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Filigran und transdermal

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12.05.2025
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Filigran und transdermal

Zuerst verspürte ich ein leichtes Kribbeln, fühlte dieses zunächst nur an einzelnen Stellen. Dann wurde es stärker, weitflächiger, und dann sah ich sie: Hunderte, wenn nicht tausende schwarz-rote Ameisen, die auf meinen beiden Händen unaufhörlich in Bewegung waren – vom distalen Unterarm weiter bis zu den Spitzen der kleinen Fingergelenke. Ich musste dieses Gewusel nur kurz beobachten, um zuerkennen, diese winzigen Tierchen schienen nach einem bestimmten System auf diesem Bereich meines Körpers unterwegs zu sein, wie ferngesteuert einer verborgenen Choreografie folgend. Betroffen von den krabbelnden Bewegungen war nicht die gesamte Fläche meiner Arme; der größere Teil befand sich unter einer dicht anliegenden Folie. Ich fühlte mich ausgesprochen wohl dabei - ein angenehmes Gefühl auf der Haut -, das ich so noch nicht kannte.

Als die sedierende Wirkung des vorsorglich verabreichten Beruhigungsmittels allmählich schwächer wurde, sah ich immer deutlicher, was sich auf meinen Händen und Fingern abspielte. Diese Miniaturgeschöpfe verrichteten dort emsig ihre Arbeit. Keineswegs um mir zu schaden, im Gegenteil, sie trugen zu meinem Wohlbefinden bei, indem sie die auf meinen Händen befindliche Schicht aus Blütenhonigvollständig in sich aufnahmen, mit Genuss, wie mir schien. Und dieser Nektar wurde von ihnen unverzüglich vor Ort verstoffwechselt und ausgeschieden - dies war Teil eines Plans. Was ich dort beobachten konnte, war, vereinfacht ausgedrückt, eine therapeutische Maßnahme auf Basis von Ameisenkot, die mit den feinen Beißwerkzeugen der Tierchen subkutan in meinen Körper verbracht wurde. Zum Schutz vor unerwünschten Irritationen war ein dünner, glänzender Fettfilm auf die Oberhaut meiner Hände aufgetragen worden

Und dann sah ich sie heranschweben, die zwei dezenten Assistentinnen des Dr. Wahyuni. Sie kamen in den Behandlungsraum, in dem ich für die Dauer der Anwendung in einer Atmosphäre der spirituellen Ruhe und Entspannung untergebracht war, wo die Ausstattung der Räumlichkeiten durch die Verbindung zu natürlichen Materialien für zusätzliches Wohlbefinden sorgte. Die beiden medizinischen Helferinnen schabten mit einem Bambusspan sanft die Haut auf meinen Händen frei, streiften die Ameisen, eine nur hier in Indonesien vorkommende Unterart der Carabera Diversa,in einen mit einer Nährlösung gefüllten Behälter, bevor sie mic hmit ihren kleinen, geschickten Händen wuschen; alles war wieder schier und entspannt. So hatte ich einen ungehinderten Blick auf die Beschaffenheit meiner schlanken, langgliedrigen Finger. Und deren vorher eingeschränkte Funktionstüchtigkeit war es, die mich hierhergeführt hatte, in das Dschungelcamp des Naturheilers Dr. Wahyuni nahe der Ortschaft Sangatta auf der Insel Kalimantan. Dieser galt als Spezialist für die Behandlung dysfunktionaler Körperlichkeit verschiedenster Art.

Allein durch den Anblick meiner Finger geriet ich in Euphorie. Als ich dann die ersten Bewegungsversuche unternahm, war meine Begeisterung grenzenlos. Jetzt, nach dem dritten Behandlungszyklus, war von dem Zustand einer fortgeschrittenen Arthrose nichts mehr zu spüren ,alles fühlte sich wieder absolut geschmeidig an – der Idealzustand für die Hände eines Pianisten. Vor dieser Behandlung hatten mir in Deutschland Ärzte verschiedener Fachrichtungen prognostiziert, dass die Arthrose in meinen Fingergelenken nicht zu stoppen wäre, sie unweigerlich zum Ende meiner Karriere als Konzertpianist führen würde. Dass dies nun nicht mehr zu befürchten wäre, habe ich dem indonesischen Urwald-Doktor auf dieser exotischen Insel zu verdanken, in dessen Hände ich mich auf Empfehlung eines befreundeten Kollegenbegeben hatte.

Nach dem ich zur abschließenden Besprechung in das Besprechungszimmer des Naturheilers geführt worden war, blickte ich mit einem Ausdruck des ehrfürchtigen Danks in das freundliche Gesicht des Therapeuten. In dieser euphorischen Stimmung wollte ich meine Wertschätzung zum Ausdruck bringen, indem ich dem Therapeuten erklärte:

Diese Tierchen sind sensationell. Ich bin total begeistert. Die würde ich glatt nach Deutschland mitnehmen.“

Ich hatte eine positive Antwort oder irgendeine andere zustimmende Reaktion erwartet. Aber Dr. Wahyuni stutzte nur kurz, sah mich nachdenklich an, bevor er fragte, ob auch ich diesen westlichen Reflex besäße, alles, was aus dem globalen Süden wertvoll und nützlich sei, nach Zuhause mitnehmen zu wollen. Ich hatte niemals in meinem Leben den Hang zu kolonialistischen Ambitionen an mir festgestellt. So schwieg ich zunächst betreten, und meine Worte klangen ein wenig lahm, als ich antwortete::

Nein ,natürlich nicht.“

 

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