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Geburt des Waldes

Seniors
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11.06.2004
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Geburt des Waldes

Die Luft war bleiern, Wasserdampf stieg aus dem feuchten Erdreich, tränkte den Wind. Milchiger Nebel waberte durch die Stämme der alten Bäume, durch dunkelgrünes Farnkraut, dichtes Gebüsch und feuchte Blätter. Der Boden atmete, spie seinen würzigen, harzigen Geruch in die Welt, Ausdünstungen aus Moos, Erde, Schlamm. Die Bäume ächzten, Äste wiegten in den Kronen, dem Himmel entgegen, doch dort oben war nur Grau, dunkles, schmutziges Grau, keine Sonne, kein Licht.
Die Rinden tränten, Harz perlte auf ihrer rauen, spröden Haut, ergoss sich nach unten, tropfte. Geräusche, allgegenwärtig und doch leise, unscheinbar. Und überall Krabbeln und Huschen, Verstecken und Graben, alles schien unterwegs, alles in Bewegung, alles lebte.
Der Wald lebte.

Und er wartete.

***

Das Mädchen kam in den Wald, wie so oft, wenn es einsam war.
Verträumt überquerte es die breite Wiese und strich mit den Fingern durch das hohe Gras. Ein kühler Wind frischte auf und wehte von fern her die Geräusche des Dorfes, leise Geräusche waren es, kaum zu hören in der merkwürdigen Stille des Waldes.
Das Mädchen sah zum Himmel. Düster hatten sich Wolken aufgebäumt, von der untergehenden Sonne in schmutziges Rot getaucht. Vielleicht würde es ein Gewitter geben. Das Mädchen dachte daran, die Blitze vom Fenster in der großen Stube zu beobachten, wie sie grell und leuchtend blau über den Himmel zuckten, während im Ofen ein knisterndes Feuer brannte.
Etwas Helles wurde ihr gewahr, als sie den Blick über den Waldrand schweifen ließ. Klar und deutlich hob sie sich vom Dunkel der dahinter liegenden Bäume ab. Neugier packte sie und sie trat näher, richtete ihre scharfen Augen auf das Fremde. Es war eine Blume.
Eine große Blume, wie sie bisher noch nie eine gesehen hatte. Freilich, sie kannte viele Blumen, Gänseblümchen, Veilchen, Sauerampfer, Bocksbart, Hahnenfuß, Bärenklau. Doch diese Blume war anders. Sie war ihr fremd.
Obwohl im Schatten der hohen Bäume neben ihr, leuchtete diese Blume nahezu. So hell und rein, als würde die Sonne selbst sie bescheinen. Und dann diese Farben. Die großen Blütenblätter lagen dicht aneinender, faustgroß waren sie und sie schimmerten in einem zarten Blau, das heller noch war als der Himmel an sonnigen Tagen. Das Mädchen trat näher, fast ehrfurchtsvoll, wie sie sich sonst nur dem Altar der Kirche näherte.
Als sie nur noch einen Schritt von der Blume entfernt war, da zuckte diese plötzlich, die Blütenblätter begannen zu zittern, so als fröstelte die kleine Pflanze. Es war eine ganz und gar menschliche Regung, die die Pflanze durchfuhr. Das Mädchen hielt inne, wagte es nicht, zu atmen, als die Blütenblätter sich öffneten und ein zarter Duft in die Luft ventilierte. Das Mädchen sog den Geruch ein, köstlich war er, es roch nach Morgenluft, süßlich wie Honig und herb wie der Kräutertee, den die Großmutter immer braute.
Dann wurde ihr jedoch schwindelig. Sie sank auf die Knie, spürte aber keine Angst, zu sehr war sie benommen von dem Duft, lächelte sogar, als sie sich mit den Händen im Gras abstützen musste, doch auch ihre Arme gaben nach, sanken ein und sie schlug mit dem Gesicht auf die weiche Erde, immer noch selig lächelnd.
So lag sie da, als die Pflanzen nach ihr griffen, als sich dünne Äste um ihre Gelenke wickelten wie Seilzüge, als sich Blätter auf ihre Augen legten und auf ihren Mund, als sie zurechtgelegt wurde von einer Kraft, die fremd war und mächtig. Und erst, als sich ihre Beine gewaltsam spreizten, da begann sie zu begreifen - zu spät. Sie wehrte sich, bäumte sich auf, doch ihre Muskeln waren nichts gegen die Kraft, die sie nun gefangen hielt. Sie spürte, wie etwas in ihr war, wusste nicht was, konnte nicht sehen, konnte nicht rufen.
Dann war es vorbei.
Und sie rannte weg, flüchtete aus dem Wald, warf keinen Blick zurück, nicht auf die schöne Blume, nicht auf die Bäume.
Sie spürte etwas in ihrem Leib brennen, etwas Fremdes, etwas Neues, und als der Wind ihre nassen Wangen kühlte, zuckten in der Ferne die ersten Blitze über den trüben Himmel.

***

Regen peitschte gegen das Glas, die Scheibenwischer lagen im aussichtlosen Kampf gegen die Wassermassen. Der Doktor war müde, sein Rheuma machte ihm zu schaffen, seine Finger waren ein Meer aus Schmerzen, hatten ihn kaum schlafen lassen, der Magen brannte von den Schmerzmitteln, die doch kaum Linderung brachten. Er quälte das Auto, mochte nicht schalten, zu sehr schmerzten die Finger.
Die Straße war glatt, Ströme aus Wasser, Matsch, Laub.
Das Haus stand abseits der anderen, abseits der kleinen Siedlung. Endlich war er da, quälte sich aus dem Auto, verfluchte seinen Beruf, der ihn zwang, das trockene Haus gegen diesen Irrsinn einzutauschen. Kühe schrieen in den nahen Ställen, Blitze geißelten den Himmel, Donner wogte in der Nähe, ein Elektrisieren erfüllte die Luft, der Doktor spürte es trotz des Regens, der ihm die Sicht nahm, der ihm kalt den Rücken nässte, der ihn frieren ließ, zittern.
Wieder schrieen Kühe, verzweifelt ob der wütenden Natur, ein Hund bellte laut, verstummte, jaulte, bellte erneut.
Der Doktor lief ins Licht, zum Haus, in den Schutz vor Wind und Wasser. Er klingelte und hämmerte gegen die Tür, als man ihm nicht sofort aufschloss. Hämmerte selbst dann noch, als eine alte Frau, gebückt, mit einem alten Kopftuch und darunter schlohweißem Haar, die Tür öffnete.
Herein, herein, murmelte sie durch den zahnlosen Mund.
Der Doktor verlor keine Zeit, die Tür schloss sich hinter ihm und sperrte das Gewitter aus. Eine Stille war im dunklen Flur mit den dicken Teppichen, dass sich der Doktor einen Moment lang in einer fremden Welt fühlte, doch dann wurde er wieder des Regens gewahr, der am Dach abperlte und nach unten strömte. Ein Bild erschien vor seinem Auge, das Haus, umhüllt, umspült von Wasser, alle Wände, das Dach, der Garten, alles bedeckt von einem Fluss aus Wasser, der nichts übrig ließ, was vom Menschen gemacht war.
Schnell, schnell, murmelte das Mütterchen und eilte voran.
Ein merkwürdiger Duft hing in der Luft, erinnerte den Doktor an die Kirche, die er jeden Sonntag besuchte, der Geruch von Kerzen, Weihrauch.
Und tatsächlich, Rauch quoll aus dem Zimmer, in das die alte Frau ihn führte. Schmale tönerne Schalen standen um das breite, dunkle Bett, in ihnen lagen Kohlen, daraus quoll der Weihrauch und schwängerte die Luft mit seinem Gestank; dem Doktor wurde schwindelig, er spürte ein Hämmern in seinem Schädel, strich sich über die noch vom Regen feuchte Stirn und schlüpfte aus seiner Jacke.
Im Bett lag bleich und mit weit aufgerissenen Augen die junge Frau – (das Kind!, dachte der Doktor) - auf dem Rücken, den Oberkörper auf dicke Kissen gestützt, die Haare strähnig und glänzend vom Schweiß, die Beine gespreizt und die Knie angewinkelt, die Hände im Bettzug verkrallt. Sie atmete tief, immer wieder malmten die Zähne aufeinander. Die Augen waren weiß, durchsetzt von vielen roten Äderchen, die jeden Moment zu platzen drohten. Doch das Mädchen war still. Es schrie nicht, tobte nicht, weinte nicht.
Nur das Geräusch ihres Atems durchbrach die Stille. Und das Zischen der Kohle in den Weihrauchschälchen. Sie lag in den Wehen, das war dem Doktor sofort klar.
Das Kind gebiert ein Kind, dachte der Doktor.
Das Mütterchen, das dem Doktor geöffnet hatte, betupfte dem Mädchen die Stirn mit einem weißen, nassen Lappen. Neben dem Mädchen, die Hände im Schoß verkrampft, saß eine Frau, an die vierzig, wahrscheinlich die Mutter der Gebärenden. Sie starrte den Doktor verzweifelt an, die Augen und der Kopf schwer, der Rücken gebeugt wie unter der Last vieler Jahre.
Der Doktor verlor keine Zeit.
Ob die Ambulanz verständigt sei, rief er und stürzte auf die Gebärende hin.
Nein, nein, sagte das Mütterchen und betupfte weiter die Stirn ihrer Enkelin.
Warum nicht?, schrie der Doktor. Der Schmerz seiner Finger war vergessen, als er seine Ledertasche öffnete. Nur das Zittern seiner Hände gemahnte ihn noch seines Rheumas.
Als niemand reagierte, wiederholte er seine Frage, dieses Mal ein schrilles Schreien: Warum die Ambulanz nicht verständigt sei?
Doch wieder beantwortete niemand seine Frage. Stattdessen bäumte sich das Kind auf, in stillem Schmerz und ohne zu schreien, nur ein leises Keuchen entwich ihrem Mund wie ein Atemstoß.
Und der Doktor traute seinen Augen kaum, als die Spitze eines kleinen Köpfchens zwischen den Beinen der Gebärenden hervorlugte.
Zu spät, ging es ihm durch den Kopf, zu spät.
Blut quoll dem Mädchen zwischen den Beinen hervor, sprudelte und durchtränkte das vormals weiße Laken.
Es kommt, es kommt, sagte das Mütterchen mit spröden Lippen.
Licht, Licht, verlangte der Doktor. Er brauche Licht, Handtücher, Wasser..., seine Stimme brach ihm ab wie einem Jungen im Stimmbruch. Mit großen Augen, die ihm aus den Höhlen traten, verfolgte er das Spektakel, fühlte sich plötzlich völlig unerfahren und an seine Lehrjahre erinnert. Viele Geburten hatte er seitdem geleitet, erfolgreich, viele der Kinder hier hatten zuerst von allen Menschen seine Hände gespürt, doch dies hier, dies hier war anders.
Der Kopf quoll weiter nach draußen und mit ihm Blut. Der Doktor versuchte die Blutung zu stoppen, doch zugleich wusste er, dass er zwecklos war.
Sie müsse ins Krankenhaus, gellte er. Die Mutter der Gebärenden starrte ihn nur schweigend an, noch immer die Hände im Schoß verschränkt. In seiner Verzweiflung wandte sich der Doktor an die Großmutter, doch diese lächelte nur gütig und betupfte beständig weiter die Stirn des Mädchens.
Dieses war immer noch still. Schrie nicht, weinte nicht.
Stattdessen erfüllte plötzlich ein schrilles Geschrei das Zimmer.
Der Doktor wich zurück, konnte nicht fassen, was er sah: Das Kind schrie! Kaum, dass sein Mund an der Luft war, schrie es, der Rest des Körpers noch in der Mutter steckend, tat also das, was die werdende Mutter verweigerte, schrie, als eigentlich sie schreien sollte.
Endlich fasste der Doktor der jungen Frau auf den aufgetriebenen Bauch. Weich war die Muskelschicht unter der Haut und der Doktor erstarrte vor Schreck. Ein Riss. In der Gebärmutter.
Das Kind hingegen erkämpfte sich schreiend den Weg nach draußen, auf einem Schwall aus Blut schwimmend, die Mutter sank ins Kissen zurück, die Augen geschlossen, die Lippen nur ein dünner, fahler Strich. Ein letztes Aufbäumen, still und ohne Tränen.
Das Kind war geboren.
Und die Mutter starb. Sank zurück ins Bett, die Augen geschlossen, endlich – endlich! – eine einzelne Träne, die auf ihrer von der Anstrengung geröteten Wange trocknete. Es war, als würde sie nur schlafen, doch der Doktor wusste es, wusste es ohne sie zu untersuchen, dass sie tot war, dass das Leben sie verlassen hatte, gleich in zweierlei Hinsicht.
Der Doktor sank gegen die Wand, bleich, zitternd, müde, rutschte hinab zu Boden, die großen Hände voller Blut.
Die Mutter der Toten saß noch immer starr, die Hände im Schoß gefaltet. Nur das alte Mütterchen weinte, doch ihr Weinen ging unter im Geschrei des frisch geborenen Kindes, das die Welt begrüßte.
Der Doktor starrte auf das Kind, das in blutigen Leinen lag, das Gesicht zerknautscht und bedeckt mit braunem Schleim, der aussah wie rostige Spinnweben, und schrie.
Und schrie.
Und schrie.

***

Und er wuchs heran.

***

Er sei zurück, stellte der Junge fest. Warum er Worte sprach, wusste er nicht, er hatte nur ein fernes Gefühl, dass es richtig war zu sprechen.
Der Wald wusste längst um seinen Sohn und empfing ihn freudig. Die Blätter der hohen Bäume zitterten und der Tau fiel von ihnen herab und sprenkelte den Boden, benetzte das Gesicht des Jungen wie ein warmer, sanfter Regen. Die Äste knirschten und wankten hin und her und es war mehr als der Wind, der sie bewegte. Die Büsche am Boden neigten sich dem Jungen zu, berührten mit ihren saftigen, grünen Zweigen, seine Hose, seine Beine, seinen Bauch.
Er lachte glücklich und freute sich.
Langsam ergab so vieles einen Sinn.
Und er lauschte den Geräuschen, die so anders klangen und doch konnte er sie verstehen.
Er wusste, was zu tun war.

Er verließ den Wald auf dem schmalen Pfad. Und die Pflanzen folgten ihm.
Er ging über die Felder, die Wiesen, die Weiden. Und die Pflanzen folgten ihm, umschlangen Kühe und blökende Schafe. Holz grub sich in das Fell der Tiere, Äste schoben sich in ihre schreienden Mäuler, Blumen wuchsen in ihren aufgeblähten, aufgeplatzten Leibern.
Er ging durch das Dorf und die Pflanzen folgten ihm. Wurzeln brachen den Asphalt, zerschmetterten Mauern und brachen Bretter.
Er ging vorbei an staunenden Gesichtern, aufgerissenen Mündern und dumm glotzenden Augen. Und die Pflanzen folgten ihm, begruben die Menschen unter sich, verschlangen sie, so schnell, dass den meisten kein Laut oder Schrei entfuhr.

Und der Junge verließ die Stadt, seine Brüder zu suchen.

 

Er ist zurück!!! ;)

Hallo chazar, schön, wieder von dir zu lesen.

Eine Geschichte, die einen in ihren Bann zieht; sicherlich liegt es daran, dass man (trotz des Titels) nicht genau weiß, worauf es hinausläuft. Vom Ende war ich daher äußerst positiv überrascht.

Die distanzierte Perspektive störte mich anfangs ein wenig, doch nach kurzem Lesen hatte ich mich dran gewöhnt. Woran ich mich nicht gewöhnen konnte (und das ist sicherlich reine Geschmacksache) ist die übertriebene Anhäufung von Adjektiven; hier plädiere ich immer zu: weniger ist mehr.

Milchiger Nebel waberte
finde ich überflüssig (vielleicht auch, weil so abgegriffen)
Harz perlte auf ihrer harten, rauen, spröden Haut
hier mal so ein Beispiel: Warum denn nicht "perlten auf ihrer spröden Haut"?

Vielleicht wurde es ein Gewitter geben
würde

Ein paar Probleme hatte ich ebenfalls mit der "Vergewaltigung" des Mädchens. Warum vergewaltigen Wälder immer auf die gleiche Weise (Tanz der Teufel lässt grüßen :D)
Warum drücken sie denn nicht ihre Sporen durch die Haut oder durch die Augen oder sonst irgendwie?

Der Doktor gefiel mir sehr gut, den hast du mir sehr nahe gebracht. Obwohl ich manchmal seine Panik nicht nachvollziehen konnte. Ich könnte mir vorstellen, dass er noch mehr wirken würde, würde er besonnen aber innerlich (panisch) agieren. Oder du solltest etwas näher bringen, warum ihm die Geburt so dermaßen in Panik versetzt.

Die Mutter und das Großmütterchen blieben mir ein wenig suspekt. Warum reagieren sie so? Wissen sie um die Frucht des Kindes? Aber dann müssten sie ja auch befürchten, dass sie ebenfalls "verwurzelt" :D werden.

Das Ende: wie gesagt, einfach Top!
Insgesamt hat es mal wieder Spaß gemacht. Aber diese Adjektive .........

Gruß! Salem

 

Hey chazar,

seine Finger ein Meer aus Schmerzen, hatten ihn kaum schlafen lassen
Hm, es geht wohl so, aber ganz koscher ist es nicht. seine Finger (waren) ein Meer aus Schmerzen, (sie) hatten ihn kaum schlafen lassen - durch die doppelte Auslassung wirkt es so als sollte man lesen: Seine Finger, ein Meer aus Schmerzen (als Apposition), hatten ihn kaum schlafen lassen.

Mehr hab ich nicht gefunden.

Den Anfang find ich viel zu dick. Da bin ich vielleicht Purist, aber mir waren da mindestens 20 Adjektive zu viel drin. Das las sich zäh, für meinen Geschmack. Aber mit der Vergewaltigung des Mädchens hatte die Geschichte dann ihren Ton gefunden und die Sprache wirkte sehr eindringlich auf mich. Das archaische Bild wirkt dann. Die Geburts-Szene und die Natur-Apokalypse waren dann sehr stark und wirkten gut.

Starke Geschichte, auch wenn ich schwer reinkam.
Quinn

 

Hallo chazar!

Einen besonders dicken Pluspunkt verdienst Du für den Titel der Geschichte (finde ich ungemein neugierig machend) und die Einleitung! Vor allem durch die vielen Adjektive gewinnt der erste Absatz unglaublich an Intensität.
Salem hat ja schon darauf hingewiesen, dass die extrem häufige Verwendung von Adjektiven sich durch den ganzen Text zieht, ich persönlich finde das aber nicht sooo schlimm - Geschmäcker sind eben verschieden :).

Was mir nicht ganz so gut gefallen hat, sind die vielen in sich verworrenen Satzungetüme, aber auch das ist natürlich reine Geschmackssache.
Insgesamt ist Deine Kg jedenfalls sehr intensiv und und gut vorstellbar :)!

Im Folgenden ein paar Kleinigkeiten zum Thema Rechtschreibung/Grammatik und einige Formulierungsvorschläge:

als die Blütenblätter sich öffneten und ein zarter Duff in die Luft ventilierte.

Duft
Sie sank auf die Knie, spürte jedoch keine Angst, zu sehr war sie benommen von dem Duft, lächelte sogar, als sie sich mit den Händen im Gras abstützen musste, doch auch ihre Arme gaben nach, sanken ein und sie schlug mit dem Gesicht auf die weiche Erde, immer noch selig lächelnd.

Die vielen Einschübe/Nebensätze haben den Lesefluss ein wenig stocken lassen. Vielleicht machst Du zwei Sätze draus? Es gibt viele ähnliche Sätze. Vielleicht ist es ja auch Dein Stil, dann will ich nix gesagt haben :).
Kühe schrieen in den nahen Ställen,

Das Verb "schreien" in Verbindung mit Kühen finde ich persönlich ein wenig seltsam. Andererseits, was könnte man sonst schreiben? "Muhten laut"? Nee, klingt ja noch bescheuerter :D. Evtl. fällt Dir noch was besseres ein...
Eine Stille war im dunkeln Flur mit den dicken Teppichen,

dunklen
Herein, herein, murmelte sie durch den zahnlosen Mund.

Wörtliche Rede ohne Tüttelchen sieht aber wirklich komisch aus und irritiert beim Lesen. Zumindest mich...
was die werdende Mutter verweigerte, schrie, wo eigentlich sie schreien sollte.

"Schreien" ist doch keine Ortsangabe!
Endlich fasste der Doktor der jungen Frau auf den aufgetrieben Bauch.

aufgetriebenen
Ein letzter Aufbäumen, still und ohne Tränen.

letztes

Gruß
Friedesang

 

Tach auch Chazar!

Dem Kerl, der heute Morgen in der Bahn neben mir saß, gefiel der Titel Deiner Geschichte äußerst gut. Vielleicht sagte er das aber auch nur so - immerhin hatte er zuvor er einen Schwenk Kaffee aus seiner Thermoskanne über den Ausdruck und meine Hose gepladdert. "Was haben Sie denn da? Ah, 'Geburt des Waldes' - das klingt aber anregend. Ich hoffe, Sie können's noch lesen." Wie auch immer ...

Mir hingegen gefiel der letzte Satz der Geschichte wesentlich besser! Was für ein Ende; sowas mag ich. Horror im Kleinen, und dann, zum Abschluss, wird die Blende aufgerissen und das ganze apokalyptische Ausmaß der Geschichte sichtbar. Spitze!
Der Weg zum letzten Satz war anfangs beschwerlich - da fand ich die Sprache doch recht überfrachtet mit Duweißtschonwasfürbösenwörtern. Selbige fanden sich in der Anfangspassage des Doktors auch noch recht häufig, wurden dann weniger; die Sache fasste Tritt, und ich hatte meinen kaffeegetränkten Lese-Spaß. Und dann dieser letzte Satz ... :)

Mir hat's gefallen.

Nu Kleinkram:

Vielleicht wurde es ein Gewitter geben.
würde

... während im Ofen ein warmes, gelbes Feuer brannte.
Gelb? Sicher? Kaminfeuer sind immer so schön wärmend - da finde ich gelb nicht so passend - ist für mich keine warme Farbe das Gelb. Ich würd's einfach weglassen.

Eine helle Farbe wurde ihr gewahr ...
Müsste das nicht heißen "Sie wurde einer hellen Farbe gewahr"? Da mag ich mich aber auch irren.

Das Mädchen hielt inne, wagte es nicht, zu atmen, als die Blütenblätter sich öffneten und ein zarter Duff in die Luft ventilierte.
Duff ... D'OH! :D
"Ventilierte"? - Passt das zur Situation mit dem Mädel? Das klingt so wissenschaftlich.

Dann wurde ihr jedoch schwindelig. Sie sank auf die Knie, spürte jedoch keine Angst, zu sehr war sie benommen von dem Duft
Zweimal "Jedoch".

Und sie rannte weg, flüchtete aus dem Wald, warf keinen Blick zurück, nicht auf die schöne Blume, nicht auf die Bäume.
Ditt "schöne" würd ick streichen, wa. In ihrer Lage hat sie wohl kaum noch Augen und Gedanken für etwas "Schönes".

Der Doktor lief ins Licht ...
Das ist in Horror-Geschichten immer passend. :D

Ob die Ambulanz verständigt sei, rief er und stürzte auf die Gebärende hin.
Auf etwas hinstürzen? Jeht ditt? Ich finde es schräg ...

Ein letzter Aufbäumen, still und ohne Tränen.
letztes

Und der Junge verließ die Stadt, seine Brüder zu suchen.
Ich erwähnte es bereits: Sauberer Abschluss!

Bis denne,
Fisch

 

Hallo zusammen,

dann will ich gleich mal zu den Adjektiven Stellung nehmen. In vielen anderen Geschichten verzichte ich auch ganz gerne darauf, aber bei dieser geht das eben nicht. Als ich sie schrieb, war mir klar, dass ich sie sogar nur auf diee Art Schreiben konnte, was auch ein bisschen damit zusammenhängt, in welcher Zeit ich mir diese Geschichte vorstelle. Denn irgendwie passt sie nicht in die heutige, sondern eher in die vergangene. Und deshalb auch dieser Stil, den ich atiquiert finde. Ich könnte es nicht anders schreiben - und ich möchte auch nicht. Insofern verstehe ich natürlich, wenn das nicht eure Art ist, bzw wenn es euch nicht gefällt, aber ich denke, das ist auch Geschmacksache. Soll jetzt keine Ausrede sein.

Salem:

Warum vergewaltigen Wälder immer auf die gleiche Weise (Tanz der Teufel lässt grüßen
Tanz der Teufel kenne ich nicht, aber die Sporenidee gefällt mir nicht sonderlich. Ich finde, auch das die in der Geschichte beschriebene Art sehr viel düsterer ist und somit eher zu der Stimmung passt. So denke ich mir das irgendwie.

Die Mutter und das Großmütterchen blieben mir ein wenig suspekt. Warum reagieren sie so?
Ich habe mir bei diesem Text ein kleines Bergdorf vorgestellt, weit am vom Schuß und so um die letzte Jahrhundertwende. Sehr christlich geprägte Menschen, und dann ist da dieses Mädchen, das ein Kind erwartet ohne Vater. (Man weiß ja gar nicht, wie schnell das Heranwachsen des Kindes ging, vielleicht hat es nur Wochen gedauert...). Ich denke, diese beiden hatten einfach Angst und haben sich nicht getraut, etwas zu sagen oder zu tun. Das habe ich versucht, mit dem Weihrauch anzudeuten. Naja.

Woran ich mich nicht gewöhnen konnte (und das ist sicherlich reine Geschmacksache) ist die übertriebene Anhäufung von Adjektiven; hier plädiere ich immer zu: weniger ist mehr.
Ist sicher Geschmacksache! (Siehe oben.)
Aber ich denke, dass weniger ist mehr nicht immer gilt.

Danke Dir.

Quinn:

Den Anfang find ich viel zu dick. Da bin ich vielleicht Purist, aber mir waren da mindestens 20 Adjektive zu viel drin.
Mag sein, aber ich empfinde nicht so. Ich will da vorerst nicht kürzen. Die Geschichte liegt nun schon lange bei mir herum und ich bebrüte sie immer mal wieder. Vorerst bin ich zufrieden damit, vielleicht auch zu zufrieden, das kann auch nicht immer vorteilhaft sein. Insofern ist nicht ausgeschlossen, dass ich es doch noch ändere.

Starke Geschichte
Danke sehr.

, auch wenn ich schwer reinkam.
Und schade.

Vielen Dank für deine Gedanken.

Friedesang:

Was mir nicht ganz so gut gefallen hat, sind die vielen in sich verworrenen Satzungetüme, aber auch das ist natürlich reine Geschmackssache.
Insgesamt ist Deine Kg jedenfalls sehr intensiv und und gut vorstellbar
Ja, der Stil ist schon ein Experiment. Hat mir einfach Spaß gemacht. Habe ich es übertrieben? Vielleicht. Jedenfalls denke ich, dass die Intensität auch dieses Ungetümen geschudet ist - irgendwie. Lass mir die Illusion...

Vielen Dank für Deine Anregungen.

Fischstaebchen:

Dem Kerl, der heute Morgen in der Bahn neben mir saß, gefiel der Titel Deiner Geschichte äußerst gut.
Und somit bin ich weit über die Grenzen von kg.de hinaus bekannt!

Der Weg zum letzten Satz war anfangs beschwerlich - da fand ich die Sprache doch recht überfrachtet mit Duweißtschonwasfürbösenwörtern.
Böse im Sinne von moralisch schelcht? (Sollte ein Witz sein, naja.) Ich denke, ich habe zu den Adjektiven jetzt schon genug geschrieben. Vorerst will ich es so belassen.

Danke auch Dir.

 
Zuletzt bearbeitet:

Hallo chazar!

Du hast Dich ja ganz schön rar gemacht, in letzter Zeit – schön, daß Du wieder mal da bist! :)

Mir hat Deine Geschichte sehr gut gefallen; sehr spannend und eine grausam eklige Vorstellung, was mit dem Mädchen da passiert. Den Schluß, als der Junge dann herumgeht, fand ich jedoch schon mehr eine Wunschvorstellung. Wäre er doch bloß echt, er könnte die zerstörte Umwelt wiederherstellen, einfach die Autobahnen einmal abgehen, Flughäfen und Fabriksgelände zu Wald und Wiese gehen …

Bei mir waren es weniger die Adjektive, die mich am Anfang gestört haben, als viel mehr so manche Substantivierung, wo man auch ein Verb oder ein Adjektiv verwenden könnte, zum Beispiel statt »doch dort oben war nur Grau« »doch dort oben war es nur grau«, oder »Und überall Krabbeln und Huschen, Verstecken und Graben« (Und überall krabbelte etwas, huschte herum, versteckte Vorräte oder grub sich in die feuchte Erde, zum Beispiel.)

Daß man am Anfang ein bißchen schwer reinkommt, liegt meiner Meinung nach aber daran, daß Du zweimal hintereinander den Wald in verschiedenen Stimmungen beschreibst; wenn Du die erste Beschreibung mit »Und er wartete« abschließt, weiß man noch nicht so recht, was man damit anfangen soll, dann geht das Mädchen in den Wald und die nächste Beschreibung folgt.
Wenn Du da dazwischen ein bisschen Handlung einfügen würdest, wäre das glaub ich besser. Dazu auch gleich ein Vorschlag, da ich mich ein bisschen wundere, warum ein »Mädchen« bei Sonnenuntergang und zuziehenden Wolken in den Wald geht: Du könntest eventuell vorher zeigen, daß sie plötzlich ein unbändiges Verlangen danach hat, in den Wald zu gehen. Und sie schleicht sich natürlich heimlich davon, denn wenn sie sagen würde »Tschüs, ich geh in den Wald spazieren« würden sie ja Mutter und Oma aufhalten. Nebenbei könntest Du noch ihr Alter einstreuen, denn ich sah erst ein kleineres Mädchen, später scheint sie aber doch schon etwas größer zu sein.
Wenn sie dann erst in den Wald geht und die zweite Beschreibung folgt, stört es bestimmt nicht mehr.

Ich denke, diese beiden hatten einfach Angst und haben sich nicht getraut, etwas zu sagen oder zu tun. Das habe ich versucht, mit dem Weihrauch anzudeuten. Naja.
Das ist bei mir zwar ein wenig durchgesickert, aber nicht so, daß es im Text deutlich würde – ich wollte Dir das eigentlich vorschlagen, bis ich Dein Posting gelesen habe. Du könntest z. B. eine der beiden den Rosenkranz beten lassen, am besten die Mutter, die sitzt ja nur herum. Und dann wäre wohl dem Arzt die Situation auch klar und er würde nicht so lange herumfragen, sondern sie vielleicht bemitleiden (oder das System verfluchen :D).

Ansonsten hat sie mir wie gesagt sehr gut gefallen! :)

Noch ein paar Kleinigkeiten:

»Die Luft war schwer und bleiern,«
– »bleiern« ist ja schon ein Synonym für »schwer«, vielleicht »Die Luft lag bleiern auf der Landschaft«?

»Milchiger Nebel waberte durch die Stämme der alten Bäume, durch dunkelgrünes Farnkraut, dichtes Gebüsch und feuchte Blätter.«
– der Nebel wabert nicht durch feuchte Blätter, er legt sich feucht auf die Blätter oder so

»Äste wogten in den Kronen,«
– wiegten sich in den Kronen

»während im Ofen ein warmes, gelbes Feuer brannte.«
– nur ein Vorschlag, weil mich »gelbes« irgendwie stört (das weiß der Leser ja und irgendwie ist es so gewöhnlich): »im Ofen loderte ein warmes, knisterndes Feuer«

»Eine helle Farbe wurde ihr gewahr,«
– sie sieht doch gleich, welche Farbe es ist, da würde ich sie auch gleich benennen und nicht als »helle Farbe« bezeichnen

»Klar und deutlich hob sie sich vom Dunkel der dahinter liegenden Bäume ab. Neugier packte sie«
– die Bezüge der sie’s gehen nur aus dem Zusammenhang hervor, wenn Du vorher die Farbe benennst, hob »es« sich vom Dunkel ab. ;)

»Das Mädchen trat näher, fast ehrfurchtsvoll wie sie sich«
– ehrfurchtsvoll, wie

»Als sie nur noch einen Schritt von der Blume entfernt war, da zuckte diese plötzlich,«
– da Du schon ein »Als« hast, brauchst Du kein »da« (oder »Sie war nur noch einen Schritt von der Blume entfernt, da …«)

»Das Mädchen hielt inne, wagte es nicht, zu atmen,«
– das »es« könntest Du streichen

»Das Mädchen saugte den Geruch ein,«
– wenn es altertümlich klingen soll, würde ich hier »sog« schreiben

»als sich dürre Äste um ihre Gelenke wickelten wie Seilzüge,«
– dürre Äste stelle ich mir eher zerbrechlich vor, würde »dünne« Äste vorschlagen

»als sie zurechtgelegt wurde von einer Kraft,«
– da konnte ich mir momentan gar nichts vorstellen, würde das bildhafter beschreiben

»zu spät zwar, aber doch. Sie wehrte sich, bäumte sich auf, doch ihre Muskeln«
– um das doppelte »doch« zu vermeiden, würde ich nach »zu spät« bereits den Punkt machen und »zwar, aber doch« streichen.

»Sie spürte wie etwas in ihr war,«
– spürte, wie

»Und dann war es vorbei.
Und sie rannte weg,«
– eins der beiden »Und« würde ich streichen

»Dies war eine schreckliche Nacht.«
– öhm, würde ich streichen (des Erzählers Zusammenfassung des eben Gesagten ;))

»Herein, herein, murmelte sie durch den zahnlosen Mund.
[…]
Schnell, schnell, murmelte das Mütterchen und eilte voran.«
– vielleicht kann sie einmal etwas anderes als murmeln?

»in ihnen lagen Kohlen, in ihnen quoll der Weihrauch«
– in den Kohlen war der Weihrauch?

»saß eine Frau, an die Vierzig, wahrscheinlich die Mutter der Gebärenden.«
– an die vierzig

»Als niemand reagierte, wiederholte er seine Frage, dieses Mal ein schrilles Schreien: Warum die Ambulanz nicht verständigt sei?«
– er schreit bestimmt nicht im Konjunktiv, jedenfalls lassen Doppelpunkt und Fragezeichen eher auf eine direkte Rede schließen (auf die Anführungszeichen hast Du ja auch zuvor schon verzichtet). Also entweder »ein schrilles Schreien, warum die Ambulanz nicht verständigt sei.«, oder »ein schrilles Schreien: Warum ist die Ambulanz noch nicht verständigt?«

»konnte nicht fassen, was er sah: das Kind schrie!«
– sah: Das Kind schrie! (vollständiger Satz nach dem Doppelpunkt, daher groß)

»Kaum das sein Mund an der Luft war, schrie es, der Rest des Körpers noch in der Mutter steckend,«
– Kaum, dass sein Mund
– »steckend« könntest Du streichen

»auf einem Schwall auf Blut schwimmend,«
– das zweite »auf« sollte wohl ein »aus« sein?

»doch der Doktor wusste es, wusste es ohne sie zu untersuchen, dass sie tot war,«
– wusste es, ohne
– würde aber das »es« streichen, das paßt nicht: wusste, ohne sie zu untersuchen, dass sie tot war.

»doch ihr Weinen ging unter im Geschrei des frisch geborenen Kindes, dass die Welt begrüßte.«
– das

»er hatte nur ein fernes Gefühl, das es richtig war zu sprechen.«
– dass es richtig war, zu sprechen.

»Und er lauschte den Geräuschen, die so anders klangen und doch konnte er sie verstehen.«
– würde das »Und« am Anfang streichen

»verschlangen sie, so schnell, dass den meisten kein Laut oder Schrei entfuhr.«
– ohne Beistrich: verschlangen sie so schnell, …


Liebe Grüße,
Susi :)

 

Hallo Susi,

Den Schluß, als der Junge dann herumgeht, fand ich jedoch schon mehr eine Wunschvorstellung.
Hehe, ja, Öko-Horror. Wird ja eh viel zu wenig geschrieben. Ich allerdings finde, dass die Natur in meiner Geschichte eher negativ wegkommt. Schließlich bringt sie ja am Schluss alle um. Nicht gerade freundlich...

... als viel mehr so manche Substantivierung, wo man auch ein Verb oder ein Adjektiv verwenden könnte, zum Beispiel statt »doch dort oben war nur Grau« »doch dort oben war es nur grau«, oder »Und überall Krabbeln und Huschen, Verstecken und Graben«
Hierzu muss ich einfach sagen, dass mir diese Adjektive nicht gefallen. Ich habe die Substanzivierungen gewählt, weil ich sie einfach passender finde.

Du könntest eventuell vorher zeigen, daß sie plötzlich ein unbändiges Verlangen danach hat, in den Wald zu gehen.
Ich verstehe, was Du meinst, und ich denke, dass die zweimalige Beschreibung des Waldes vielleicht tatsächlich das Reinkommen in die Handlung erschwert. Aber ich will dem Mädchen kein Verlangen in den Kopf schreiben - das hat es nämlich nicht. Der Wald nimmt sich, was er braucht und er nimmt e sich auf seine Weise. Huch, ich erschrecke selbst über diesen Satz! Hehe.

Du könntest z. B. eine der beiden den Rosenkranz beten lassen, am besten die Mutter, die sitzt ja nur herum. Und dann wäre wohl dem Arzt die Situation auch klar und er würde nicht so lange herumfragen, sondern sie vielleicht bemitleiden (oder das System verfluchen
Das mit dem Rosenkranz ist eine sehr gute Idee, ich frage mich, wieso ich nicht selbst darauf gekommen bin. Zu meiner Vorstellung - die Mutter kauert auf diesem Stuhl und sagt nichts - passt das eigentlich unglaublich gut.

Vielen Dank für alles, Deine Detailsanmerkungen habe ich fast alle übernommen - manche nicht, da wo es mir nicht sinnvoll erschien (was sehr selten der Fall war).

Grüße,
c

 

Hallo chazar!

Die Natur schlägt zurück! Dieser Gedanke drängt sich auf in einer Zeit, wo sich der menschengemachte Klimawandel nicht mehr leugnen lässt.
Die Natur rächt sich, weil wir Menschen durch unseren Luxus, unseren hemmungslosen Konsum, unsere Dekadenz die Umwelt vergiften.

Die geschändete Natur dürstet nach Erneuerung und Verjüngung durch Wiedergeburt. Um aber wiedergeboren zu werden, muss man vorher in eine Mutter eingehen (einer der Grundgedanken von C.G.Jung), daher kommt es zu einer Art mystischen (oder dämonischen) Hochzeit mit einem Menschenkind, das ein Naturnumen, eine Art Pan gebärt, der für die Erneuerung der Natur sorgt.

"Der große Pan ist tot" heißt es bei Plutarch, als im dekadenten Römischen Reich fasst alle Wälder abgeholzt waren, um Kriegs- und Handelsschiffe zu bauen, um immer mehr Länder zu erobern und dekadente Luxuswaren herbeizuschaffen.
Doch der Natur wohnt die Kraft der Wiedergeburt inne - vielleicht kommt er bald zurück, der große Pan, vieleicht so, wie es deine Geshichte schildert.

Besonders reizvoll finde ich diese Stelle:

Die großen Blütenblätter lagen dicht aneinender, faustgroß waren sie und sie schimmerten in einem zarten Blau, das heller noch war als der Himmel an sonnigen Tagen. Das Mädchen trat näher, fast ehrfurchtsvoll, wie sie sich sonst nur dem Altar der Kirche näherte.
Bei welcher Gelegenheit darf ein Christ nahe an den Altar herantreten? Bei einer heiligen Zeremonie. Zum Beispiel bei einer Trauung. Ja, das Mädchen schreitet ja auch zu ihrer Hochzeit mit der Natur, zu einem dämonischen Hieros Gamos, als sie sich der Blume nähert.

Gut auch die Figur des kranken, kaputten Arztes, er steht für die Hilflosigkeit des naturwissenschaftlich gebildeten Menschen, der die Rache der Natur nicht wird verhindern können.

Dass die junge Frau stirbt, als das Kind geboren wird, verstehe ich symbolisch: Die Natur holt sich etwas von den Menschen zurück, sie haben ihr ja auch etwas weggenommen, haben auf ihre Kosten gelebt.

Beeindruckt
gerthans

 

Hallo chazar,

ein Kompliment von mir für deine Geschichte.
Wirklich sehr stark. Mich hattest du gleich nach den ersten Zeilen. Klasse, wie du die bedrohliche Atmosphäre mit der wunderschönen Blume zu Beginn konterkarierst.
Spannung, Spannung, und man weiß wirklich nicht, wohin du den Leser führst. Dicke Pluspunkte, die durch die wirklich widerlich beschriebene Geburt einen Höhepunkt erfährt und dann mit dem "Epilog" ein unvorhersehbaren und deswegen umso stärkeren Ausklang findet.
Kraftvolle Bilder zeichnest du, ich habe den die Zivilisation flutenden Wald bedrohlich deutlich vor mir gesehen - wieder mit dem gelungenen Kontrast in Form des freudig dahinhüpfenden Jungens.
Düstere Unterhaltung in Hochform!

grüßlichst
weltenläufer

 

Hallo zusammen,

gerthans:
Dabke für Deine sehr interessante Interpretation. Gerade das macht viele Kritiken ja sehr spannend. Die Wirkung des Textes auf den Leser.
Deine Gedanken decken sich auch ein bisschen mit meiner Intention, wenngleich ich gestehe, dass ich weder Jung noch Plutarch beim Schreiben im Kopf hatte.
Vielen Dank!

weltenläufer:
Schön, Dir wieder einmal unter einer meiner Geschichten zu begegnen.
Tatsächlich war diese Szene der Geburt die erste, die mir in den Kopf schoss - und alles andere entstand daraus, fast ohne Zutun.
Freut mich, dass die Geschichte Dich beeindrucken konnte.

Grüße,
c

 

Hallo Blackwood,

mehr kann ich im Moment nicht schreiben als: Vielen Dank!
Ich habe Deine Anmerkungen nun zweifach gelesen und meistens genickt, manchmal auch etwas zerknirscht.
Mit der Zeit ist es momentan etwas knapp, deshalb muss ich die Bearbeitung verschieben. Und auch das Üben...

Grüße,
c

 

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