Was ist neu

Flatterei

Mitglied
Beitritt
28.02.2008
Beiträge
48
Zuletzt bearbeitet:

Flatterei

Weil er das ständige Grinsen seines Onkels nicht mehr länger sehen konnte, weil er die immergleichen Sprüche der Zustimmung, die seine Tante von sich gab, nicht mehr hören wollte, erhob er sich und fragte einen Angestellten des Hotels nach der Toilette.
"Einfach durch die Tür dort, dann geradewegs durch den Raum. Zu Ihrer Rechten finden Sie schließlich, was Sie suchen."
"Dankeschön."
Ulf befand sich im Hotel Kalifornien, wo er heute seinen Geburtstag feiern ließ. Da sich der Tag seiner Geburt zum vierzigsten Mal jährte, hatte seine Frau gleich zwei Räume im Restaurantbereich des Hauses reservieren lassen. Die Festtagsgesellschaft war in angenehmem Maße ausgelassen und erfreute sich an den schweren Braten sowie den passenden Weinen. Ulf selbst war etwas erschöpft, weil er schon den ganzen Tag lang immer wieder im Mittelpunkt irgendwelcher Gratulantenrunden hatte stehen müssen. Er ließ ein künstliches Lächeln von seinem Gesicht fallen, als er durch die Türe trat.

Zur großen Überraschung des Ulf Gerber fand im Nebenraum ebenfalls eine große Feier statt. Die flachen Sideboards entlang der Wände quollen fast über von flackernden Kerzen, so dass das flüssige Wachs schon Klumpen gebildet hatte und teilweise auf den Boden herablief. Oben an der Decke baumelten die üblichen Kronleuchter, doch in diesem Saal hatte man die weißen Glühbirnen durch kunterbunte ausgetauscht. Es standen kleine Gruppen von Personen in allen Ecken des Saales: Soldaten, Männer, die Masken trugen und Damen mit flamingofarbenem Federschmuck. Ulf bahnte sich seinen Weg durch die umstehenden Grüppchen hindurch geradewegs zum angestrebten Ort. In Gedanken fragte er sich selbst, ob man es für ungewöhnlich halten darf, mitten in der Weihnachtszeit auf eine Kostümparty zu treffen. Er wusch sich die Hände und trat wieder hinaus in das bunte Treiben.
"Ein Glas Sekt, der Herr?"
Eine goldglänzende Rabenschnabelmaske ragte Ulf entgegen. Auf dem Tablett, welches man ihm darbot, standen noch vier volle Gläser. Ulf nahm eines und stellte sich zu einigen der hier üblichen Narren, um selbige zu mustern. Fast alle männlichen Gäste trugen eine Maske, während sich die Frauen in Abendkleider gehüllt hatten und abenteuerlich bunte, vogelartige Konstruktionen als Frisur trugen.
"Sie haben ja gar keine ..."
Ulf gegenüber stand eine junge Frau, die mit dem rot lackierten Nagel ihres Zeigefingers auf ihr eigenes Gesicht wies. Sie trug ein schwarzes Ballkleid und betonte ihren dunklen Teint durch leuchtend roten Lippenstift. Ihre schwarzen Haare standen zu Berge, wobei sie sich an den Seiten der Frisur rollten und kringelten wie Zigarettenrauch.
Ulf wurde bewusst, dass er auf dieser Party ohne Maske noch mehr auffiel, wie auf seiner eigenen Geburtstagsfeier nebenan.
"Kann ich denn irgendwo eine bekommen?"
Die Frau hauchte ihm ins Ohr, er möge ihr folgen. Sie musste sich ein wenig bücken im Durchgang zur Garderobe, um ihre turmartige Frisur nicht zu zerstören. Als Ulf zwischen Wintermänteln und Nerz stand, schloss sie dir Türe.
"Du brauchst doch gar keine Maske, du bist so ein schöner Mann!"
Ulf Gerber hatte Schweißperlen auf der Stirn. Doch es zirkulierten so viele Sektbläschen durch sein Blut, dass er genug Mut hatte, nicht sofort aus dem dunklen Raum zu stürzen. Er stotterte: "Ich habe ... Ich wollte nur ..."
Rote Lippen lächeltem ihm spöttisch entgegen. Sie kam auf ihn zu.
"Heute ist dein Geburtstag."
Ihr Kleid war hinter dem Rücken mit einer großen schwarzen Schleife zusammengebunden. Sie begann, an dem breiten Stoffband zu ziehen. Ulf stand wie gebannt.
"Das ist wahr, heute ist wirklich ... Mein Vierzigster."
"Erzähl keinen Unsinn!"
Sie krallte eine Hand in sein Haar und küsste ihn auf die Lippen.

In diesem Moment klapperten Kleiderbügel aneinander. Die Dame ließ hektisch von Ulf ab. Er stand noch immer unbewegt und fuhr sich jetzt mit der Hand über den Mund. Ein Bediensteter des Hotels hatte die Garderobe betreten.
"Frau Zwiestadt, Ihr Mann lässt Sie schon suchen."
"Ich wollte nur meinen Mantel holen."
Sie wandte sich Ulf zu: "Kommen Sie. Ich stelle Ihnen meinen Mann vor."
Sie gingen wieder durch die bunt beleuchtete Halle und drängten sich durch die Vogelschar der Maskengäste. Frau Zwiestadt stöckelte voran.
"Dies hier ist die Geburtstagsfeier meines Mannes. Er wird heute fünfzig. Maskerade hält er für ein großes Vergnügen. Schon seit mindestens fünf Jahren verwandeln wir uns für alle Familienfeiern in bunte Vögel. Der Admiral da hinten, das ist er."
In der Ecke des Saales unterhielt sich ein voluminöser Herr in marineblauer Uniform mit dem Rezeptionisten des Hotels. Frau Zwiestadt ging mit ihrer neuen Begleitung langsam auf die beiden zu. Das Gespräch brach ab, als der Hotelangestellte Ulf erkannte:
"Herr Gerber, ich will Ihnen ja nicht zu nahe treten, aber Ihre Feier befindet sich im Nebenraum."
Er machte große Augen und deutete kurz auf die eigenen Lippen. Doch Ulf ging wie in Trance auf den Admiral zu. Dieser schien zu stolpern, gerade als die beiden Männer voreinander standen.
"Ich will Ihnen nicht zu nahe treten! Ich will Ihnen nicht auf die Füße treten!"
Herr Zwiestadt schien betrunken zu sein, er wankte ein wenig und versuchte ein weiteres Mal, Ulf auf die Füße zu treten. Das Vorhaben misslang, denn die Koordination des Mannes im Offiziersgewand war nicht mehr die beste. Ulf begriff, dass sich wohl ein wenig roter Lippenstift in seinem Gesicht befinden musste. Er wurde sehr nervös:
"Hören Sie, Herr Zwiestadt ..."
Der Herr in marineblau zog den Degen seines Kostümes und hob ihn hoch über seinen Kopf. Einige der Gäste rissen erstaunt die Augen auf und Gesprächskreise flatterten auseinander. Die Flammen der Kerzen kreiselten wie wild, sodass Schatten über die Holztäfelung der Wand flogen. Ulf sah, dass die bunten Glühbirnen der Beleuchtung von der Glatze des Herrn Zwiestadt reflektiert wurden. Er stand gelähmt.

Ramona Gerber sah sich zum wiederholten Male nach ihrem Mann um, konnte ihn aber nicht finden. Sie erhob sich und lief den Gang entlang, der zu den Toiletten führte. Dort öffnete sie vorsichtig die Tür, an der "Herren" stand und rief: "Ulf? Bist du da?"
Irgendwo tropfte ein Wasserhahn, doch kein weiteres Geräusch war zu vernehmen. Während sie lauschte, wanderte ihr Blick zu einem Gemälde, das an der Wand des Flures hing. Abgebildet war eine Schlachtszene, an deren Rande sich die Hölle öffnete. Dort, wo der Boden aufgebrochen war, sah man rötliche Lichtstrahlen aus dem Erdinneren heraufleuchten und einen ganzen Schwarm Krähen, der dieser Öffnung entstieg. Die detailreich in Öl gemalten Soldaten verschiedener Parteien metzelten einander nieder, während im Zentrum ein Duell tödlich zu enden schien: Ein schwergewichtiger Offizier stieß seinen Degen heradewegs durch den Hals eines Mannes, dem das Blut in den Kragen der Uniform lief.
Die Grausamkeit der Darstellung machte Ramona schaudern. Warum hängte man ein solches Werk in einem Hotel auf, in dem sich die Besucher doch wohlfühlen sollten? Sie beschleunigte ihre Schritte auf dem Weg zur Rezeption, wo sie sich nach dem Verbleib ihres Mannes erkundigen wollte.
Es war dort jedoch kein Hotelangestellter zu sehen, nur die große Pforte des Hauses stand offen. Der Schneefall hatte zugenommen. Nachdem Ramona Gerber auf die Klingel geschlagen hatte, wartete sie und hoffte im Stillen, dass es dieses Jahr nicht wieder zu solch schlimmen Unwettern kommen würde wie vor zwei Jahren: Damals war das Ehepaar sieben Tage lang in ihrem eigenen Anwesen eingeschlossen gewesen, das wegen der Hanglage keinen einfachen Zugang für Schneeräumfahrzeuge bot. Nach einer Weile wurde die Isolation von anderen Menschen sehr unangenehm und die ständige Nähe zu ihrem Mann war kaum zu ertragen. Aber am schlimmsten war, dass Ulf ständig betonte, alles würde gut.

Die Hotelbelegschaft ließ sich nicht blicken. Verärgert schritt sie zurück in den Saal, in dem die Gäste saßen. Noch immer schien sich niemand um die Abwesenheit des Gastgebers zu bekümmern: Weinselige, lautstarke Gespräche und Erzählungen wurden hier und da von witzigen Zwischenbemerkungen unterbrochen, welche ringsherum Gelächter auslösten.
Sie stand etwas abseits und wurde daher von den Feiernden kaum beachtet: Auch hier war kein Bediensteter des Hauses zu finden. Als wäre die Belegschaft gänzlich verschwunden oder ausgestorben. Nachdem Ramona durch das Fenster in den Sturm geblickt hatte, streifte ihr Blick die holzvertäfelte Wand und für einen kurzen Moment kam es ihr vor, als schwankte der Boden, wie bei einem Schiff auf hoher See. Als befände sie sich ganz alleine auf diesem Geisterschiff, als wären die Gäste hinter ihr eigentlich schon tot und nur auferstanden um ein immergleiches Festmahl zu feiern.
So schnell es ihre Schuhe erlaubten, hastete sie quer durch den Raum. Doch am Ausgang kam ihr ein Onkel von Ulf entgegen, der gebückt ging und mit seinen sehr schiefen Zähnen ungeheuerlich nett lächelte. Spontan bog Ramona ab, ging durch eine Türe, die sie nicht kannte. Auf der anderen Seite gegen das schwere Holz gelehnt, atmete sie durch.
Die Räumlichkeiten hier wurden wohl nur benutzt, wenn noch größere Gesellschaften in dem Hotel feiern wollten. Stühle standen mit der Lehne nach unten auf den Tischen. Da die Kronleuchter nicht angeschaltet waren, gab es in dem großen Saal nur eine einzige, gelblich schimmernde Tischlampe. Sie beleuchtete eine kleine Sitzgruppe, die um einen hohen Vogelkäfig herum aufgestellt war. In einem der Sessel saß Ulf Gerber.
"Ulf!"
Er schrak hoch und im Käfig gab es ein Geflatter.
"Ich ... Ich muss eingeschlafen sein."
Er rieb sich die Augen.
"Ich habe geträumt."
"Ja. Ich habe auch ... seltsame Dinge gesehen in der letzten halben Stunde."
"Das sind sicher die Nerven. Die Vorbereitungen waren schon anstrengend. Und dann die Gäste... Komm doch mal mit, kurz an die frische Luft, bevor wir wieder hinein gehen."

Das Ehepaar fand einen Weg an den Gästen vorbei bis zur Garderobe zu schleichen. Im Halbdunkel, wo die Mäntel hingen, blieb Ulf auf einmal stehen und küsste seine Frau innig. Obwohl sie verwundert, fast erschrocken war über diese plötzliche Zuneigung, nahm sie schweigend ihren Schal.
Draußen standen sie unter einem Vordach und betrachteten die Schneeflocken, wie sie im Licht der Straßenlaternen zu Boden schwebten. Das Atmen erzeugte feine Nebelwölkchen.
"Wovon handelte dein Traum?"
"Von Vögeln."
"Von Vögeln? Du meinst ..."
Ramonas Blick folgte dem ausgestreckten Arm ihres Mannes, der auf den schneebedeckten Rasen deutete. Im Lichtschein eines Fensters sah man eine Krähe, die mit einem trockenen Zweig im Schnabel durch den Schnee stelzte. Der große, schwarze Vogel rammte das Holzstöckchen in den Boden und brach es mit einer plötzlichen Bewegung entzwei, woraufhin er davonflog.
"Und du? Was hast du gesehen?"
"Ich habe dich gesucht, ich hatte Angst."
"Du hast ... wovor?"
"Ich kann es nicht so genau sagen. Die Gäste, sie schienen mir so seltsam, so laut und so roh. Na ja, wahrscheinlich nur der gute Wein."
Sie lächelte ein wenig.
"Lass uns wieder hinein gehen, sonst hält man uns noch für schlechte Gastgeber."
"Ja, da hast du Recht."

Unter dem Kronleuchter des Saales feierten die Verwandten und Freunde, als hätten sie nicht einmal gemerkt, dass der eigentliche Grund des Festes, der Herr Ulf Gerber, für eine beträchtliche Weile gar nicht hier gewesen war. Als das Ehepaar den Raum betrat, sangen sie gerade ein Lied, das von einer Buddel voll Rum handelte. In der Stille nach dem Gesang erzählte jemand mit lauter, angetrunkener Stimme einen Witz. Ulfs Bruder flüsterte:
"Das ist der Herr Zwiestadt von nebenan."
Der Witz kam an und alles lachte.

 

Hallo tobiii,

irgendwie habe ich immer auf einen Knalleffekt gewartet. Du hast eine gewisse Spannung aufgebaut und mich dann leider enttäuscht. Hab ich irgendwas überlesen?

Die Geschichte liest sich gut und hat wie gesagt auch einen recht schönen Spannungsbogen, den du aber einfach abwürgst und die Geschichte beendest. Kann ja sein, dass ich etwas nicht mitbekommen hab, aber so hat es mir leider nicht gefallen.

Schöne Grüße
MrsMurphy

 

Hallo tobiii,

die Geschichte hat was, finde ich. Irgendwie erinnert sie mich an die "Traumnovelle" von Schnitzler, wo es ja auch diesen Maskenball gibt... Erotik hast Du ebenfalls in Deine Story eingebaut. Ist das ein Schnitzler-Homage? :)

Traumhaft kommt sie mir auch vor, gar nicht so wirklich, weil die Handlung seltsam verläuft. Daher wäre sie vielleicht im Bereich "Seltsam" besser aufgehoben? Ich weiß es nicht.

Bei der Handlung bin ich mir nicht sicher, wo die Bedeutung liegt. Ein Mann verirrt sich auf seinem eigenen Geburtstagsfest zu einem anderen, möchte auch am liebsten dort bleiben und nicht wieder zurück zu seiner eigenen Gesellschaft. Es scheint, als fühle er sich dort wohler. Dann diese seltsame Frau des "Admirals", die ihn verführen möchte... Das hat schon was Traumhaftes. Vielleicht ist es auch ein Traum?

Wie gesagt: Irgendwie hat die Story was, meiner Meinung nach. Aber so ganz steige ich noch nicht dahinter. :)

Liebe Grüße
stephy

 
Zuletzt bearbeitet:

Hi MrsMurphy,

dankeschön fürs Lesen und für deinen Kommentar. Die Geschichte hat bewussterweise keine Pointe und auch keine größere Spannungsauflösung, was sicherlich enttäuschend wirken kann, ich bin jedoch der Ansicht, dass die KG genau in der Form, in welcher sie hier steht durchaus ihren Reiz hat.
Ich werde allerdings in der nächsten Zeit eine umgeschriebene Form der Geschichte mit ähnlicher Atmosphäre in der Rubrik "Seltsam" oder vielleicht sogar "Spannung" posten.

Hey Stephy,

ich finde es sehr interessant, dass die Ähnlichkeit in der Atmosphäre und Örtlichkeit dich an die Traumnovelle erinnert. Das Buch von Arthur Schnitzler stand zu dem Zeitpunkt, als ich die KG geschrieben habe fast ganz oben auf meiner ToRead Liste, ich hatte es allerdings noch nicht gelesen. (Inzwischen schon.)
Die Verfilmung von Kubrick war mir allerdings schon bekannt und diese hat mich sicherlich auch beeinflusst. (Bunte Lichter, Weihnachtszeit und Tiermasken gibt es bei Schnitzler gar nicht, dafür im Film) Der etwas traumhafte, unwirkliche Verlauf der Handlung und die Tatsache, dass die Spannung gegen Ende sehr schnell verfliegt, machen in meinen Augen den Reiz der Geschichte aus. Es freut mich, dass du die Geschichte auch so verstehst!, es ist ja bisweilen das größte Glück eines Schreibenden, verstanden zu werden. :)
Der Titel "Flatterei" ist übrigens nicht nur an die Vogelmetaphorik angelehnt, sondern auch an das englische Wort "flattery"..

Update: neue, überarbeitete Version ist jetzt online!

Liebe Grüße
Tobias

 

Hallo tobiii!

Geändert von tobiii (12.03.2009 um 19:55 Uhr). Grund: Ganz neue Version, doppelt so lang, überarbeitet, usf.
Sowas immer in ein neues Posting schreiben, sonst weiß es niemand. Außer, es hat jemand so eine Nase wie ich. :D ;-)

Die Geschichte, wie sie jetzt ist, gefällt mir recht gut, vorher kannte ich sie nicht, aber ich würde sie doch eher nach Seltsam verschieben lassen. Es sei denn, für Dich ist sowas alltäglich … ;)
Ein bisschen hatte ich das Gefühl, von einem LSD-Trip zu lesen, und ich hatte schon befürchtet, daß dem Protagonisten jemand was in sein Getränk getan hat, so war ich dann doch erleichtert, daß es nicht so war. Aber das ist nicht der einzige Grund, warum ich sie in Seltsam passender fände:
Gerade denkt man »Ach, alles nur geträumt …«, dann kommt der vorletzte Satz, und man muß sich fragen, was ist wirklich, was real? Ich mußte dabei an Bilder denken wie Wasserfall oder Treppauf und Treppab von M.C. Escher oder Peregrination von David MacDonald. Kurz: Es ist Dir gelungen, eine Geschichte zu schreiben, die hinten und vorne nicht zusammenpaßt, und gerade das macht ihren Reiz aus, es macht sie geheimnisvoll.

Schön erzählt ist sie obendrein und sie regt auch ein bisschen zum Nachdenken an.
Etwas gestört hat mich persönlich der Name »Ulf«, weil bei uns die neuen Straßenbahnen so heißen und ich immer wieder, wenn ich den Namen höre, ins Grübeln verfalle, wie man bloß eine Straßenbahn Ulf nennen kann, aber da kannst Du ja nichts dafür. Der Name paßt jedenfalls zu Deinem Protagonisten viel besser als zu einer Straßenbahn. :D

Er ließ ein künstliches Lächeln von seinem Gesicht fallen
Die Formulierung gefällt mir sehr, und für meinen Geschmack könntest Du ruhig mehr in der Art schreiben. ;-)

Ansonsten hab ich nur ganz wenige kleine Anmerkungen:

»Weil er das ständige Grinsen seines Onkels nicht mehr länger sehen konnte, weil er die immergleichen Sprüche der Zustimmung, die seine Tante von sich gab, nicht mehr hören wollte, erhob er sich und fragte einen Angestellten des Hotels nach der Toilette.«
– statt »nicht mehr länger sehen konnte« würde ich »nicht mehr länger ertragen konnte« schreiben, ansonsten müßtest Du dem »sehen« eigentlich ein »wollte« statt »konnte« anhängen, was sich aber dann wiederholen würde.

»Zur großen Überraschung des Ulf Gerber fand im Nebenraum ebenfalls eine große Feier statt.«
– zweimal »große«
– statt »des Ulf Gerber«: Ulf Gerbers

»"Du brauchst doch gar keine Maske, du bist so ein schöner Mann!"«
– »du bist so ein schöner Mann!« hat was. :D Allerdings vermute ich, daß Du eher sowas wie »du bist auch so/ohne ein schöner Mann« meinst.

»"Heute ist dein Geburtstag."
Ihr Kleid war hinter dem Rücken mit einer großen schwarzen Schleife zusammengebunden. Sie begann, an dem breiten Stoffband zu ziehen. Ulf stand wie gebannt.
"Das ist wahr, heute ist wirklich ... Mein Vierzigster."«
– meiner Ansicht nach ist da noch immer der Bezug zum Geburtstag, daher würde ich »vierzigster« klein schreiben.

»"Kommen Sie. Ich stelle Ihnen meinen Mann vor."«
– mit dem offenen Kleid? :lol:

»Er stand gelähmt.«
– einerseits fehlt da ein »wie«, andererseits hattest Du vorhin »Ulf stand wie gebannt«, was schon sehr ähnlich klingt (mir fiel es jedenfalls auf).

»Irgendwo tropfte ein Wasserhahn,«
– Wozu das »Irgendwo«? Das ist so ein Schablonensatz, der mir immer wieder – vorwiegend in der Horror-Abteilung – unterkommt; mal bellt irgendwo ein Hund, mal flackert irgendwo eine Neon-Röhre, oder es tropft eben irgendwo ein Wasserhahn. Warum nicht einfach »Ein Wasserhahn tropfte«?

»Während sie lauschte, wanderte ihr Blick zu einem Gemälde, das an der Wand des Flures hing.«
– Da Du in dem Absatz ziemlich lange über das Gemälde redest, würde ich möglichst kurz formulieren, z.B. hier: »wanderte ihr Blick zu einem Gemälde an der Wand des Flurs« oder »das im Flur hing«

»Dort, wo der Boden aufgebrochen war, sah man rötliche Lichtstrahlen aus dem Erdinneren heraufleuchten und einen ganzen Schwarm Krähen, der dieser Öffnung entstieg.«
– Vorschlag: Dort, wo der Boden aufgebrochen war, leuchteten rötliche Lichtstrahlen aus dem Erdinneren herauf und ein ganzer Schwarm krähen entstieg dieser Öffnung.

»Die Grausamkeit der Darstellung machte Ramona schaudern.«
– Vorschlag: Ramona schauderte ob der Grausamkeit der Darstellung.

»Es war dort jedoch kein Hotelangestellter zu sehen,«
– »dort« könntest Du streichen

»dass es dieses Jahr nicht wieder zu solch schlimmen Unwettern kommen würde wie vor zwei Jahren: Damals war das Ehepaar sieben Tage lang in ihrem eigenen Anwesen eingeschlossen gewesen,«
– zumindest das »Damals« kannst Du Dir sparen: … kommen würde: Vor zwei Jahren war das Ehepaar sieben Tage lang in seinem eigenen Anwesen …

»das wegen der Hanglage keinen einfachen Zugang für Schneeräumfahrzeuge bot.«
– keine einfache Zufahrt

»Stühle standen mit der Lehne nach unten auf den Tischen.«
– ich bin mir nicht sicher, ob man in dem Fall nicht »lagen« statt »standen« sagen müßte, da sie ja auf der Sitzfläche aufliegen und nicht auf den Beinen stehen.

»Da die Kronleuchter nicht angeschaltet waren, gab es in dem großen Saal nur eine einzige, gelblich schimmernde Tischlampe.«
– Wenn die Kronleuchter angeschaltet sind, gibt es also mehrere gelblich schimmernde Tischlampen? ;) Ich denke, Du meintest sowas wie: Da die Kronleuchter nicht angeschaltet waren, gab es nur das Licht einer gelblich schimmernden Tischlampe. Oder … versuchte nur eine kleine, gelblich schimmernde Tischlampe den großen Saal zu erhellen. Oder … kämpfte nur eine kleine, gelblich schimmernde Tischlampe gegen die Finsternis in dem großen Saal. … versuchte nur eine kleine, gelblich schimmernde Tischlampe die Dunkelheit aus dem großen Saal zu vertreiben. (Sorry, das macht gerade Spaß. :-))

»Und dann die Gäste...«
– Leertaste vor die drei Punkte

»Komm doch mal mit, kurz an die frische Luft, bevor wir wieder hinein gehen."«
– Komm doch kurz mit an die frische Luft
– zusammen: hineingehen

»Das Ehepaar fand einen Weg an den Gästen vorbei bis zur Garderobe zu schleichen.«
– Weg, an

»Obwohl sie verwundert, fast erschrocken war über diese plötzliche Zuneigung, nahm sie schweigend ihren Schal.«
– Das wirkt so, als wäre die übliche Antwort auf einen Kuß, daß man seinen Schal nimmt … :susp:

»"Lass uns wieder hinein gehen,«
– zusammen: hineingehen

»dass der eigentliche Grund des Festes, der Herr Ulf Gerber, für eine beträchtliche Weile gar nicht hier gewesen war.«
– »der Herr Ulf Gerber« sagt man eigentlich gar nicht, das »der« gehört auf jeden Fall weg, und warum das förmliche »Herr«? Das kannst Du auch gleich mitstreichen.
– statt »hier gewesen war« würde ich »anwesend war« schreiben

»sangen sie gerade ein Lied, das von einer Buddel voll Rum handelte.«
– wie wär’s mit: »ein Lied über eine Buddel voll Rum«?


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom