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Fragen zum neutralen Erzähler
Hallo Wortkrieger,
ich hoffe, ich stelle diese Fragen hier an der richtigen Stelle:
Ist es legitim, dass ein neutraler Erzähler Vermutungen anstellt, also Sätze beginnt, die mit "Vielleicht ..." oder "Wahrscheinlich ..." beginnen?
Inwieweit darf er über Dinge urteilen und Kommentare abgeben?
Beispiel:
Neutraler Erzähler: Adam sah Eva lange an.
Personaler Erzähler: Adam sah Eva verliebt an.
"Mein" Erzähler: Adam sah Eva lange an. Offenbar war er verliebt.
Welche Wirkung hat das auf den Leser? Fällt euch eine Kurzgeschichte oder ein Roman ein, die so geschrieben wurde? Inwiefern muss man bei einer solchen Erzählung die Kommentare durch entsprechende Wörter (vielleicht, offenbar) kennzeichnen? Ist ein Hin- und Herspringen zwischen auktorialem Erzähler und neutralem Erzähler problematisch, wenn man beispielsweise "vergisst", ein entsprechendes Wort einzufügen?
Kurz zum Hintergrund: Ich schreibe eine Kurzgeschichte über ein schrulliges Pärchen. Ich möchte bewusst dem Leser überlassen, was das Pärchen denkt und fühlt. Einen passiven Charakter, der als personaler Erzähler dient, möchte ich nicht einfügen. Demzufolge bin ich wohl mit dem neutralen Erzähler am besten aufgehoben. Dieser wird aber in der Theorie als sachlich beschrieben. Einen sachlichen, "langweiligen" Ton möchte ich aber auch nicht anschlagen. Deshalb kam ich auf die Idee, Thesen und Vermutungen des neutralen Erzählers einzufügen, die aber nicht zwangsläufig stimmen müssen: Als ob jemand einen Film sieht, und diesen in Echtzeit am Telefon nacherzählt.
Über Ratschläge und Erfahrungsberichte bin ich dankbar!