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Freiheit
Es war einmal ein kleines Mädchen, das Lilian hieß.
Lilian wohnte in einem großen Haus. Sie hatte ein wunderschönes Zimmer, indem sich die schönsten Spielsachen befanden, die sich ein kleines Mädchen wünschen konnte. Sie hatte sehr liebe Eltern, die jeden Tag lustige Spiele mit ihr machten, ihr Bücher vorlasen oder mit ihr Lieder sangen. Lilian durfte jeden Tag ihr Lieblingsessen essen, soviel Fernsehen wie sie wollte und das machen, wozu sie Lust hatte.
Ja, dieses kleine Mädchen durfte alles machen, ihr wurde nichts verboten. Nur eine Sache, die durfte sie nicht.
Die Eltern von Lilian liebten sie über alles. Sie liebten sie so sehr, dass sie große Angst um sie hatten. Deshalb durfte Lilian das Haus nicht verlassen. Sie durfte nicht mit anderen Kindern draußen spielen, sie durfte nicht herumrennen, nicht hinfallen und wieder aufstehen, sich nicht schmutzig machen, keine Blumen pflücken, keine kleinen Käfer beobachten, keine Sandburgen bauen, keine Hunde streicheln, sich nicht mit anderen Kindern streiten und wieder vertragen, nicht in Bäumen klettern, keine Geheimverstecke bauen und nicht Fangen und Verstecken spielen.
Lilian war natürlich schon einmal in dem kleinen Garten gewesen, der zu dem großen Haus gehörte und hatte dort die Sonne, die Bäume und die Blumen beobachtet. Aber um den Garten war eine große Mauer, sodass sie nicht hinüberschauen konnte. Sie malte sich aus, wie es draußen aussehen konnte. Natürlich hatte sie, wenn sie aus dem Fenster sah, schon andere Häuser gesehen und auch ein paar lachende Kinder, in ihrem Alter. Doch ihre Eltern wollten nicht, dass sie träumend vor dem Fenster saß.
Darum machte sie das auch nicht.
Eines Tages, es war schon sehr spät, mitten in der Nacht wurde Lilian plötzlich wach. Draußen herrschte ein großer Sturm. Der Wind hatte ihr Fenster aufgestoßen und kühle Nachtluft wurde hineingeweht. Lilian spürte zum ersten Mal den Geschmack der Welt. Sie spürte die Angst, die Liebe und die Freiheit.
Zögernd stand sie auf und ging zu dem Fenster und was sie sah, verschlug ihr den Atem. Die Nacht war schwarz, alles war dunkel. Nur ein paar Laternen beleuchteten die Straße. Lilian lenkte ihren Blick nach oben. Sie sah die tausenden, kleinen Sterne und sie sah den riesigen, vollen Mond. Er war so wunderschön und strahlte eine solche Ruhe und Geheimnissvolligkeit aus, dass es dem kleinen Mädchen den Atem verschlug.
Die Welt, dort draußen, war so wunderschön.
Sie schaute nach unten und bemerkte, dass es gar nicht weit weg bis zum Boden war. Es war ihr noch nie wirklich aufgefallen, dass sie einfach aus dem Fenster springen konnte, um die neue Welt zu betreten.
War sie wirklich so nah?
Das kleine Mädchen schaute sich in ihrem Zimmer um. Sollte sie es verlassen und das Neue erkundigen? Sie bestaunte den Mond, die Sterne, die dunkle Nacht, die alles so verändert hatte, dann...
.... schloss sie das Fenster und legte sich wieder in ihr Bett. Sie wollte keinen Streit mit ihren Eltern, sie wollte sich in der neuen, großen Welt nicht wehtun.
Lilian hatte sich nicht getraut etwas anderes zu tun, als ihre Eltern es von ihr erwartet hatten. Sie hatte doch schon alles was sie wollte, warum sollte sie dann etwas Neues ausprobieren?
- Um zu lernen, dass das Leben nicht nur aus einem großem Kinderzimmer, Liebe und Spaß besteht.
- Um zu lernen, wie das Leben wirklich ist... vielleicht.