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Flucht

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27.02.2013
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Flucht

»Und wenn mir der Himmel auf die Rübe kracht, ich gehe nicht zurück« erwiderte Frank. »Zu Hause ...« dachte er schon während der Antwort - wo ist das eigentlich? Fast hatte er vergessen, was der Begriff bedeutet. Sein Gesprächspartner stellte sich als Silvano vor, aus der Toscana. »Frank, aus dem Nirgendwo« entgegnete er.
Sie begegneten sich in einer Bar im Hafen von Valletta. Man saß hier am klebrigen Tresen oder stand vor der Tür mit Zigarette und nem Pint in der Hand. Im Inneren langweilte Graubraun von der Art, wie hundertjährige Holzdielen aussehen. Wenige Bilder mit vergilbten Whiskeylabels verschandelten die Wände. Es roch nach Bier, Pissrinne und Bratfett.
Eigentlich hatte Frank gehofft, am Nachmittag das Spiel seiner Bayern auf einem der drei großen Bildschirme sehen zu können. Auch Silvano war aus diesem Grund gekommen, jedoch nicht der deutschen Mannschaft wegen. Er drückte dem AC Florenz die Daumen. Enttäuscht mussten beide feststellen, dass Sky-Sport sich heute mehr den spanischen und englischen Ligen widmete. Also blieb ihnen keine andere Wahl, als sich mit den Zusammenfassungen zu begnügen und im Schnelldurchlauf zu erleben, wie ihre Teams es vergeigten. »Scheiße« schrie Frank laut und in seiner Muttersprache durch die Bar.
Silvano torkelte schon ein wenig. Er hatte den Tedesco, vor der Tür beim Rauchen angesprochen. Der Italiener war klein, einssechzig vielleicht. Frank mit seinen fast zwei Metern musste sich leicht nach unten beugen, um mit dem Kurzen zu reden. Auch den starken italienischen Akzent verstand er nur mit Mühe. Darum begann die Unterhaltung holprig. Nach drei gemeinsamen Bier in der typischen Barhaltung, die alle Unterschiede beseitigt, verschwanden die Probleme jedoch. Trotz der noch frischen Bekanntschaft empfand man so etwas wie Sympathie füreinander.
Beide um die vierzig und Flüchtlinge - irgendwie zumindest. Frank war aus Deutschland abgehauen, als sein Unternehmen den Bach runter ging. Silvano wurde von seiner Frau verlassen, vor mehr als zwei Jahren und flüchtete vor der Reue in eine neue Einsamkeit. Dann erzählte er von »la Mama« und ihren Kochkünsten, von der kleinen Bar Cinque Stelle am Dorfplatz und von Carla, seiner schönen Carla. Sehnsucht tropfte aus seinen Worten.
Frank hatte gelogen, genau wie so viele Male vorher. Tatsächlich trug er die Verantwortung, als seine Firma zusammenbrach. Immer noch kam ihm das Kotzen, sobald er versuchte über sein Versagen zu reden. Daher bezeichnete er seinen Drang nach »Freiheit« als Grund für die lange Reise. Und Freiheit war es in der Tat die er suchte, jedoch nicht die, die man auf einem Berggipfel empfindet. Langsam dämmerte ihm, dass keine Flucht ihn von bohrenden Gedanken, von Angst und Selbstvorwürfen zu befreien vermochte.
Damals nach dem Schock brach er auf. Der Moment, als er in Taipeh aus dem Flugzeug stieg, prägte sich in seine Erinnerung ein. Gefühlte fünfzig Grad und so feuchte Luft, wie in der Waschküche seiner Großmutter am Waschtag. Abstand gewinnen, auf die Füße kommen, lautete sein Ziel.
»Warum Taiwan?« wollte Silvano wissen.
»Keine Ahnung - billiger Flug, mich zog es einfach weg. So schnell als möglich. Und so weit wie möglich.«
»Wie war‘s dort?«
»Wie überall. Eigentlich hatte ich vor, ne Weile zu bleiben, aber es brachte mir nichts. Hektik, egal wo man hinkam. Ich suchte das Gegenteil.«
»Wie war‘s bei dir?« fragte Frank.
»Seit fast zwei Jahren bin ich umhergereist, so wie ich vor dir stehe. Meist am Mittelmeer entlang.« In der Türkei sei er überfallen worden, zusammengeschlagen, ausgeraubt und im Krankenhaus gelandet, berichtete er.
»Koma, Infusionen und Unmengen Mull und Binden am ganzen Körper. Ich brauchte Wochen, bis ich ohne Schmerzen laufen konnte. Die Polizei fasste die Typen und ich sollte sie identifizieren. Aber am Abend vorher bekam ich Besuch. Die freundlichen Herren mit den Baseballschlägern empfahlen mir abzuhauen. Was tun, dachte ich und rannte los. Wenn du keine Wurzel hast, hält dich auch nichts.«
Silvano erzählte weiter: «Das dickste Ding erlebte ich in Israel. Ich arbeitete in einem Kibutz. Die Palästinenser waren nach langer Zeit wieder mal ernsthaft sauer und feuerten Raketen über den Zaun. Ein kurzer Zisch und dann knallte es, dass man glaubte, im Augenblick irrsinnig zu werden. Ich befand mich mitten drin in einem der Angriffe und schiss mir vor Angst in die Hosen. Menschen schrien, man spürte, dass es welche erwischte. Verletzte würde es geben, mindestens - Tote vielleicht. So dachte ich inmitten des Chaos. Später fragte ich mich, ob eine der Explosionen für mich bestimmt war. Ich meine, ich war da, ich hätte es okay gefunden zu sterben.« Silvano verstummte. Tränen rannen seine Wangen hinab und tropften vom Kinn.
»Was ist weiter passiert?« wollte Frank nach einer Weile wissen und stellte ihm ein frisches Bier hin.
»Die Schwarzhaarige, weißt du« fuhr er fort, »sie lag fünf Meter von mir entfernt. Sie war jung, Anfang zwanzig vielleicht. Zuerst sah ich nur ihr hübsches Gesicht. Sie lächelte schwach. Erst als wir die Trümmer, die über ihr lagen wegrissen, sah man die Verletzung. Hast du schon mal gesehen, wenn der Inhalt eines Bauchs sich im Dreck verteilt?« Wieder versagte ihm die Stimme für einen Moment »Ich war wie gelähmt. Warum sie und nicht ich?«
Frank schwieg. Silvanos Schilderungen riefen Erinnerungen wach. Auf der Fähre zwischen Malaysia und Sumatra, als ein Höllensturm aufkam. »Ich stand auf dem obersten Passagierdeck und machte mich bereit, als auf dem Kahn die Lichter ausgingen« erzählte er. »Die meisten Passagiere weinten vor Angst, manche schrien. Ich war ganz ruhig und nur erschrocken, wie leicht ich mich vom Leben verabschiedete. Als wir später doch in den Hafen von Pekanbaru einliefen, war die Erleichterung buchstäblich greifbar. Die Einheimischen sangen oder beteten. Zurück an Land fühlte ich mich nur leer.«
»Und was machst du?« fragte Frank.
»Ich bin ...« stockte er, »Ich war Tenor und habe die großen Rollen gesungen, Verdi und Mozart. Ich ging auf Tourneen nach Sydney, New York, in die Berliner Staatsoper, die Scala in Mailand.« zählte er die Stationen seiner Kariere auf. »Unsagbar viel Zeit verbrachte ich auf Reisen, mit Proben, Plattenaufnahmen und Konzerten. Seit meine Frau weg ist, stand ich nicht wieder auf der Bühne.«
»Bei mir war es ähnlich.« erzählte Frank, »Ich glaubte, meinen Job gern zu tun, dachte, ich sei Spitze. Hab gearbeitet, eigentlich nur. Zuerst krachte es in meiner Ehe. Später brachen sogar meine Kinder den Kontakt zu mir ab. Ist lange her. Und ich hab weitergearbeitet. Es fühlte sich an wie eine Sucht. Schneller, weiter, höher, immer mehr. Irgendwann war‘s vorbei.«
Beide holten sich noch ein Bier beim verschlafenen Barkeeper und schlenderten den Pier hinunter. Hinter einer Kurve blickte man hinaus aufs Meer. Sie setzten sich auf die Kaimauer. Silvano fing an vor sich hinzusummen - leise, dann lauter und plötzlich erklang ein Lied. Er sang den Klassiker von Otis Redding. Schon die erste Textzeile passte: »Sitting in the morning sun« - die Sonne würde jeden Moment am Horizont auftauchen. Ein hellgrauer Streifen über dem Wasser ließ bereits eine Ahnung davon aufkommen. Der Italiener hatte eine wunderbare Stimme, weich und trotzdem kraftvoll. Als er fertig war, klatschte Frank begeistert und musste mehrmals blinzeln. Der Song klang völlig anders als das Original, aber unglaublich gut. Der Typ war ein Künstler, so viel war klar.
»Und warum hat dich deine Frau verlassen?«, wollte Frank wissen.
»Sie ist mit einem Freund abgehauen. Es zog sie nach Florenz, von Anfang an. Ich hab das nicht ernst genommen, war wohl zu beschäftigt. So kam es zum Bruch, als ein Kerl kam, der ihr genau das bot. Erst nach ihrer Flucht fing ich an zu begreifen. Es gab keinen Streit. Sie verschwand einfach, ganz still. Ich weiß nicht, was mehr weh tat, dass sie ging oder die Art, wie sie es tat.« Trauer schnürte ihm bei den letzten Worten den Hals zu.
»Die Zeit heilt alle Wunden« sagte Frank. Aber sechzehn Monate waren anscheinend noch keine Zeit. Vielleicht stimmte der Spruch, dem er seit Reisebeginn vertraute, ja nicht. Silvano war schon zwei Jahre unterwegs. Auch das schien noch keine Zeit zu sein.
Jetzt saßen beide im Licht der Morgensonne, die eben aus dem Meer auftauchte. Sie blickten in das schwarze Wasser und auf einen Horizont, der in herrlichem Orange erstrahlte. Einige zarte Wolken verstärkten das Farbenspiel. Die Stadt schlief noch und von dem Trubel, der hier bald herrschen würde, war nichts zu spüren.
»Ich genoss es, wenn das Publikum jubelte. Erfolg ist wie eine Sucht.« sage Silvano.
»Ich weiß«, erwiderte Frank. »Und was hat‘s dir gebracht? Du sitzt morgens um halb vier am Hafen einer Scheißinsel im Mittelmeer, mit viel Bier im Bauch und erzählst mir du wärst lieber tot. Was für eine Scheiße?«
Silvano richtete sich auf. »Aber - was soll ich tun?« fragte er.
»Keine Ahnung, was du tust. Du könntest es ja mal bei deinen Wurzeln probieren. Ich jedenfalls nehme den nächsten Flieger und zische ab - nach Hause. Vielleicht kann ich meine Kinder überreden, einen Sonnenaufgang mit mir anzuschauen.«

 

Hallo gnuelpft
und willkommen auf kg.de :)

Leider muss ich dir zu deinem Einstand sagen, dass er mir nicht gefallen konnte. Das Gute ist, ich kann dir auch sagen, woran das liegt ;)
In meinen Augen ist hier der größte Knackpunkt, dass du nur erzählst. Eine Geschichte aber lebt von lebendigen Szenen, die man zeigen muss. Show, don't tell heißt die Goldene Regel. Lies dir dazu mal ein bisschen was durch.
Ich denke schon, dass hier Stoff für eine spannende Geschichte liegt, irgendwo in diesem laaangen Geschwurbel, aber die musst du noch rauskitzeln. Finde dafür kannst du das Format auch beibehalten, also dass sich da zwei Gleichgesinnte treffen und trunken ihre Lebensgeschichte austauschen. Aber dann musst du szenisch werden. Beispielsweise der Überfall in der Türkei mit der Krankenhaus-Folge. Das ist der Stoff, der interssiert, der Spannung weckt, der mitleiden lässt, oder auch die Szene mit dem Bomenangriff, lass den Leser dabei sein. Lass ihn das erleben. Mit deinen drei Sätzchen erreichst du da gar nichts. Und damit musst du jetzt gar nicht weg von dem romantisiertem Aussteigerdasein, gerade durch Kontraste erweckst du ja die jeweiligen Aspekte zum Leben. Gleiches gilt für die abstürzende Firma, die ihn verlassende Ehefrau etc. Das musst du ihn Szenen zeigen. Schlaglichter reichen da schon, wenn du wirklich treffende rauspickst und entsprechend in Szene setzt.
IN dieser gewählten Form ist das zum einen langatmig (ich habe mich immer wieder beim Querlesen eriwscht) und selbstverliebt. Da wird sich ganz schön im Kummer ergangen. Kummer und Sorge und so hat seinen berechtigten Platz, ganz klar, aber dann muss das auch entsprechend aufgearbeitet sein, als Leser muss man dran Anteil nehmen dürfen und das nicht einfach so hingesagt bekommen. Wo wir wieder beim show don't tell sind.
Du hattest ja schon einige Blog-artige Sachen hier eingestellt, die wieder gelöscht wurden. Das Teil hier ist schon mehr Geschichte, aber dieses Blog-hafte, dieses runtererzählen ist immer noch zu sehr im Vordergrund. Ich denke, da musst du wirklich ran, ans szenische Erzählen, wenn du wirklich die Kurzgeschichte für dich erschließen möchtest.

Möglicherweise für dich nützliche Tipps findest du hier und hier.

Am besten auch viel lesen und kommentieren, dabei lernt man unter Garantie am meisten für die eigene Schreibe, weil man gezwungenermaßen in Worte kleidet, was einem gefällt und warum - oder eben das Gegenteil aufdröselt. Das ist ein spannender Prozess. :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo gnuelpft ,

Flucht: einsortiert in Alltag.
Was wird mich da erwarten? Bin gespannt.

Die Geschichte ist recht lang. Ich werde mir für die Detailanalyse deshalb drei Abschnitte herauspicken.

»Und wenn der Himmel runter fällt, nichts bringt mich noch mal nach Hause« erwiderte Frank auf die Frage seines Gegenüber. Zuhause? - dachte er schon während seiner Antwort. Wo ist das eigentlich? Fast wusste er nicht mehr, was dieser Begriff bedeutet. Seit über einem Jahr zog er durch die Welt. Sein Gesprächspartner stellte sich als Silvano vor, aus Italien. »Frank, aus dem Nirgendwo« entgegnete er. Nach seinem Äußeren zu urteilen ein Rucksacktourist, wie er selbst. Der neue Bekannte hatte wissen wollen, ob er nach so langer Zeit nicht Sehnsucht nach seiner Heimat verspüre.
- runterfällt (gem. Duden zusammengeschrieben)
- 2x nach/ zu Hause
- Gedanken (Zuhause?) entweder kursivieren o. in Anführungszeichen setzen
- bedeutete (hier müsstest du im Präteritum bleiben)
-Rucksacktourist (danach kein Komma)
- 2x wusste/ wissen
- (hier bin ich mir unsicher): verspüre o. verspürte (?)

Trotz der kurzen Zeit der Bekanntschaft empfand man so etwas wie Sympathie füreinander. Beide um die vierzig und Flüchtlinge, irgendwie zumindest. Frank war aus Deutschland abgehauen, als sein Unternehmen den Bach runter ging. Silvano wurde von seiner Frau verlassen, vor mehr als zwei Jahren. Seit dem reiste er ums Mittelmeer. In billigen, oft schmutzigen Unterkünften kam er unter. Sie seien eine Art »zu Hause« geworden - sagte er und ergänzte: »Ich fühle mich gut«. An der Art aber, wie er über sein Dorf im Herzen der toskanischen Berge redete, merkte man, dass es ihm weh tat, von dort weg zu sein. Er erzählte von »la Mama« und deren Kochkünsten, von der kleinen Bar am Dorfplatz und von Carla, seiner wunderschönen Carla. Wie er sie vermisste, konnte man trotz der verstrichenen Zeit spüren.
- Auf wen zielt „man“: nur die beiden Hauptdarsteller o. alle Gäste der Bar?
- … rund ums … o. … rund um das Mittelmeer herum
- … von dort weg = … jemals von dort aufgebrochen
- 3x von
- Dass er sie immer noch vermisste, konnte man trotz der inzwischen ins Land gezogenen Zeit deutlich spüren.

Wie oft standest du mit Carla vor der aufgehenden Sonne?« »Keine Ahnung.« antwortete Silvano »Ich glaube nie.« »Das meine ich. Ich tat auch immer, was ich für richtig hielt und von dem ich glaubte es wäre gut für meine Familie. Alles, womit ich möglichst viel Geld verdienen konnte. Meine Frau und meine Kinder blieben allein. Ich erzählte ihnen, dass ich all das für sie tue. Es interessierte sie nicht, sie kannten die Wahrheit. Ihr Desinteresse machte mich wütend. So ging die ganze Sache den Bach runter. Scheiße.« »Und ich genoss es, wenn das Publikum jubelte. Erfolg ist wie eine Sucht.« »Exakt! Und was hat‘s gebracht? Du sitzt mit einem abgehalfterten Unternehmer aus Deutschland morgens um halb vier am Hafen einer Scheißinsel im Mittelmeer, mit Unmengen Bier im Bauch und erzählst mir du wärst lieber tot. Was für ein Blödsinn?« »Du hast ja recht, aber was tun?« fragte Silvano. »Keine Ahnung was du tust, ich nehme den nächsten Flieger und zische ab - nach Hause. Vielleicht kann ich meine Kinder überreden, einen Sonnenaufgang mit mir anzuschauen.«
- standst
- … Silvano. (Punkt o. Semikolon)
- … glaubte, (Komma)
- wenn du zwei verschiedene Sprecher direkt hintereinander reden lässt, solltest du entweder einen Gedankenstrich zw. die Anführungszeichen setzen o. (besser) den nächsten Dialogsatz in einer neuen Zeile beginnen lassen
- reden betrunkene 40-jährige, die auf einer alten Hafenmauer sitzen, durchgängig so gewählt im Präteritum: standest, tat, genoss etc. (?) Klingt für mich eher nach dem Schriftdeutsch des Erzählers als nach situationsbezogenem Dialog zweier Globetrotter.
- sehr oft: tun in diesem Absatz.

Der langweilige Schluss fügt sich nahtlos an die lahme Geschichte an. Zwei sich selbst bemitleidende Männer in der Midlife Krise hüpfen von Insel zu Insel bzw. jetten zw. den Kontinenten hin und her. So richtig schlecht kann es ihnen nicht gehen, denn solche (Welt-) Reisen sind nicht gerade billig. Treffen sich zufällig in einer abgewrackten Hafenkneipe auf Malta, quatschen, saufen, quatschen und … Und was eigentlich? Leider passiert überhaupt nichts.

Es wird – der Vorkommentator merkte es bereits an – viel zu viel erzählt. Zu wenig Handlung. Die Dialoge wirken fade auf mich. Wenn ich besoffen bin, rede ich anders. Zahlreiche Erlebnisse werden schlagwortartig angeschnitten; jedoch dümpelt alles an der Oberfläche saft- und kraftlos vor sich hin. Der eine hätte sich gerne für ein junges Mädchen geopfert, das von Bombensplittern zerfetzt wurde. Hat es aber nicht getan. So what? Dem anderen gefallen Luxusliner nicht, weil man auf denen abends einen Smoking anziehen muss. Wen juckt das? Beiden sind die Frauen weggelaufen. Die Damen werden gewusst haben, weshalb sie sich für andere Männer entschieden. Mit den beiden Kerlen kann man ja noch nicht einmal eine witzige Kneipengeschichte bestücken.

Die Szene ist uralt und wurde min. 10.000mal geschildert: zwei einsame Männer/ Cowboys/ entlaufene Galeerensklaven/ Steuereintreiber/ Scharfrichter lehnen abends am Tresen. Trinkend, sich ihre Lebensgeschichten mit schwerer Zunge erzählend. Es war aber 9.999x unterhaltsamer als in dieser KG. Sorry.

Du solltest mMn:
( ) mehr (witzige!) Dialoge einbauen
( ) das Ambiente der Kneipe beschreiben
( ) ein bisschen Action in die Szene reinbringen. Bspw. pöbelnde und Streit suchende Matrosen, eine Hafenprostituierte, die die Männer zu einem flotten Dreier überreden will und ihnen – weil sie sich so weinerlich anstellen – schließlich wutentbrannt ihren Piccolo ins Gesicht schüttet
( ) dich bei den geschilderten Märchen aus aller Welt auf eines pro Person beschränken. Der eine redet eben über Bomben am Strand von Tel Aviv, der andere berichtet über seine Erfahrungen, die er bei Kreuzfahrten gesammelt hat. Aber halt nicht im Abstand von zwei Zeilen von einer Ecke der Welt in die nächste springen. Das bunte Potpourri der genannten Orte bleibt nämlich überhaupt nicht in meinem Gedächtnis haften, weil du schlichtweg zu viele Länder aufzählst
( ) das Ende (deutlich) kraftvoller gestalten. So wie es jetzt dasteht, wirkt es komplett blutleer auf mich.

Gute Barszenen kannst du bei Bukowski, Hemingway und Waltari nachlesen. Deren Kneipen-Schilderungen weisen sowohl Tiefgang als auch Witz bei gleichzeitiger (dem Ort angepasster) Derbheit der Sprache auf. Von diesem vernünftigen Dreiklang ist in deiner Geschichte Nullkommanichts zu spüren. Leider.

Zum nichtssagenden Titel Flucht will ich jetzt nichts mehr sagen.
Flucht aus Alcatraz gefiel mir auf jeden Fall besser.

Einsortierung in Alltag?? Der von Rucksacktouristen? Das ist aber nicht so wichtig.

Gnuelpft, ist zugegebenermaßen eine strenge Kritik. Nützt aber m.E. nichts, wenn ich dir nun Honig um den Bart schmiere. Für mein Dafürhalten solltest du die Geschichte neu schreiben und völlig anders aufziehen.

Vg sinuhe

 

Hallo Sinuhe und Weltenläufer,
ich hau mich weg. Mit viel hätte ich ja gerechnet, aber mit einer Abrechnung zu meiner Interpunktion und Grammatik zu allerletzt. Allerdings, das Internet ist ein freies Land und so darf jeder tun und lassen, was immer er möchte. Neben dem Überraschungsmoment haben die einmütigen und ganz sicher berechtigten Kritiken jedoch etwas Positives und dafür bin ich dankbar, ganz ehrlich. In Wirklichkeit habe ich noch nie einen Gedanken daran verschwendet, was eine gute Geschichte ausmacht - und gelernt habe ich es offensichtlich auch nie. Beim Lesen beurteile ich die Qualität eines Textes einfach danach wie weit ich ihn gelesen habe. Bis zu Ende bedeutet gut, oder so ähnlich. Nun, mit dem Finger in der Wunde, stelle ich mir genau diese Frage. Mein Ehrgeiz ist entfacht. Bin mal gespannt, ob ich es besser kann. Und falls nicht, verspreche ich die Kurzgeschichtengemeinde nicht weiter mit schlechten Storys zu langweilen.
Viele Grüße
gnuelpft

 

Servus gnuelpft,

ich muss gestehen, dass ich über einen Umweg zu deiner Geschichte kam, zu allererst, noch vor deiner Geschichte und vor den beiden Kommentaren, las ich nämlich deine Antwort auf die Kommentare.

gnuelpft schrieb:
Beim Lesen beurteile ich die Qualität eines Textes einfach danach wie weit ich ihn gelesen habe. Bis zu Ende bedeutet gut, oder so ähnlich.

Wer sowas denkt und sagt, obendrein Robert Pirsig liest und sich noch dazu gnuelpft nennt, kann kein schlechter Mensch sein, dachte ich und machte mich entsprechend gespannt über deinen Text her.

»Keine Ahnung was du tust, ich nehme den nächsten Flieger und zische ab - nach Hause. Vielleicht kann ich meine Kinder überreden, einen Sonnenaufgang mit mir anzuschauen.«

Den letzten Satz mochte ich, echt.
Nicht weil er das Ende der Geschichte bedeutete, nein, der gefiel mir wirklich, der hat sowas Versöhnliches, Optimistisches.
Was die übrige Geschichte betrifft, muss ich mich leider weltenläufer und sinuhe anschließen, die lässt zwar deinen Spaß am Erzählen erkennen, bleibt aber über weite Strecken sehr, sehr beliebig, und ja, irgendwie langweilig, trotz des an sich interessanten Szenarios. Aber immerhin, und das ist ja schon mal was, gelang es ihr doch, mir Bilder im Kopf entstehen zu lassen, mich an andere Geschichten zu erinnern. Also von der Idee her ist das nicht so schlecht, finde ich, die zwei Weltenbummler, Malta, zwei Lebenswege die sich kreuzen, da könntest du schon was draus machen, vorausgesetzt, du zückst entschlossen den Rotstift.

Mein Ehrgeiz ist entfacht.

sagst du und genau darin will ich dich bestärken, denn so 9.999malig-elendig, wie sinuhe sie bezeichnet, ist die Geschichte wirklich nicht.

offshore

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo offshore,
als ich sah, dass eine neue Kritik auf meine Geschichte eingegangen war, bemerkte ich zuerst leichten Schwitz auf der Oberlippe und befürchtete danach, dass ich nun auch noch meine gemischte Anwendung der heyseschen und adelungschen Schreibung um die Ohren gehauen bekomme. Zum Glück war das nicht der Fall. Hurra! Aber was nicht ist, ... An dieser Stelle würde ich eigentlich gern die Doppelpunkttaste gefolgt vom Bindestrich und der Klammer (zu) einschieben. Weiß aber nicht, ob Smileys hier angemessen sind und daher belasse ich es mal bei der Beschreibung. Ich merke schon, cheeky ... Also, Spaß beiseite.

Danke jedenfalls für deine Kritik. Ich muss zugeben, dass ich meine Geschichte, nachdem ich mich nun etwas mit »Show-don‘t-tell« beschäftigt habe, ähnlich beurteile. Sie ist flach! Als ich sie jedoch vorgestern nach zweieinhalb Jahren zum ersten Mal wieder las, ging es für mich flüssig, bis zum Ende. Und ich dachte, o.k. ein ruhiger Text. Na ja, man kann ihn auch blutleer nennen oder kraftlos und das trifft es wohl tatsächlich besser. Aber wie gesagt, um das zu erkennen, muss man die Qualität zuerst mal infrage stellen. Und dazu gab es, solange die Datei friedlich auf der Festplatte meines kleinen Compus schlummerte, keinen Anlass. Insofern fühle ich mich hier im Forum exakt am richtigen Platz. Deinen Rat mit dem Rotstift werde ich jedenfalls beherzigen. Und ganz nebenbei bemerkt, sooooo schlecht war die ganze Geschichte tatsächlich nicht, zumindest in Wirklichkeit. Ich weiß das, denn ich war dabei.

gnuelpft

PS: Habe gerade bemerkt, dass Smileys offenbar doch probat sind da das Texttool sogar ein eigenes Dropdownmenü dazu anbietet. Ich kündige darum jetzt schon an, beim nächsten Mal "smeilts" was ;)

 
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Hi gnuelpft,
auch von mir nochmal ein herzliches Willkommen. Ich müsste eigentlich was anderes machen, aber ich hab halt grad mal Bock, was zu deiner Geschichte zu schreiben.
Die anderen haben dir schon viel erzählt und Hinweise gegeben.
Auch mir war die Geschichte zu langatmig, aber dennoch ging es mir wie ernst, ich seh da manchmal was, erleb deinen Spaß am Erzählen und Rumfablieren, da musst du unbedingt weitermachen und solltest dich auf keinen Fall von einem negativen Kommentar platt machen lassen, der ist ja zu deiner Hilfe da. Aber du gibst ja nicht auf.

Von mir gibt es zwei und einen halben Tipps:
1. An deiner Stelle würde ich durch deine Geschichte gehen und alles, was eine Information zum zweiten Mal wiedergibt (nur in anderen Worten) kritisch beäugen und ziemlich sicher rausschmeißen.

2. würde ich die Dialoge durchgehen. Ich bin zwar auch nicht grad eine Dialogmeisterin, aber was ich weiß, kann ich gerne weitergeben. Deine beiden Männer klingen nämlich gleich. Die Unterschiede zwischen ihnen sollte man aber ruhig ihren Redebeiträgen anmerken. Und sie sprechen sehr elaboriert, und zwar fast immer. Alle beide. Kannst ja mal gucken.

2 1/2: Lass ein paar sinnliche Eindrücke mehr einfließen. Z. B., wenn sie da sitzen und Silvano fängt an zu singen. Das muss doch was Besonderes sein, wenn ein ehemaliger Tenor auf einmal Soul singt. Wie klingt denn seine Stimme? Und dann sitzen sie da am Wasser. Wie riecht es denn, was sieht man denn? Nicht viel, nur um die Stimmung ein bisschen aufzunehmen.
Einhalb deswegen, weil das nur ein paar Einsprengsel sein sollten, nicht den Text damit aufblähen, sondern ihm ein bisschen Farbe geben.

Damit du siehst, was ich mit den Kürzungen meine, habe ich einfach mal den ersten Abschnitt mit der Schere bearbeitet und ein bisschen umgestellt. Ich persönlich versteh und lern oft mehr, wenn ich an einem Beispiel sehe, was die Leute meinen, wenn sie etwas an einer Geschichte kritisieren, vielleicht geht es dir ja ähnlich. Also als Reinquatschen sollst du es bitte nicht verstehen.

»Und wenn der Himmel runter fällt, nichts bringt mich noch mal nach Hause« erwiderte Frank auf die Frage seines Gegenüber. Zuhause? - dachte er schon während seiner Antwort. Wo ist das eigentlich? Fast wusste er nicht mehr, was dieser Begriff bedeutet. Das kommt schon durch die Frage vorher zum Ausdruck.
Seit über einem Jahr zog er durch die Welt. Sein Gesprächspartner stellte sich als Silvano vor, aus Italien. »Frank, aus dem Nirgendwo« entgegnete er. Nach seinem Äußeren zu urteilen ein Rucksacktourist, wie er selbst. Das könntest du in den Abschnitt danach einbauen.
Der neue Bekannte hatte wissen wollen, ob er nach so langer Zeit nicht Sehnsucht nach seiner Heimat verspüre. Was Silvano gefragt haben muss, kann man an Franks Antwort herauslesen.

Sie begegneten sich zufällig in der kleinen Bar im Hafen von Valletta. Silvano wirkte betrunken.Er versuchte es zu verbergen, jedoch verriet ihn die schleppende Zunge. Trotz der fortgeschrittenen Stunde war es noch recht belebt. Schließlich würde hier, an diesem wuseligen Ort, bis in den frühen Morgen geöffnet sein. Einheimische bunt gemischt mit Touristen saßen an der hölzernen Bar und den wenigen klebrigen Tischen. Drei Fernseher liefen. Zu sehen gab es die Wiederholungen der wichtigsten europäischen Fußballspiele vom Wochenende. Das deutsche Topspiel zwischen Bayern München und Borussia Dortmund ging eben zu Ende. Die Bayern verloren im heimischen Stadion. Ungeachtet der Entfernung und seiner langen Abwesenheit spürte Frank immer noch ein warmes Gefühl im Bauch, wenn sein Klub spielte. Und ein Flaues, wenn sie es vermasselten, wie heute Um diese Zeit nahm aber ohnehin kaum jemand Notiz von dem Treiben auf den flimmernden Schirmen. Silvano erzählte, dass er bereits am Nachmittag wegen des Matchs zwischen Mailand und Florenz gekommen sei. Stattdessen zeigten sie Neapel gegen Rom. So kam er leider nicht in den Genuss, sein toskanisches Team sehen zu können. Fünf Bier später interessierte ihn das nicht mehr. Der Plausch mit den vielen, oft wechselnden Gästen bot akzeptablen Ersatz. Mit dem »Tedesco«, dem Deutschen, kam er vor der Tür beim Rauchen ins Gespräch.. Aber ich weiß ja schon, dass er mit ihm ins Gespräch gekommen ist.
Der Italiener war klein, geschätzte einssechzig. Frank mit seinen fast zwei Metern musste sich immer etwas bücken, wenn er mit »Kurzen« redete. Auch seinen starken italienischen Akzent verstand er nur mit Mühe. Darum war die Unterhaltung zuerst holprig. Nach drei Pints in der typischen »Barhaltung«, die alle Unterschiede beseitigt, verschwanden die Probleme jedoch.Auf dem Barhocker lümmelnd, einen Ellenbogen auf den Tresen gestützt - ]genau so saß man in den meisten Bars, die Frank im zurückliegenden Jahr betrat, überall auf der Welt. Eine solche Bar war der »Gleichmacher« schlechthin. Keine Größenunterschiede mehr, kein Arm oder Reich. Ob in Saigon oder Kuala Lumpur, Nairobi oder San Jose, kaum zu unterscheiden. Wahrscheinlich die einzige wirkliche Gemeinsamkeit zwischen den Völkern.


Das Ganze klingt dann so:

»Und wenn der Himmel runter fällt, nichts bringt mich noch mal nach Hause«, erwiderte Frank. Zuhause, dachte er, wo ist das eigentlich?

Sie begegneten sich zufällig in der kleinen Bar im Hafen von Valletta. Silvano hatte ihn angesprochen, ein kleiner Mann in ... (da könntest du eine Kleidung einsetzen, wenn man das unbedingt will, aber will man? Ich weiß nicht, wie Aussteiger gekleidet sind), zu dem er sich immer hinunterbücken musste, wenn er mit ihm sprach.
"Frank von Nirgendwo", hatte er geantwortet, als Silvano ihn nach seinem Namen fragte.
Trotz der fortgeschrittenen Stunde war es noch recht belebt. Einheimische bunt gemischt mit Touristen saßen an der hölzernen Bar und den wenigen klebrigen Tischen. Drei Fernseher liefen. Das Topspiel zwischen Bayern München und Borussia Dortmund ging eben zu Ende. Die Bayern verloren im heimischen Stadion. Immer noch spürte Frank ein warmes Gefühl im Bauch, wenn sein Klub spielte. Und ein flaues, wenn sie es vermasselten.
Silvano war betrunken, er versuchte es zu verbergen, doch die schleppende Zunge verriet ihn. Auch seinen starken italienischen Akzent verstand Frank nur mit Mühe. Drei Pints später in der typischen »Barhaltung« war das Problem beseitigt: auf dem Barhocker lümmelnd, einen Ellenbogen auf den Tresen gestützt - genau so saß man in den meisten Bars, überall auf der Welt. Keine Größenunterschiede mehr, keine Sprachprobleme, kein Arm, kein Reich. Ob in Saigon oder Kuala Lumpur, Nairobi oder San Jose. Wahrscheinlich die einzige wirkliche Gemeinsamkeit zwischen den Völkern.


Naja, soweit mal als Beispiel.
Vielleicht kannst du was damit anfangen.
Liebe Grüße
Novak

Und PS: Ja, mach viele Smileys, unbedingt auch noch nachträglich in deine Antwort an ernst offshore. Er liebt smileys.
(Ungefähr so wie Fußpilz)

 

Hallo Nowak,

Geschichten schreiben kann süchtig machen glaube ich. Danke das du dir die Mühe gemacht hast mir zu demonstrieren, wie du den Text ändern würdest. Und ich muss sagen, ja, er klingt deutlich fluffiger.

Ich habe nun also ca. 30% der Buchstaben entfernt und siehe da, es ist immer noch dieselbe Information drin. Den leicht konfusen Stil wollte ich aber beibehalten, als Metapher für »viel Bier im Bauch«, ungeordnete Gedanken und all das. Mal sehen, ob jemandem etwas zur neuen Version einfällt.

Hier in Auckland ist gerade Sonntagmorgen, und leider ein regnerischer. Allerdings ist es der Erste seit Wochen herrlichsten Sommerwetters. Ich stöpsle mich trotzdem ab für dieses Wochenende und schau mal was die Natur so her gibt.

Liebe Grüße
gnuelpft

 

Hey gnuelpft,

ich habe die Geschichte heute zum ersten mal gelesen, also nach der massiven Streichung, und mir hat es gefallen. In dem Augenblick, wo die beiden am Meer sitzen und der Opernsänger anfängt zu singen, da habe ich Deinen Frank beneidet. Ich glaube, dass ist ein großartiger Moment, ob er allerdings in der Lage ist, die Änderung herbeizuführen, die Du dann anschlägst, weiß ich nicht. Vielleicht hätte mir ein Gedanke an die Heimreise genügt, so als Prozess der Entwicklung. Aber allein für die Szene, lohnt es sich, die Geschichte zu lesen.

Noch ne Frage, Du hast den Titel über der Geschichte geändert, soll der im Ganzen geändert werden? Dann gib Bescheid und ein Mod wird es für Dich tun.

Bisschen Textzeug noch:

Vor allem, schau Dir mal die Regeln zur wörtlichen Rede an. Das sind nicht viele und sie sind auch nicht schwer. Einfach bei Google eingeben, lesen und hier ordentlich nachbessern.

»Frank, aus dem Nirgendwo« entgegnete er.

Schön.

Sie begegneten sich zufällig in der kleinen Bar im Hafen von Valletta. Man saß hier auf unbequemen Hockern an klebrigen Tresen. Oder man stand vor der Tür mit einer Zigarette zwischen den gelben Fingern und dem Pint in der Hand. Im Inneren langweilte ein Graubraun von der Art, wie 100-jährige Holzdielen aussehen. Wenige schmutzige Bilder mit vergilbten Whiskeylabels zierten die Wände. Es roch nach altem Bier, Pissrinne und Bratfett.

Hat mir auch gefallen, die Beschreibung.

Beide kamen am Nachmittag wegen der Fußballspiele, die auf den großen Bildschirmen gezeigt werden, und wurden enttäuscht, weil Sky die Spiele ihrer Mannschaften nicht übertrug. ...

Hier wechselst Du den Erzähler. Aus personal wird auktorial. Finde ich nicht unbedingt glücklich an der Stelle. Bleib dabei, aus Franks Sicht zu erzählen.


Silvano torkelte schon ein wenig. Er hatte den »Tedesco«, vor der Tür beim Rauchen angesprochen. Der Italiener war klein, einssechzig vielleicht - und Frank mit seinen fast zwei Metern musste sich leicht nach unten beugen, um mit dem »Kurzen« zu reden. Auch den starken italienischen Akzent verstand er nur mit Mühe. Darum war die Unterhaltung zuerst holprig. Nach drei gemeinsamen Pints in der typischen »Barhaltung«, die alle Unterschiede beseitigt, verschwanden die Probleme jedoch. Trotz der noch frischen Bekanntschaft empfand man so etwas wie Sympathie füreinander.

Hier wechselst Du sogar mitten im Absatz. Das kursive ist wieder auktorial.

Daher nannte erKOMA wie so oft in den zurückliegenden MonatenKOMMA seinen Drang nach »Freiheit« als Grund für die lange Reise.

Abstand gewinnen, auf die Füße kommenKOMMA lautete sein Ziel.

In der Türkei sei er überfallen worden, zusammengeschlagen, ausgeraubt und im Krankenhaus gelandetKOMMAberichtete er.

Was tunKOMMA dachte ich und rannte los. Wenn du keine Wurzel hast, hält dich auch nichts.«

Mag ich.

Ich meine, ich war da, ich hätte es o.k. gefunden zu sterben.«

schreib "okay" ruhig aus. Das finde ich übrigens im weiteren Verlauf sehr schön, dass beide nichts mehr so richtig im Leben zu halten schien. Diese Suche, die Flucht, die sie nirgendwo hinbringt und nirgendwo ankommen lässt.

Er schwieg (immer noch) und der Deutsche stellte ihm ein frisches Bier hin.

Füllwörter, könnte man noch wegstreichen

»Die hübsche Schwarzhaarige, weißt du« fuhr er fort, »sie lag 5 Meter von mir entfernt.

Zahlen bis zwölf in Texten ausschreiben und unbedingt wörtliche Rede angucken ...

Frank wurde still. Silvanos Schilderungen riefen Erinnerungen (in ihm) wach.

In wem sonst? ;)

Die Einheimischen sangen oder beteten, was bei denen oft ähnlich klingt. Zurück an Land fühlte ich mich nur leer.«

Schön.

Als er geendet hatte, klatsche Frank begeistert und musste (gleichzeitig) mehrmals blinzeln,( um die Träne zurückzuhalten, die unbedingt ins Meer wollte.( Der Song klang völlig anders als das OriginalKOMMA aber unglaublich gut. (Der Typ war ein Künstler, so viel war klar.)

Ist nur ein Vorschlag, das in den Klammern rauszunehmen. Ist sicher Geschmackssache.

»Und warum hat dich deine Frau verlassen?« wollte Frank wissen. »Sie ist mit einem Freund abgehauen. Es zog sie nach Florenz, von Anfang an.

Zeilenwechsel bei Sprecherwechsel
»Und warum hat dich deine Frau verlassen?«KOMMA wollte Frank wissen.
»Sie ist mit einem Freund abgehauen. Es zog sie nach Florenz, von Anfang an ...

»Ich weiß!« erwiderte Frank »Und was hat‘s dir gebracht? Du sitzt morgens um halb vier am Hafen einer Scheißinsel im Mittelmeer, mit Unmengen Bier im Bauch und erzählst mir du wärst lieber tot. Was für eine Scheiße? (Spinnst du eigentlich total?)«

Nicht wertend eingreifen, bitte ;). Macht der Leser allein, vertrau ihm.

Da stecken sicher noch ein paar mehr Fehler drin, ich habe jetzt nicht wirklich drauf geachtet beim Lesen.
Text gefällt mir gut. Sprache auch. Und immer wieder das Bild, die beiden am Strand und der Sänger - ach ...

Beste Grüße Fliege

 

Also echt gnuelpft ... das ist jetzt was

ich muss Fliege Recht geben. Ich bin stolz auf dich wie eine Geschichtenmama, das klingt um viele viele Längen besser als vorher. So, dass ich es richtig gerne lese.
Ich weiß ja, wie es vorher war, aber das Kürzen und so ein paar sinnliche Eindrücke, die tun manchmal echt Wunder. Hast du klasse gemacht. Eine spürbare Atmosphäre ist jetzt entstanden. Ich hab mich an vielen Stellen auf die Azoren versetzt gefühlt. Sehr schön stimmungsvoll auch die Szene dann mit dem Otis Redding Lied. Und der Wehmut, die da entsteht.

Flieges Hinweise kann ich aber unterstreichen, vor allem die Perspektivwechsel, (ich wusste doch, dass da noch was war, das war mir ursprünglich auch schon aufgefallen, hab ich dummerweise vergessen) und der Satz am Ende, (der spinnst du -Satz) das würde ich noch rausnehmen.

Ich freu mich auf weitere Geschichten von dir, hat mir jetzt sehr gefallen.
und ich hoffe, dein Ausflug ging nicht im Regen unter
Liebe Grüße
Novak

 
Zuletzt bearbeitet:

Servus gnuelpft,

ich finde es toll, was du aus dem ursprünglichen Text gemacht hast, der ist ja kaum wiederzuerkennen! Für mein Gefühl ist das nicht nur eine neue, sondern eine richtig gute Geschichte geworden.

… gelang es ihr doch, mir Bilder im Kopf entstehen zu lassen, mich an andere Geschichten zu erinnern.

Das schrieb ich in meinem gestrigen Kommentar, wollte allerdings nicht dazu schreiben, an welches Buch konkret ich mich erinnert fühlte, weil mir der Vergleich ein bisschen zu sehr an den Haaren herbeigezogen schien, heute aber will ich’s tun, weil dein Text eben um so viel stärker geworden ist, vielleicht auch als Leseempfehlung an dich. Vom Thema, von der Stimmung her erinnert mich die Geschichte an Puerto Escondido von Pino Cacucci, heute noch weit mehr als gestern.
Deine ziellosen Weltenbummler, die sich zufällig über den Weg laufen, das Herumhängen in Hafenkneipen, das Räsonieren über Gott und die Welt angesichts des Sonnenunterganges, ja, das mochte ich schon sehr.

Für meinen Geschmack aber dürftest du den Rotstift noch um einiges entschlossener ansetzen, als Beispiel diesen Absatz:

Sie begegneten sich zufällig in der kleinen Bar im Hafen von Valletta. Man saß hier auf unbequemen Hockern an [am] klebrigen Tresen. Oder man stand vor der Tür mit einer Zigarette zwischen den gelben Fingern und dem Pint in der Hand. Im Inneren langweilte ein Graubraun von der Art, wie 100-jährige Holzdielen aussehen. Wenige schmutzige Bilder mit vergilbten Whiskeylabels zierten die Wände. Es roch nach altem Bier, Pissrinne und Bratfett.

Das ist mir noch ein bisschen zu adjektivlastig.
Oder man stand mit einer Zigarette und dem Pint in der Hand vor der Tür.
Ein paar Bilder mit vergilbten Whiskeylabels zierten die Wände.

Es könnte dem Text nur gut tun, noch einmal gnadenlos mit der entf-Taste drüberzugehen. Die Zahlen auszuschreiben, hat dir ohnehin schon Fliege empfohlen, der Fehler kommt mehrmals vor (irgendwo steht 16 Monate, glaub' ich. Prinzipiell möchte ich in einem literarischen Text alle Zahlen, nicht nur die bis zwölf, ausgeschrieben sehen!)

Als er geendet hatte, klatsche Frank begeistert ...
klatschte

Ein paar Zeitfehler gibt’s auch noch, z.B. hier

Beide um die vierzig und Flüchtlinge - irgendwie zumindest. Frank war aus Deutschland abgehauen, als sein Unternehmen den Bach runter ging. Silvano wurde von seiner Frau verlassen, vor mehr als zwei Jahren und flüchtete vor der Reue in eine neue Einsamkeit. Dann erzählte er von »la Mama« und ihren Kochkünsten, von der kleinen Bar »cinque stelle« am Dorfplatz und von Carla, seiner schönen Carla. Sehnsucht tropfte aus seinen Worten.

Plusquamperfekt! (Beim flüchtete allerdings nicht zwingend)
Eigennamen, bzw. auch sozusagen betonte Hervorhebungen

den »Tedesco«, dem »Kurzen«, typische »Barhaltung«,

usw. würde ich kursiv setzen, schaut für mein Gefühl hübscher aus, als die Anführungszeichen.
Und apropos hübsch:
Mir gefallen die Leerzeilen zwischen den Absätzen überhaupt nicht!

Aber im Großen und Ganzen ist das eine wirklich gelungene Überarbeitung.

Nur eines noch:

Hier in Auckland ist gerade Sonntagmorgen, und leider ein regnerischer. Allerdings ist es der Erste seit Wochen herrlichsten Sommerwetters.

Alter, war das notwendig? Hast du eine Ahnung, wie es uns hier in Mitteleuropa seit Monaten geht? Ich bitte dich, solche quasi schadenfrohen Gehässigkeiten in Hinkunft zu unterlassen.

offshore


und apropos Offtopic:

@Novak: Was bin ich nur für ein elender Navigator! Ich segelte schon zweimal nach Valetta, und beide Male entging mir vollkommen, dass ich auf den Azoren bin …

 

He, mein lieber offshore, vielleicht veruzt du mich ja gerade, Valetta ist auf Malta (hoff ich wenigstens), mich hat gnuelpfts Beschreibung nur an die Azoren erinnert. Hols der Deiwel. Das gibt Rache
:naughty:

 

Geändert von gnuelpft [..] Wegen massiver Kritik um 30% gekürzt.
Gut gemacht, gnuelpft. Das verdient Anerkennung.
Der große William Goldman gab einen Rat, wie man einen guten Text schreibt:

  • »Schreibe den besten Text, den du zuwege bringst, und kürze ihn um das schlechteste Drittel. Kürze das Übrige wiederum um ein Drittel. Übrig bleibt ein guter Text.«
Scheint, Du bist auf dem rechten Weg, wenn man Herrn Goldman glauben darf.
Schönen Gruß aus Wien.

 

Liebe Leute,
das was ihr hier alles geschrieben habt, DANKE! Das ist wirklich der Knall und hat mich echt umgehauen. Ich bin ja nun noch sehr neu hier im Forum aber ich komme nicht umhin mich schwer beeindruckt zu zeigen über die Kommentare und die Anteilnahme an meinen beiden gescheiterten "Helden".
Ich verspreche alle Hinweise ernst zu nehmen und in die Geschichte einzuarbeiten, soweit mir das möglich ist. Bin aber gerade in Sydney zur Green Cities Conference und das ist schweinespannend. Auch hier, auf der anderen Seite der Welt, kümmert man sich um Sustainability/Nachhaltigkeit (OK, ich mag die Worte auch nicht). Davon möchte ich so viel wie möglich mitnehmen. Daher wird meine Antwort/Umsetzung der Hinweise wohl bis nächste Woche Woche warten müssen.
Bis dahin, liebe Gemeinde,
Liebe Grüße
gnuelpft

 
  • Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:
Zuletzt von einem Teammitglied bearbeitet:

Hallo an alle, die ihre Meinung zu meiner Geschichte abgegeben haben. Danke noch mal für die hilfreichen Tipps. Ich hatte heute Morgen Zeit und habe daher erneut den Radierer angesetzt. Auch die vielen Hinweise mit dem Ausschreiben der Zahlen, den Leerzeilen und der Interpunktion sind in die Überarbeitung eingeflossen. Nur die direkte und indirekte Rede sind wohl immer noch verbesserungswürdig. Nach einer geschäftigen Woche im Land der Kängurus war das eine angenehme Abwechslung. Schreiben macht Spaß, das steht fest.
Früher dachte ich nicht darüber nach welchen Eindruck meine Formulierungen bei anderen hinterlassen. Nach den Kommentaren zu meinem Geschreibsel ging das aber los. Ich habe mich gefragt, was Otto Normalverbraucher denkt, wenn er meinen Text liest. Und ob Selbiger irgendwelche Bilder bei ihm erzeugt. Sollte das tatsächlich passieren, wäre es absolute Klasse.
Und da ich eine herbe Kritik einstecken musste wegen meiner Erwähnung des Sommers, hier auf der Südhalbkugel, mach ich‘s noch mal. Fühlt euch gegrüßt aus dem sonnigen Sydney ... 26 Grad und nahezu wolkenloser Himmel lassen eindeutig Sommergefühle aufkommen (ich weiß - in Germany is still awful weather:). Jedoch, zur Beruhigung, ihr seid wenigstens zu Hause.
Leicht heimwehgebeutelte Grüße vom Flughafen Sydney
gnuelpft

Danke dir! Hab das mit dem dritten Drittel jetzt noch mal versucht. Mal sehen:)
LG
gnuelpft

He, mein lieber offshore, vielleicht veruzt du mich ja gerade, Valetta ist auf Malta (hoff ich wenigstens), mich hat gnuelpfts Beschreibung nur an die Azoren erinnert. Hols der Deiwel. Das gibt Rache
:naughty:

Hallo Nowak,
mach dich mal nicht verrückt, Azoren, Malta, was macht das schon? Sind doch alles Inseln und schließlich ging es um einen Hafen, der könnte sogar auf dem Festland sein, oder in Hamburg :)

 

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