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Forschers Glück

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Beitritt
12.04.2007
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Forschers Glück

FORSCHERS GLÜCK,

FROSCHES LEID

Ein Märchen
mit leisen Anmerkungen im Anhang

"Die Wiesenkirche ist eine gotische Hallenkirche von überwältigender innerer Logik der Maße: weit, hell und klar; die Dienste steigen an den schlanken Säulen ohne Kapitell zu den Rippen, alte und gute Glasmalerei gibt die farbige Tönung zu dem weichen Grün des Steins". Theodor Heuss bei der Wiedereinweihung der Wiesenkirche am 15.10.1950

Unter der fettgedruckten Überschrift
„Sensationeller Nachweis des Hörsystems bei Spinnen“
findet sich in der Ausgabe der Blödzeitung vom 22. Mai 2007 der folgende, hier ungekürzt wiedergegebene Bericht:
“Freiburg. Dem Schüler M. (Name ist der Redaktion bekannt) aus dem westfälischen Soest ist im Rahmen des diesjährigen Wettbewerbs „Jugend forscht“ gelungen, woran ganze Generationen von Forschern sich die Zähne ausgebissen haben. Für den Nachweis, dass Spinnen mit ihren Beinen hören, erhielt er den ersten Preis in der Kategorie Biologie durch die Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Dr. Schavan."

Eher zufällig als gezielt und methodologisch korrekt hat ein junger Mensch, der in Soest nahe St. Maria zur Wiese - der Wiesenkirche - wohnt, das Hörsystem der Spinnen entdeckt. Der praktizierende Christ M., dessen Verhaltensweisen und äußeres Erscheinungsbild keine Rückschlüsse auf perverse Neigungen zulässt, - leichtfertig und wie zur Rechtfertigung bemerkt der Volksmund in ähnlichen Fällen, wie von dem hier dargestellten, man könne einem Menschen nur vor’n Kopf gucken , und mancher Nachbar hätte sich den ordentlichen und unbescholtenen jungen Bürger durchaus für sein Kind als künftigen Ehegatten gewünscht, - dieser wohlgelittene Jungbürger hatte also einfach einem sadistischen Gefühl nachgebend einer gemeinen Hausspinne ein Bein ausgerissen. Seiner Aufforderung „Renn!“ folgte das arme Tier und versuchte, so schnell als es nur konnte auszureißen –

um genau in die Hand seines Peinigers zu rennen. Dessen Neugier war geweckt und unser junger Bekannter zupfte der armen Kreatur ein nächstes Bein aus, um festzustellen, dass sie seiner neuerlichen Aufforderung zu laufen folgte. Wieder und wieder wurde sie eingefangen und weiter verstümmelt. Wurd’ ihr befohlen zu laufen, so lief sie, wenn auch immer mühseliger und langsamer. Als das letzte Bein ausgerissen war, reagierte das Geschöpf auf den Ruf „Lauf!“ und die umfangreichere und ungeduldige Wiederholung „Nu lauf endlich!“ nicht mehr. Der junge Forscher stieß mit seinen Fingern den Torso an und meinte wohlwollend „Nun ma' ma', dann kannste gehn“, und mit großzügiger Geste „Un’ frei biste! “ -Was die Spinne wohl nicht richtig verstand. Nichts ging mehr. Die Hausspinne hörte einfach nicht mehr auf die Worte unseres Bekannten, dass der Jungforscher sie von sich schnippte mit der Bemerkung „Na, denn nich .“

Folgeerscheinung war nun, dass der zufällige Entdecker zu Höherem sich berufen fühlte und sich vornahm, bei seinen Forschungen systematisch vorzugehen - (kann aber auch sein, dass er Spaß daran gefunden hat, seinen sadistischen Gefühlen nachzugeben). Das Experiment mit der Spinne wurd’ einige Male mit gleichen, zumindest aber ähnlichen Ergebnissen wiederholt. Gewissenhaft zeichnete der Schüler seine Beobachtungen auf mit dem Schluss, dass Spinnen offensichtlich mit ihren Beinen hören, und sendete seine Aufzeichnungen an die Redaktion und Jury von „Jugend forscht“.

Heute, nur wenige Tage nach der Prämiierung, fängt er auf einer Spielwiese - auf der gerade mal kein Ballspiel betrieben wird - eine Kirchenmaus ein. Kurz entschlossen widmet er eine Mausefalle zu einem Fallbeil um und entfernt mit einem präzisen Beilhieb nicht den Kopf, sondern ein Vorderbein und stellt verwundert fest, dass die Maus seinem Ruf „Lauf!“ - wenn auch humpelnd - folgt. Das Spiel führt er wie zuvor mit gekonnter Hiebfolge fort. Mit einem letzten Bein läuft das arme Tier nur mehr im Kreis herum, was er auch schon bei Spinnen beobachtet hatte. Nach dem das letzte Beinchen abgehackt ist, zuckt die Maus nur noch nervös, bewegt sich aber nicht mehr auf des Jungforschers Aufforderung hin fort, bis sie schließlich verblutet und verreckt ist. Der junge Mensch stutzt, hat er doch bisher geglaubt, was in Schulbüchern steht: Mäuse hörten mit den Ohren. Was, wenn nun auch Säugetiere mit den Beinen hörten? Spricht das Ergebnis seines Experimentes nicht dafür?

Darüber wird unser junges Menschenkind reif für die Klapsmühle und bekommt soeben eine Zwangsjacke übergestreift. –

EPILOG

Über dieses Ergebnis murrt das Publikum und der geneigte Leser/Hörer sieht die Aufgabe unvollständig und damit wenig überzeugend gelöst. Das Publikum fragt sich, wo denn der Begriff Fußball bleibe und erst recht der in der Überschrift genannte Frosch.

Zum einen ist Fußball unser Leben und damit aus unsern Köpfen nicht mehr wegzudenken und in der Moral des Märchens verborgen, die abschließend in einen Rat an die freigesetzten Henker und deren Knechte gekleidet sei: abgehauene Köpfe mögen sich zum Kegeln eignen, nicht aber zum Fußball. Der Frosch hingegen ist kein König, wie’s das Märchen uns weismachen will, sondern hätte vielmehr nicht nur der Forschung gedient, sondern auch in der Nahrungs- und Genussmittelindustrie als Delikatesse verwertet werden können.

 

Einfach nur: COOOOOOOOOOOOOOOOOL!
Leider funktionieren Logikketten im "normalen" Leben ueberwiegend wie diese...

 

Hey Proxi,

du hast ja immer so einen hohen Anspruch an die Geschichten der anderen, ist es schlimm diesen auch an deine Kommentare zu stellen?
Jedenfalls finde ich deine "Kritik" na ja, ziemlich überflüssig.

 

Ist das keine - zumindest - befriedigende Kommentierung,

Jo?

Ich find doch!

Hallo Proxy,

dank Dir fürs Lesen und Kommentieren, das authentischer, klarer und wahrer gar nicht sein kann (okay, das eine oder andere o könnte entfallen, man weiß ja schon nach einem Pärchen, wie's auszusprechen sei). Du siehst also, auch beim besten und treffendsten Kommentar kann man noch was aussetzen, um wie viel anfälliger wäre ein kleiner Text ...

Gruß vom

Friedel,
der gerade an einer verklemmten Maschine hackt ...

 

Hi Friedel!

Gut, also Anfangs war es doch schwer zu folgen. Für mich ist es Satire mit einem Zwinker zur Wissenschaft, nicht jede Beobachtung, wenn man nicht die richtigen Schlüsse zieht, führt zu etwas.
Aber was Du ganz bestimmt geschafft hast, Du hast etwas geschrieben, das polarisiert und anregt zu reden/schreiben.
Sehr fein, ich mag so etwas

LG
einszwo

 

Gut, also Anfangs war es doch schwer zu folgen
-

oje - lieber einszwo,

das tut mir leid. Aber Gottseisgepfiffenundgejodelt - zum Glück hastu Dich nicht verirrt. Du merkst schon an der Antwort, dass ich das als die kürzeste Satire schlechthin anseh, die es in den Kommentaren/Antworten zu verlängern gilt.

Aber schön, dass Du Dich herangetraut hast an ein solches Stückchen Literatur, noch dazu zum Lobe der titelverlorenen Frau Schavan und aller Zweckgebundenen Forschung, deren Ziel irgendwie schon immer vorgegeben ist. Auch die Kommentare geraten darum zur Satire - und wenn es die Antworten richten müssen ...

Aber was Du ganz bestimmt geschafft hast, Du hast etwas geschrieben, das polarisiert und anregt zu reden/schreiben.
Genau darum verweiger ich mich reinem Entertainment, dem ja neuerdings das Infotainment beigegeben wird. Ich warte darauf, dass der neugeborene Kalif in Wetten dass ... auftritt. Okay, die Gage wird er sich schon selbst holen müssen.

Sehr fein, ich mag so etwas
Da haben wir was gemeinsames, und das ist schon ein guter Anfang, findet der

Friedel,
der sich recht brav fürs Lesen und vor allem ehrlich Kommentieren bedankt!

 

Verweigerung, Verweigerung,Verweigerung,
lieber Friedel,
ist eine unschöne Sache, vor allem, wenn du dich dem reinen Entertainment verweigerst.

darum verweiger ich mich reinem Entertainment, dem ja neuerdings das Infotainment beigegeben wird.
Wobei, was ist an einem Entertainment rhein? Gleicht es doch eher dem Flusse oder dem Waschwasser, nachdem Meister Proper rhinegemahet hat.
Gar noch dem Infotainment verweigerst du dich. Jetzt strengt sich doch Putin so an, Nachrichten zur Unterhaltung zu produzieren. Da verweigerst du dich?
Was könntest, so frage ich mich, du dann wollen? Du verweigerst dich, so stelle ich mit Schaudern fest, der Unterhaltung, willst vielleicht eine Oberhaltung, oder nur eine Haltung, gar einen Halt, nicht doch alt, aber Hinterhaltung wäre doch eine Aufgabe der Literatur, Verhaltung nun weniger, führt zur Verstopfung, Vorderhalt hat so etwas Wortkriegerisches wie Forderlader. Willst, so frage ich dich, so etwas wie Jean Paulin? Oder den rebaillierenden Fischgrät, oder den verzettelten Schmidtchen-Schleicher, oder Jamer Joiche?
Keine reine Unterhaltung, nein, du schriebest ja Entetaintement, also Englifizierst du auch noch die teutsche Spruche.
-ach Friedel, bitte, bitte, lass uns lesen und schreiben die reine Unterhaltung, wie schon aus Zar und Zimmermann herübertönt:
O wie schön die Worte fließen.
Wie ein Bächlein über Wiesen.
Gar nicht schwülstig, ganz natürlich.
Bitte, reine Unterhaltung fürs reine Gemüt
von Wilhelm

 

Hallo Friedel und Wilhelm,
habe wohl kein reines Gemüt, auch kein rheinisches, weder links- noch rechts-, denn mich langweilt reine Unterhaltung zu Tode.

Set

 

Wobei, was ist an einem Entertainment rhein? Gleicht es doch eher dem Flusse oder dem Waschwasser, nachdem Meister Proper rhinegemahet hat.
Gar noch dem Infotainment verweigerst du dich. Jetzt strengt sich doch Putin so an, Nachrichten zur Unterhaltung zu produzieren. Da verweigerst du dich?
Was könntest, so frage ich mich, du dann wollen? Du verweigerst dich, so stelle ich mit Schaudern fest, der Unterhaltung, willst vielleicht eine Oberhaltung, oder nur eine Haltung, gar einen Halt, nicht doch alt, aber Hinterhaltung wäre doch eine Aufgabe der Literatur, Verhaltung nun weniger, führt zur Verstopfung, Vorderhalt hat so etwas Wortkriegerisches wie Forderlader. Willst, so frage ich dich, so etwas wie Jean Paulin? Oder den rebaillierenden Fischgrät, oder den verzettelten Schmidtchen-Schleicher, oder Jamer Joiche?
Keine reine Unterhaltung, nein, du schriebest ja Entetaintement, also Englifizierst du auch noch die teutsche Spruche.
-ach Friedel, bitte, bitte, lass uns lesen und schreiben die reine Unterhaltung, wie schon aus Zar und Zimmermann herübertönt:

 

Hallo Wilhelm,

grüß Dich, Set!

Ja kinners, Verweigerung geht im Rheinland nicht nur in der Stunksitzung (die sich ja auch kommerzialiert hat im Laufe der Jahre) oder dem Geierabend (ähnlich). Aber so was wie Karneval ist ständig unter Rheinländern, selbst wenn sie wie ich an der Grenze zu Widukinds Land geboren sind.

Aber schön, dass ihr vorbeigeschaut habt und einem alten, gebrechlich Manne beisteht ...

Danke fürs kommentierische Lesen vom

Friedel,

dessen hiesiges, tägliches Stündchen sich dem Ende neigt (58 min. zeigt das Gerät an).

 

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