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Freischwimmer

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18.02.2009
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Freischwimmer

Das Wasser veränderte ihn. Jedes Mal.
Genau genommen begann die Veränderung bereits in dem Moment, in dem er die Umkleidekabinen verließ und auf den schmalen gefliesten Gang hinaus trat, der zu den Duschen führte. Der Boden unter seinen nackten Füßen fühlte sich nasskalt und immer ein bisschen schmierig an, dennoch trug er niemals Schwimmschuhe. Diese lächerlichen Sanitätslatschen, die bei jedem Schritt unzufrieden schmatzten. Das Gefühl an den Füßen gehörte dazu, genau wie der leise Ekel, den es in ihm wach rief, der Widerwillen, der ihn mit jedem Meter schwerer werden ließ, der versuchte, ihn von den Duschen fortzuzerren, zurück in die dumpfe, stickige Sicherheit der Umkleiden. Das war der Augenblick der Panik, unter der sich seine Schultern unwillkürlich krümmten, sein Magen war eine zusammengezogene Kugel Schmerz.
Was, wenn er es dieses Mal tatsächlich nicht schaffte? Wenn er wirklich im letzten Moment umdrehen und zurückgehen würde, wenn er aufgäbe, sich sich selbst ergab, geschlagen von seinem echten, wahren Ich? Er konnte niemals sicher sein.
In die Dusche treten, eine freie Brause auswählen, anstellen. Wasser. Das Wasser veränderte ihn jedes Mal. Wenn er es bis hier hin geschafft hatte, würde es gut gehen. Keine Umkehr, kein Aufgeben, keine Niederlage. Das Wasser war seine Stärke, das war Geben und Nehmen, er gab und bekam, 50 wundervolle, grässliche Minuten lang.
Der Weg zum Becken war eiskalt. Seine Haut zog sich zusammen, die hellblonden Haare stellten sich widerborstig auf, sein ureigenes, mickriges Fell. Er fröstelte jetzt ständig, nicht nur halbnackt mit einer klatschnassen Badehose um die Hüften.
Die erste Begegnung mit dem Element im Becken war so erregend wie schrecklich. 27 Grad waren seinem Körper immer wieder zu kalt, er bat, bettelte um Umkehr, zurück in die Duschräume unter die heiße Brause.
Stattdessen trieb er sich vorwärts, ignorierte seine dumme, kleine Schwäche. Und jeder Zug wärmte ihn, befriedigte, bestätigte ihn. Arme geradeaus, kraftvoll zur Seite peitschend, dann kam der Schwung mit dem sein Rumpf nach vorne glitt, nach vorne schoss und schon waren die geschlossenen Arme bereits wieder gestreckt. Sein Kopf tanzte einen ruhigen Rhythmus, auf und ab, der Mund ein Oval, durch das er pfeifend einatmete, er riss die Luft an sich, biss sie heraus aus dem Raum direkt über der Wasseroberfläche, ehe er wieder eintauchte. Immer war er einen Sekundenbruchteil zu schnell für seine Lungen, immer war die eingeatmete Luft etwas zu knapp. Er spürte die Gier in seiner Brust, und in seinem Kopf lachte es.
Jetzt brannte das Wasser, es glühte an seiner Haut, und er war dankbar für die leichte Kühlung, wenn er auftauchte.
Nie stieß er sich vom Beckenrand ab, wenn er wendete, tippte die Kante nur fingerleicht an – er würde sich nie selbst betrügen, indem er den Vorteil ausnützte, die Kraft einer Bewegung nicht aus den eigenen Muskeln zu ziehen.
50 Bahnen waren die untere Grenze. Meistens schwamm er zwei zusätzliche, für den Fall, dass er sich verzählt hatte.
Nach 37 spürte er die Anstrengung in den Armen, sie baten darum, das Tempo zu drosseln. Feige Schweine! Wieder war es da, sein Alter Ego, sein wahres Gesicht, mit dem er zu viele Jahre durch die Welt spaziert war. Das Gesicht eines kleinen, runden Jungen, der keinen Keks liegen lassen kann, den der Sonntagsspaziergang mit den Eltern schon anstrengt, der Käsebrote nur mit doppelt Belag mag.
Er verabscheute die Bilder, die seine Erinnerung ihm vorspielte, scharf bis an eine Schmerzgrenze des Ekels. Das hüpfende, pfeifende Kind, so ungeschickt, so plump, mit kleinen Schweineaugen und speckigem Bauch.
Es brannte im Mund, für einen kurzen Moment brach er aus dem Muster seiner Bewegungen aus, Wasser drang in die Nase. Atmen! Er schwamm weiter, fand zurück in den Fluss, passte seine Gedanken an.
Nie wieder würde er Schwein sein. Nie wieder würde er sich von seinem trägen feisten Ich überlisten lassen.
Er konnte mehr. Und hier im Wasser fand eine Geburt statt. Jedesmal. Hier im Wasser wurde er zu einer einzigen, schnellen , schlanken Bewegung.
49, 50, 51.
Der Blick auf die Uhr: heute war er zwei Minuten länger geschwommen als gestern. Und trotzdem schwankten seine Beine, als er sich jetzt auf die Fliesen zog. Das Feuer war ausgebrannt, fortgeschwemmt die Flammen, die Kälte ließ ihn beinahe weinen.
Uralt tappste er zu den Duschen, im Inneren zitterte er unaufhörlich. Links neben der Tür stand seine letzte Herausforderung. Er bestieg die elektrische Waage, atmete vorher aus, hauchte sein Inneres leer, niemand weiß, was Luft wiegt.
39 Kilo und 400 Gramm.
Von hinten ragten seine bleichen Schulterblätter abgespreizt wie zarte Flügel in Richtung Schwimmhalle.

 

Hallo NikitaF,

auch eine Form von Magersucht oder wenigstens ein Symptom.
Dein Titel ist gut gewählt, sieht dein Protagonist doch in der täglichen Schwimmübung eine Befreiung. Erst am Ende wird eine Sucht klar, die mit Freiheit nicht viel zu tun hat.
Hat mir gefallen.

Lieben Gruß
sim

 

Hej Nikita,

mir hat es auch gefallen.

Ich mag Deinen ruhigen sachlichen Ton.
So möchte ich auch schreiben können.

Nichts, gar nichts zu meckern oder zu beanstanden.

Viele Grüße
Ane

 

Danke, vielen dank - welch wundervolles Lob, du hast mich gerührt!!!

 

Hallo Nikita

auch mir hat deine Geschihcte gefallen. Die Gedanken sind wohl dosiert, nerven den Leser nicht, weisen eine Richtung, machen es spannend, und bereiten gekonnt auf die Auflösung vor. Das ist in meinen Augen der größte Pluspunkt, dass du dich damit zurückhältst bis zuletzt.
Das finde ich großartig:

Er bestieg die elektrische Waage, atmete vorher aus, hauchte sein Inneres leer, niemand weiß, was Luft wiegt.

Insbesondere im ersten Viertel sind noch einige Kommata nicht gesetzt. Geh da mal noch mal drüber. Die Geschichte verdient das in jedem Falle :)

grüßlichst
weltenläufer

 

Hey Nikita!

Also für mich hätte es auch ohne die letzten Sätze funktioniert, er muss nicht unbedingt körperlich krank sein, für mich ist schon diese Sucht eine Art Krankheit, psychisch labil, verunsichert, was sein Aussehen betrifft, trägt noch die Last aus alten Tagen mit sich, das alles zusammen hätte mir völlig ausgereicht.
Ich habs trotzdem gerne gelesen.

JoBlack

 

Hallo NikitaF,

ich persönlich finde die Geschichte in ihrer Gesamtheit rund. Erst das Ende macht das gesamte Ausmaß der Sucht deutlich, um die es sich hier ja handelt.

Einige Fehler sind tatsächlich noch enthalten, eine Korrektur hat die Geschichte allemal verdient.

Hat mir sehr gut gefallen.

Viele Grüße
Kerstin

 

Vielen Dank noch einmal, habe die Kommafehler behoben.
Den letzten satz habe ich aus dem Grund hinzugefügt, dass ich fürchtete, es könne onst nicht deutlich genug werden, wie sehr das schwimmen (innerer() Zwang des Prot ist und mitnchten "normaler" sport.

 

Hallo NikitaF,
gut gelungen, besonder die ambivalente Dynamik und das es mal kein Mädchen ist. Auszusteigen aus der Sucht ist in dem Stadium nicht mehr möglich, das wird bedrückend deutlich.
LG,
Jutta

 

Hallo NikitaF,

diese Geschichte gefällt mir ausnehmend, ich kann mich dem Lob der Vorredner nur anschließen.
Schön finde ich, wie Du während des ganzen Textes andeutest, dass mit dem Prot etwas nicht stimmt, ohne zu deutlich zu werden - das 27 Grad warme Wasser, eine durchschnittliche Temperatur für ein Schwimmbad, das dem Prot zu kalt ist, z.B., oder dass er, obwohl er regelmäßig trainiert, für 50 Bahnen 50 Minuten braucht, dass er sich weigert, sich von der Beckenkante abzustoßen ...
Da stört es kaum, dass Du fast nur berichtest.

LG, Pardus

 

Hallo NikitaF,

das fiel mir im Text auf:

in dem Momente
ich würde nur "Moment" schreiben.


die bei jedem Schritt unzufrieden schmatzten.
gefällt mir gut die Formulierung.


wenn er aufgäbe, sich sich selbst ergab, geschlagen von seinem echten, wahren Ich?
hieran gefällt mir zweierlei nicht: einmal das doppelte "sich" und der Begriff "echten, wahren Ich" was soll das sein? Das kommt so unvermittelt, ohne Bezug.
Ist echt nicht zugleich automatisch wahr und umgekehrt?

biss sie heraus aus dem Raum direkt über der Wasseroberfläche
gefällt mir auch gut, diese Formulierung.


Meistens schwamm er zwei zusätzliche, für den Fall, dass er sich verzählt hatte.
Ich habe eine magersüchtige Bekannte, die mit dem Zählen an sozusagen sicherer Stelle neu beginnen würde. Sie schwimmt auch jeden Tag.

Ja, wie du siehst, ist deine Geschichte angekommen. Sie ist ziemlich real, wenn auch eben du das Unreale schilderst.

Ich würde an der obigen Stelle, wo du von seinem wahren, echten Ich sprichst, glaube ich noch gar nichts davon erwähnen. Die Geschichte würde vermutlich deswegen trotzem funktionieren, weil gegen Ende zu immer klarer wird, was dahinter steckt.


Uralt tappste er zu den Duschen,
gut beobachtet ! Diese ausgemergelten Körper sehen irgendwie uralt aus und die Anstrengung selbst ist für einen hoch Untergewichtigen auf jeden Fall kräftezehrend. Der ist gezeichnet wie nach einem Marathon.

Mir hat deine Geschichte gefallen, weil sie viel auszusagen vermag.

Lieben Gruß
lakita

 

Hallo NikitaF,

jetzt habe ich Deine Geschichte gelesen und mir meine Bemerkungen an den Rand gekritzelt und nun lese ich, dass lakita mit zuvor gekommen ist :).

Auch ich fand die "schmatzenden" Badelatschen sehr treffend beschrieben und die Uraltstelle wollte ich ebenfalls lobend herausheben, dann halt doppelt: Hat mir sehr gut gefallen!
Schön fand ich auch diesen Satz:

Das hüpfende, pfeifende Kind, so ungeschickt, so plump, mit kleinen Schweineaugen und speckigem Bauch.

in welchem der "Hass" auf seinen Körper erklärt wird, die Ursache allen Übels erwähnt.

Das Momente aus dem dritten Satz wurde erwähnt, wie auch die sich Doppelung, ich bin noch über

Wieder war es da, sein Alter Ego,

gestolpert.

Eine runde Geschichte in schöner Sprache. Nicht erdrückend, nicht auf Mitleid ersonnen, klar und aus Distanz erzählt.
Allerdings stelle ich mir die Frage, ob ein Mann (ich nehme mal an von durchschnittlicher Höhe) mit 39 Kilo wirklich in der Lage ist, 2500 Meter zu schwimmen. Das braucht Kraft, das braucht Muskeln und die wiegen nun mal.
Ich weiß es wirklich nicht. Vielleicht sollte ich aber auch nicht weiter darüber nachdenken, denn Deine Geschichte benötigt die 39 Kilo.

Vielen Dank für Deine Geschichte.
Respekt!
Beste Grüße Fliege

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo Nikita,

am Freitag verhinderte der Webmaster/die "Wartung" einen Kommentar meinerseits (d. h., der fertige Kommentar verschwand in den Weiten des virtuellen Unviversums) und erst heute komm ich wieder hierzu, da schon - fast - alles gesagt zu sein scheint.

Selbstverständlich kann ich mich den Vorkommentatoren anschließen, hab dann aber doch einige Bemerkungen:

Hat man nach einer Anstrengung nicht in aller Regel weiche Knie, einen schwankenden Gang? Dann ist ein "trotzdem" das falsche Wort beim folgenden Satz >Und trotzdem schwankten seine Beine, als er sich jetzt auf die Fliesen zog<, oder sollte sein Tun ihn sonst nicht anstrengen?

Zu den würde-Konstruktionen:

>Wenn er wirklich im letzten Moment umdrehen und zurückgehen würde, wenn er aufgäbe, sich sich selbst ergab, ...< Warum nicht "Wenn er wirklich im letzten Moment umdrehte und zurückginge, wenn er aufgäbe, sich sich selbst ergab, ...", da der Satz ja als Konjunktiv irrealis ausgewiesen ist.

>Wenn er es bis hier hin geschafft hatte, würde es gut gehen.< Warum überhaupt Konjunktiv? Bestehen da Zweifel, dass es dann gut ginge? Schief gehen könnte? Da schlag ich Futur vor "Wenn er es bis hier hin geschafft hatte, wird es gut gehen" oder gar "Wenn er es bis hier hin geschafft hatte, geht es gut", ist es doch schon immer dann "gut gegangen". Ähnliches gilt für die Passage > ..., er würde sich nie selbst betrügen, ...< Zweifelt er selbst daran?

Tatsächlich drücken die Konstruktionen >Nie wieder würde er Schwein sein. Nie wieder würde er sich von seinem trägen feisten Ich überlisten lassen<, Zweifel aus, ist doch niemand, schon gar nicht der Prot, Prophet. Aber wäre eine Formulierung wie "Nie wieder wäre er Schwein. Nie wieder ließe er sich von seinem trägen feisten Ich überlisten< eleganter, vielleicht sogar "schöner"?

>Das Wasser veränderte ihn jedes Mal< und >hier im Wasser fand eine Geburt statt.< Antoine de Saint-Exupér< schreibt, dass das Wasser Leben sei. Überhaupt gilts Wasser als Symbol des Lebens und der Erneuerung, Quellen gelten als lebensspendend und heilig. So fließt die Lebenszeit dahin wie das Wasser. Doch halt: Dein Prot schwimmt in stehendem Gewässer, das nur fließt, wenn das Becken gefüllt/geleert wird. Damit wird hier eigentlich der Stillstand symbolisiert, der noch durch die immergleiche Tätigkeit des Prots verstärkt wird. So ungefähr könnte - kurz dargestellt - eine etwas andere Interpretation aussehen, die nicht nur an dem Offensichtlichen sich festmacht.

Gleichwohl: 's hat mir gefallen!

Gruß

Friedel

 

Ihr Lieben,

vielen Dank für die anmmerkungen und hinweise! Das Moment-e war in der tat ein Schreibfehler!
Ich bin beim Schreiben immer auf der suche nach ungewöhnlichen Formuliereungen oder plastischen, lautmalerischen (wie das "schmatzen" der schuhe). Das liebe ich so an der Sprache: das Spiel damit! Alltägliches neu oder zumindest anders ausdrücken.. Umso schöner wenn es gelingt!!

Friedel: werde mir deine Anmerkungen zu Irrealis etc durch den Kopf gehen lassen und dann noch etwas dazu schreiben!!

Zu der strecke: ich habe mich bewusst nicht festgelegt ob er 50er Bahnen schwimmt oder 25er.
2,5km in 50 Minuten scheint mir sehr schnell, das schaffe ich nicht in guten Zeiten ;-)

Andererseits sind Magersüchtige oft erschreckend "fit" wenn es um ihren sportwahn geht....

LG

 

Hallo Jynx, danke für den Hinweis mit der Brille! Da ich selber ohne schwimme, ist mir das glatt entgangen!

 

Servas Nikita,

dürfte schon genug gesagt sein, daher kurz: konsequent umgesetzt, fast schon zu konsequent, denn beim Lesen dachte ich mir: "Jaja, schon gut beschrieben, Schwimmen halt, und jetzt komm endlich zur Sache", und grübelte weniger über deinen Protagonisten nach als viel eher darüber, ob er 50- oder 25m-Bahnen nimmt. Und woher die Waage kommt, kenn ich von meinen Hallenbädern nicht (hab aber auch nie drauf geachtet, zugegeben).
Die Pointe - es ist nunmal eine klassische Pointengeschichte - traf jedoch. Ich war anfangs darauf gefasst, es eher mit einem panischen Nichtschwimmer tun zu haben. Insofern hat die Geschichte bei mir funktioniert, und was will man mehr?

Einen schönen Abend und weiterhin frohes Schaffen,

...para

Genau genommen begann die Veränderung bereits in dem Momente, in dem er die Umkleidekabinen verließ (...)

Moment mal, das wirkt komisch. Wenn E.T.A. Hoffmann "bereits in dem Momente" geschrieben hätte, okay, aber so? Ohne Oldie-E fänd ich´s besser.

 

hallo Nikita,
alles Lobenswerte wurde bereits erwähnt, und zum Meckern hab ich nichts gefunden.
Also stürze ich mich auf das einzige Thema, bei dem noch Unklarheit herrscht.
Kann solch ein ausgemergelter Körper eine derartige Leistung bringen?
Ich kann nur sagen, dass der menschliche Organismus sehr Erfindungsreich ist, wenn es darum geht, Reserven zu mobilisieren.
Nachdem das in den Gliedmaßen eingelagerte Fett verbrannt ist, geht’s ans Bauchfett, dann ans Hüftfett, dann werden durch die Nahrungsaufnahme zugeführten Proteine und Kohlenhydrate vollständig in Power umgewandelt, sodass kein Muskelwachstum mehr möglich ist.
Wenn das nicht ausreicht, um die geforderte Leistung zu erbringen, schrumpfen die Muskel, dann geht’s an die Fettpolster zwischen den Organen, besonders tragisch und gefährlich, weil diese eigentlich dazu dienen, die Organe an Ort und Stelle zu fixieren.
Danach verdaut der Körper seine eigenen Organe. Nierenversagen usw. sind die Folge.
So in etwa läuft das ab. Wenn dein dürres Männlein sich irgendwo in einem Stadium vor der Organfettverbrennung befindet, mag er noch zu einer ansehnlichen Leistung fähig sein. Ob das nun 50 Bahnen in dieser knappen Zeit sein können, vermag ich auch nicht zu beurteilen.
Mein Tipp: falls dich dieses Thema wirklich im Detail interessiert, frag einen Arzt oder Apotheker. (und mach uns dann Schlau)

Gruß
Asterix

 

Hallo Alex,

der menschliche Körper ist ein wundersames Ding. Ich habe diese Geschichte mit mehr als genügend Empirie geschrieben, so bizarr es anmuten mag: gerade magersüchtige sind im Stande, die irrsinnigsten Leistungen zu bringen (was die fatale Folge hat, dass die Betroffenen sich erst recht für "gesund" halten!!), erschreckend lange lange Zeit jedenfalls.

 

Hallo NikitaF,

zuerst einmal lässt sich deine Geschichte gut lesen. Sie passt und ist logisch aufgebaut. Aber in dir steckt mehr.
Deine Gedanken zeigen, dass du durchweg logisch kombinieren kannst. Du erkennst auch Einzelheiten udn deshalb ist es schade, dass einige Sätze nicht passen.
Wie gesagt, deine Geschichte ist gut, lass dich deshalb von meinen Kritikpunkten nicht einschüchtern.

1. Das Wasser veränderte ihn. Jedes Mal.
Genau genommen begann die Veränderung bereits in dem Moment, in dem er die Umkleidekabinen verließ und auf den schmalen gefliesten Gang hinaus trat, der zu den Duschen führte.

Ich störe mich ein wenig an "jedes Mal."
Es wirkt wie ein zusätzliche, aber unnötige Information.
Der anschließende Satz ist dafür sehr gut geschrieben.

2. Der Boden unter seinen nackten Füßen fühlte sich nasskalt und immer ein bisschen schmierig an, dennoch trug er niemals Schwimmschuhe.

Auch hier wieder.
"dennoch trug er niemals Schwimmschuhe"
Diese Information ist in einer Kurzgeschichte unnötig. Er tut es oder er tut es nicht. Die restliche Info dient nur der Füllsätze udn die hast du ncht nötig.

3. Diese lächerlichen Sanitätslatschen, die bei jedem Schritt unzufrieden schmatzten.

Demnach würde dieser Satz auch unnötig sein

4. Das Gefühl an den Füßen gehörte dazu, genau wie der leise Ekel, den es in ihm wach rief, der Widerwillen, der ihn mit jedem Meter schwerer werden ließ, der versuchte, ihn von den Duschen fortzuzerren, zurück in die dumpfe, stickige Sicherheit der Umkleiden.

Das ist ein Satz. Den würde ich so nicht stehen lassen. Er wirkt überfüllt mit unterschiedlichen Angaben.

5. Das war der Augenblick der Panik, unter der sich seine Schultern unwillkürlich krümmten, sein Magen war eine zusammengezogene Kugel Schmerz.

Auch hier ist der Satz zu lang. Er liest sich so nicht richtig. Versuche ihn zu ändern.

6. Wenn er wirklich im letzten Moment umdrehen und zurückgehen würde, wenn er aufgäbe, sich sich selbst ergab, geschlagen von seinem echten, wahren Ich?

Eine Befürchtung lässt sich anders ausfdrücken. Eine hypothetische Annahme ist fehl am Platze. Irgendwie weiß man, was du mit diesem satz sagen möchtest, aber er leist sich etwas schwierig.

7. Das Wasser war seine Stärke, das war Geben und Nehmen, er gab und bekam, 50 wundervolle, grässliche Minuten lang.

das war Geben und nehmen, er gab und bekam,
Eine Wiederholung ist immer schlecht. Diese Erfahrung habe ich auch schon gemacht.

8. Seine Haut zog sich zusammen, die hellblonden Haare stellten sich widerborstig auf, sein ureigenes, mickriges Fell.

Warum machst du hier nicht drei Sätze draus?
Was hindert dich daran?

9. Und jeder Zug wärmte ihn, befriedigte, bestätigte ihn.

ein doppeltes "ihn".
Ich würde ihn vielleicht umschreiben in:
Und jeder Zug wärmte, befriedigte und bestätigte ihn.

10. Arme geradeaus, kraftvoll zur Seite peitschend, dann kam der Schwung mit dem sein Rumpf nach vorne glitt, nach vorne schoss und schon waren die geschlossenen Arme bereits wieder gestreckt.

nach vorne glitt, nach vorne schoss.
Entscheide dich, abe rso hört sich das nach einer Wiederholung an.
Aber auch der Satz ist zu lang um eine Handlung leicht zu erklären

11. Sein Kopf tanzte einen ruhigen Rhythmus, auf und ab, der Mund ein Oval, durch das er pfeifend einatmete, er riss die Luft an sich, biss sie heraus aus dem Raum direkt über der Wasseroberfläche, ehe er wieder eintauchte.

Auch hier kann man sich vorstellen, was du meinst, ist aber unglücklich geschrieben

12. Immer war er einen Sekundenbruchteil zu schnell für seine Lungen, immer war die eingeatmete Luft etwas zu knapp.

Dieser Satz drückt etwas aus, aber er verschwimmt.

13. Er spürte die Gier in seiner Brust, und in seinem Kopf lachte es.

Ist das Komma richtig?
Das und würde ich vielleicht in während ändern.
Dann: Er spürte die Gier in seiner Brust, während es in seinem Kopf lachte.

14. Jetzt brannte das Wasser, es glühte an seiner Haut, und er war dankbar für die leichte Kühlung, wenn er auftauchte.

Das Wasser glüht an seiner Haut, wie wäre es mit "auf seiner Haut"?
Aber hier hast du zu viel auf einmal geschrieben.

15. Nie stieß er sich vom Beckenrand ab, wenn er wendete, tippte die Kante nur fingerleicht an – er würde sich nie selbst betrügen, indem er den Vorteil ausnützte, die Kraft einer Bewegung nicht aus den eigenen Muskeln zu ziehen.

Toll geschrieben, würde mir nur wünschen, wenn du etwas ausführlicher die Sekunden schreiben würdest.

16. Nach 37 spürte er die Anstrengung in den Armen, sie baten darum, das Tempo zu drosseln.

Trotzdem solltest du hier "Nach 37 Bahnen", schreiben. Aber auch hier würde ich zwei Sätze schreiben.

17. Das Gesicht eines kleinen, runden Jungen, der keinen Keks liegen lassen kann, den der Sonntagsspaziergang mit den Eltern schon anstrengt, der Käsebrote nur mit doppelt Belag mag.

Du hast dich in der Zeit vertan, oder?
"keinen Keks liegen lassen konnte"
Aus deinen Zeilen lese ich, dass er nicht mehr so ist. Demnach würde seine Betrachtung nicht in der Vergangenheit sondern in der Gegenwart liegen. Das würde dann auch für die anderen Dinge gelten.
Dafür würde sprechen, dass er vierzig Bahnen schwimmt. Das würde der Junge, den du beschreibst nicht schaffen. Außerdem hat er Angst davor, wieder zu diesem Jungen zu werden.

18. Es brannte im Mund, für einen kurzen Moment brach er aus dem Muster seiner Bewegungen aus, Wasser drang in die Nase. Atmen!

Eine Abhandlung von geschehnissen, aber keine vernünftigen Sätze.

19. Uralt tappste er zu den Duschen, im Inneren zitterte er unaufhörlich.

Warum schreibst du hier keine zwei Sätze?

20. Er bestieg die elektrische Waage, atmete vorher aus, hauchte sein Inneres leer, niemand weiß, was Luft wiegt.

Hört sich an, wie ein Satz aus einem Horrorszenario. Aber nach: "Inneres leer", würde ich einen Punkt setzen udn das andere umschrieben als neuen Satz.

Wie zuvor schon gesagt, dein Schreibstil ist gut und meine Kritikpunkte sollen dir nur helfen, besser zu werden.
Glaube nicht, dass ich mitder eigentlichen Idee und der Umsetzung unzufrieden war.

Gruß
Kyrios

 

Hallo und danke für die Mühe die du dir gemachthast.

Ich sehe es grundsätzlich so: jeder , der regelmäßig schreibt, findet irgendwann und irgendwie seinen eigenen Sprachfluss, seinen "Stil". Der mag dann etwaigen Leser gefallen - oder eben nicht.
Deine Kritikpunkte habe ich gelesen, kann sie z T auch verstehen - aber nicht teilen und will sie auch nicht annehmen.
Die Geschichte ist so geschrieben, wie ich sie haben will, die Informationen die du überflüssig findest, möchte ich der Stimmung und des Bildes wegen genau dort haben, wo sie zu lesen sind.
In diesem Sinne
NikitaF

 

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