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Gebrauchsanleitung für meine Frau

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16.10.2009
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Gebrauchsanleitung für meine Frau

Gebrauchsanleitung für meine Frau

Wir wollten um 11 Uhr morgens zur Schwiegermutter fahren, doch meine Frau wurde nicht fertig, also habe ich damit angefangen, meinen Fotoapparat zu reinigen. Sie kam einige Male mit einem neuen Outfit ins Arbeitszimmer gestürmt und wollte meine Meinung dazu hören. Ich verstehe so etwas nicht. Sie muss sich doch darin wohl fühlen und nicht ich. Wenn ich dann nicht in der von ihr gewünschten Weise reagiere -aufmerksam und interessiert -deutet sie es als Abwertung ihrer Person, was sie mich noch Stunden später spüren lässt. Darum muss ich auf der Hut sein bei ihr. Ich habe tagelang einige Verhaltensweisen und Mimiken vor dem Spiegel einstudiert, doch mitunter ist meine Schauspielkunst nur mangelhaft. Vor allem dann, wenn ich meine Ruhe haben will oder selbst mit etwas beschäftigt bin. Ich reinigte also meinen Fotoapparat als sie hereingestürmt kam. „Franz, du bist ja immer noch hier und nicht einmal fertig angezogen. Was machst du denn da, wir müssen doch fahren!“, beklagte sie sich. „Na, ich warte auf dich. Du bist doch diejenige, die nicht fertig wird!“, entgegnete ich. Oh weh, das war die falsche Antwort. Nun musste ich mir aber etwas anhören. „Das liegt nur an dir. Du hast nicht mal aufgeblickt, als ich an dir vorbei gelaufen bin mit dem neuen Kleid. Es gefällt dir offensichtlich nicht.“
„Ich habe es halt nicht gesehen.“, sagte ich mit unschuldiger Mine. „Du meinst wohl, du wolltest es nicht sehen! Können wir jetzt endlich fahren? Ich brauche den Fotoapparat nicht. Du hättest ihn nicht reinigen müssen.“, entgegnete sie pampig.
Ich sagte lieber nichts mehr um des lieben Friedens willen, sondern zog mir die Schuhe und das Jackett an. Ursula ging schnellen Schrittes aus dem Haus und lief zum Wagen. Ich überlegte, ob ich die Kamera wirklich hier lassen sollte. Ich kenne meine Frau doch. Erst sagt sie nein und dann macht sie mich rund, weil ich sie nicht mitgenommen habe. Ne, ne, das will ich mir nicht antun. Ich werde sie lieber mitnehmen. So holte ich die Kamera aus dem Arbeitszimmer und ging ebenfalls aus dem Haus. Als ich beim Auto ankam, saß meine Frau schon auf dem Beifahrersitz und zog ein Gesicht. Wenn ich Gesicht sage, dann meine ich auch Gesicht. Sie können sich nicht vorstellen, wie das bei ihr aussieht. Sie schiebt ihren Unterkiefer leicht nach vorne und beißt die Zähne aufeinander, dazu spannt sie die Nasenflügel an und zieht die Augenbrauen zusammen, so dass dazwischen eine hässliche Falte entsteht.
Wenn ich so ein Gesicht sehe, ducke ich mich schon innerlich.
„Du hast mich warten lassen!“, zischte sie. „Ich habe nur den Fotoapparat geholt.“, entgegnete ich in der Hoffnung, es würde sie besänftigen.
„Wie kannst du es wagen?! Ich habe dir doch gesagt, ich will ihn nicht! Du respektierst nicht im Geringsten meine Wünsche. Du trittst sie mit Füßen und machst, was du willst!“, keifte sie, ohne mich dabei anzublicken.
Ich drehte den Schlüssel herum und fuhr los. Die Fahrt dauerte eine gute Stunde, doch ihr Gesicht entspannte sich nicht. Schließlich waren wir da. Die Schwiegermutter feierte ihren 80. Geburtstag und die ganze bucklige Verwandtschaft war dazu eingeladen. Die Schäfers sind nicht gerade leicht zu ertragen. Um genau zu sein, geht es eigentlich nur, wenn man einen über den Durst getrunken hat. Die Mutter ist mit ihren 80 noch immer der reinste Feldwebel. Scheucht alle hin und her. Keiner kann es ihr recht machen und niemand ist ihr gut genug. Ein Wunder, dass ihre Kinder überhaupt noch zu ihr Kontakt haben wollen. Aber die Kinder sind ja auch nicht besser. Eins wie das andere, fünf an der Zahl. Nein. Einer ist normal, der älteste Sohn und der hat eine Psychose. Kann man verstehen bei der Familie. Als der Vater noch lebte gab es Zucht und Ordnung. Da hätte der Eckhart keine Psychose kriegen dürfen, das hätte er ihm ausgetrieben der alte General und Haustyrann, sagte die Mutter. Doch der Vater liegt nun schon seit 15 Jahren unter der Erde. Der kann nur noch aus dem Grab schreien. Nun ist der Feldwebel weiblicher Natur. Es gruselte mich bei dem Gedanken mit dieser Sippe in einem Raum eingesperrt zu sein - einen ganzen Tag lang, mein Gott!

Meine Frau sprach also kein Wort mit mir, obgleich ich fröhlich am Steuer pfiff und gute Laune zu haben vorgab. Doch sie nahm davon nicht die geringste Notiz.
Als wir ausstiegen – ich versteckte die Kamera sorgfältig im Auto – rannte sie mir so schnell sie konnte davon. Irgendwann erreichte ich sie endlich außer Puste.
„Wäre es dir lieber gewesen, wenn ich zu Hause geblieben wäre?“, fragte ich sichtlich gereizt. „Du kannst ja immer noch fahren, wenn du willst.“, schrie sie mit schriller Stimme bei nicht aufzuhaltendem Lauf-Tempo. Ich blieb abrupt stehen, hielt sie am Handgelenk fest und sah sie eindringlich an.
„Das ist ja wohl nicht dein Ernst, oder?! Ich glaube wirklich, es wäre besser gewesen, wenn ich nicht mitgekommen wäre.“. „Dann fahr doch wieder. Du machst ja eh, was du willst!“, keifte sie.
Ich überlegte einen Augenblick, was zu tun sei, entschied mich dann jedoch dazu, so zu tun, als hätte ich die Bemerkung nicht gehört und setzte meinen Weg in sicherer Distanz zu ihr fort. Sogleich trafen wir meinen Schwager nebst Angetrauter, welche die Schwester meiner Frau ist. Sie hatten wohl unsere kühlen Blicke und die Distanz bemerkt, denn mein Schwager fragte nach einer Begrüßung: „Habt ihr irgendwas?“ „Nein. Ich habe mich nur über diesen blöden Autofahrer geärgert, der mir den Weg abgeschnitten hat.“, entgegnete ich.
„Ja, das verstehe ich. Es gibt aber auch wirklich Idioten auf der Straße!“, sagte mein Schwager. Nicht nur auf der Straße, dachte ich, die Welt ist voll davon!
Wir begrüßten die Familie und ich gab mir große Mühe, mir nichts anmerken zu lassen. Ich gesellte mich zum Schwager an den Tisch. Ursula saß bei ihrer Schwester. Die Tante kam herein und sagte zu Ursula. „Na, sitzt du heute nicht bei Franz?“ Es sollte wohl ironisch klingen, doch Ironie kennt meine Frau nicht. Sie brach daraufhin heftig in Tränen aus. War mir das unangenehm. Ihre Schwester ging mit ihr nach draußen um sie zu trösten. Mein Schwager fragte mich, was los sei. Ich schüttelte nur verzweifelt den Kopf. „Ach, mal wieder der Haussegen? Na ja, das wird schon wieder. Weißt du die Schäfers sind alle sehr empfindlich. Die kannst du nicht verändern, die sind halt so. Man muss nur wissen, wie man sie nimmt. Ich habe einschlägige Erfahrung mit Ursulas Schwester, das kannst du mir glauben.“, sagte er. „Und wie nimmst du sie?“ , fragte ich ihn.
Mein Schwager ist ein sehr kluger Kopf. Ingenieur in hoher Position. „Ich kann dir nur sagen, wie vorteilhaft es war, dass ich damals als an einem Raketenabwehrsystem beteiligt war. Es ist eigentlich nichts anderes. Man muss den Feind täuschen, indem man ihn ins Leere laufen lässt. Damit ein U-Boot nicht geortet werden kann, bedarf es allerlei Technik und nicht zuletzt Täuschungsmanövern. Stell dir vor, hier ist das U-Boot.“, er nahm einen Bierdeckel und legte ihn vor sich auf den Tisch. „und hier ist die feindliche Rakete.“, er hielt seinen ausgestreckten Zeigefinger waagerecht in die Luft. „Damit die Rakete das U-Boot nicht findet, muss an einer anderen Stelle ein Gerät installiert werden, das soviel Krach macht, dass es von dem U-Boot ablenkt. Ein Störsender also.“, erklärte er und legte einen weiteren Bierdeckel in gutem Abstand zu dem mutmaßlichen U-Boot auf den Tisch. „Die Rakete denkt nun, der Störsender wäre das U-Boot und bums schlägt sie am Sender ein. Das U-Boot ist damit gerettet.“,
„Aha.“, sagte ich. „Und was hat das nun mit Deiner oder meiner Frau zu tun?“
„Ganz einfach. Biete ihr keine Angriffsfläche, täusche sie und lächele über ihre Angriffe. Sie kann dir eh nichts anhaben. Meine hat zum Beispiel morgens immer schlechte Laune. Sie steht nie vor zwölf Uhr auf. Wenn ich schon gegessen habe, raunzt sie mich an: Du hättest ja für mich Frühstück machen können. Ich sage ihr dann einfach: Du hast ja noch geschlafen, sage mir abends Bescheid und Du bekommst ein leckeres Frühstück, in Ordnung, Liebling? Neulich hat sie für den Geburtstag ihrer Tante einen Kuchen gebacken und ihn liegen lassen. Ich habe es auf der Autobahn bemerkt und sie gefragt, ob ich umdrehen solle. Sie sagte nur: Nein, lass. Was soll’s. Später hat sie dann jedem erzählt, was für ein Trottel von Ehemann ich doch sei, der einfach den Kuchen zu Hause vergessen hat.", erklärte mir mein Schwager ausführlich den Ernst der Lage. „Was hast du dann gemacht?“, wollte ich wissen.
„Ha. Ich habe einfach gelacht, als sie über mich hergezogen hat. Lachen ist die beste Waffe, weiß du das nicht? Und besonders bei den Schäfers. Du bietest ihnen dann keine Angriffsfläche und sie beruhigen sich schnell, wenn du dich nicht wehrst. Sie braucht das Rumhacken halt, also lass ich ihr ihren Willen und habe danach meine Ruhe. Du wirst es nicht glauben, aber fünf Minuten später ist sie nach solchen Attacken bester Laune. Ich bin sicher, dass es bei Deiner Frau auch wirken wird.
"Aha. Das ist sehr aufschlussreich.“, entgegnete ich.
„Weißt du, Franz, so eine Ehe ist doch nur ein Spiel. Gib dem Affen Zucker und er tanzt für dich.“ Nun wurde das Essen serviert und meine Frau kam mit ihrer Schwester zurück an den Tisch. Ihre Wimperntusche war notdürftig abgetupft, die Tränen hatten Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Ich lächelte ihr freundlich zu, während sie mich mit finsterer Mine ignorierte. Auf meinem Teller lag ein großes Steak mit Kartoffeln und Salat. Vielleicht sollte ich mir eher Rinder halten als eine Frau. Das ist billiger und schon die Nerven, dachte ich.

 
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Hallo Anna,

Sie brauchen eine halbe Ewigkeit im Bad oder vor dem Kleiderschrank.

An dem Punkt dürften viele ausgestiegen sein. Das ist unheimlich allgemein, eine von diesen zigfach gehörten Weisheiten des Beziehungslebens, das langweilt einfach. Mario Barth hätte daraus sowas gemacht: "Ich rasiere mich, bin ausgehbereit, meine Freundin geht ins Bad, und als sie wieder rauskommt, habe ich schon wieder Stoppeln am Kinn."

Haha, geht jetzt nicht darum, ob das lustig ist (Ich HASSE Mario Barth), soll nur zeigen, dass man schon irgendwie was Eigenes hinzufügen muss, um halbwegs interessant zu bleiben.

Junge Männer als Autoren neigen oft dazu, Party-, Sauf- und Bundeswehranekdoten zu verschriftlichen (bin ich auch schon drauf reingefallen), diese ganzen lustigen Sachen, die da passieren, das muss doch für die Nachwelt festgehalten werden.

Muss es in den allerwenigsten Fällen. Es ödet bereits den größten Teil der Jetztwelt an, weil jeder diese Geschichten kennt, jeder eigene hat, und jeder die eigenen am besten findet.

In diese Kerbe hauen auch Geschichten von Frauen, die zu lange im Bad brauchen (oder im Duo aufs Klo gehen), Feeldwebel-Schwiegermüttern und bekloppter Verwandtschaft.

Ein Rettungsversuch wäre, einen Aspekt herauszugreifen, ins Detail zu gehen und sich somit von diesen drögen Allgemeinplätzen zu trennen. Schreib mir: Was genau macht eigentlich die Schäfers so unmöglich? Wieviele Kinder haben die, Rotzblagen und Klugscheißer, ist er vielleicht dumm wie Brot mit Versicherungen zu Geld gekommen und lässt jetzt den Mann von Welt raushängen, während sie Sachen sagt wie: "Hach, der Benz ist schon wieder in Reparatur"?

Stil: Deine Dialoge klingen manchmal etwas hölzern, ansonsten ist mir eigentlich nicht Großartiges aufgefallen. Oh, und bei "blabla.", kann der Punkte weg: "blabla", sagte sie.


Grüße
JC

 

Hallo Proof,

danke für Dein Feedback, habe einige Dinge verändert.

Liebe Grüße,

Anna

 

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