnerst. :)

Der Alte hatte sich Mühe gegeben, das war zu sagen.Er hatte ein Restaurant angemietet,
1. Fehlt da ein Leerzeichen
2. das war zu sagen, kenn ich nicht. sagt man das so? Ich kenn nur: das musste man ihm lassen.

Bei diesem Gedanken kam es mir wieder hoch und ich spie erneut auf die Erde
Warum nicht Boden?

Als ich völlig fertig nach Hause gekommen war, hatte der Cocker mich aus heiterem Himmel angeknurrt. Ruhig hatte er in der Tür gestanden, seine Lefzen gehoben und leise und drohend geknurrt.

Das schwarze Puder, das sich aus meiner Kotze erhob.
Nee, das passt nicht zu dem Prot. meinem Erbrochenem. ;)

Doch wer würde mir Glauben schenken, wenn ich Hilfe suchte.
. > ?

Zu Feierabend ging ich wortlos unter die Dusche und nachdem wir uns voneinander verabschiedet hatten, fuhr ich nach Hause, wo mich der Hund wieder anknurrte.
Gefällt mir auch, diese Beiläufigkeit :)

Als ich nackt vor der Dusche stand und eben einsteigen wollte,
hinein. einsteigen klingt so nach U-Bahn. ;)

was mir wirklich Angst machte, war das Faktum, das es mich nicht im Geringsten überraschte.
dass

Durch einen Zufall bin ich dahinter gekommen. Nirgends bei mir ist ein Herzschlag zu spüren.
Mich würde wahnsinnig interessieren, welcher Zufall das wäre! Ehrlich! :)

Die hatte sie früher öfter.
Die hatte sie früher öfter gehabt. oder?


Ich habe diese Geschichte schon einmal gelesen (also, nicht nur die von Cerberus, sondern auch diese hier) und schon damals fand ich sie großartig. (Ist jetzt allerdings schon ne Zeit her).

Sie ist lang, aber mit diesem so fließenden Stil schaffst du es immer wieder aufs Neue mich zu fesseln. Die ganze Geschichte liest sich eher wie ein (zeitloser) Tagebuch eintrag, und trotzdem äußerst spannend. Selbst nach dem wiederholten Lesen! Der Plot gefällt mir (vor allem der Kampf gegen sich selbst gegen Ende, auch wenn er nur sehr kurz ist *g*).

Großartige Geschichte!

Tama


P.S.: Die vielen, vielen Anmerkungen hab ich nur aufgeschrieben, da ich mich wirklich darauf konzentriert hab, welche zu finden. ;)

 

Hallo Tamira!

Du weißt sicher sehr gut, dass ich dir zu Dank verpflichtet bin. Hast mir eine Wahnsinnsarbeit abgenommen.
Obwohl ich diese Überarbeitung nochmal überarbeitet gehabt hatte, musste ich sie noch mal überarbeiten. Man kann nur immer wiederholen, Leute: Beschäftigt euch mit euren Texten! (Und mit anderen!)

Fast alle von dir aufgezählten Fehler habe ich korrigiert, spricht für deine Aufmerksamkeit.
Die Schonung kennst du nicht? Steht sogar im Duden als junger Baumbestand.

Ich werde mich morgen nochmal mit dem Stück beschäftigen und dann - weg damit!

Vielen Dank also und ich hoffe auf weitere interessante Gespräche über Plots, Stil und Protagonisten ;) !

Hi Cerb!
Schön, von dir zu hören! Kennst die Geschichte, was? :D

Also, viele Grüße von hier!

 

"Da sieht man, wo die ganz Großen stecken!"

Moin Hanniball.

Wie umschrieb Blackwood diese Geschichte doch so treffend?: Großartig. Ja, genau, das ist sie wahrhaftig.

Ich möchte mich zunächst einmal auf die Charaktere beschränken. Geschickt bringst du deinen Prot in die Story ein. Innerhalb weniger Sätze hatte ich ihn lieb gewonnen. Du zeigst ihn als einen sehr fürsorglichen Familienvater, er hegt einen herzlichen Umgang mit seiner Tochter, verbringt viel Zeit mit ihr.
Dann der Betrug durch die Frau.
Mensch, Hanniball, du schafftest es, dass mir ein Kloß der Rührung im Halse steckte. Und irgendwie war ich traurig, dass die Geschichte einen ganz anderen Verlauf nehmen sollte.

Dieser rührende Anfang hätte durchaus als Plot herhalten können. Okay, natürlich dann nicht in dieser Rubrik ... :D

Der neue Chef war ebenfalls sehr schön gezeichnet, trotz der relativ kurzen Erwähnungen.

Zum Plot:
Mit der Überschrift verrätst du leider schon sehr viel. Eigentlich schade (soll jetzt keine Retourkutsche sein, ehrlich). Denn nur durch die Überschrift wurde ich aus der Mystik des Kaninchens immer wieder herausgerissen. Die blauen Augen, der Blick zum Prot während des Spielens mit der Tochter.
So untypisch für ein Nager, aber, da es sich ja um eine feindliche Übernahme handelte, leider logisch. Schade.

Ansonsten baust du den Plot mit einer beinahe schon latenten Spannungskurve auf. Die Karnickelsache als Vorläufer für die Übernahme des Prot.
Sehr gut gefiel mir hier die Szene bei der Abschlussfeier (die übrigens mMn nicht hätte kürzer sein dürfen, denn hier entsteht ein hoher Anteil an Atmosphäre).

Der Schluss:
Tja, du sagst er musste abrupt kommen. Okay, er muss nicht länger sein, trotzdem war er ein wenig enttäuschend. Vielleicht, weil er so abrupt kam?
Ich weiß jetzt auch nicht. Vielleicht aber auch, weil die Wesen doch nicht so unbesiegbar waren, wie du sie entwickeltest.

Egal, nichts desto trotz, tut der Schluss der Geschichte keinen Abbruch. Hat mir wirklich sehr gut gefallen, und ich habe sie trotz der Länge in einem durchgelesen. Liegt wohl am fesselnden Stil!

Gruß! Salem

Einen habe ich dann doch noch: :shy:

Das allein ist schon skurril genug, die Art und Weise, wie ich an das Tier kam bin, wird man mir kaum glauben.

 

Hallo Salem, alter Mückenzüchter! :sealed:

Ich war damals ein ganz klein wenig sauer, dass die überarbeitete Version so wenig Beachtung gefunden hat, weil ich sie auch für eine der gelungeneren meiner Werke halte (na ja, für einen Phantastiktext zumindest). Aber ich bin drüber weg, ehrlich, ganz bestimmt! :schiel:

Freut mich, dass er dir gefallen hat, obwohl du ja von einer ganz anderen Ecke kommst. Dass du den Prot liebgewinnst lag nur soweit in meiner Absicht, als er ja später möglichst fies rüberkommen sollte. Schön, wenn mir der erste Teil gelungen ist.

Der neue Chef war ebenfalls sehr schön gezeichnet, trotz der relativ kurzen Erwähnungen.

Das ist eine Kunst, an der ich mich lange versuche zu üben. Schwer, Charaktere mit wenigen Worten zu umschreiben, aber lohnenswert.

Denn nur durch die Überschrift wurde ich aus der Mystik des Kaninchens immer wieder herausgerissen.

Tja, mich plagte während des Schreibens ständig die Angst, dass man nicht verstehen würde, worauf ich hinauswollte. Aber, was ich dir ja auch oft genug auf den Teller gekippt habe: Unterschätze den Leser nicht!

trotzdem war er ein wenig enttäuschend.

Ja, im Nachhinein, als ich die Story nochmal mit Abstand gelesen habe, war ich auch der Meinung. Wenn ich mich wieder durchringe, werde ich es in jedem Fall berücksichtigen und den Schluss ausbauen.


Hat mir wirklich sehr gut gefallen, und ich habe sie trotz der Länge in einem durchgelesen. Liegt wohl am fesselnden Stil!

Danke, Mann!


Danke, Mann, für deinen Kommentar. Wir sehen uns spätestens am Weiher, wo die vielen Mückenlarven lauern. Oder besser noch, in dem furchtbar dunkelen Raum!

Viele Grüße von diesseits!

 

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