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Fremder Ort

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04.02.2007
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Fremder Ort

Er saß reglos da, starrte nach vorn, sich zwingend. In die Ferne.
Der Blick zurück schmerzte. Er wollte es vergessen, an nichts denken, alles Stück für Stück in dunkle Schleier hüllen, so schnell es ging hinter sich lassen. Oder doch nicht so schnell; wäre es nicht angemessener, wenn es langsam ging? Vielleicht sollte er ihnen wenigstens noch diesen Respekt zollen.
Die Hände lagen ineinander verschlungen auf dem Schoß. Er wusste nicht, was er mit ihnen anfangen sollte. Sie hatten einfach jede Funktion verloren. Hatten ja nicht einmal die Aufgabe erfüllen können, das Wertvollste in seinem Leben zu retten. Draußen raste alles an ihm vorbei…

Er hatte sich im Hintergrund gehalten. Die beiden schwarzen, im Sonnenlicht des ansonsten wundervollen Tages schimmernden Särge hatten vergeblich darauf gewartet, dass er näher kam. Nicht etwa um ihm zu sagen, dass es nicht seine Schuld war, oder dass er es hätte verhindern können. Nein; sie wollten ihn nicht mit Dankbarkeit überschütten, sondern mit Vorwürfen, mit schmerzenden, wahren Worten, mit handfesten Argumenten, mit Allem, was er nicht bestreiten konnte. Fahrlässig; so hätte man die Tat, wenn er Angeklagter wäre, wohl beschrieben, die überhaupt zu dieser Tragödie geführt hatte.
Hilflos hatte er die ganze Zeit dagestanden, die schier endlose Zeremonie beobachtet, die, je länger sie dauerte, ihn sich mehr und mehr hatte wünschen lassen, er wäre nie geboren worden. Dann endlich hatten sich erst das große, dann das kleine Grab gesenkt, nicht aber, ohne ihm vorher noch einen bösen Blick zugeworfen zu haben.

… Der Fuß blieb da, wo er war. Wenigstens dieser erfüllte nun die ihm zugeteilte neue Aufgabe. Die Hand suchte eine Zigarette in der Innentasche des Anzugs, mit der man ihn leicht als Besucher einer erst kürzlich stattgefundenen Trauerfeier enttarnen konnte. Das wird dich noch umbringen, hatte sie gesagt; daran dachte er, als er die gekrümmte Zigarette anzündete. Das typische Klicken beim Öffnen des Zippo-Feuerzeugs klang unecht, in weiter Ferne. Der Ton kam von einem fremden Ort, an den er sich jetzt wünschte.
Er zog noch einmal tief an der Zigarette. Die Asche löste sich von ihr und fiel in Richtung Schoß, wurde langsamer, blieb auf der Hälfte des Weges stehen. Die Konturen verschwommen, die Kontrolle schwand. Auch draußen blieb alles stehen. Kein Ton, keine Bewegung mehr. Kein Gedanke, außer einem: hier könnte ich für immer bleiben. Die Stille war unnatürlich, unbekannt. Ihm gefiel sie…

Er hatte sich inzwischen von der kleinen Menge Trauernder abgewandt und lief nun über den Parkplatz. Fast schon ironisch glücklich klangen die Vögel, rauschten die Bäume. Die Idylle machte ihn krank. Gut fühlte sich hingegen das kalte Metall des Türgriffes an, den er fest umklammerte, während er sein erbärmliches Spiegelbild im Fahrerfenster betrachtete. Er öffnete die Tür.

… Lange hielt die Stille nicht an. Langsam wurde es laut und die Asche landete jetzt dort, wo es die Gesetze der Physik für sie bestimmt hatten.
Und er landete wohl da, wo es für ihn bestimmt war.
Gott bot ihm jetzt auch keine Zuflucht mehr an. Solche wie er wurden verstoßen. Vielleicht war es ja besser für ihn, eine Ewigkeit in der Hölle zu verbringen, als auch nur für einen Moment in die Augen der auf ihn wartenden beiden Menschen blicken zu müssen. Zu viele Gedanken, dachte er.
Der Fuß war noch immer da, wo er vorher gewesen war, reglos. Er selbst war jetzt aber hellwach und vernahm den Lärm, den die Höllenmaschine unter ihm machte. Die Hände hatten auch eine neue Aufgabe, umklammerten das Lenkrad. Er schloss die Augen, die Tachonadel passierte gerade den langen Strich, der die Zweihundert markierte und die Straße endete wenige Meter vor ihm…

 

Hi dast-27 und Willkommen auf KG.de!


Der erste Satz einer Geschichte muss den Leser festhalten. Das schafft der deiner Geschichte leider nicht. Wechsle zB mal vom Passiv (zwingend) ins Aktiv (er zwang sich). Das ist dynamischer. Und das In die Ferne kann man auch noch in den ersten Satz schreiben, das muss nicht unbedingt extra stehen.

Ansonsten ist deine Geschichte angenehm geschrieben. Flüssig und ruhig, passt zur Atmosphäre. In der Story passiert schließlich nicht mehr viel, besteht eher aus Rückblicken.

Gern gelesen, auch wenn die richtige Spannung und der Knall ausgeblieben sind.


Weiterhin noch viel Spaß hier und liebe Grüße,
Tamira

Krimskrams:

Er wollte es vergessen, an nichts denken, alles Stück für Stück in dunkle Schleier hüllen, so schnell es ging hinter sich lassen.
Hier sagst du vier Mal dasselbe

Die Hände lagen ineinander verschlungen auf dem Schoß.
gefaltet

Lange hielt die Stille nicht an. Langsam wurde es lauter
Wenn es lauter wurde, muss es ja zuvor laut gewesen sein. Also, entweder war keiner Stille oder die Geräusche setzten erst ein, anstatt lauter zu werden. ;)

und die Asche landete jetzt dort, wo es die Gesetze der Physik für sie bestimmt hatten.
Ungelenk und der Atmosphäre unangepasst.

 
Zuletzt bearbeitet:

danke für die Kritik, werde ich mir merken, wenn ich die nächste Geschichte schreibe. ist aber nur ein Hobby, mal sehen, wie viele es werden ;) und zu den Wiederholungen und den abgehackten Sätzen am Anfang: ich finde, ein paar Sachen dürfen schon der Freiheit des Autors zum Opfer fallen; ich muss mich schließlich an keine Vorgabe halten, sonst wäre damals die Aufklärung verschwendete Zeit gewesen :D aber konstruktive Kritik ist immer gut... LG

 

hallo dast

für einen Erstling fand ich deine Kg auch sehr angenehm. Flüssig geschrieben und ohne unnötige Schlenker. Gut, das Ende war ziemlich vorhersehbar und es bleibt die Frage, ob die Kg wirklich so enden muss (da es ein typisches Ende solcher Geschichten ist), aber das bleibt ja schließlich dem Autor überlassen. So allerdings passiert wirklich nichts, was irgendwie fesselt oder dem Leser einen Aha-Moment verschafft. Es ist einfach nur eine knappe geschichte, die schon etliche Male erzählt wurde. Aber wie gesagt, als Erstling ist das in Ordnung, denn zumindest liest sie sich gut.

Viel Spaß beim weiteren Erkunden "fremder Orte" ;)

grüßlichst
weltenläufer

 

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