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Frei??
Frei?
Es war Freitagabend 9.00 Uhr. Er saß daheim in seiner Küche und starrte sein Handy an.
In der Hoffnung, dass ihn jemand anrufen und von seiner Langenweile befreien würde.
Er saß jetzt schon seit halb acht auf seinem Stuhl und beobachtete die Uhr.
Dabei bemerkte er, wie langsam die Zeit verging, wenn man nix zu tun hatte. Und wie schnell die schönen Momente vorbei zogen. Das machte ihn traurig.
Er hätte es lieber umgekehrt.
Die ganzen schönen Momente der letzten drei Jahre waren wie im Flug vergangen, es kam ihm vor als wäre das alles in Lichtgeschwindigkeit, oder sogar noch schneller, an ihm vorbei gezogen.
Und jetzt? Jetzt hatte sie sich in einen anderen verliebt. Sie sagte, dass der Alltag zu sehr in die Beziehung gekommen sei und sie lieber jetzt ihre Zeit genießen möchte, als später zu glauben etwas verpasst zu haben.
„Hallo?!“ dachte er sich. Was verpasst zu haben? Was sollte sie den bitte verpassen? Er hatte ihr den Himmel auf Erden geboten. Fuhr mit ihr in den Urlaub, organisierte romantische Dinners mit allem, was dazu gehört. Er hätte alles getan!
Seine ganzen Freunde hatte er vernachlässigt.
Jede Sekunde mit ihr verbracht und versucht für sie alles Perfekt zu machen. Er hatte sogar angefangen mit Hausarbeit.
Putzen, kochen und bügeln. All das, um für sie perfekt zu sein. Damit sie nicht meckern konnte, wie schmutzig es bei ihm sei. Oder sich schämen musste, wenn sie zusammen weggehen wollten und sein Hemd war nicht gebügelt. „Was sollen denn meine Freundinnen von dir halten??“ Pah … auf die konnte er getrost verzichten. Diese hinterlistigen Tratschtanten. Wie alte Frauen vom Dorf, wenn nicht sogar noch schlimmer. Aber jetzt konnte es ihm egal sein. Wenn er genau überlegte, war sie ihm sowieso zu kleinlich gewesen.
Natürlich nur, wenn sie unterwegs waren. Zu Hause, wenn sie allein waren, zeigte sie ihr wahres Gesicht.
Wie ausgewechselt, total unordentlich, planlos und vor allem war sie äußerst unhygienisch für eine Frau, besonders wenn man berücksichtigte, wie pingelig sie sonst war. Da wurde dann halt mal ein Tag nicht geduscht … warum auch? Waren doch eh zu Hause. Und weg gehen wollte sie auf gar keinen Fall. Aber wehe, wenn er zum, drei Minuten entfernten, Bäcker wollte und die Hose war nicht gebügelt. Nein! Um Himmelswillen, wenn ihn eine ihrer Freundinnen gesehen hätte. Sie wusste genauso gut wie er, dass es unwahrscheinlich war, auf dem kurzen Weg überhaupt jemandem zu begegnen. Aber, es ging ums Prinzip.
Also bügelte er seine Hose.
Ihm blieb ja auch nix anderes übrig. Irgendwer musste ja zum Bäcker und bis sie soweit gewesen wäre, einen Fuß vor die Tür zu setzen, hätte er schon dem Hungertod ins Auge gesehen.
Also bügelte er seine scheiß Hose und ging zum Bäcker. Er traf natürlich niemanden. Weder eine ihrer Freundinnen, noch einen seiner Freunde.
Aber richtige Freunde hatte er eh keine mehr. Die hatten sich alle von ihm abgewandt. Sie sagten, dass diese Frau ihn und seine Gutmütigkeit nur ausnutzen würde.
Geglaubt hatte er ihnen nicht.
Er war der Meinung, dass die nur neidisch waren, weil er mit so einer Klassefrau zusammen war. Aber jetzt wo er so allein in seiner Küche saß, eine Zigarette nach der anderen rauchte und darauf wartete, dass sein Telefon klingelte. Wurde ihm bewusst, dass die Jungs gar nicht so Unrecht hatten.
In der zwischen Zeit vergnügte sich diese wundervolle Frau, für die er alles aufgegeben hatte, mit diesem Eros.
„Eros“ der Name an sich zeigte doch, dass dieser Typ nur auf der Welt war, um sein Samengut weit möglichst zu verbreiten.
Aber sollte sie nur machen. Bei ihm brauchte sie nicht mehr ankommen. Diese Frau existierte für ihn nicht mehr.
Er fasste sich ein Herz und rief ein paar alte Kumpels an. Immer wieder die gleiche Stimme, sie sagte: „Der gewünschte Gesprächspartner ist derzeit nicht zu erreichen.“ Aber was erwartete er auch? Die hatten bestimmt alle eine neue Nummer oder waren gar nicht mehr in der Stadt.
Da fiel ihm ein, dass Pierre, ein guter Kumpel, vor einem Jahr seine neue Nummer an ihn geschickt hatte. Also versuchte er es …
Es klingelte einmal, noch einmal und noch mindestens zehnmal, bis sich endlich eine Stimme meldete. Es war Pierre. Sie verabredeten sich zu zehn im alten Club. Da konnte man gemütlich sitzen und über alte Zeiten plauschen.
Er freute sich riesig, auf den Club und auf Pierre. Er machte sich kurz frisch und merkte, wie ihn ein Glücksgefühl überrollte.
Endlich ein Neuanfang für ihn. Selbstständig, frei und ungebügelt. Er wollte abschließen. Abschließen mit den letzten drei Jahren.
Die Zeit der Unterdrückung war vorbei und Pierre gab ihm eine Chance.
Als er gerade aus der Tür raus war, auf dem Weg in einen neuen Lebensabschnitt, klingelte sein Telefon. Er hatte eigentlich keine Lust zu telefonieren.
Er war in Gedanken schon im Club und saß mit Pierre und einem Bierchen am Tresen. Vielleicht war es Pierre. Vielleicht wollte er ihm sagen, dass er bereits unterwegs sei.
Also ging er ran…
Er hörte nur ein Schluchzen und wimmern am anderen Ende. Zwischendurch war eine Frauenstimme zu erkennen, es dauerte nicht lange, bis er sie zugeordnet hatte. Es war Alexandra, seine Ex. Sie heulte und war total außer sich.
Sie erzählte ihm, dass Eros sie nur verarscht hätte und nur seinen Spaß wollte. Und jetzt sei er mit einer ihrer tollen Freundinnen durchgebrannt.
Sie flehte ihn an, dass sie ihn jetzt bräuchte und ihr jetzt klar sei, dass es der größte Fehler ihres Lebens ihn zu verlassen und dass sie nur ihn wollte.
Diese ganze Heulerei machte ihn ganz schwach und er machte den wahrscheinlich größten Fehler seines Lebens.
Er fuhr zu ihr.
Ohne Pierre bescheid gesagt zu haben, lies er alles stehen und liegen.
Mal wieder, und natürlich für eine Frau …