- Zuletzt bearbeitet:
- Kommentare: 2
Florian, Gott und der Rest halt
Er trank den letzten Schluck Bier aus, drückte seine Zigarette aus und ging in das Haus. Er hatte eigentlich vor zu telefonieren, aber er konnte das Telefon nicht finden und entschied sich spontan sich ein Toast zu machen. Toastbrot mit Fleischsalat mochte er über alles. Beim Schmieren entdeckte er dann sogar das Telefon. Es stand auf der Mikrowelle und lächte ihn einfach nur so an. Er lächelte zurück. Er nahm einen Bissen, dann das Telefon in die Hand und ging aus der Küche ins Wohnzimmer. Sein Finger tippte schnell eine scheinbar endlose Zahlelreihe ein, doch als das Endlos endlich zu Ende war, hielt er den Hörer ans Ohr. Er hörte kein normales Klingelzeichen, sondern eins von diesen moderneren, wo gleich ganze Lieder als Klingelzeichen abgespielt werden und somit musste er sich "Don't worry - be happy" zwangsweise anhören.
"Verdammt. Haben die jetzt dort auch schon so einen Mist. Jeder denkt doch nur an Geld und den Leuten wird für solche Kleinigkeiten doch wirklich ein Vermögen aus der Tasche gezogen. Vielleicht ist das dort ja anders und jeder bekommt das was er will kostenlos. Ich werde vielleicht mal nachfragen."
An der anderen Leitung wurde abgenommen.
"Einen schönen guten Tag, sie sind verbunden mit der Himmel & Co. Hilfe-Hotline, Mariane ist mein Name. Was kann ich für sie tun?"
Er lächte, da er sich Sorgen gemacht hatte, ob er noch die richtige Nummer im Kopf hatte.
"Ähm, ja, guten Tag. Könnten sie mich bitte mit Gott verbinden. Ich glaube er erwartet meinen Anruf schon."
"Wie ist denn ihr Name?"
"Florian Bohm"
"Einen kleinen Augenblick - ich schaue mal nach."
Eine Wartemelodie kroch aus dem Hörer und schlich sich genau in sein Ohr. Diesmal war es schönklingendes Klaviergeklimper, welches ihm sogar sehr gut gefiel und ihm ein bisschen die Angst nahm, die er vor dem Gespräch mit Gott hatte. Er wusste, dass Gott Änderungen nicht mochte und er hoffte, dass er nicht sauer sein wird. Aber die Beiden kannten sich gut und lange und somit würde das bestimmt nicht der Fall sein. Die Melodie verstummte.
"Sind Sie noch da?"
"Ja, bin ich."
"Gut, ich werde Sie jetzt weiterleiten, aber seien sie ein wenig vorsichtig. Gott ist heute nicht sonderlich gut gelaunt."
"Danke für das Weiterleiten und danke auch für den Tipp."
Er rollte die Augen.
"Na super, jetzt auch noch das.", dachte er.
"Hallo, hier spricht Gott. Wie kann ich Ihnen weiterhelfen?", sagte Gott in einem sehr angenervtem Ton.
"Hey, Gott! Ich bin es, Flo. Wie geht es dir? Ich muss unbedingt mit dir reden!", sagte Florian fröhlich, und hoffte Gott damit anstecken zu können.
"Du weißt, dass ich von dir nicht Gott genannt werden will. Wie oft soll ich es dir noch sagen. Früher hast du mich auch immer Jaques genannt, also mach das jetzt auch."
"Mensch, sieh das doch nicht immer so eng. Aber ja, ich weiß noch - unser 'Jaques der Rippér'", er konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
"Findest du das lustig?!"
"Nein? Okay, schon gut ich höre auf. Also: wie schon erwähnt ich muss mit dir reden."
"Tun wir das denn nicht schon?", Gott klang noch genervter als zuvor.
"Die Frau von der Verwaltung hatte Recht. Du bist heute wirklich nicht sonderlich gut gelaunt."
"Was weiß die denn schon - und woher überhaupt?"
"Frag nicht mich. Vielleicht spricht sich sowas bei euch dort schneller rum."
"Mag sein, aber jetzt erzähl mir doch bitte endlich, was du von mir willst. Ich habe mir heute schon viele Spinner anhören müssen. Diese ganzen neuen Gesetze und die, die noch in Kraft treten sollen, sind echt nicht gut. Ich weiß nicht weiter. Wieso musste dieses verdammte Erde-Himmel-Bündnis geschaffen werden? Kannst du dir vorstellen, wie es seitdem hier zu geht? Alles soll so geregelt sein."
Jaques hatte es in letzter Zeit wirklich nicht leicht gehabt. Auf der Erde wollte man, dass sich jeder sein genaues Sterbedatum an dem 14. Lebensjahr festlegt. Unfälle wurden verboten. Niemand soll sterben, außer an genau dem Tag, an dem er es festgelegt hat. Krankheiten und Suizid wurden auch verboten und auf der ganzen Welt gibt es nichts mehr, was den Tod beschleunigen könnte. Die Menschen wussten nicht, was sie damit erreichen wollten, aber sie wussten, dass sie es wollten. Für Gott bedeutete das sehr viel Stress, besonders jetzt im Aufbaustadium.
"Ich weiß, du wirst es nicht gerne hören, aber ich hoffe sehr, dass du mir einen Gefallen tun kannst."
"Ich werde mal schauen."
"Ich bin mit meinem Sterbedatum nicht mehr zufrieden - ganz und gar nicht mehr . Ehrlich gesagt, weiß ich gar nicht, wie ich sowas habe angeben können. Ich will doch nicht wirklich mit 35 Jahren sterben. Ich meine, man stelle sich vor, ich bin dann in einer glücklichen Ehe, habe Frau und Kinder. Nein, ich will das nicht mehr."
"Und was willst du jetzt von mir? Du weißt, dass man seinen Tod nicht ändern kann. Jeder muss sich gründlich darüber Gedanken machen und einmal festgelegt, ist es unwiederruflich. Darüber haben wir doch damals doch sogar ausführlich geredet."
"Ach Jaques, ich bitte dich. Du bist Gott. Du hast zu sagen, wie es dort oben abläuft. Wir sind doch schon so lange Kumpel und weißt du noch, wir haben uns früher, als du noch hier unten warst ein Versprechen gegeben. Wir wollten uns helfen solange wir leben und über den Tod hinaus. Ich wäre dir wirklich sehr dankbar."
"Achja, das Versprechen. Okay, du hast Recht. Ich leite hier oben alles und ich kann machen was ich will, ohne das jemand davon was mitbekommt. Aber es gibt ein Problem.", sagte Jaques mit einer immer leiser werden Stimme.
Florian war verwundert. Er dachte, es gäbe keine Probleme im Himmel.
"Erzähl schon! Was ist los?"
"Die Leute hier sind nicht mehr zufrieden mit meiner Arbeit. Im Moment gibt es hier soviele Veränderungen. Ich glaube sogar, dass sie aufeinmal süchtig dannach sind."
"Ja, und wo genau ist jetzt das Problem?"
"Sie wollen mich nicht mehr.", sagte er ein bisschen gedemütigt, "Sie sind mit mir nicht mehr zufrieden."
"Und was heißt das jetzt genau?", stocherte Florian weiter nach.
"Man, du verstehst auch gar nichts oder?! Das heißt, dass sie mich abwählen wollen. Die Spinner wollen tatsächlich Neuwahlen und es sieht gut für die aus, dass sie damit durchkommen."
"Ja, freust du dich denn nicht? Ich dachte, dass ist alles so hart für dich in letzter Zeit."
"Ja schon, aber der Job gefällt mir wirklich. Endlich habe ich mal auch etwas zu melden und bisher habe ich eigentlich immer Zustimmung erhalten und dass es jetzt so kommt, nimmt mich wirklich mit."
"Na gut, das kann ich nachvollziehen. Was hast du vor?"
"Was ich vor habe? Ich weiß es nicht. Ich glaube ich kann nur versuchen mein Bestes hier zu geben und hoffen, dass ich die Leute noch umstimmen kann. Ich will wirklich hier weiterarbeiten und nicht irgendwo anders. Kennst du noch Martin?"
"Hmm. Martin? Wie weiter?"
"Martin Lisol."
"Dieser kleine Dicke, mit dieser großen Brille und den vielen Pickeln? Der Streber von früher?"
"Ja, genau den meine ich."
"Wusste gar nicht, dass er auch schon bei euch ist. Ich bekomm ich auch gar nichts mehr mit."
"Ja, der ist hier. Und weißt du was? Wie es aussieht, wird er mich ersetzten. Hier mögen ihn alle. Ich kann es nicht verstehen. Er verspricht große Dinge und will hier noch mehr ändern, als sowieso schon geändert wird. Er soll ein ganz neues Konzept haben. Eine Vision - wie er immer meint. Ist doch alles nur leeres Gerede."
"Also von dem abgelöst zu werden, wäre wirklich erniedrigend. Aber wie sieht es denn nun mit meinem Problem aus? Nicht, dass mich deine Sorgen nicht interessieren, aber ich brauche wirklich deine Hilfe."
"Nun ja, wenn es zu den Neuwahlen kommen sollte, dann frühstens in einem Monat."
"Heißt das, dass du mir helfen wirst?"
"Ich kann dir nich versprechen, dass ich das hinbekomme, denn für solche Veränderungen brauche ich eigentlich noch die Zustimmung von ein paar Spinnern von hier und da das, was ich für dich machen soll, eigentlich nicht erlaubt ist, sieht es schlecht aus."
"Danke. Erst schenkst du mir Blumen und dann schlägst du mir in den Magen."
"Nein nein, so war das nicht gemeint. Ich glaube schon, dass ich das irgendwie geheimhalten kann. Ich meine, ein Datum zu verändern ist nicht sonderlich viel. Wären es jetzt 10 Daten würde es weitaus schlimmer aussehen."
"Tu bitte alles, was du in deiner Macht steht. Ich habe mir echt nicht genug Gedanken wegen dem Datum gemacht, habe ziemlich unüberlegt gehandelt und du sollst ja eventuell sowieso abgewählt werden, also wäre das auch nicht weiter schlimm für dich, wenn es rauskommt."
"Na hör mal, das kannst du gar nicht wissen. Hier geht es teilweise Recht komisch zu in solchen Dingen - von wegen Himmel und so. Sowas wollen die hier nicht und werden dann wirklich schnell sauer."
"Dann musst du dir halt was Gutes überlegen, sodass es auf gar keinen Fall rauskommen kann."
"Ich werde es versuchen. Magst du mir noch kurz das Datum sagen?"
"Achja, ich brauche ja ein neues Datum. Mist, darüber habe ich mir keine Gedanken gemacht."
"Na super. Du denkst auch an nichts, oder?"
"Hey, ist nicht weiter schlimm. 52 ist eine schöne Zahl. Sagen wir einfach, dass ich mit 52 sterbe und das genaue Datum ist mir egal."
"Toll, jetzt darf ich das auch noch entscheiden.", Gott dachte kurz nach, "Wie wäre es mit dem 14.7.? Da hat ein anderer Freund von mir Geburtstag und wäre doch lustig, wenn du an dem Tag stirbst."
"Ja, okay, mir ist das egal. Und im Sommer zu sterben ist toll."
"So, dann hätten wir das. Tut mir leid, aber ich muss dich jetzt leider abwürgen. Man verlangt wieder nach mir. Ich werde wirklich alles tun was ich kann."
"Okay, danke, war nett mal wieder mit dir zu reden."
"Ja, fand ich auch. Man spricht sich."
"Ich melde mich demnächst mal wieder um zu schauen, wie es aussieht."
"Bis dann.", Gott legte auf.
Florian legte das Telefon auf den Tisch und setzte sich in sein gemütliches Sofa. Er schaltete den Fernseher an und was als erstes zu Gesicht bekam, waren die nervigen Jambawerbungen.
"Verdammt, ich habe vergessen ihn wegen des Klingelzeichens zu fragen. Egal, nächstes mal."