Was ist neu

Frühlingsbeginn

Mitglied
Beitritt
28.11.2005
Beiträge
84
Zuletzt bearbeitet:

Frühlingsbeginn

Er ging durch die Straßen, atmete kühle Luft ein und warme aus.
Er ging den nassen Gehsteig entlang und ärgerte sich über den Streusplit, den man noch nicht entfernt hatte und der im Profil seiner Schuhe steckenblieb.
Er stieg die wenigen Stufen, die zum Eingang führten, hinauf und betrat das Gebäude.

Das Haus war nach dem Krieg gebaut worden, die Leute brauchten ein Dach über dem Kopf.
Es war aus Ziegeln gebaut, die Räume klein, niedrig, windschief.
Schnell musste es gehen, billig musste es sein.
Der Verputz bestand aus körnigem Gestein.
Man konnte ihn mit bloßen Händen abtragen.
Die Wände waren durchlässig, der Keller feucht.
Die Asseln kolonialisierten ihn.

Der Mann stieg die morschen Stufen hinauf.
Erster Stock, erste Tür links.
Er betrat die Wohnung, die Schuhe in der Hand.
Er ging in die Küche, trocknete Leder und Sohlen und stellte die Schuhe auf den Boden auf einige Blätter der Küchenrolle.
Er zog die Jacke aus, hängte sie auf und begab sich wieder in die Küche.
Er nahm ein Messer, setzte sich auf einen Stuhl und begann die Steine aus dem Schuhprofil zu stemmen.
Neun, zehn, elf Stück fielen in den Mistkübel.
Er wusch die Sohlen der Schuhe mit warmem Wasser ab, trocknete sie und brachte dann das trüb gewordene Schwarz des Leders wieder zum glänzen.
Er stellte die Schuhe auf ein frisches Blatt Küchenrolle, ließ das Wachs einziehen.
Er zog sich aus, warf die Kleidung in den Wäschekorb, duschte.

Die Welt war grau geworden.
Gestern noch verlieh der erwachende Frühling der Welt Farbe, ein Blau, ein Grün, ein Rot, doch heute Morgen gab die Nacht die Farben nicht zurück, die sie am Abend zuvor genommen hatte.
Die Welt war grau geworden, die Wohnung licht.
Er sitzt vor dem Fernseher.

Der Wecker läutet.
Er steht auf.
Geht ins Bad.
Morgentoilette.
Er zieht sich an.
Verlässt die Wohnung, das Gebäude.
Das Auto ist nicht da, er muss gehen.
Zu spät.
Er ist zu spät.
Er entschuldigt sich.
Die Kollegen starren ihn an.
Sein Gesicht.
Er hängt die Jacke auf.
Sie fragen.
Er setzt sich.
Sie berührt ihn.
An der Schulter.
Er beginnt zu arbeiten.
Sie beobachten ihn.
Er arbeitet.
Zeit vergeht.
Er kommt.
Ist da.
Der Alte.
Er grüßt, der Mann.
Er erwidert, der Alte.
Fragt ihn, den Mann.
Er arbeitet, der Mann.
Gehen Sie nach Hause, Mann.
Er geht, der Mann.

Zu Hause.
Einer, zwei, drei.
Er sitzt.
Vier, fünf, sechs.
Das Messer in Hand.
Sieben, acht, neun.
Einen Schuh in der anderen.
Zehn, elf, zwölf.
Die Steine fallen in den Kübel.
Dreizehn, vierzehn.

Mehrere Nachrichten.
Er löscht sie.
Die Ansage.
Er hört sie.
Er hört sie.
Er hört sie.
Er hört sie.
Tränen.
Ansage.
Tränen.

 
Zuletzt bearbeitet:

Nachdem gestern mein ausufernder Schreibstil kritisiert wurde, machte ich mich daran einen einfacheren, prägnanteren Stil zu finden.
Euren Ansprüchen wird diese kurze Geschichte wahrscheinlich nicht genügen, jedoch ist dies ein erster Versuch.

Ich würde mich über konstruktive Kritiken über diesen Versuch freuen.

 

Hallo Miller,

also zunächst einmal erscheinen mir deinen Zeilenumbrüche leider unsinnig, zumal du damit selbst den Rhythmau aus den Sätzen nimmst.

Er betrat die Wohnung, die Schuhe in der Hand.
Er ging in die Küche, trocknete Leder und Sohlen
und stellte die Schuhe auf den Boden auf einige Blätter der Küchenrolle.
Hier fiel es mir besonders störend auf. Auch könntest du den doppelte Satzbeginn mit "Er" vermeiden, wenn du den Satz länger machst, nach Hand ein Komma setzt und das "er" vor "ging" streichst.
Er zog die Jacke aus, hängte sie auf und begab sich wieder in die Küche.
Er nahm ein Messer, setzte sich auf einen Stuhl
und begann die Steine aus dem Schuhprofil zu stemmen
hier nach Küche genauso

Passend finde ich die Zeilenumbrüche dann im zweiten Teil, in dem du damit auch die Litanei des Alltags erfasst.

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim,

Der Grund für die Zeilenumbrüche war, dass ich es als leichter zu lesen empfand, wenn der Zeilenrand, wie in Word, schmäler wäre.
Die Kürze der Sätze ist, wie angemerkt, auf die Kritik an meinen überlangen, verschachtelten Sätzen zurückzuführen, weswegen ich in dieser Geschichte versucht habe, die Handlung direkter rüberzubringen.

Schade finde ich allerdings, dass du nur die Form der Geschichte kritisiert hast und nicht die Handlung selbst, wie sie auf dich gewirkt hat und ob du die Thematik nachvollziehen konntest und falls nicht, woran es gemangelt hat.

MfG

Miller

 

Hi Miller,

naja, die Handlung fand ich halt alltäglich. Dein Prot hatte schon eine gewisse Neigung zur Pedanterie, aber es war halt sauber machen und sauber halten, Schlafen, Arbeit, verlassen werden.
Ich nehme mal an, die Frau, die ihn bei der Arbeit ansah, war mal seine Gattin oder Freundin, jetzt ist sie es aber nicht mehr. Dann wäre die Tränen ihre, die er in der Stimme hört, wenn sie auf Band gesprochen hat.

Wenn sie ihn verlassen hätte, wären diese Ansagen unsinnig, es sei denn es wäre für die Anrufer gewesen.

Ehrlich gesagt, schien mir der Inhalt eben zu banal, zu wenig tief, um darüber Worte zu verlieren.

Alltag eben, in der Rubrik steht es ja auch. ;)

Lieben Gruß, sim

 

Hallo sim,

Es scheint als hätte ich den Inhalt meiner Geschichte schlecht rübergebracht.
Eigentlich geht es darum, dass der Mann in der Nacht davor seine Frau bei einem Autounfall verloren hat.
Am nächsten Tag, Beginn der Geschichte, geht er vom Krankenhaus, in dem seine Frau gestorben ist nach Hause, hat noch nicht realisiert, was eigentlich passiert ist.
Das was du als zweiten Teil bezeichnet hast, ist der Zeitraum, in dem er es realisiert hat, in Apathie verfällt.
Als er die Ansage hört, mit der Stimme seiner Frau, bricht es aus ihm heraus.

Die Frau im Büro war eine Kollegin, die Hand auf der Schulter eine einfühlsame Geste.

Ich wollte diesen Inhalt dezent vermitteln, dem Leser durch einige Andeutungen zu verstehen geben, was passiert war, leider war ich zu dezent.

MfG

Miller

 

Hallo Miller,

wir sind keine Hellseher :). Kein Ton über einen Unfall, ein Krankenhaus, keinerlei Beschreibung, die auch nur in die Richtung geht - nur ein Hinweis von bunt auf grau.
Du hast die Geschichte im Kopf - wir nicht.
Aber mir gefällt, dass du an dir probierst, nicht auf deinem Stil beharrst, sondern einfach anderes versuchst.
Nur versuch ansatzweise mal so zu tun, als wärst du ein Leser, der nicht weiß, um was es geht und lies dann diesen Text (ja, geht ja kaum, ich weiß).

Mach einfach weiter, probier rum. Vom Stil her ist mir dieses zu kurze symphatischer als die Endlos-Sätze.

Lieber Gruß
bernadette

 

Hallo Bernadette,

Deine Kritik spricht genau das an, was ich mir nach sims Kritik auch schon gedacht habe.
Bei einem ojektiven Leseversuch habe ich auch gemerkt, dass der Leser gar nicht dazu in der Lage ist, herauszufinden, was passiert ist, abgesehen davon, dass etwas passiert ist.

Es war eigentlich ein Schnellschuss nach deiner und bambus Kritik.
Ich habe nur an einen einfacheren Schreibstil gedacht, dabei aber komplett auf die Geschichte vergessen.

Na ja,. . . Übung macht den Meister, nur aus Fehlern lernt man usw.

Danke jedenfalls für deine Kritik.

MfG

Miller

 

Letzte Empfehlungen

Neue Texte

Zurück
Anfang Bottom