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Geklonte Kater
Schwerfällig wälzte er sich aus dem Bett und setzte sich auf die Bettkante.
Auch diese Nacht fand er keinen Schlaf. Immer wieder hatte seine Hand im Bett suchend ins Leere gegriffen. Jedes Mal durchstach ihn wilder Schmerz. Moritz. Lieber, kleiner Kater. Dieses warme, weiche Fellbündel war nicht mehr da.
Er schluckte, der Kloß, der seinen Hals hochgekrochen war, drückte.
Nach Luft ringend, versuchte er nochmals zu schlucken, um freieren Atem zu bekommen. Im Bett war ihm so, als müßte er ersticken.
Steifknochig richtete er sich auf. Tiefschwarze Nacht.
Was sollte er nun machen? Die dritte Nacht schon ohne Schlaf, Gefangener dieser Pein. Zugeschnürte Kehle. Moritz. Erinnerungsfetzen schieben sich dazwischen, brennen wie Feuer in der Brust. Feuer der Sehnsucht. Lieber, kleiner Kater. Vorbei. Nie wieder.
Seine Gedanken kreisten sinnlos ohne Fixpunkt. Wieso gerade sein Liebling? Wieso war das Leben so ungerecht?
Er verließ im Dunkeln das Schlafzimmer, um seine Frau nicht zu stören. Sie schlief. Wie beneidete er sie. Sie konnte schlafen, war wenigstens am Morgen nicht so gerädert wie er.
Aber ihr ging es nicht besser als ihm. Er sah ihr tränenverquollenes Gesicht vor sich. Tiefe Furchen des Schmerzes hatten beidseitig der Mundwinkel Gräben gezogen, ihren Blick tränenverschleiert.
Wieder stach es in ihm. Katerchen. Er krümmte sich leicht dabei. Der Magen schmerzte als ob eine dumpfe Faust von innen dagegenschlug.
Unschlüssig stand er im Wohnzimmer.
Seine Glieder waren so bleiernschwer, wollten sich ausruhen. Der restliche Körper bäumte sich dagegen auf.
Immer wieder durchzogen ihn diese Peitschenhiebe der Erkenntnis. 'Moritz, du wirst nie wieder bei mir sein,' brannte es in ihm. Nie wieder dies seidige Fell berühren, schnurrendes Bündelchen, ihn stupsend, sich in seine Armbeuge schmiegend, voller Vertrauen an ihn gedrückt.
Der Kloß im Hals schwoll, er musste husten. Ermattet setzte er sich auf die Couch und blickte in die Dunkelheit. Stille um ihn herum und in ihm dieses Dröhnen. 'Moritz, warum nur?'
Er sah die Szene beim Tierarzt vor sich. Verzerrtes Fratzengesicht des Arztes als er den Kater abtastete und dann sagte:" Da ist nichts mehr zu machen, das sieht nach einem Tumor aus." Da hatte das Dröhnen angefangen, nach diesem Keulenschlag auf den Hinterkopf.
Die angstgeweiteten Augen seiner Frau, die mit wegbrechender Stimme fragte: "Sind Sie sicher? Heißt das, man kann es nicht operieren?"
Schulterzucken des Arztes und dann sein Blick, der gezielt an ihm und ihr vorbei einen Punkt an der Wand fixierte: "Nein, da hilft nichts mehr." Eine winzige Pause. "Wenn Sie wollen, können Sie ihn gleich hierlassen."
Dieses Dröhnen, als stände man neben riesigen Glocken, deren wuchtiger Klang alles mit sich reißt.
Sie retteten ihn aus dem Kaltweiß des gekachelten Tierarztraumes, peinigten sich tagelang, holten Rat von Freunden, Verwandten, was man noch machen könne, wie ihn retten. Tränen. Hilflosigkeit. Verzweiflung.
Fragen, die keiner beantworten konnte. Wann muss man ihn einschläfern, wann erlösen? Die Qual, über dieses kleine Leben entscheiden zu müssen. Die furchterregende Entscheidung über Leben und Tod fällen.
Er versuchte diese Erinnerungen abzuschütteln. Dröhnen. Was hatte er bloß falsch gemacht? Wie konnte das passieren? Wie konnte dieser Tumor so heimtückisch heranwachsen, wie eine große Apfelsine im Bauch?
Selbstvorwürfe krochen hoch, nagten mit scharfkantigem, bösem Gebiss, ließen sich nicht bändigen, ernährten sich von der Trauer und den Gewissensbissen. Er musste erneut husten.
Der Husten befreite ihn für ein paar Momente von dem erstickenden Gefühl. Dafür stachen tausende winzige, feurige Nadeln in seiner Brust. Fegefeuer. Er sah den kleinen, selbstgezimmerten Sarg vor sich. Vorhölle.
Vor seinen Augen verschwamm alles, dieser Sarg schwebte durch die Luft, wurde bis unter die hohe Wohnzimmerdecke getragen.
'Moritz,' Wehmut riss an ihn. 'Du konntest so hoch und weit springen, als trage dich eine unsichtbare Hand durch die Luft. Wie häufig hast du Menschen, die deine Sprungkraft nicht kannten, in größtes Erstaunen versetzt.
Bezauberndes Gemüt, schmusig, zutrauliches, leises Schnurren. Und deine drollige Art dich hinzuschmeißen, langzumachen und den aprikosenfarbenen Bauch zum Streicheln anzubieten. Himmlisches Gefühl, mit den Fingerkuppen durch dein Fell zu streifen.' Der Sarg. Ausgepolstert mit Federn und einem dickflauschigen Handtuch.
Er zwang sich auf. Ging ein wenig hin und her, er musste sich bewegen. Ablenken. Es musste etwas passieren, es musste endlich aufhören.
Er beschloss die Treppe hinunter zu gehen.
Unten in der Küche stand er unschlüssig.
Er machte Licht. Dann kochte er Kaffee.
Draußen war es noch stockdunkel.
Er setzte sich an den langen Esstisch, an dem er sich früher nie verloren gefühlt hatte.
Der heiße Kaffee brannte die Kehle hinunter. Das Brennen tat gut. Der Kloß wagte sich nicht dazwischen. Stumpfer Blick in die Tasse.
Aus dem Dröhnen im Kopf drängelte ein Gedanke hervor. 'Was hatte der Tierarzt gesagt, der ihn eingeschläfert hatte?' Das Dröhnen wich zur Seite. Wie ein sich lichtender kleiner Platz im Nebel fiel es ihm wieder ein. 'Er hatte gesagt, dass sie seit neuestem von jedem Tier Gewebe entnehmen würden, falls man vorhabe das Tier klonen zu lassen.
Klonen.' Es war als wollte das Dröhnen in seinem Kopf nur noch diese Vokabel in pochende Laute bringen. 'Klonen. War das die Lösung?'
Er dachte nach, ob er sich daran erinnern konnte, was der Arzt sonst noch gesagt hatte. Erinnerungsfragmente: gleiches Tier, derselbe Charakter, kein Unterschied. 'Klonen. War das der Ausweg?'
Der Morgen dämmerte. Aus dem Schwarz hinter den Fensterscheiben wurde allmählich dunkles Grau.
'War das eine Möglichkeit? Endlich die Nächte wieder schlafen, mit einem kleinen Kater im Arm. Klonen. Warmes, seidiges Fell streicheln. Schnurren im Arm. Ein neuer kleiner Moritz?
Nein! Sowas ging nicht. Moritz war nicht ersetzbar. Das war nur perfide. Klonen, so ein Unsinn. Kein Kater würde je wieder so tief zu seinem Herzen vordringen.'
Und dann stach die Wehmut wieder zu, in Sekundenschnelle. 'Klonen. Wenn nachher seine Frau aufgestanden war, dann wollte er es mit ihr bereden.'
Ein paar Monate später entstieg ein vorsichtig umsich blickender, kleiner, brauner Kater seinem Transportbehälter und erkundete neugierig die Umgebung.
"Ich fass es nicht. Schau wie er...," brach seine Frau den Satz ab. Auch ihm stockte der Atem.
Er hatte sich auf diesen kleinen Vierbeiner gefreut, war neugierig auf ihn, gespannt, wie es wohl sein würde. Endlich wieder ein Kater im Haus.
'Aber dies hier, das war...,' wie gebannt konnte er seinen Blick nicht von dem kleinen Kater lassen.
Der untersuchte derweil den Raum, wuselte mal hier hin, mal dorthin, beschnupperte alles und schien nicht zu bemerken, dass ihn zwei Augenpaare unablässig verfolgten.
Seine Frau holte tief Luft und sagte dann das, was er auch empfand: "Himmel, der sieht aus wie Moritz," dann setzte sie sich schwerfällig auf einen Küchenstuhl, als drücke sie die Last dieser Erkenntnis nieder.
Wortlos verfolgten sie die Bewegungen des Katers, verglichen, wie wenn man bei zwei Gemälden die Abweichungen der Fälschung vom Original herauszufinden sucht.
Ihre Augen trafen sich und sie wussten, dass sie beide dasselbe dachten: 'dieser Kater sah Moritz nicht nur verwirrend ähnlich, sondern bewegte und benahm sich auch wie er.'
Es zog ihn zur Terrassentür, von der aus er in den kleinen Garten, auf Moritz' Grab blicken konnte. Es lag hinter dunkelgrünen Buchsbaumbüschen versteckt und nur eine große, braunglasierte Tonkugel markierte die Stelle.
Aus seiner Gedankenversunkenheit wurde er durch ein kläglichforderndes Miau gerissen, welches neben seinem linken Fuss erklang.
'Es ist fast unheimlich', dachte er, während er in zwei zu ihm hochblickende, braune Murmelaugen schaute, 'als ob dieser kleine Kater meine Gedanken lesen kann und genau weiß, dass ich auf das Grab schaue.'
Er hob ihn hoch und wollte ihn auf dem Arm wie ein Baby hin und herwiegen, aber das Fellbündel wehrte sich heftig und sprang ab, um sogleich wie durch eine imaginäre Hand getragen, auf den hohen Küchenschrank zu fliegen.
"Genau wie Moritz," lachte seine Frau, "der mochte auch nie auf den Arm und seine Sprünge sahen aus, wie wenn eine Feder schwebt."
Sie schüttelte ihren Kopf, schmunzelnd, als weigere sie sich diese Schlußfolgerung zu akzeptieren.
In der Nacht, nachdem der Kater alles im Haus besichtigt und untersucht hatte, erschöpft zusammengerollt auf der Couch ein paar Stunden verschlafen und schließlich mit der gleichen verblüffenden Ähnlichkeit gierg sein Futter heruntergeschlungen hatte, legte sich ein warmes, weiches Fellbündel in die Armbeuge des Mannes, schnurrte, kuschelte sich an und ließ sich den seidigen Fellbauch streicheln.
'Wie Moritz', dachte der Mann und das erste Mal, seitdem der kleine Kater bei ihm war, fühlte er ein paar Minuten wohlige Entspannung und schlief, schützend seinen Arm um das schnurrende Bündel gelegt, ein.
Ein paar Tage später sagte seine Frau: "Weißt du, es ist eigentlich Quatsch, dass wir beide uns krampfhaft bemühen, ihn Felix zu nennen, laufend rutscht uns "Moritz" raus."
Er schwieg dazu. Nachts im Bett, wenn der kleine Kater in seiner Armbeuge selig schnurrend seine Wärme ausstrahlte, da hatte er sich selbst dabei ertappt, dass er zärtlich "Moritz" flüsterte.
Gut zwei Jahre später hielt seine Frau einen Brief des Instituts in ihren Händen.
Sie zog die Stirn kraus. "Verstehst du das?", las sie vor "...möchten wir Sie bitten, uns das Tier unbedingt innerhalb des nächsten halben Jahres zwecks genauerer Untersuchung vorzustellen... Und dann hier: ...weisen wir nochmals auf unsere Vertragsbedingungen hin, dass uns der Tierkadaver unbedingt zu Forschungszwecken zur Verfügung zu stellen ist.
Ja, denken die, unser Moritz lebt nicht mehr lange?" Sie schaute ihn irritiert erschrocken an.
"Lass mal sehen," zog er ihr das Schreiben aus den Händen und überflog selbst die Zeilen.
"Du solltest da anrufen und das klären," sie hielt ihm das Telefon hin.
"Guten Tag, es geht um unseren Kater Moritz, den wir... ja, warten Sie, ich schau nach," spach er in das Telefon. "Hier steht es. Es ist die Klonnummer 6785. Ja, danke, ich warte." Pause.
"Guten Tag, es geht um unseren Kater, ...ja, die Klonnummer 6785. Es geht um Ihr Schreiben. Wir möchten gerne wissen, weshalb diese Untersuchung erforderlich ist."
Er stand voller Anspannung nahe am Tisch.
"Unser erster Moritz? Der, der ist 6 Jahre alt geworden, und starb an einem bösartigen Tumor, aber das liegt Ihnen ja vor."
Es folgte wiederum eine Pause. "Hm...verstehe," seine Hand griff nach dem Tisch und suchte dort Halt. "Aber, das...ich meine, Sie hätten uns doch sagen müssen, dass ein geklontes Tier nur halb so alt wird," erhob er seine Stimme vorwurfsvoll. "Das heißt also, dass....", resignierte er und sagte dann leise "... verstehe. Wir bringen ihn dann zu ihnen."
Er legte auf und starrte vor sich hin.
Seine Frau, die während des Telefonats angestrengt versucht hatte, die Wortfragmente zu kombinieren, stürzte auf ihn zu. "Was ist los? Was haben die gesagt? Heißt das, unser Moritz...?", und Angst lag in ihrer Stimme."Nein!", preßte sie entsetzt heraus, als er nur stumm nickte. "Nein!", heulte sie auf und schüttelte sich als wollte sie verhindern, dass diese Nachricht ihre Haut berührt.
'Jetzt beginnt wieder alles von vorne', dachte er, als er nachts in seinem Bett lag und gedankenverloren das warme Fellbündel streichelte. Ein Schmerz durchzog ihn, als ihm bewußt wurde, dass er diesen seidigen Fellbauch bald nie wieder würde streicheln können.
Da war er wieder, der Kloß, der erbarmungslos seinen Hals hochkroch, als habe er die ganze Zeit nur darauf gelauert.
Er zog den kleinen Kater dichter an sich heran. 'Noch habe ich dich nicht zurück gebracht, mein Kleiner', dachte er, 'noch bist du bei mir. Noch zwei Monate.' Und dann schlief er ein.
Zwei Monate später, er war gerade in seinem Büro, rief seine Frau an.
"Kannst du bitte heute so früh wie möglich nach Hause kommen?", "Ja," erwiderte er "gibt es denn etwas Besonderes?". "Ja," er spürte, wie unsicher sie wirkte.
"Ich habe Moritz ins Institut gebracht," es entstand eine unerträglich lange Pause zwischen ihnen, "ich wollte dir den Abschied ersparen", die letzten Worte klangen tränenerstickt. "Mußte es grad heute sein?" Seine Hand umspannte den Telefonhörer so hart, dass die Knochen des Handrückens weißlich hervortraten. "Bitte, komm bald. Da ist noch etwas anderes, was ich..., ich erzähls dir dann, wenn du da bist. Komm bald," drängte sie.
Zu Hause angekommen starrte er entgeistert auf drei kleine Kater, die sich gerade um ein Stoffmäuschen balgten.
"Was hast du gemacht? Bist du verrückt? Sind das etwa Klone? Ich wollte keinen mehr," sagte er harsch und erwartete mit böse blitzendem Blick eine Rechtfertigung.
"Ich hatte es auch ganz anders gedacht," antwortete sie zaghaft beschwichtigend. "Ich wollte uns den Abschied von Moritz erleichtern und dachte, wenn ich ihn wegbringe, bring ich gleich wieder einen mit, deshalb hab ich schon vor zwei Monaten beim Institut..." , "du hättest es mit mir besprechen müssen, ich hätte keinen mehr gewollt, verdammt, warum jetzt gleich drei?", fuhr er unwirsch dazwischen und seine Stimme nahm etwas Bedrohliches an.
"Es war doch ganz anders," flehte sie und Tränen schossen in ihre Augen. "Ich bin da hingefahren, um den Kater abzuholen, da sagt der Mann, der ihn mir aushändigen soll: 'Na? Welchen wollen Sie denn von den Dreien?' Ich darauf: 'Wieso drei? Wie meinen Sie das?''Naja, wir haben drei Klone, wir machen das immer so, wenn ein Klon bestellt wird, dann werden immer gleich drei angesetzt, falls mal was nicht klappt. Und nun können Sie sich den Schönsten aussuchen' und dabei hat er so widerlich lachend gemeint 'Haha, den Schönsten aussuchen, prima Witz nicht wahr?'
Ich hab ihn dann gefragt, was mit den beiden Katern passiert, die nicht genommen werden," sie schluckte, "sie bringen sie um! Hörst du? Sie bringen sie einfach eiskalt um!", brach es aus ihr mit trotzigvorwurfsvoller Stimme heraus.
Er schwieg betreten und blickte auf die drei Kater herab. Ihm war, als wenn ein feuchtkalter, dichter Nebelschleier sich dazwischen schob.
'Es sind nur Nachbildungen, diese Klone', das schale Gefühl der Ernüchterung breitete sich in ihm aus, 'aber es sind anmutige, schöne Wesen', regte sich ein Gefühl in ihm. 'Man muß sie beschützen und pflegen und mit der Zeit werden sie einem ans Herz wachsen.' 'Nein', er spürte, dass ihm der Zugang verschlossen war. Er hätte nicht sagen können weshalb. Der Zauber ihrer Anmutigkeit war verblasst.
Diesen Gedanken wollte er nicht weiter zuende denken.
"Besorg drei unterschiedliche Halsbänder für sie," er klang rauhkalt, "wir können sie sonst nicht auseinander halten. Und sorge dafür, dass die Schlafzimmertür geschlossen bleibt. Ich will nicht alle drei in meinem Bett haben!" Dann verließ er den Raum.
Nachts stand er an der Terrassentür und blickte hinaus in die Finsternis.
Ihm war, als liefe vor seinen Augen ein Film ab, mit ihm und Moritz als Hauptdarsteller. Moritz, wie er sich springend in luftige Höhe schraubt, während er ein Papierbällchen fängt. Moritz, der sich hinwirft, seinen Bauch langstreckt. Moritz, aufgeregt zum Futternapf rennend, als habe er seit Tagen nichts mehr zu fressen bekommen und Moritz in seine Armbeuge geschmiegt.
Wehmut füllte seine Augen, lief über und rann ihm die Wangen hinunter.
Widerstandslos stand er da und jede Träne, die aus ihm floss machte Platz für die Ruhe, die sich in ihm ausbreitete.
'Man kann auf dieser Welt nichts bewahren und behalten', dachte er. 'Was für ein Irrwitz, zu glauben, es ginge'.
Ein schmaler Mondlichtstrahl traf im Garten auf die braunglasierte Tonkugel, die durch die Buchsbaumbüsche schimmerte.
'Mein kleiner Moritz da draußen', nochmals flutete ihn die Wehmut. 'Es gab immer nur dich. Alles andere war eine Illusion'.
Er atmete tief und ihm fiel wieder ein, was er damals in der kleinen Katzenzeitung als Nachruf geschrieben hatte:
"Lieber Moritz, schmerzlich müssen wir begreifen, dass du deine Aufgabe nun erfüllt hast, uns sechs Jahre lang große Freude zu bereiten.
Du lässt uns mit randvollen Erinnerungen an diese Freude zurück und gibst uns unsere Aufgabe:
Zu verstehen, dass nichts ewig währt,
wir nichts behalten, bewahren können,
zu keiner Zeit
und wir erkennen müssen:
uns gehört einzig der Augenblick.
Unser Somalikater Moritz ist am 27. Februar 2001 über die Regenbogenbrücke in ein anderes Land gegangen."
Und er sann darüber nach, wie ihm dies nur hatte entfallen können.